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Rainund-Preis and Burgtheaterning
OieGer 1/7 71
WIENER BRIEF.
Zum Schluns kommt die Nachricht, dass der ’Rainundpreis“ (vel. left 10,
S. 464) nun doch verteilt vorden int. Er fiel (im Betrage von je 3000
Kronen) auf Arthur Schnitsler und Rudolf flotzer, Und zwar erhieft ihn
der erstero für die ' Viener Komödie“ “Der Junge Modardus“ der letztero
für sein Stück ’Gute Mütter“ Während die Begründung für Hotzer ganz
kurz 1 utet: 'zur Ermunterung' weil er sich 'die dichterische Behand¬
lung ues Wiener Lobens zum Zicie gosetzt hat“ hebt jene für Schnitzler
'die durch eigentüntiche Erfindung betätigte schöpferische Phantasio“
seines Stückes hervot und neint, dass os sich 'durch die gediegene Cha¬
rakteristik und eine nicht alltägliche Behandlung der Sprache auszeich¬
ne“. Ver also noch nicht wusste, was der junge Medardus für ein Muster¬
und heisterwerk eigentlich ist, der hat es nun schwarz auf veiss.Ei¬
gentüniche Erfindung - schöpferische Phantasie - gediegene Charakteri¬
viel auf einen Hieb!
stik - nicht alltägliche Behandlung der Spraste“
Ner’s nicht glaubt, zahlt einen Taler! - Dass Schnitzler von Hause aus
—
sehr vermögend ist und durch seinen Beruf (als Frauenarzt) schöne Ein¬
nahnen hat, sei nur ganz nebenbei benerkt. Frage: Nozu sind Dichterprei¬
se eigentlich gestiftet worden? Als Taschengeld für Vermögende? U. A.veg¬!
Ottokar Stauf von der March.
8
Ausschnitt aus: Nones Wiener Journal, Wien
S S P An
I0APR. 1974
vom:
Ausschnitt Wiener Montags Journal, Wien
Laase des heutigen Tages keine Beranderung eingerteien.
20 APR. 1914
vom:
(Die Gemeinde Wien und Artur Schnitzler.)
In der gestrigen Gemeinderatssitzung stellte Gemeinderar Hohen¬
###7„ Ueberflüssige Fragen.
sinner folgende Anfrage: Heuer wurden die Wiener Dichter
Gemeinderat Hohensinner hat in der letzten Gemeinderats¬
Artur Schui#l## und Rudolf Holzer mit dem
ssitzung den Bürgermeister gefragt, warum der Schriftsteller
Raimund=Preise beteilt. Nun hat der geschäfts¬
Holzer begratuliert wurde und der Dichter Schnitzler nicht ...
führende Vizebürgermeister Hierhammer
Nachdem Gemeinderat Hohensinner ganz gut weiß, warum
wohl dem Herrn Rudolf Holzer die Gratulation der
Schnitzler nicht begratuliert wurde und Holzer ja, — weil näm¬
Gemeinde Wien ausgesprochen, die Verleihung des Raimund¬
lich Holzer Christ und Schnitzler Jude ist, so stellt sich seine
Preises an Artur Schnitzler aber völlig ignoriert.
Es hat allgemeine
Anfrage als recht überflüssig heraus. Die Gemeinderatsoppo¬
Anerkennung gefunden, daß die Gemeinde
Wien einem jungen
sition sollte doch endlich dieses Spiel aufgeben, die Majorität
Talent zu seinem Erfolge gratulierte, es
erregte aber auch
immer des Mangels an Objektivität überführen zu wollen. Die 5
allgemeines Befremden,
daß Artur
Schnitzler, dessen dramatische Werke auf den Bühnen
ganze Welt weiß, daß die Wiener Gemeinderatsmajorität anti¬
aller Völker und aller Länder erschienen sind, den
semitisch ist und es ist wirklich überflüssig, das immer beweisen
Glückwunsch der Gemeinde Wien nicht empfing, weshalb gefragt¬
zu wollen. Gewiß, es ist illoyal, diesen Antisemitismus auf
wird, warum die Beglückwünschung Artur Schnitzlers unter
die friedlichen Gebiete hinüberführen zu wollen und einem;
lassen wurde, ob eine Absicht oder nur ein Versehen
Ausgezeichneten die Gratulation zu versagen, wo man sie dem
vorliegt und ob er geneigt ist, noch nachträglich den
anderen zugesteht. Aber, seit wann ist denn Parteihaß un¬
Dichter durch eine Gratulation, wie sie dem Dichter Holzer zuteil
parteiisch und welcher Grund liegt vor, das nicht als fest¬
wurde, zu ehren? Bürgermeister Dr. Weiskirchner er¬
stehend annehmen zu wollen? Man hat Unger nicht aus¬
widerte: Ich bin erst vorgestern von meinem Urlaub nach Wien
gezeichnet und wird Güdemann nie die Salvatormedaille geben.
zurückgekehrt und mittlerweile ist der zweite Herr Vizebürger¬
Aber man wird gerne Stiftungen von Wertheimsteins an¬
meister auf Urlaub gegangen. Ich konnte ihn also nicht mehr
nehmen und philanthropische Veranstaltungen der Prinzessin is
fragen, aus welchen Beweggründen er so und nicht anders vor¬
Liechtenstein mit Jndengelo stärken. Das sind politische
gegangen ist. Ich kann jetzt nach dieser Inter¬
Unterschiede, die man in Wien gewöhnt ist, und darum immer
pellation natürlich den Herrn Artur
wieder zu fragen, das wirkt eher aufreizend, als überführend.
Schnitzler nicht mehr beglückwünschen.
Die Majorität leugnet ja nicht, antisemitisch zu sein, was fragt
(Ausfallende Empfänge.) Montag den 20. d. M. entfältt
Herr Hohensinner immer wieder darnach, ob sie es in einzel¬
nen Fällen auch ist?
Rainund-Preis and Burgtheaterning
OieGer 1/7 71
WIENER BRIEF.
Zum Schluns kommt die Nachricht, dass der ’Rainundpreis“ (vel. left 10,
S. 464) nun doch verteilt vorden int. Er fiel (im Betrage von je 3000
Kronen) auf Arthur Schnitsler und Rudolf flotzer, Und zwar erhieft ihn
der erstero für die ' Viener Komödie“ “Der Junge Modardus“ der letztero
für sein Stück ’Gute Mütter“ Während die Begründung für Hotzer ganz
kurz 1 utet: 'zur Ermunterung' weil er sich 'die dichterische Behand¬
lung ues Wiener Lobens zum Zicie gosetzt hat“ hebt jene für Schnitzler
'die durch eigentüntiche Erfindung betätigte schöpferische Phantasio“
seines Stückes hervot und neint, dass os sich 'durch die gediegene Cha¬
rakteristik und eine nicht alltägliche Behandlung der Sprache auszeich¬
ne“. Ver also noch nicht wusste, was der junge Medardus für ein Muster¬
und heisterwerk eigentlich ist, der hat es nun schwarz auf veiss.Ei¬
gentüniche Erfindung - schöpferische Phantasie - gediegene Charakteri¬
viel auf einen Hieb!
stik - nicht alltägliche Behandlung der Spraste“
Ner’s nicht glaubt, zahlt einen Taler! - Dass Schnitzler von Hause aus
—
sehr vermögend ist und durch seinen Beruf (als Frauenarzt) schöne Ein¬
nahnen hat, sei nur ganz nebenbei benerkt. Frage: Nozu sind Dichterprei¬
se eigentlich gestiftet worden? Als Taschengeld für Vermögende? U. A.veg¬!
Ottokar Stauf von der March.
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Ausschnitt aus: Nones Wiener Journal, Wien
S S P An
I0APR. 1974
vom:
Ausschnitt Wiener Montags Journal, Wien
Laase des heutigen Tages keine Beranderung eingerteien.
20 APR. 1914
vom:
(Die Gemeinde Wien und Artur Schnitzler.)
In der gestrigen Gemeinderatssitzung stellte Gemeinderar Hohen¬
###7„ Ueberflüssige Fragen.
sinner folgende Anfrage: Heuer wurden die Wiener Dichter
Gemeinderat Hohensinner hat in der letzten Gemeinderats¬
Artur Schui#l## und Rudolf Holzer mit dem
ssitzung den Bürgermeister gefragt, warum der Schriftsteller
Raimund=Preise beteilt. Nun hat der geschäfts¬
Holzer begratuliert wurde und der Dichter Schnitzler nicht ...
führende Vizebürgermeister Hierhammer
Nachdem Gemeinderat Hohensinner ganz gut weiß, warum
wohl dem Herrn Rudolf Holzer die Gratulation der
Schnitzler nicht begratuliert wurde und Holzer ja, — weil näm¬
Gemeinde Wien ausgesprochen, die Verleihung des Raimund¬
lich Holzer Christ und Schnitzler Jude ist, so stellt sich seine
Preises an Artur Schnitzler aber völlig ignoriert.
Es hat allgemeine
Anfrage als recht überflüssig heraus. Die Gemeinderatsoppo¬
Anerkennung gefunden, daß die Gemeinde
Wien einem jungen
sition sollte doch endlich dieses Spiel aufgeben, die Majorität
Talent zu seinem Erfolge gratulierte, es
erregte aber auch
immer des Mangels an Objektivität überführen zu wollen. Die 5
allgemeines Befremden,
daß Artur
Schnitzler, dessen dramatische Werke auf den Bühnen
ganze Welt weiß, daß die Wiener Gemeinderatsmajorität anti¬
aller Völker und aller Länder erschienen sind, den
semitisch ist und es ist wirklich überflüssig, das immer beweisen
Glückwunsch der Gemeinde Wien nicht empfing, weshalb gefragt¬
zu wollen. Gewiß, es ist illoyal, diesen Antisemitismus auf
wird, warum die Beglückwünschung Artur Schnitzlers unter
die friedlichen Gebiete hinüberführen zu wollen und einem;
lassen wurde, ob eine Absicht oder nur ein Versehen
Ausgezeichneten die Gratulation zu versagen, wo man sie dem
vorliegt und ob er geneigt ist, noch nachträglich den
anderen zugesteht. Aber, seit wann ist denn Parteihaß un¬
Dichter durch eine Gratulation, wie sie dem Dichter Holzer zuteil
parteiisch und welcher Grund liegt vor, das nicht als fest¬
wurde, zu ehren? Bürgermeister Dr. Weiskirchner er¬
stehend annehmen zu wollen? Man hat Unger nicht aus¬
widerte: Ich bin erst vorgestern von meinem Urlaub nach Wien
gezeichnet und wird Güdemann nie die Salvatormedaille geben.
zurückgekehrt und mittlerweile ist der zweite Herr Vizebürger¬
Aber man wird gerne Stiftungen von Wertheimsteins an¬
meister auf Urlaub gegangen. Ich konnte ihn also nicht mehr
nehmen und philanthropische Veranstaltungen der Prinzessin is
fragen, aus welchen Beweggründen er so und nicht anders vor¬
Liechtenstein mit Jndengelo stärken. Das sind politische
gegangen ist. Ich kann jetzt nach dieser Inter¬
Unterschiede, die man in Wien gewöhnt ist, und darum immer
pellation natürlich den Herrn Artur
wieder zu fragen, das wirkt eher aufreizend, als überführend.
Schnitzler nicht mehr beglückwünschen.
Die Majorität leugnet ja nicht, antisemitisch zu sein, was fragt
(Ausfallende Empfänge.) Montag den 20. d. M. entfältt
Herr Hohensinner immer wieder darnach, ob sie es in einzel¬
nen Fällen auch ist?