VII, Verschiedenes 11, 1902–1906, Seite 39

Ctnier Houtnar
1. Miscellançons box 41/2
meister Kapelter; das Drahster wird auf sechtig Dam vefärt,
da das Streichquartett allein aus achtunddreißig
Musikern bestehen wird.“ Ich bin nicht sehr musikalisch, aber für
ein Quartett halte ich das doch entschieden für zuviel.
Baronin Suttner feierte vor Kurzem ihren sechzigsten Ge¬
burtstag. Es ist bekannt, daß dieser ausgezeichneten Frau aus
der civilisirten Welt
jenem Anlaß aus allen Theilen
allerlei Ovationen dargebracht worden sind. Den Vogel
scheint mir der Festartikler einer Berliner Zeitschrift abgeschlossen
zu haben. Er hat zunächst galante Anwandlungen und weist nach,
daß das Alter keine Rolle spiele, auf den Geist komme es an,
der ja noch jung sei. Einem ähnlichen Schmeichler hat Fürstin
Pauline Metternich an ihrem fünfzigsten Geburtstage eine hübsche
Antwort gegeben: „Sie sagen, fünfzig Jahre sei noch kein Alter.
Kein Alter vielleicht für eine Kathedrale, aber doch schon etwas
für eine Frau!“ Der Festartikler schreibt dann: „Wir feiern
doch den sieghaften Geist und nicht den Leib,
gottbegnadeten
Träger eines
den
faulen
der noch
Genies, wir feiern den Geist einer Frau,
(Lustige Entgleisungen.
in jugendlicher Frische prangt und hochzeitslüstern, liebedurstig,
Eine Meisterleistung Minister Feiervary's.
Nur echte Perlen.
lebensfroh die Welt überragt.“ Hiezu wäre zu bemerken, daß
= Dunkle Absichten einer Locomotive. — Wie
Ein Luftballonwunder.
man Junggesellen fängt. — Die arme Baronin Suttner. — Eine ge¬
Baronin Suttner, völlig niedergeschmettert durch den Tod ihres
Der arme Schnitzler.
fährliche Fahrt.
congenialen Gatten, in tiefster Trauer und Zurückgezogenheit ihre
Von Baldnin Groller.“
Tage verbringt. Der Festartikler aber fährt fort: „Griechische
Einen Schatz will ich heben, Perlen heraufholen aus der[Heiterkeit und einen italienischen Himmel
Tiefe, aus der Tiefe meines Schatzkästleins. Ich habe ein wohl= wollen wir uns dazu erdenken, feurige Weine wollen
gefülltes Kästlein und habe meine Freude dran. Wie ein richtiger wir schlürfen, Weinlaub um die Schläfen winden, den
Geizhalz vermehre ich den Schatz mit Liebe, nehme ihn in stiller,[Thyrzusstab in die Lüfte schwingen, Evos rufen und
unbewachter Stunde vor und wühle gehobenen Gemüthes in ihm,[Weihrauch den Göttern opfern. So stelle ich mir eine
aber in einem Punkte wenigstens will ich nicht dem Geizigen Suttner=Feier vor, wie sie der edlen Trägerin dieses großen
gleichen. Ich will mittheilen von meinem Schatze. Auch mein Namens würdig wäre.“ Ueber den Geschmack läßt sich nicht
Leser soll eine Freude haben, und er wird sie haben. Ich bin
streiten; es geht weiter: „Und sollen wir dem trägen Leibe
meiner Sache gewiß und bin dabei nicht einmal unbescheiden.
zähe Kraft wünschen, daß er noch lange des edlen Geistes irdische
Denn nicht ich habe die hübschen Schmuckstücke geformt und
Stütze bleibe? Wozu?“ (Man sollte meinen, daß sich dafür doch
ciselirt, ich habe sie nur gesammelt. Es sind Kostbarkeiten, heraus¬
vielleicht irgend ein Grund finden ließe.) „Es ist der Geist, der
gefischt aus dem Meere der Zeitungs= und der Buchliteratur.
aber dann hätte sich der edle Geist
sich den Körper baut,“
„es
Unsere Freude wird eine harmlose sein, und wir werden uns nicht mit dem „faulen Träger“ nicht besonders ausgezeichnet!
überheben, mein lieder Leser. Etwas Menschliches passirt Jedem ist der Geist, der nimmer müde das träge Lastthier
einmal, und es ist Menschliches, allzu Menschliches, was uns Menschenleib“ — Schon wieder! Ich weiß nicht,
unterhalten wird. Eines möchte ich vorweg noch betonen: meine
eine Frau, auch wenn sie sechzig Jahre alt geworden ist, es sich
Schätze sind echt. Es gibt da nicht eine einzige Fälschung. Auch
gefallen lassen muß, daß mit ihrem Leib so umgesprungen werde!
nur eine solche würde die ganze Sammlung um ihren Credit
„an seine Pflicht gemahnt und ihn aufrecht hält. Und wird
bringen. Die Provenienz ist bei jedem Stück genau festgestellt,
er dennoch müd' und träg', nützt selbst des hohen Geistes
und immer bin ich in der Lage, Quelle und Datum genau an¬
rühriger Ansporn nicht mehr, dann steigen Menschen von der
zugeben. Ich beginne:
Größe unserer Suttner lächelnd noch und stillbeglückt
Eine von ihrem Correspondenten sonst vortrefflich bediente
den Weg hinab in das Gebiet, von deß Bezirk kein Wanderer
Wiener Zeitung bringt unter dem versprechenden Titel „Sturm!“ wiedergekehrt.“ Das möchte ich nicht so schroff hingestellt haben,
folgenden dramatischen Situationsbericht aus dem ungarischen aber Eines ist sicher, der Mann ist ein Schmeichler! —
Parlament: „Kaum sind diese Worte des Ministers
In einer Tageszeitung fand ich folgende Correspondenz:
verhallt, erhebt sich im ganzen Hause ein fürchterlicher Sturm.
„Eine gefährliche Donaufahrt. Aus Szent=Endre schreibt
Es hat den Anschein, als ob eine weitere Verhandlung unmöglich
man uns: Von Sziget=Monostor wollten heute Früh mehrere
wäre. Sämmtliche Abgeordneten springen von ihren Sitzen auf ungarische Landleute mit einem Wagen über die scheinbarf
und eilen der Mitte des Saales zu. Abgeordneter Molnar ist
zugefrorene Donau auf das jenseitige Ufer nach Szent=Endre zum
ganz außer sich. Es kommt zu drohenden Handbewegungen.
Wochenmarkt. Als sie ungefähr die Mitte des Stromes erreicht
Man glaubt, daß der Streit in Thätlichkeiten ausarten werde.
hatten, setzte sich das zu schwache Eis unter ihnen in Bewegung,
Mehrere Mitglieder der Rechten eilen herbei und legen sich
und Wagen und Pferde versanken rettungslos
ins Mittel. Graf Andrassy und Szentivanyi suchen die Mit¬
zwischen den treibenden Eisschollen. — Wenige Stunden nach
glieder der Opposition, die, äußerst aufgebracht, in der Mitte
dieser Katastrophe ereignete sich ein Vorfall, der leicht noch
des Saales einen Knäuel bilden, zu beschwichtigen. Es kommt
verhängnißvollere Folgen hätte haben können.“
zu einem Wortwechsel zwischen Justh und dem Grafen Julius
Es wird erzählt, daß noch einige Landleute die Fahrt wagen
Andrassy. Minister Fejervary steht während dieser stürmischen
wollten, aber es wird nicht mitgetheilt, was noch Schlimmeres
Sitzung ruhig mit verschränkten Armen da und passiren konnte, als rettungslos zu versinken. Jedenfalls hatte
ordnet ruhig seine Papiere." Ich habe es aber der Correspondent recht, eine solche Donaufahrt als eine
immer gesagt, daß Minister Fejervary kein gewöhnlicher Mensch
„gefährliche“ zu bezeichnen.
ist, und finde es ganz in der Ordnung, daß diese seine Leistung
Aus einem Fachblatt für Theater, Musik und Literatur
in die Welt hinaustelegraphirt worden ist.
hebe ich einen Artikel hervor, der mit vollem Namen unterzeichnet
In einer großen Anzahl von Zeitungen war
ist. Der Verfasser steht also ein für das, was er geschrieben. So
kürzlich folgendes Originaltelegramm aus Rom zu
ist's recht! Der Artikel ist Arthur Schnitzler gewidmet und hebt
lesen: „Währent der Kaiserrevue unternahmen zwei
an: „Mitten auf der Straße des Lebens begegnen wir
Genieofficiere einen Ballonaufstieg. Gegen 2 Uhr Nachmittags
einem Mann, dem der Genius seine leuchtenden Zeichen ins
begann der Ballon in der Nähe von Castelnuovo zu sinken.
Auge geprägt hat.“ So ’was thut weh! „Wir halten
Einer der Officiere entstieg dem Ballon; in demselben Momente
dieses be¬
ihn zuerst für einen großen Zauberer; denn —“
öffnete sich aber das Sicherheitsventil, und der stark erleichtete
gründende „denn“ ist besonders zu beachten! — „denn seine
Ballon stieg mit seinen Insassen mit Blitzesschnelle in die Höhe
Worte prägen sich in unseren Geist ein und schlagen dort
und verschwand in den Wolken. Von dem Luftschiffer hat man bis Wurzel. Weich und süß klingen sie durch unsere
heute noch keine Spur.“ Der Fall ist ein compleirter. Es
Herzen, wild und mächtig schlagen sie in unsere
mag ja in der That recht fatal sein, wenn bei einem
Seele ein; grausig und gräßlich kriechen
Luftballon das Ventil zu unrechter Zeit sich öffnet oder ge¬
mir
Die Bilder scheinen
sie durch unser Hirn.“
öffnet wird, aber dann wird der Ballon nicht mit Blitzesschnelle
gen snnn mmchinn sinten, weil hach bee 1#bnm gi; stücklich gewählt. Innächst wird