VII, Verschiedenes 5, Bauernfeld Preis, Seite 70


Wenn mich die Gesetzgebung moralisch so behandein würde, wie
— dieses Gesetz die armen Hausierer behandelt, ich würde mich bie
aufs Blut gegen diese Gesetzgebung wehren oder trachten, den
Deutsche Zeit##g.
Wien, Sonntag,
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Rein, die Iuterpelationsbentwortung Dr. v. Hartels Misenschaften sein, ohne daß er in der Prarfs ein
brauchbarer Ingenieur ist. Mancher Gewerbeschüler hin¬
hat sein Vorgehen als Mitverfüger über die Stiftung,
wider mit guter Veranlagung kann bei emsigem Fleiß
die den Namen Bauernfelds, des erbitterten und scharfen
durch eigene Fortbildung dahin gelangen, daß er den
Verfolgers des jüdischen Literaturschmarotzers Saphier
praktischen Anforderungen, die an einen Ingenieur gestellt
trägt, nicht gerechtfertigt, das Vertrauen zu dem Unter¬
werden, vollauf gewachsen ist.
richtsminister, dessen private Jurorenvota die Meinung
Für eine so bedeutende moderne Fachrichtung, wie
des Auslandes vor unserer Literatur herabsetzen, nicht
es die technische ist, kann ein engherziger, altertümlicher
gefestigt. Nur ein Positivum höchst bedenklichen Charakters
Kastengeist kein Heil bringen. Die Leistung, die
ergibt sich aus ihr: daß die Anschauungen des gegen¬
Tat allein muß das Kriterium des
wärtigen Chefs der österreichischen Unterrichtsverwaltung
Ingenieurtitels sein, selbst wenn hiedurch
über die Gesundung der geistigen Kultur unseres Volkes
eine Abweichung von der Norm für andere Berufs¬
leider nichts anderes als Trummer aus dem in allem
kategorien, insbesondere von jener der Mediziner und
übrigen bereits zu Schutt zerbröckelten hochliberalen
Juristen Platz greift. Die natürliche Lösung der In¬
System sind, das über unser Oesterreich im Laufe der
genieurtitelfrage ist demnach die, daß der absolvierte
Jahrzehnte so viel Unheil gebracht hat.
Hochschultechniker, der Dr. techn., in Berücksichtigung
seiner längeren, mühseligen und kostspieligen Studien
schon nach kurzer praktischer Dienstleistung die Stellung.
Zur Ingenieurtitelfrage,
eines Ingenieurs erlangen und rascher in die höheren
Wir erhalten folgende Zuschrift in Apgelegenheit
Beamtenklassen vorrücken kann als der Gewerbeschüler
der Ingenieurtitelfrage, welche wir getreu dem bisher
Die ungesetzliche Aneignung des Ingenieurtitels wäre
von uns eingenommenen Standpunkte hiemit der Oeffent¬
strafgerichtlich zu verfolgen.
## 0ist nicht non, as ist sogar dem Ver¬
lichkeit übergeben:
nehmen nach bereits seit langem bei der Kaiser Ferdinand¬
Seit geraumer Zeit wird die Oefsentlichkeit mit Er¬
Nordbahn in Kraft und dieser Institution wird man
örterungen über die Berechtigung zur Führung des In¬
gewiß nicht den Vorwurf einer schlechten Organisation
genieurtitels in Anspruch genommen. Die absolvierten
machen können. Ueberdies bestehen ähnliche Verhältnisse“
Hörer der technischen Hochschulen verlangen für sich das
auch beim Militär, wo dem Akademiker eine raschere und #
Recht, diesen Titel künftighin allein zu führen, die ab¬
bessere Laufbahn offen steht als dem Kadettenschüler. In
solvierten Gewerbeschüler befürchten, hiedurch in ihrem
analoger Weise sind hinsichtlich der Arbeiterheere die
Fortkommen benachteiligt zu werden.
Hochschultechniker zu Generalstäblern und die Gewerbe¬
Daß eine gesetzliche Norm für die Führung des
schüler zu Frontoffizieren bestimmt.
Ingenieurtitels notwendig ist, steht außer Zweifel, weil
Ingenieur Dr. techn. Franz Mayer.
der Mißbrauch mit demselben erwiesen ist. Für eine ge¬
setzliche Regelung dieser Frage muß vor allem der Be¬
griff des Titels festgesetzt werden. Allenthalben versteht
Reichsrat.
man unter Ingenieur einen Menschen, welcher die Jähig¬
(36. Sitzung des Herrenhauses.)
keit besitzt, Bauwerke aller Art in zweckentsprechender,
Das Herrenhaus, welches sich nicht scheute, gegen¬
wissenschaftlich begründeter Weise zu entwerfen und zur
über den klar zum Ausdruck gekommenen Forderungen
Ausführung zu oringen. Es ist also demgemäß weder
der handel= und gewerbetreibenden Bevölkerung das
der hochschulmäßig ausgebildete Land= oder Forstwirt,
Odium ungerechtfertigter Verschleppungstaktik auf sich zu
noch der Chemiker oder Architekt ein Ingenieur. Die Zu¬
laden, hat heute den Gesetzentwurf, betreffend den Hausier¬
erkennung des Ingenieurtitels an dieselben würde den
handel, an dem die volkswirtschaftliche Kommission eine
von den Hochschultechnikern mit Recht angestrebten Zweck
Reihe wesentlicher Aenderungen vorzunehmen für gut
mebr schädigen als fördern, weil eine vollständige Be¬
befunden hat, verhandelt und nach einer umfangreichen!
griffsverwirrung in der Bevölkerung eintreten müßte,
Debatte mit diesen Aenderungen zum Beschluß erhoben.
wenn jeder aus der Hochschule für Bodenkultur hervor¬
Die „freisinnigen“ Mitglieder des Herrenhauses konnten
gegangene Oekonomieadjunkt Ingenieur benannt würde.
sich nicht genug tun, in langatmigen Tiraden sich der
Es soll damit das Recht der Hochschüler für Bodenkultur,
Hausierjuden anzunehmen; der Widerspruch, in den sie
einen ihren Studien entsprechenden akademischen Grad zu er¬
sich dabei mit der überwiegenden Masse der steuer¬
langen, nicht bestritten werden, nur muß ein Titel für
zahlenden Gewerbetreibenden setzen, berührt sie nicht,
sie gewählt werden, welcher die Vetätigung auf dem
lediglich um des fragwürdigen Erfolges einiger liberaler
Gebiete der Bodenkultur oder des Forstwesens zum Aus¬
Posen willen.
druck bringt. Für Chemiker, welche eine technische Hoch¬
Nachstehend der Sitzungsbericht:
schule absolviert haben, entspricht jedenfalls der Titel
Präsident Fürst Windischgrätz eröffnet die Sitzung um
eines Doktors der Chemie am besten, denn es ist wohl
1 Uhr 40 Minuten nachmittags und macht Mitteilung von der
völlig einerlei, ob jemand die wissenschaftliche Ausbildung
dankenden Kenntnisnahme der anläßlich des Hinscheidens der Erz¬
in der Chemie an einer Universität oder an einer techni¬
herzogin Elisabeth dargebrachten Kundgebung trauernder
Teilnahme durch den Kaiser sowie die nächsten Anverwandten
schen Hochschule erlangt hat. Für Architekten ist dieser
der verstorbenen Erzherzogin.
Titel seit jeher üblich und zweifelsohne völlig ent¬
Das neuernannte Mitglied des Herrenhauses Conte Borelli
sprechend, erforderlich ist nur der Schutz desselben.
ist zum erstenmal erschienen und leistet die Angelobung.
Präsident Fürst Windischgratz widmet den verstorbenen
Der Ingenieurtitel, welcher ein Berufstitel
Mitgliedern des Hauses, Freiherrn v. Rieger und Fürsten
ist und bleiben wird, sollte zufolge seiner Bedeutung nur
Sanguszko, einen warmen Nachruf, der von den An¬
auf Grund erfolgreicher praktischer Betätigung
wesenden stehend entgegengenommen wird.
Ueber Antrag des Freiherrn v. Niebauer werden die vom
verliehen werden. Als akademischer Grad ist er nach
Abgeordnetenhause beschlossenen Gesetzentwürfe, betreffend die Ver¬
dem üblichen Begriff nicht am Platze, hiefür ist die
wendbarteit der Teilschuldverschreibungen des niederösterreichischen
Würde eines Doktors der technischen Wissenschaften
Eisenbahnanlehens von 18 Millionen Kronen, sowie des von der
geschaffen worden; es wäre nur Vorsorge zu treffen, daß
gefürsteten Grafschaft Görz und Gradiska aufzunehmenden An¬
die Erlangung derselben mit weniger Schwierigkeiten
lehens von 1 Million Kronen zur fruchtbringenden Anlage von
Stiftungs=, Pupillar= und ähnlichen Kapitalien, der Tagesordnung
verbunden wäre. Es kann jemand ein vorzüglicher
der heutigen Sitzung angereiht.
Dr. teehn., ein Gelehrter auf dem Gebiete der technischen