VII, Verschiedenes 11, 1899–1901, Seite 10

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1. Miscellapeons
scheint, ist gründlich und gewissenhaft vorbereitet und schließt
sich harmonisch als letztes Glied an die meisterhaft gefügte
Kette der psychologischen Entwickelung an. Der scenische Auf¬
bau der Handlung hat ebenso Anspruch auf rückhaltloses Lob
wie die treffliche Charakterisirung, die sich nicht nur auf die
Hauptgestalten des Dramas, sondern auch auf die Neben¬
personen desselben erstreckt.
Die Darstellung, die die Novität fand, war eine ungleich¬
mäßige. Die Besetzung der weiblichen Hauptrollen war eine
vollkommen entsprechende, sie war aber auch leicht zu treffen.
denn es ist geradezu selbstverständlich, daß die Individualität
der Frau Hohenfels für das herbe, erst langsam weichere
Formen annehmende Wesen des „Hans“ wie geschaffen ist,
während man anderseits keine beisere Anna Berndt wünschen
konnte, als die des Frl. Medelsky. Herr Devrient
war ein prächtiger Heinrich Jensen. sein verstauchtes Bein
kam ihm als lahmgeschossener Marinelientenant gut zustatten.
Frau Schmittlein und Herr Thimig boten
als Großmutter Jensen und als Großvater Mähnke
gleichfalls prächtige Leistungen, desgleichen nahmen sich die
Herren Reimers und Treßler ihrer kleinen Rollen
fürsorglich an. Herrn Sonnenthal war die Rolle des
Professors Hartog zugetheilt worden. Wir wollen nicht
leugnen, daß er sich mit derselben abmühte, aber der Erfolg
war ein sehr problematischer, mußte es sein, da Sonnenthal
sich in derartige Gestalten nun einmal nicht hineinzuleben
weiß. Er verfügt nur über einen Ton und mit dem glaubt er
stets sein Auslangen finden zu können. Die Aufnahme des
Stückes war nicht die, die es verdient hätte. Natürlich, das
Parkett, das den Meisterwerken“ der Connatlonglen
Schnitlerun Hoffmannsthal zuzujubeln pflegt,
mußke dem deutschen Schriftsteller gegenüber kalt und
steif bleiben. Dennoch brach sich zum Schlusse der ehrliche, auf¬
richtige Beifall Jener Bahn, die die psychologischen Feinheiten
des Dramas zu würdigen wußten.
Herr Director Schleuther hat übrigens dafür ge¬
sorgt, daß auch das Premièren=Stammpublikum seinen Tribut
erhielt. Er schloß deshalb an das Drama „Hans“, „um den
Abend zu füllen“, das einactige Lustspiel „I love von“
von Theodor Herzl an. Der Eindruck, den das
Dreyer'sche Drama auf den kunstsinnigen Theil des
Hauses hervorgebracht, hatte, wurde durch den geschraubten und
stets mit dem Cynischen kokettirenden Humor des Zionisten¬
Führers zwar zerstört, aber was kümmert das Herrn Doctor
Schlenther? Er weiß, was er der Clique schuldig ist. Das
alberne Zeug, das den Titel Lustspiel Ineus a non lucendo
führt, zeigt uns ein „modernes“ dreizehnjähres Mädchen,
wie sie besonders gerue in den Herrn Herzl“
stammverwandten Familien gedeihen, das ihre Liebe zu
einem gleichaltrigen Spielgenossen in der Sommerfrische
dadurch kundgibt, daß sie die Worte „I love von!“
die Lehne einer Gartenbank ritzt. Dadurch gerathen
verschieden erwachsene Personen in Verdacht, und die
„Spielerei“ des frühreifen Dinges führt zu zwei veritablen
Verlobungen. Diejenigen, die früher sinmm geblieben waren,
waßten sich jetzt umürlich an Benalsbezengungen nicht genun
zu thun, zu unserer Freude müssen wir aber connatiren, daß
der Begeisterungslärm für Herrn Heril in einem energischen
Zischen unterging. Um den Einacter bemühten sich die Damen
Wilbrandt,
Mitterwurzer, Walbeck,
Kallina, Ansion und Clemens, sowie die Herren
Römpler, Thimig, Gimnig und Korff.
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-Im Kaiserjubiläums = Stadttheater findet!
heute, um ½8 Uhr Abends, die erste Aufführung von „Anno
dazumal“, ein deutscher Schwank in drei Acten von Carlot
Gottfried Reuling in der bereits gemeldeten Besetzung der
Hauptrollen statt. Dasselbe Stück wird morgen Abends
wiederholt. Heute und morgen Nachmittags geht um ½3 Uhr
das Märchenspiel „Sneewittchen und die sieben Zwerge“ dessen
Erfolg sich zu einem wahrhaft sensationellen gestaltet, in Seene.
Im Theater an der Wien gelangt am
nächsten Samstag, den 20. d. M., „Der Sechsuhrzug“, Operette
in drei Acten lfrei nach Mailhac's „Decors)“ von Victor
Léon und Leo Stein, Musik von Richard Heuberger, in nach¬
stehender Besetzung zur ersten Aufführung: Camille Colinean—
Fräulein Worm;
Herr Josephi: Henriette, seine Frau
Fräulein Reichsberg; Edouard
Margot, Gräfin Tanagra
Frau Biedermann:
d'Andresy — Herr Pagin: Olivette
Herr
Der Mahdi von Sudan — Herr Lunzer; Leovold
Herr Kormann; Clairette —
Giampietro: Der Unterpräfect¬
Fräulein Klug; Der
Fräulein Milton; Susanne Godin —
Maire von Harfleur — Herr Alo#n
Telefon 12801.
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
Ausschnitt
405
„OBSERVER“ Nr. 69
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
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Vertretungen in Berlin, Chicago, London, Newyork, Paris ockholm.
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Ausschnitt aus:
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Bei der Erstaussühng
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Im Hofburgtheiter ler
Kampf zwischen Zischen un
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acter einen klägtichen Eindruck erhaltenshatten, derart, daß
sie durch Zischen gegen diese Verfälschung der Stimim
protestirten. Ba#reig##t# s sich nun wieder, daß einige
Zischer von behördlichen Organen zur Rühe verwiesen und
unter Indrohung der Verhaftung zum Vermeiden be¬
Zischens aufgeforderm#en. Das ist sichts neues, jonder
keine bei in unserem Staatswesen so berlebsen Ver
Kmundun des Staatsbürgers kaum anfllige Erscheinn
sich,
Allein gerade in den Falle Herzl zeigte es
Hier war
wenig berechtigt dieses behördliche Vorgehen ist.
das Zischen nicht etwa eine muthwillige Demonstration auf
„persönlichen Rotiven, sondern die böchst begründete Abwehr,
gegen das
die ein besonnenes, vorurtheilsfreieb Publieum
abstoßende Treiben einer Cliqus richtete. Men hätte aller
Wahrscheinlichkeit nach soger die unsauberen Albernbeiten
des Herglichen Stckes mit Schweigen hingenommen und das
Ting #a#tlos begraben, wenn nicht plöhlich gegen den guten
usive
Geschmack ein heitiger Applaus losgebrschen wäre. Dagegen irto.
„nußte man sich wehren, jedermann, der eine Achtnnß vor ilbar
Voraus
dem Burgtheuter hai, mußtee# zu verhinbern trachten,
##daß andern Tages die Presse gewisser Richtung verkünden
1.
sonnte,s jämmerliche Praduet hebe an diesem bochernsten
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4
1#ei em barten Eeseng errungen. Und sn sandten denn
gelede jeue Leute, die wissen, was #ie vom Burgtheater und
seinen Kunstpflichten zu halten haben, der Anberusener
Elgau¬
hrganen
ab
zwar bezeichnenderweise
w##eden
1r
Amtabienern. Polizeiliche Amtsdiener eensuriren alse
unseren Theatern die Cenfur, die das gebilbete Publicum
an den Siücken übt; der Polizeiwenzei hat also in letzter
Instanz die Entscheidung, ab ein Stück gefallen hat oder
nicht, und der größte, elendiglichste Suoler kann unter
sdr#er polizeilichen Bedeckung einen fäctischen Sieg erringen, di
seiner Claque niemand widersprechen dars. Wie wärs, wenn
man Samnl die t#enben Künglinge mit den Andrlchen
Prosilen, die mit ihrem Sonnenthal= ader Banibiete por
en ungseigneisten Steuen
Mahier=Applans-
n—zni