VII, Verschiedenes 11, 1899–1901, Seite 54


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1. Miscellaneous
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Alex. Weigl's Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Aussehnitt
„OBSERVEK Nr. 100
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
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Ausschhitt aus:
Jtdisches Terhesauth Een
0707
Ein Capitel über das „Wienerische“. Man interpellierte einst!!
Arthur Schnitzler über sein „süßes Mädchen“; zu dem größten
Erstaunen des Naseweisen gab er zur Antwort: Es gibt ein „süßes
Mädchen“ so wenig, als es die „Wienerin“ des Extrablattes gibt.
Und swer sich ein bisschen Zeit und Mühe nimmt, die Weaner
Madln“ zu studieren, und ein bisschen Grütze im Kopfe hat, wird
finden, dass der Dichter in seiner edlen Wahrheitsliebe das Richtige
getroffen hat. Die „jüßen Mädeln“ sind um einige Grade düm= usive
mer, treuloser und, man verzeihe, sagen wir, habsüchtiger, als das hrto
Ideal Schnitzlers, das eben nur in dem Kopfe des Dichters existiert. selbar
Wie söllte es anders sein. In dieser Stadt, wo eine Rassenver=Toraus.
mischung schlimmster Art ihre Orgien feiert, kann keine gerade Artj ist das
existieren; alle Stämme Oesterreich=Ungarns geben sich hier an ders es den
Ab Donau ihre Rendez=vous, und aus diesem Mischmasch kann keine
Ab edle Blume erblühen. Es gab einst Wiener und Wienerinnen,
man braucht bloß Grillparzer und Nestroy zu nennen, um zwei ltend die
prgen¬
Pole eines urwüchsigen Wesens zu kennzeichnen; aber diese Art Zeitung")
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hrist längst in dem Meere der verschiedensten fremden, sich gegenseitig sie Leben
waschwächenden Instincte zugrunde gegangen; und leider eignet man heilungen
de sich von dem Fremden am wenigsten das Gute an, weil das Gute ein
Product der Selbstzucht ist, und daher nicht nur gut, sondern auch
schwer ist.
Diese Gedanken flogen mir durch den Kopf, als man vom
Glücke und Ende des „Jung=Wiener Theater“ sprach. Ich suchte zu
entwickeln, dass es nichts „Wienerisches“ gäbe; aber jedenfalls hat¬
#ten die Acteure und Macher dieses neuen „Jungwienerthum“ keinen
Tropfen weanerischen Blutes in ihren Adern. Voll Heuchelei und
Künstelei, idie das ganze Milien, waren auch die geistigen Schöpferz
landfremd und gefühlsfremd, instinctunsicher und nachahmungs¬
lüstern.— so schafft man keine neue Kunst.
Juden seid ihr, Semiten. Dort klopfet an, vielleicht
hat da das Herz euch etwas zu sagen. Das ist die einzige Quelle
der Entwicklung vom Gewöhnlichen zum Seltenen, wenn aber auch
da nicht, so lasset euer Talent begraben. Seid ihr nicht boden¬
ständig, so seid ihr lächerliche Caricaturen, die ängstlich dort herum¬
tappen müssen, wo der Rassenbewufste leicht und sicher den Weg
findet. Ihr seid nicht die Schlechtesten des jüdischen Volkes und
noch ist es Zeit zur Umkehr und Einkehr; wenn nicht — so endet
ihr in dem Sumpfe des „Wienerischen“, wie es in manchem Leo¬
poldstädter Tingel=Tangel zuhause ist, eines Typus, der sich nicht
achtet, die anderen nicht achtet und seine Eigenart in der Verhöh¬
nung und Verflachung jeder ideellen Regung sieht.