VII, Verschiedenes 7, Raimund Preis Burgtheaterrring, Seite 10

GursenaligsSen.
des Wienel Tagelatt, Wiel
hnitt aus:
MMRl 1974
Theater, Kunst und Titeratur.
Verleihung des Raimundpreises.
Von der Direktion des Roinlundtheaters erhalten
vir folgende offizielle Mitteilung: Das Raimund¬
preisgericht hat unter dem Vorsitze des
Direktors Alfred Cavar und in Anwesenheit der
andern vier Preisrichter, und zwar der Herren
Alfred v. Straßer als Vertreter des Raimund¬
theatervereines, Dr. Anton Bettelheim als
Vertreter der Schillerstiftung, Regierungsrat Doktor
se
21. Marz 1914.


Die Auszahlung erfolgt satzungsgemäß am
1. Juni.
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Ueber den Hergang der Sitzung erfahren wir
folgendes Nähere:
Zu Beginn der Sitzung wurde allseitig der
Genugtnung Ausbruck gegeben, daß nach langer, fast
sechsjähriger Pause der Raimundpreis wieder zu
lebendiger Fruchtbarkeit erwachsen sei, und es wurde
der „Concordia“, deren tatkräftige Intervention hiezw
das meiste beigetragen hat, ferner dem Stifter Herrn
Alfred v. Straßer, der Statthalterei und
der Akademie der Wissenschaften, deren
bereitwilliges Entgegenkommen eine neue Fassung
des Stiftsbriefes ermöglichten, hiefür der wärmste
Dank ausgesprochen. Es kommen nunmehr für den
Raimundprei alle volkstümlichen dramatischen
Werke, die innerhalb einer bestimmten Zeitperiode
an irgendeiner Wiener Bühne über¬
haupt zuerst aufgeführt wurden, in Betracht. Zum
letztenmal ist der Preis im Jahre 1908 (an Kurt
Frieberger) verliehen worden. Es handelte sich
nun darum, Ueberschau zu halten über die Werke,
die seit 1908 auf Wiener Bühnen gegeben wurden
und die die Eignung für den Raimundpreis, der
hauptsächlich auf die Behandlung des Wiener Lebens
Bedacht nimmt, besitzen. Eine ganze Reihe von
Stücken wurde genannt. so „Der junge Me¬
dardus“ von Schnitzler, „Der große
Name“ von Viktor Leon und Leo Feld,
„Glaube und Heimat“ von Schönherr, auch
dessen „Trenkwalder“, ferner „Die Morgen¬
röte“ von Ruderer, „Traumland“ von
Streicher, „In Ewigkeit Amen“ von Anton
Wildgans, „Gute Mütter“ von Ruholf
Holzer. Manche der Stücke mußten aus formellen.
oder technischen Gründen beiseite gelassen werben so
beispielsweise „Glaube und Heimat“ weil diese
Komödie schon vielfach gekrönt ist, „Die Trenkwalder“
weil sie ganz abseits vom Wiener Leben liegen. „Der
große Name“ wurde vielfach als berücksichtigungs¬
würdiges gutes Theaterstück anerkannt, es mußte
jedoch, da es eine Kompagniearbeit ist, ausgeschlossen
werden. Für „Traumland“ traten einige der Preis¬
richter lebhaft ein, aber auch hier trifft der Einwand¬
zu, daß das Stück ganz fern allen: Wienertum ist.
Gegen Wildgans' Komödie, gleichwie gegen andre
hervorragende Einakter wurde geltend gemacht, daß
sie bei aller Anerkennung ihrer Würdigkeit gegen
voll ausgewachsene, der. Abend füllende Stücke zurl¬
treten müßten.
Die seit dem Jahre 1908 ange ammelten Zinsen
des Stiftungskapitals betragen bis zum heutigen.
Tag 4376 K. Es wurde zunächst die Frage zur
Abstimmung gebracht, ob für die abgelaufene sechs¬
jährige Periode drei oder zwei Preise zu ver¬
teilen seien. Die Majorität entschied für zwei
Preise und für die Bemessung eines jeden mit
2000 K. Die Zuerkennung des Preises an Artur
Schnitzler, als dem Autor des „Jungen
Medardus“ eines Dramas, dessen Rang als das
beste in den abgelaufenen sechs Jahren auf einer
Wiener Bühne aufgeführte Volksstück allseitig
anerkannt ist, wurde einmütig beschlossen. Das
Preisgericht glaubte der Bestimmung des Raimund¬
preises am vollsten gerecht zu werden und den Preis
selbst auf eine gewisse Höhe zu erheben, indem es
für dieses literarisch bedeutende, hochernste Werk
antschied. Den zweiten Preis sprach das Preis¬
Ggericht Rudolf Holzer, dem Autor der „Gute
Mütter“, zu, der mit seinem Stück eine große,
höffnungweckende Talentprobe gegeben hat. Auch
diese Zuerkennung erfolgte einmütig. Damit hat
das Raimundpreisgericht für dieses Jahr seine
Aufgabe erfüllt. Satzungsgemäß hat es erst im
Drühjahr 1916 wieder zusammenzutreten und
dann die von jetzt ab bis dahin auf den Wiener
Bühnen aufgeführten Volksstücke aus dem Wiener
u .
Leben in Betracht zu ziehen.