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1. Miscellaneous
Bitte Rückseite beachten!
Telephon 12.801.
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BSERVER
90
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für
Zeitungsausschnitte
Wien, I., Konkordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Gent, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus Hamburger Verrospereen.
1.9 FEB. 1911
V
aus reinen Goldfaden.
Arthur
Pheaterarzt. Aus Wien berichtet man
ins: Vieldc wird ein Zwischenfall bei der Burgtheater¬
Probe von Fulbas „Herr und Diener“ am Freitag.
Reimers als König Kosru muß eine Krone zertreten. Er tat dies
mit so viel Energie, daß ihm ein Zacken der Krone in den Fuß
drang und eine heftig schmerzende Wunde verursachte. Als ein¬
ziger der Generalprobe beiwohnende Arzt war der Dichter Arthur
Schnitzler anwesend, und dieser leistete Reimers die erste Hilfe.
Die Unterbrechung dauerte eine halbe Stunde. Reimers spielte
dann hinkend seinen Part zu Ende. Es bestehen Zweifel, ob nicht
eine Muskelverzerrung vorliegt, in welchem Falle die Premiere abge¬
sagt werden müßte.
Ein Fehler auf den bayerischen Jubiläumsmarken. Aus
München wird der B. Z. am Mittaa herichtet: Anaukt
Wien, I., Konkordiaplatz
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus:
Neus Freie Prosen Wien
19 Prönm 1911
vom
[Der Dichter als Arzt.] Generalprobe eines neuen
Stückes. Auf der Bühne und hinter den Coulissen die aufs
höchste gesteigerte Aufregung und Nervosität. Wenn einmal die
Schlacht im Gange ist, dann gebietet eiserne Disziplin Ruhe
und Mäßigung; aber jetzt am Tage vor dem Entscheidungs¬
abend gärt und wirbest es von verhaltener Kraft und müh¬
sam eingedämmten Energien. „Der Zuschquerraum liegt im un¬
bestimmten Zwielicht, da, (die Logen, in denen am Abend
Frauenaugen) und (Frauenschultern aufleuchten werden, sind
mit mißfärbigen oder trostlosgrauenTüchern verkleidet, und
unten im Parkett nint#man nur hier un dort, vereinzelt
und verstreut die Umrissé einer menschlichen Gestalt wahr. Ein
merkwürdiger Kontrast zwischen der aufs äußerste empor¬
getriebenen Anspannung aller Lebenskräfte auf der Bühne
und der Kirchhofstille im Zuschauerraum. Da tönt von oben
ein Aufschrei, ein Schmerzensruf. Man hört förmlich das
Knirschen der aufeinandergepreßten Zähne. Das ist Wirk¬
lichkeit im Spiel, ist nicht etwa vom Autor vorgeschrieben,
durch den Gang der Handlung bedingt. Ein Zwischenfall in
der Generalprobe, wie er übrigens nicht gerade zu den Selten¬
heiten gehört. Ein anderesmal, es ist noch nicht lange her,
hat bei solcher Gelegenheit einer der Hauptdarsteller es mit
den Nerven bekommen, ist ohnmächtig zu Boden gestürzt,
diesmal hat ein Künstler im Affekt sich selbst Schaden zuge¬
fügt. Eine Krone, die auf dem Boden liegt, soll er zer¬
stampfen. Zu wuchtig holt er mit dem Fuße aus. Der
Perserkönig wankt, er hat sich den Fuß übertreten, die
Muskeln gezerrt. Stöhnend gleitet er in die Arme der Nächst¬
stehenden. Jäh bricht das Spiel ab, und nach einem Arzt
wird gerufen. Kein Heilkünstler ist zur Stelle. Da erhebt sich
einer der wenigen Herren, die in dem verödeten Zuschauer¬
raum Platz genommen haben und bietet sich zur Hilfeleistung
an. Wenige Minuten später ist der Schauspieler kunstgerecht
verbunden. Als Herr Reimers, unser frohgemuter Buratheater¬
held, bei der Generalprobe von „Herr und Diener“ so un¬
rühmlich verunglückte, hat ihm Artur Schnitzler ärztüchen Bei¬
stand geleistet. Man hörte und las davon mit einiger Ueber¬
raschung und gelindem Staunen. Nicht daß man daran ver¬
gessen hätte, daß die beiden bedeutendsten Dramatiker Jung¬
österreichs, Schnitzler und Schönherr, aus dem medizinischen
Beruf hervorgegangen sind und sich mit dem rite erworbenen
Doktordiplom der gesamten Heilkunde ausweisen können. Wohl
aber vermag diese theoretische, sozusagen literarhistorische?
Wissenschaft nicht zu verhindern, daß man ein wenig nachdenk=##
lich die Umkehrung gewahr wird, in welcher der Schauspieler##
dem Dichter die Rolle vorschreibt, nämlich die des behandelnden #
Arztes. Im „Jungen Medardus“ hat Reimers den General Rapp#
verkörpert, Napoleons Adjutanten, der dem Wiener Bürger¬
sohn in der Kerkerzelle die Entscheidung überbringt, ihn der
Militärpatrouille ausliesert, die das Todesurteil zu Pulver
und Blei vollstrecken soll. Mehr noch als bei dem Besucher
einer einzelnen Theateraufführung maa sich in der Vor¬
stellungswelt des Dichters die Gestalt des Schauspielers um¬
formen, in Eins zusammenwachsen mit der Rolle, die
selbst für ihn geschaffen hat. Jetzt wird der Dichter des
„Medardus“ zu General Rapp, nein, Dr. Artur Schnitzler zu
Georg Reimers gerufen, um ihm den Fuß zu strecken und
einzubandagieren, ärztliche Vorschrift zu erteilen und ein Rezept
zu schreiben. Der Dichter hat eben noch einen Beruf, wenn er
ihn auch nicht ausübt. Im Wesen des ärztlichen Berufes aber
liegt es gerade, daß man sich ihn nicht als Nebenbeschäftigung
vorstellen kann, und es ist gewiß kein Zufall, daß sowohl
Schnitzler wie Schönherr für gewöhnlich nicht ordinieren. Des¬
wegen hat Schnitzler freilich nie den Arzt vergessen, und wenn
Alfred v. Berger einmal sehr sein bemerkte, daß im Grunde
genommen Artur Schnitzlers Theaterstücke und Novellen samt
und sonders nur von drei Dingen, vom Lieben, vom Sterben
und vom Komödiespielen, handeln, so mag jedenfalls die tiefe,
vertraute Erfahrung, die jeder Seite anhaftet, welche Schnitzler
über Tod und Sterben geschrieben hat, mit seiner medizinischen
Vergangenheit zusammenhängen. Man kann auch die Sonde
und sogar das Seziermesser desgleichen sozusagen liebevoll
handhaben, und wenn man die Werke Schnitzlers darauf¬
hin durchblättert, kommt man bald darauf, wie oft und wie
gerne er sich in das Seelenleben von Aerzten vertieft und ihr
Empfinden anatomisch zerfasert hat. Diesmal freilich hat er sich
sogar zur ärztlichen Praxis zurückfinden müssen. Erfreulicher¬
weise ein leichter, ein einfacher, durchaus nicht komplizierter
Fall. Hossentlich finden sich aber Dichter und Künstler recht
bald wieder bei anderer Gelegenheit, Schnitzler als Autor und
Reimers in einer Rolle, die ihm besser gelegen ist als die
St—k.
so undankbare des Patienten.
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Wien, I., Konkordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Gent, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus Hamburger Verrospereen.
1.9 FEB. 1911
V
aus reinen Goldfaden.
Arthur
Pheaterarzt. Aus Wien berichtet man
ins: Vieldc wird ein Zwischenfall bei der Burgtheater¬
Probe von Fulbas „Herr und Diener“ am Freitag.
Reimers als König Kosru muß eine Krone zertreten. Er tat dies
mit so viel Energie, daß ihm ein Zacken der Krone in den Fuß
drang und eine heftig schmerzende Wunde verursachte. Als ein¬
ziger der Generalprobe beiwohnende Arzt war der Dichter Arthur
Schnitzler anwesend, und dieser leistete Reimers die erste Hilfe.
Die Unterbrechung dauerte eine halbe Stunde. Reimers spielte
dann hinkend seinen Part zu Ende. Es bestehen Zweifel, ob nicht
eine Muskelverzerrung vorliegt, in welchem Falle die Premiere abge¬
sagt werden müßte.
Ein Fehler auf den bayerischen Jubiläumsmarken. Aus
München wird der B. Z. am Mittaa herichtet: Anaukt
Wien, I., Konkordiaplatz
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus:
Neus Freie Prosen Wien
19 Prönm 1911
vom
[Der Dichter als Arzt.] Generalprobe eines neuen
Stückes. Auf der Bühne und hinter den Coulissen die aufs
höchste gesteigerte Aufregung und Nervosität. Wenn einmal die
Schlacht im Gange ist, dann gebietet eiserne Disziplin Ruhe
und Mäßigung; aber jetzt am Tage vor dem Entscheidungs¬
abend gärt und wirbest es von verhaltener Kraft und müh¬
sam eingedämmten Energien. „Der Zuschquerraum liegt im un¬
bestimmten Zwielicht, da, (die Logen, in denen am Abend
Frauenaugen) und (Frauenschultern aufleuchten werden, sind
mit mißfärbigen oder trostlosgrauenTüchern verkleidet, und
unten im Parkett nint#man nur hier un dort, vereinzelt
und verstreut die Umrissé einer menschlichen Gestalt wahr. Ein
merkwürdiger Kontrast zwischen der aufs äußerste empor¬
getriebenen Anspannung aller Lebenskräfte auf der Bühne
und der Kirchhofstille im Zuschauerraum. Da tönt von oben
ein Aufschrei, ein Schmerzensruf. Man hört förmlich das
Knirschen der aufeinandergepreßten Zähne. Das ist Wirk¬
lichkeit im Spiel, ist nicht etwa vom Autor vorgeschrieben,
durch den Gang der Handlung bedingt. Ein Zwischenfall in
der Generalprobe, wie er übrigens nicht gerade zu den Selten¬
heiten gehört. Ein anderesmal, es ist noch nicht lange her,
hat bei solcher Gelegenheit einer der Hauptdarsteller es mit
den Nerven bekommen, ist ohnmächtig zu Boden gestürzt,
diesmal hat ein Künstler im Affekt sich selbst Schaden zuge¬
fügt. Eine Krone, die auf dem Boden liegt, soll er zer¬
stampfen. Zu wuchtig holt er mit dem Fuße aus. Der
Perserkönig wankt, er hat sich den Fuß übertreten, die
Muskeln gezerrt. Stöhnend gleitet er in die Arme der Nächst¬
stehenden. Jäh bricht das Spiel ab, und nach einem Arzt
wird gerufen. Kein Heilkünstler ist zur Stelle. Da erhebt sich
einer der wenigen Herren, die in dem verödeten Zuschauer¬
raum Platz genommen haben und bietet sich zur Hilfeleistung
an. Wenige Minuten später ist der Schauspieler kunstgerecht
verbunden. Als Herr Reimers, unser frohgemuter Buratheater¬
held, bei der Generalprobe von „Herr und Diener“ so un¬
rühmlich verunglückte, hat ihm Artur Schnitzler ärztüchen Bei¬
stand geleistet. Man hörte und las davon mit einiger Ueber¬
raschung und gelindem Staunen. Nicht daß man daran ver¬
gessen hätte, daß die beiden bedeutendsten Dramatiker Jung¬
österreichs, Schnitzler und Schönherr, aus dem medizinischen
Beruf hervorgegangen sind und sich mit dem rite erworbenen
Doktordiplom der gesamten Heilkunde ausweisen können. Wohl
aber vermag diese theoretische, sozusagen literarhistorische?
Wissenschaft nicht zu verhindern, daß man ein wenig nachdenk=##
lich die Umkehrung gewahr wird, in welcher der Schauspieler##
dem Dichter die Rolle vorschreibt, nämlich die des behandelnden #
Arztes. Im „Jungen Medardus“ hat Reimers den General Rapp#
verkörpert, Napoleons Adjutanten, der dem Wiener Bürger¬
sohn in der Kerkerzelle die Entscheidung überbringt, ihn der
Militärpatrouille ausliesert, die das Todesurteil zu Pulver
und Blei vollstrecken soll. Mehr noch als bei dem Besucher
einer einzelnen Theateraufführung maa sich in der Vor¬
stellungswelt des Dichters die Gestalt des Schauspielers um¬
formen, in Eins zusammenwachsen mit der Rolle, die
selbst für ihn geschaffen hat. Jetzt wird der Dichter des
„Medardus“ zu General Rapp, nein, Dr. Artur Schnitzler zu
Georg Reimers gerufen, um ihm den Fuß zu strecken und
einzubandagieren, ärztliche Vorschrift zu erteilen und ein Rezept
zu schreiben. Der Dichter hat eben noch einen Beruf, wenn er
ihn auch nicht ausübt. Im Wesen des ärztlichen Berufes aber
liegt es gerade, daß man sich ihn nicht als Nebenbeschäftigung
vorstellen kann, und es ist gewiß kein Zufall, daß sowohl
Schnitzler wie Schönherr für gewöhnlich nicht ordinieren. Des¬
wegen hat Schnitzler freilich nie den Arzt vergessen, und wenn
Alfred v. Berger einmal sehr sein bemerkte, daß im Grunde
genommen Artur Schnitzlers Theaterstücke und Novellen samt
und sonders nur von drei Dingen, vom Lieben, vom Sterben
und vom Komödiespielen, handeln, so mag jedenfalls die tiefe,
vertraute Erfahrung, die jeder Seite anhaftet, welche Schnitzler
über Tod und Sterben geschrieben hat, mit seiner medizinischen
Vergangenheit zusammenhängen. Man kann auch die Sonde
und sogar das Seziermesser desgleichen sozusagen liebevoll
handhaben, und wenn man die Werke Schnitzlers darauf¬
hin durchblättert, kommt man bald darauf, wie oft und wie
gerne er sich in das Seelenleben von Aerzten vertieft und ihr
Empfinden anatomisch zerfasert hat. Diesmal freilich hat er sich
sogar zur ärztlichen Praxis zurückfinden müssen. Erfreulicher¬
weise ein leichter, ein einfacher, durchaus nicht komplizierter
Fall. Hossentlich finden sich aber Dichter und Künstler recht
bald wieder bei anderer Gelegenheit, Schnitzler als Autor und
Reimers in einer Rolle, die ihm besser gelegen ist als die
St—k.
so undankbare des Patienten.