VII, Verschiedenes 11, 1902–1906, Seite 49

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1. Miscellaneens
UiP leite det Schtnspaflusbeunstanet, sich die deutsah¬
en Parteien, Privilegienparlament beseitigen, und dies versichern auch die böhmischen Abgeordneten in der Wahlreformfrage solidarisch
weifel unter= Deutschböhmen, dann darf man nicht die Mandate auf der erklären, ohne daß vorher eine Beratung der Parteiverbände
Beschluß des Goldwage wägen, sondern prüfen, was das größere Uebel darüber stattgefunden hat. Damit ist die Möglichkeit geschaffen,
suchen wen en ul. eine Femtlicheikzmn erbiten. munshnt lie dieseSchnpiate, weche sch den Bgräinis Spebais
eine fast lächerlich kleine Zahl erschienen, um dem toten Manne
nicht eingestellt haben, waren ehrlich und offen. Ihre Offenheit sagte:
die letzte Ehre zu erweisen. Der alte Löwe war gestorben und
Was kümmert uns der tote, große Kritiker? Wichtiger sind
die Kraft seiner Pranken dahin
uns doch die lebenden, kleinen Notizenschreiber. Sie leben vom
In zwei Theatern hat Speidel gewichtige Worte gesprochen. Ruhm des Tages, vom Beifall des Tages, der nicht schwächer
is vergängliche Er mußte nur ein Ja sagen, um Direktor des Burgtheaters zu werden darf, und so streben sie denn nur nach dem Applaus und
niederstellte werden, und lehnte es ab, während heute Kritiker sich die Füße Lob des Tages. Ich wünschte, mein verehrter Kollege, der den
sine entgegen¬
ablaufen, wenn in Simmering oder in Breitensee ein Theater Reklamenotizen der Schauspieler liebevoll Aufnahme gewährt, ver¬
begrüßen,
gebaut wird, dessen Leitung zu vergeben ist. Speidel wußte, öffentlichte einmal jene schmeichelhaften Brieschen, in welchen er
usgenossen des daß er, ohne Direktor zu sein, die geistige Macht besaß im Burg= angefleht wird, der Welt zu verkünden, daß Fräulein X. in
bei theater. Von allen Burgtheaterschauspielern aber waren vier er= Olmütz einen großen Erfolg davongetragen habe oder ein Walzer
ind
die Geist-schienen; doch das Burgtheater hat wenigstens einen Kranz des Herrn Y. in Villach mit Jubel aufgenommen worden sei.
in
die niedergelegt, um das Grab zu schmücken. Wo aber war Das gäbe ein unvergleichliches Blaubuch menschlicher Eitelkeit
Anwesenden das Hofoperntheater geblieben? Wo Direktor Mahler, den und der Schmrichelei, ein Kapitel, das in Thackerays Roman
einst und
er bei seinem Amtsantritte mit unvergleichlicher Wärme „Vanity fair“ von unvergleichlicher Wirkung wäre. Würde es
wie immer, gefeiert hatte, den er als „den Salamander“ pries, der nur „im aber jene komische Wirkung erzielen, die die nackte Konstatierung
Denn ein Element des Feuers leben“ kann? Als Gustav Mahler sein Amt der Tatsache erweckt, daß beim Leichenbegängnis des größten
hatte man antrat, hat er Speidel und kleineren Kritikern seinen Besuch ab= Kritikers unserer Stadt vier Schauspieler anwesend gewesen sind?
katerdirektoren, gestattet, aber diesen letzten Besuch hat er sich erspart. Bei der Oft ist die trockene Statistik der größte Humorist. Die Herren
griff manch publizistischen Aufbahrung Speidels im angesehensten Blatte Wiens Kainz, Löwe, Reimers und Frau Bleibtreu haben sich selbst geehrt,
Porte Künstler allerdings hat auch er nicht gefehlt; haben sich hier doch selbst indem sie noch dem toten Kritiker Ehre erwiesen.
andere vor Inhaber von Schneiderfirmen, die ihren Namen gedruckt lesen
Und wo sind die musikalischen und literarischen Körper¬
Glocke zogen. wollten, mit Kondolenzen eingestellt. Wo sind ferner die Mit= schaften unserer Stadt gewesen, von denen nur der Wiener
tgeekelt haben,glieder der Oper geblieben, die Kapellmeister und Sänger? Sie Männergesangverein vertreten war? Wo die Komponisten und
selbst zu= sind weder selbst erschienen, noch haben sie einen Blütenzweig auf Dichter unserer Stadt, deren Werke Speidel als Künstler in
hern auch die den Sarg niedergelegt. Auch im Deutschen Volkstheater hat man Worten nachgedichtet hat. Man sah keinen der Komponisten und
lb so stark zu sich nicht erinnert, daß Speidel hier wiederholt als Gast von den Dichtern nur jenen Mann, in dem Speidels rasch ent¬
erschienen ist, um über Werke von literarischem Rang flammter Enthusiasmus den neuen Dichter Oesterreichs erblickt
Jungfern,
Junggesellen, selbst sein Urteil abzugeben. Er hat mit diesen Feuilletons hat. Wo ist ein Artur Schnitzler geblieben, dem Speidel mit
verwachsenen einzelnen Aufführungen (so denen Ibsenscher Stücke) einen beson= seinem Machtwort zur Seite stand, als ihm vom Burgtheater¬
hat, weil er deren geistigen Glanz verliehen. Wie schade, daß Speidel nicht zu direktor Unbill widerfuhr? Wo Hofmannsthal, dessen Anfänge er¬
ssatt geworden jenen Kritikern gehört hatte, die bei der Volkstheaterdirektion mit warmherzig gewürdigt hat? Wo waren sie alle die Artisten
Empfindung, ihren Rezensionen gleich ein neues Stück einreichen, dann hätten
und Feinkünstler des Wortes,
Männer der
Alltes Gehäuse vielleicht Direktor Weisse und seine Regisseure Speidels gedacht.
preziösen Verse und der preziösen Kramatten, die Be¬
Egoismus in So aber ist es nur ein redlicher Mann gewesen, eine kernhafte wunderer der Wiener Landschaft, die ihnen doch Speidel
das Be= Natur, dessen Sprachgewalt mit sittlicher Kraft sich paarte, der entdeckt hatte, er, der erste Poet des neuen Wien? Sie haben
Enden Kritiker jetzt hinausgetragen wurde, den brauchte man nicht zu beachten. sich selbst in hochmütiger Eitelkeit vom brausenden, stürmischen
kein Wetter Das Raimund-Theater, das Speidel nie betreten hat, hat das Leben der neuen Stadt abgeschieden, und wie fühlt man es ihren
nung aufzu= Deutsche Volkstheater mit der Uebersendung eines Kranzes be= Werken an, daß bei aller Künstlerglätte das warme, leidenschaft¬