VII, Verschiedenes 10, Antisemitismus, Seite 47

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0. Antisenitien
Offentlichkeit für die Rettung dieser Schätze der Literatur und Wiesen¬
schaft, helfen Sie uns jene Mittel aufzubringen, die notwendig sind, um
größere Räume zu finden, die technischen Einrichtungen zu verbessern
und zu vergrößern und die Bibliotheken, die sich noch in Deutschland
befinden, herzutransportieren.
Während wir hier versammelt sind, um zu demonstrieren, daß die
Gewalt letztlich keine Macht über die Vernunft, über das Denken hat.
sind zur gleichen Zeit in England, in Amerika die Freunde der deut¬
schen Bibliothek versammelt. Die Bewegung, die den Jahrestag der
Bücherverbrennung zu einem Gedenktag des unzerstörbaren Erbes von
zweihundert Jahren intellektueller Entwicklung und zu einem Kampftag
der intellektuellen Avantgarde des zwanzigsten Jahrhunderts gemacht
hat, ist von Paris ausgegangen. Hier haben sich zuerst unter der Füh¬
rung von Professor Levy-Brühl, Comte und Comtesse Karolyi, Pro¬
fessor Hadamard, Comte de Brion und anderen französische, deutsche
und einige englische Intellektuelle zusammengefunden, um das Komitee
zur Schaffung einer deutschen Bibliothek des verbrannten Buches zu
bilden, dessen Präsident Heinrich Mann, dessen Ehrenpräsidenten André
Gide, Romain Rolland, H. G. Wells und Lion Feuchtwanger geworden
sind. Diesem Komitee haben sich außerdem zur Verfügung gestellt:
Gaston Baty, Maitre Campinchi, Georges Duhamel, Charles Dullin, Ed¬
mond Fleg, Gaston Gallimard, Professor Langevin, H. R. Lenormand,
Frans Masereel, Mela Muter, M. Paulhan, Professor Wallon, Georg
Bernhard, Ernst Bloch, Hans Eisler, Bruno Frank. Professor Gumbel,
Alfred Kerr, Rudolf Leonhard, Rudolf Olden, Theodor Plivier, Doktor
Kurt Rosenfeid, Joseph Roth, Anna Seghers, Ernst Toller, Albert Malte
Wagner.
Hier in Paris sind die ersten Arbeiten geleistet worden, und hier
stehf-die Bibliothek — oder richtiger, hier stehen die Anfänge der
Bibliothek. Aber es muß zugestanden werden, daß die Resonanz dieser
Arbeit, daß das Interesse und die Bereitwilligkeit zu helfen in der
Offentlichkeit Englands noch größer gewesen sind. In England hat sich
unter der Führung von H. G. Wells, Bertrand Russel, Professor und
Mrs. Haldane, Professor Catlin, Lady Oxford and Asquith, Wickham
Steed, Hubertus Prinz zu Löwenstein, Professor Laski, Clare Sheridan,
Louis Golding und anderen eine Gesellschaft der Freunde des ver¬
brannten Buches gebildet, deren Aktivität außerordentlich groß und
fruchtbar geworden ist. Hunderte englische Professoren, Schriftsteller,
Künstler, Studenten und andre Intellektuelle haben sich bisher dieser
Gesellschaft angeschlossen; wahrscheinlich, daß es sehr bald Tausende
sein werden. Heute zur gleichen Stunde sind in London auf Einladung
von Lady Rosebery, Lady Oxford and Asquith und Vicountess Ronndha
zweihundert englische Professoren, Schriftsteller und intellektuelle
Freunde des verbrannten Buches versammelt, um unsrer Arbeit
materielle Hilfe zu bringen.
Dieses Jahr der Arbeit in der Emigration ist schwer gewesen. Aber
es ist fruchtbar gewesen, ein Jahr des Kampfes, des Gegenangriffs
gegen den Zustand, der sich „Drittes Reich“ nennt. Ein Teil dieses
Kampfes ist unsre Bibliothek, an der sich die internationale Solidarität
der intellektuellen Avantgarde des zwanzigsten Jahrhunderts bewährt
hat und weiter bewähren wird. Ein Werk, das so viele Beweise der
Freundschaft und der Hilfe aus allen Teilen der Welt bereits erhalten
hat, wird aus den Anfängen heraus zu einem umfassenden Erfolg geführt
werden.
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