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1. Miscellaneoss
Ausbruch kommt, der im allgemeinen Interesse über
einen wichtigen Punkt dem Publicum die Wahrheit
Ihm wäre besser, er wäre nie geboren.
sagt!
Doch gerade die Verfolgung ist es, die seinen Worten
Glauben verschaff. Keine Wahrheit hat sich noch ohne
Martyrthum Bahn gebrochen, mit Ausnahme der
Euklidischen Lehrsätze. Man kann Andere nicht über¬
zeugen, ohne für seine Ueberzeugung gelitten zu haben,
und der heilige Paulus sagt mit Recht: „Glaubet mir,
denn ich bin oft im Gefängnisse.“ Wenn er in Wohl¬
leben sich befunden und aus der Lehre, die er
predigte, Gewinn gezogen hätte, er hätte nie die Kirche
Du aber, Vinzer Paulus
Christi gegründet. —
Louis, der Einzige, der in deinem Lande ein Mann des
Volkes sein will, gehe einen Schritt weiter, nenne dich
Pamphletist und verkünde es laut, dass du Pamphletist
bist. Schreibe, mache Pamphlet nach Pamphlet, so lange
dir der Stoff nicht ausgeht. —— Man wird dich an¬
hören, wenn man sicht, dass du verfolgt wirst. Denn
du brauchst diese Unterstützung, und du bist ohn¬
mächtig ohne die Hilte des Herrn Broé. Deine Aufgabe
ist es, zu sprechen, die seine, durch die Anklage gegen
dich die Wahrheit deiner Worte zu beweisen.:
Paul Louis Courier, -Pamphlet des
pamphletse (1824).
Ich habe neulich vor dem Schwurgericht die
Herren Hermann Bahr und Bukovics angeklagt und
wurde, da ich von hundert Vorwürfen zwei nicht
gerichtsordnungsmäßig beweisen konnte, zu einer hohen
Geldstrafe und zur Bezahlung der Gerichtskosten ver¬
urtheilt. Mir war’s wahrhaftig nicht darum zu thun
gewesen, den Kampf, den ich seit zwei Jahren in diesem
Blatte führe, auf den Boden des Gerichtes zu übertragen,
und es ist ja auch bekannt, dass ich es nur auf aus¬
drücklichen Wunsch meiner Gegner gethan habe. Sie
ließen mich eines Tages verständigen, dass ihnen die
fortgesetzten Angriffe ungemüthlich geworden seien
und dass sie es für gerathen hielten, den Streit der
geräuschlosen und unblutigen Judicatur einer literari¬
schen Oeffentlichkeit zu entziehen und von dem gut
unterrichteten Publicum an die besser zu unterrichtenden
Geschwornen zu appellieren. Ich habe diesen Schritt
nicht begriffen und nicht gebilligt. Der in seiner Ehre
—
beleidigte Privatmann, dem die öffentliche Presse
Genugthuung weigert, mag in der Klage den einzigen
Ausweg erblicken. Aber die in ihrer Ehre beleidigte
Presse verfügt über eine Macht, die es ihr an die Hand
gibt, dieselbe Oeffentlichkeit, die Zeuge der Be¬
leidigung war, auch als Richter anzurufen. Die sofortige
Aufklärung des Sachverhalts im „Neuen Wiener Tag¬
blatt“: die schleunige Publication des zwischen den Herren
Bahr und Bukovics abgeschlossenen Kaufvertrages und
die — nicht einmal ehrenwörtliche — Versicherung des
Herrn Bukovics, dass er im Falle Holzer sein Ehren¬
wort nicht gebrochen habe, hätten das Verfahren wesent¬
lich abgekürzt. Ich kann nachträglich verrathen, dass
ich so loyalen Gegnern gegenüber das Wort zu der
folgenden Erklärung gefunden hätte:
-Ich muss die Herren Bahr und Bukovics heute
loben, weil sie mit der thörichten Todtschweigetaktik
gebrochen haben, mir muthig entgegentreten und die Zahl
der ihnen vorgeworfenen Facten um zwei verringern. Sie
haben die Entscheidung der breitesten Oeffentlichkeit an¬
gerufen, die wir ja immer als zuständigen Richter über die
Differenzen unserer Anschauungen — auch der moralischen
betrachten können. Drei, oder eigentlich zwei, that¬
sächliche Angaben der „Fackel“ sind es, die von den
Herren bestritten werden und auf deren Widerruf sie
Wert legen zu müssen glauben. Mir scheinen sie im
Vergleich zu allem, was ich zumal gegen Herrn Bahr
in der „Fackel“ seit deren erstem Hefte vorgebracht
habe, so wenig bedeutend, dass mir nichts daran liegen
kann, sie aufrecht zu halten. Herr Bahr hat also
den Grund zu seiner Villa in Ober-St. Veit — er
versichert es und legt zum Beweise einen Kauf¬
vertrag vor — nicht von Herrn Bukovics als Ge¬
schenk erhalten. Was verschlägt’s mir, der dies
doch nur als eines der nebensächlichen Argumente
für die Incompatibilität der Stellungen eines Kritikers
und eines Aufors, dessen Stücke der von dem Kritiker
abhängige Theaterdirector aufführt, herangezogen hat!
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1. Miscellaneoss
Ausbruch kommt, der im allgemeinen Interesse über
einen wichtigen Punkt dem Publicum die Wahrheit
Ihm wäre besser, er wäre nie geboren.
sagt!
Doch gerade die Verfolgung ist es, die seinen Worten
Glauben verschaff. Keine Wahrheit hat sich noch ohne
Martyrthum Bahn gebrochen, mit Ausnahme der
Euklidischen Lehrsätze. Man kann Andere nicht über¬
zeugen, ohne für seine Ueberzeugung gelitten zu haben,
und der heilige Paulus sagt mit Recht: „Glaubet mir,
denn ich bin oft im Gefängnisse.“ Wenn er in Wohl¬
leben sich befunden und aus der Lehre, die er
predigte, Gewinn gezogen hätte, er hätte nie die Kirche
Du aber, Vinzer Paulus
Christi gegründet. —
Louis, der Einzige, der in deinem Lande ein Mann des
Volkes sein will, gehe einen Schritt weiter, nenne dich
Pamphletist und verkünde es laut, dass du Pamphletist
bist. Schreibe, mache Pamphlet nach Pamphlet, so lange
dir der Stoff nicht ausgeht. —— Man wird dich an¬
hören, wenn man sicht, dass du verfolgt wirst. Denn
du brauchst diese Unterstützung, und du bist ohn¬
mächtig ohne die Hilte des Herrn Broé. Deine Aufgabe
ist es, zu sprechen, die seine, durch die Anklage gegen
dich die Wahrheit deiner Worte zu beweisen.:
Paul Louis Courier, -Pamphlet des
pamphletse (1824).
Ich habe neulich vor dem Schwurgericht die
Herren Hermann Bahr und Bukovics angeklagt und
wurde, da ich von hundert Vorwürfen zwei nicht
gerichtsordnungsmäßig beweisen konnte, zu einer hohen
Geldstrafe und zur Bezahlung der Gerichtskosten ver¬
urtheilt. Mir war’s wahrhaftig nicht darum zu thun
gewesen, den Kampf, den ich seit zwei Jahren in diesem
Blatte führe, auf den Boden des Gerichtes zu übertragen,
und es ist ja auch bekannt, dass ich es nur auf aus¬
drücklichen Wunsch meiner Gegner gethan habe. Sie
ließen mich eines Tages verständigen, dass ihnen die
fortgesetzten Angriffe ungemüthlich geworden seien
und dass sie es für gerathen hielten, den Streit der
geräuschlosen und unblutigen Judicatur einer literari¬
schen Oeffentlichkeit zu entziehen und von dem gut
unterrichteten Publicum an die besser zu unterrichtenden
Geschwornen zu appellieren. Ich habe diesen Schritt
nicht begriffen und nicht gebilligt. Der in seiner Ehre
—
beleidigte Privatmann, dem die öffentliche Presse
Genugthuung weigert, mag in der Klage den einzigen
Ausweg erblicken. Aber die in ihrer Ehre beleidigte
Presse verfügt über eine Macht, die es ihr an die Hand
gibt, dieselbe Oeffentlichkeit, die Zeuge der Be¬
leidigung war, auch als Richter anzurufen. Die sofortige
Aufklärung des Sachverhalts im „Neuen Wiener Tag¬
blatt“: die schleunige Publication des zwischen den Herren
Bahr und Bukovics abgeschlossenen Kaufvertrages und
die — nicht einmal ehrenwörtliche — Versicherung des
Herrn Bukovics, dass er im Falle Holzer sein Ehren¬
wort nicht gebrochen habe, hätten das Verfahren wesent¬
lich abgekürzt. Ich kann nachträglich verrathen, dass
ich so loyalen Gegnern gegenüber das Wort zu der
folgenden Erklärung gefunden hätte:
-Ich muss die Herren Bahr und Bukovics heute
loben, weil sie mit der thörichten Todtschweigetaktik
gebrochen haben, mir muthig entgegentreten und die Zahl
der ihnen vorgeworfenen Facten um zwei verringern. Sie
haben die Entscheidung der breitesten Oeffentlichkeit an¬
gerufen, die wir ja immer als zuständigen Richter über die
Differenzen unserer Anschauungen — auch der moralischen
betrachten können. Drei, oder eigentlich zwei, that¬
sächliche Angaben der „Fackel“ sind es, die von den
Herren bestritten werden und auf deren Widerruf sie
Wert legen zu müssen glauben. Mir scheinen sie im
Vergleich zu allem, was ich zumal gegen Herrn Bahr
in der „Fackel“ seit deren erstem Hefte vorgebracht
habe, so wenig bedeutend, dass mir nichts daran liegen
kann, sie aufrecht zu halten. Herr Bahr hat also
den Grund zu seiner Villa in Ober-St. Veit — er
versichert es und legt zum Beweise einen Kauf¬
vertrag vor — nicht von Herrn Bukovics als Ge¬
schenk erhalten. Was verschlägt’s mir, der dies
doch nur als eines der nebensächlichen Argumente
für die Incompatibilität der Stellungen eines Kritikers
und eines Aufors, dessen Stücke der von dem Kritiker
abhängige Theaterdirector aufführt, herangezogen hat!