VII, Verschiedenes 11, 1899–1901, Seite 38

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1. Miscellaneens
Information war demnach ebenso unrichtig, wie mein
Kampf gerecht.:
— — —
So ungefähr hätte ich gesprochen, wenn meine
Gegner mir auf dem Terrain ihrer Presse ent¬
gegengetreten wären. So spreche ich heute, da sie es
nicht gethan, da sie aus der sinnverwirrenden Fülle
der Beschuldigungen klaren Blickes zwei herausge¬
hoben und den ganzen Kampf in die Sphäre einer
trockenen Criminalität gerückt haben. Ich habe ihn —
und das ist das rühmliche Ergebnis dieser Gerichts¬
verhandlung — dem unfruchtbaren Boden wiederentzogen.
Ich habe den Herren bewiesen, dass ihre Beziehung, auch
wenn der eine nie ein Ehrenwort gebrochen, der
andere nie ein Grundstück geschenkt bekommen hat,
eine unstatthafte ist. Ich habe bewiesen, dass junge,
einflusslose Autoren sich von den allmächtigen Theater¬
lenkern alles gefallen lassen müssen, und klarer konnte
dieser Schwächezustand der Oeffentlichkeit nicht ge¬
macht werden, als durch die Vorführung eben jenes
Herrn Holzer, der vor Gericht seine Begeisterung
für Herrn Bukovics und seine Verachtung für mein
Streben, ihn gegen den Unternehmer zu schützen, be¬
kundete. Und dass Autoren, denen das kritische Neben¬
amt Einfluss über eine Theaterkanzlei verleiht, diesen
Einfluss in schrankenlosester Weise ausnützen, konnte
wieder nicht eclatanter als an der Figur eben jenes
Zeugen Bukovics bewiesen werden, der gellend die Größe
seines- Freundes und Gönners- ins Haus rief und in jedem
Worte die Erkenntnis der Ueberlegenheit des kritischen
Machthabers verrieth. Wahrlich, wenn Orgon und Tartüffe
ihren Schöpfer Molière auf E''renbeleidigung geklagt
hätten, drastischer wäre das Verhältnis ausgenützter Einfalt
und geschäftsschlauer Freundschaft nicht dargestellt
worden.
Diese Geschwornenverhandlung konnte zuletzt
keinen andern Zweck haben als den einer thatsäch¬
lichen Berichtigung. Zwei Mittheilungen, die ich im

besten Glauben veröffentlicht, waren schlimmstenfalls
unrichtig. Aber, dass hundert wirkliche Ehrenbe¬
leidigungen citiert und bewiesen werden könnten, darauf
waren die Herren nicht gefasst. Einstimmig haben die
Geschwornen, die ja leider über nichts anderes ent¬
scheiden durften, die Unrichtigkeit zweier Informationen
bekräftigt; einstimmig hätten sie, wäre sie ihnen ge¬
stellt worden, die Frage auf die Reinheit und Noth¬
wendigkeit meines Kampfes bejaht. Dass ich ihn
jenseits der durch den Strafprocess gesteckten Grenzen
erläutern, dass meine Vertheidigung sich zu einer Anklage
gegen das von mir angegriffene System verwandelnkonnte,
danke ich der Einsicht und Loyalität eines klugen und in
Dingen der Literatur bewanderten Vorsitzenden, der,
wie alle Zuhörer versicherten, charmant gegen mich
war. Dass er wirklich charmant und gegen mich war,
habe ich vor und nach seinem Resumé zu erfahren
Gelegenheit gehabt..
Wenn ich bedenke, dass die Zeitungen, so entstellte,
willkürliche und gehässige Berichte die meisten auch
brachten, doch ein gut Theil der von mir aufgedeckten
Theatercorruption der Kenntnis ihres Publicums ver¬
mittelt haben, so kann ich die mir auferlegte Geldbuße
nicht zu hoch finden; was bedeutet sie im Vergleiche
zu der Summe, durch die ich die liberale Presse zur
Verbreitung meiner Ideen im außergerichtlichen Wege
hätte veranlassen müssen?
Zum Danke an die Presse der übliche Dank an
das Publicum. Es hat mich — ich meine das
Auditorium der Verhandlung — nicht minder eifrig,
nicht minder verständnisvoll unterstützt. Ich werde es
diesen Neugierigen, die so zahlreich versammelt waren,
nie vergessen, dass sie nach zweitägigem angestrengten
Zuhören noch die Kraft hatten, bei meiner Verurtheilung
in ein Indianergeheul auszubrechen. Rascher hätten die
zwöll Männer aus dem Volke nicht zur Erkenntnis ge¬
bracht werden können, wem zu Gefallen sie ihr Verdict ge¬
sprochen hatten. Was mein Vertheidiger in einer meister¬