VII, Verschiedenes 11, 1906–1909, Seite 42

box 41/2
Miscellaneons
Telephon 12801.
Weireuunen
MUDEEE
O l. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
2
Vertretungen
D in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
E hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewpt
nümiscnes Wochenblat
* Ausschnitt aus:
Buenos Aires
E vom: 31 10 1908
Das süsse Mädel. In einer humoristischen Plau¬
derei über die „Wienerin“ äussert sich im Oktober¬
heft von Velhagen und Klasings Monatsheften Baldnin
Groller über das „süsse Mädel“ das in der Vorstellune
der Leute und vornenirteansserhalb Oesterreichs
förmlich eine Wiener Spezialität geworden ist, in schr
skeptischer Weise. „Ein Wiener Dichter, Arthur
Schnitzler, ist schuld daran, meint er. „Erhat sie er¬
funden, hat den Typus anfgestellt und er weiss so
berückend und überzengend zw erzähten, dass mian in
gerne jedes Wort glauht, ich meine über, dass eres
erstens nicht 80 —
Sie wissen schon wie — gemeint
hat, und zweitens, dass er falsch verstanden worden
ist. Die Bezeichnung trifft zu auf das Wiener Mädel
überhaupt, trete es nun als Tennisspielerin uler als
Ladenmamsell oder als kleine grosse Dame in die Er¬
scheinung, sei sie nun ein kecker Schnabel, oder gehore
sie zur timiden, zur schüchternen Sorte. Süss sind
sie alle, nur entsprechen sie dem Begriff nicht, der
mit der neuen registrierten Schutzmarke gemeiniglich
verbunden wird. Das, was das Schnitzler’sche Wort
zum Ausdruck britget, ist eigentlich ein internationaler
Bogriff. Jede Gressstadt hat ihre Armee von süssen
Malaln. jene tausendgestaltige, wechselnde, schwan¬
Rende Rasse, die nur ein gemeinsames Merkmal hat.
das beler morali#
1 A. tochenheit. Die gibt es
natürlich auch in Wien, schon es unrecht wäre.as
nicht ausdrücklicr hervorzuheben, dass das Haupt¬
kontingent zu dieser verlorenen Armee nicht von den
Wienerinnen, sondern von den Zugereisten gestellt
wird. In diesem Sinne von dem „süssen Mädel“ als
von einer Wiener Besonderheit zu sprechen, wäre also
durchaus unzulässig und würde auf eine schiefe, ja
ungerechte Auffassung schliessen lassen..... In Pa¬
ris bestcht die Institution; dort blüht der Typus des
„süssen Mädels“ in den keinen „fanx menages’ wo
die kleinen Grisetten den kleinen Studenten die kleine
Wirtschaft führen.“
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Qnellenangabe ohne Oewähr.)
* Ausschnitt aus: Näde Freis Presse, ver
3
—Jl. 1906
E vom:
Titerarische Silhoneiten,
Von Ookar Blumenthal.
Maurice Macterlinck.
Als du in graue Nebel dich verloren,
Hat jeder Snob auf deinen Ruhm geschworen.
Doch fängt dein Glorienschein zu bleichen an,
Seit man dich mühelos verstehen kann.
Gabriele d'Annunzio.
Wenn uns die Zauber seiner Rede locken,
So reißt er uns im Strom des Wohllauts fort.
Des Südens Schönheit blüht in seinem Wort.
Aus seiner Sprache läuten Sonntagsglocken.
Bernard Shaw.
Ein Geist, der tief im Paradoxen wurzelt,
Der zwischen Witz und Spleen sich überpurzelt...
Und dem vielleicht erst dann Genesung tagt,
Wenn er die erste blüh'nde Dummheit sagt.
Arthur Schnißler
So oft sie dir auch Lorbeertranze binden,
Das Wort vom „süßen Mädel“ bleibt nicht aus....
Leicht kann man einen Fehlschlag überwinden,
Doch wächst man schwer aus einem Ruhm heraus.
Hugo v. Hofmannsthal.
Gefällt's ihm auch, das Wort zu überdreh'n,
Wir danken ihm erhöhte Feierklänge.
Doch keiner würde seinen Ruhm versteh'n,
Wenn man sein Lob in seiner Sprache sänge.
Richard Beer=Hofmann.
Ein alter Stoff, in neuer Form vermummt.
Entlehntes Gold, zu feinem Staub zerrieben ...
Wir staunen nur, daß du so rasch verstummt ...
Hat Massinger doch noch so viel geschrieben!
Hermann Bahr.
Der slotte Witz der „gelben Nachtigall“
Zeigt dir die Wege, die du wandeln solltest:
Du fändest leicht erwünschten Widerhall,
Wenn du dich nicht so wichtig nehmen wolltest.
Franz Molnar.
Ein Teufel, der nur Aphorismen schnitzelt?
Der seine Hörer rastlos überwitzelt?..
Ein Dämon ist's, der sichtlich Blatt für Blatt
Die Bücher Oskar Wildes gelesen hat.
Ludwig Thoma.
Dich zähl' ich zu den selt'nen Edelgroben,
Die ihren Krug gefüllt am Freiheitsborn.
Und polterst du auch oft wie Wettertoben —
Dein Witz ist immer nur gefror'ner Zorn.
Richard Dehmel.
Obzwar er selbst oft nicht verstanden hat,
Was er in manchem krausen Buch vereint hat —
Es fand sich immer ein gefällig' Blatt,
Das endlich ihm verriet, was er gemeint hat.
Frank Wedekind.
Der Zote Keckheit ist sein Element.
Der Tragik Schatten sind sein tiefstes Sehnen.
Und also wuchs in ihm das Mischtalent:
Er schluchzt als Faun und zötelt unter Tränen.
Ernst v. Wildenbruch.
Mit Klängen, wie aus Glockenerz geschlagen,
So trafst du unser Herz in jungen Tagen.
Ist's anders jetzt — die Schuld liegt nicht an dir:
Nur daran, daß Du jünger bliebst als wir.