VII, Verschiedenes 11, 1909–1911, Seite 15

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„CDSERTER
1. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeltungs-Aueschultte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
In Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolls,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockhelm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Quellonangabe ohne Gewühr).
Ausschnitt aus: Illustriertés TWiener Extrabiabt
S 9. 1910 Wien
vom:
einen Dämmerzustand verfalle. Anders war es nicht
möglich, seine Schmerzen zu lindern.
Theaterzeitung.
Man sah sich nun veranlaßt, die Gattin des
Künstlers vom wahren Stande der Dinge zu unter¬
richten. Sie traf auf telegraphische Verständigung
Gefahrvolle Verschlimmerung im
Dienstag abends in Begleitung einer Freundin, der
Schauspielerin Toni v. Seyffertitz aus Berlin
Befinden von Josef Kainz.
hier ein und eilte sofort an das Krankenlager ihres
Gatten, das die schmerzgebeugte Frau seither nicht
Vom Krankenläger Josef Kainz im Sana¬
verlassen hat.
torium Loew,(kommen düstere, beängstigende Nach¬
richten (Es“ ist eine schwere Verschlimmerung im
Das Leiden besteht in einem bösartigen Leiden
Zustände des kranken Künstlers eingetreten, die — es
muß leider konstatiert werden — eine Katastrophe in
karzinomatösen Charakters, dessen Wucherungen durch
den Bereich der Möglichkeit rückt.
die Operation und die folgende Röntgen=Behandlung
Um den Künstler war es schon lange schlimm
leider nicht zum Stillstand gebracht werden konnten.
Die rasenden Schmerzen, die der Patient in den
bestellt gewesen und wenn in den Berichten vom
letzten Tagen zu erdulden hatte, rührten von der
Krankenbette die bange Sorge, die die Aerzte und
die Umgebung des Künstlers schon seit Monaten
raschen, unter heftigen Blutungen vor sich gehenden
Ausbreitung dieses Neugebildes und den Zerstörungen
erfüllte, nur verschleiert zum Ausdrucke kam, wenn
in der Bauchhöhle her. Diesem Prozesse gegenüber
von der baldigen vollständigen Wiederherstellung des
beschränkte sich die Kunst und Aufgabe der behandeln¬
Künstlers die Rede war, so findet diese Verhüllung
den Aerzte — Professor Dr. Schnitzler, Doktor
des wahren Sachverhaltes ihre Rechtfertigung in der
Kundegraber und Dr. v. Brennerberg
menschlichen Rücksicht auf den schwer leidenden Mann.
darauf, die tobenden Schmerzen des Kranken zu
Denn Kainz, der immer ein eifriger Zeitungsleser
mildern. Zur Bekämpfung des Leidens selbst konnte
war, interessiert sich in letzterer Zeit besonders lebhaft
in diesem Stadium nichts mehr geschehen.
für die seine Person betreffenden Nachrichten, die in
Mittwoch vormittags traten dies
die Oeffentlichkeit gelangten und es wäre eine unnütze
Blutungen so heftig auf, daß Kainz
Grausamkeit gewesen, dem von Leiden gefolterten
wiederholt ohnmächtig wurde und daß es
Künstler den Ernst seines Zustandes zum Bewußtsein
der angestrengtesten Bemühungen der Aerzte bedurfte,
gelangen zu lassen.
ihn wieder ins Bewußtsein zurückzurufen. Zu diesem
Die neue, so bedrohliche Wendung macht aber
Zwecke wurden Kampferinjektionen angewendet. Den
diese Verschleierung des den Aerzten und der engeren
Rest des Tages und die folgende Nacht verbrachte
Umgebung des Künstlers schon längst bekannten

der Künstler teils in vollem Schlafe teils in einer
Ernstes der Situation überflussig. Die traurige,
Art Dämmerzustand, der — eine Folge des gereichten
schmerzvolle Wahrheit ist kurz die: Die Aerzte
Morphiums ist.
geben wenig Hoffnung... nur ein Wunder
Gestern morgens traten neuerdings Blutungen
vermag Kainz zu retten ...
ein, die wieder einen Ohnmachtsanfall zur Folge
Die Krankheit Kainz' ein Darmleiden, datiert
hatten. Diese Blutungen. bedrohen den Organismus
schon lange zurück, die Anfänge des Leidens traten
des Kranken mit völliger Entkräftung und lassen eine
vor etwa fünf Jahren auf. Kainz faßte die Sache
Blutvergiftung befürchten.
nicht tragisch auf. Er begab sich von Zeit zu Zeit in
Gestern nachmittags trat im Befinden des
ärztliche Behandlung und Medikamente brachten ihm
Natienten eine kleine Besserung ein. Kainz
vorübergehende Linderung der qualvollen Schmerzen,
scheint sich jetzt seines ernsten Zustandes bewußt zu
die in immer kürzeren Pausen auftraten.
sein; er liegt, wenn er nicht hindämmert, apathisch
Gleichwohl wollte der Künstler von Schonung
im Bette und spricht fast gar nicht. Von
nichts wissen. Rastlos war er künstlerisch tätig, immer
Zeit zu Zeit verlangt er nach Tee oder Eis. An eigent¬
in der Gestaltung neuer Rollen begriffen, immer
liche Nahrungsaufnahme ist schon seit Tagen nicht
unterwegs, von Stadt zu Stadt, von Land zu Land,
zu denken. Nachmittags war der Patient fieberfrei
von einem Gastspiel zum anderen eilend. Sein
und zeigte normalen Puls.
Wander= und Schaffenstrieb fand keine Fessel und
Die Teilnahme für den Künstler ist groß und
dem Rate wohlmeinender Freunde, die ihm oft die
allgemein, was aus den zahllosen Aufragen, die
Frage nahelegten, ob er durch die enormen Strapazen
Stunde um Stunde im Sanatorium einlaufen, deut¬
dieses aufreibenden Arbeitstriebes seinem schonungs¬
lich hervorgeht.
bedürftigen Körper nicht zu viel zumute, gab er kein
Außer der Gattin des Künstlers weilen ständig
Gehör.
der Rechtsanwalt Dr. Glogau und Schriftsteller
Im April dieses Jahres mußte sich der Künstler
Birinski in der Umgebung des Kranken.
— die zunehmenden Schmerzen zwangen ihn dazu —
dem Professor Dr. v. Noorden anvertrauen, der
Rettungslos.
eine Kur verordnete. Sie brachte Linderung und der
Uhr abends: Die Hoffnung auf
stets hoffnungsfreudig gestimmte Künstler wußte nun,
eine Rettung des Künstlers ist ge¬
daß er — von Hämorrhoiden — völlig genesen sei.
schwunden.
Eine schlimme Enttäuschung brachte der Mai. Die
Bulletins von der Nacht.
Beschwerden wurden so heftig, daß sich die Not¬
wendigkeit einer Operation herausstellte, die Professor
10 Uhr abends: Abends trat im Befinden
Dr. Julius Schnitzler im Sanatorium Loew durch¬
Kainz keine wesentliche Veränderung
führte. Sie konnte, der Natur des bösartigen Leidens
ein. Der Künstler lag größtenteils im Schlafe. Beim
gemäß, keine dauernde Heilung bringen, doch hatte
Erwachen zeigte sich große Schwäche. Er sprach
sie wenigstens den einen Erfolg, daß das subjektive
mit Dr. Glogau und Dr. v. Brennerberg.
Befinden des Künstle
rs sich besserte.