VII, Verschiedenes 11, 1913–1915, Seite 24

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akter „Der grüne Kakadu“ usw. Schnitz¬
ler ist auch unseren englischen Kritikern
kein ganz Unbekannter, sie baben ihn sogar
schon verschiedentlich gelobt. Einer hat ihn
gar mit Bernhard Shaw verglichen. Die¬
ser Arthur Schnitzler hat nun an seinen
Schulfreund, Herrn Eugen Deimel, No.
371 Fulton Str., Jamaica, L. J., einen
längeren Brief geschrieben, den wir voll¬
inhaltlich bringen. Es geht daraus her¬
vor, daß die Oesterreicher und die Ungarn
vertrauensvoll in die Zukunft blicken dür¬
fen, und daß es im schönen Donaureiche
lange nicht so düster aussieht, wie die
Korrespondentin der „United Preß“, Frl.
Alice Rohe, es zu schildern liebt. Dr.
Schnitzler ist alles eher, als ein Freund
des Militarismus. Aber wenn selbst er
sich genöthigt sieht, gegen das Natternge¬
zücht der Lüge mit der Lanze der Wahr¬
heit anzusprengen, dann kann man sich un¬
„neutralen“ Amerikaner Dank der Wühl¬
arbeit unserer, Großbritannien mit Haut!
und Haar, mit Leib und Seele verschriebe¬
nen Presse, bei der Intelligenz drüben ge¬
nießen. Der Brief lautet:
„Aus Deinem lieben Brief ersehe ich,
daß Du Dir Sorgen machst um mein und
meiner Familie Sicherheit, ja es scheint,
als zagtest und fürchtest Du für Dein al¬
tes Vaterland, für ganz Oesterreich=Un¬
garn. Darüber kann ich Dich nun ent¬
schieden beruhigen. Es geht alles seinen
gewohnten Gang und wir sehen der Zu¬
kunft mit der vollsten Ruhe und Zuversicht
entgegen. Freilich, die Noth unter den
Arbeitslosen ist groß, aber es sind bereits
Wohlthätigkeits=Organisationen von so
großem Maßstab in Angriff genommen
worden, daß auch da bald Linderung ge¬
schaffen werden dürfte. Daß man bei
euch drüben den unglaublichsten Gerüchten
Glauben schenkte, ist nicht zu verwundern;
denn es ist wohl noch niemals ein Lügen¬
gewebe von so gigantischem Umfane in die
Welt gesetzt worden, wie bei Ausbruch die¬
ses Krieges, und zwar nicht blos von Sei¬
ten unserer Feinde, was ja zu erklären
wäre, sondern auch von Seiten der —
soisondit — Neutralen.
Das Gefühl des Rechtes hat wohl selten
in der Geschichte so schöne Blüthen getrie¬
ben, wie gegenwärtig in Deutschland und
Oesterreich. Es ist überflüssig, Dir Neuig¬
keiten vom Kriegsschauplatz zu schicken, da
sie ja beim Empfang dieses schon von an¬
deren Nachrichten überholt sein dürften.
Du weißt, daß eine Riesen=Armee von
Russen in unser Land eingefallen ist; und
wenn wir auch anfangs aus strategischen
Rücksichten in der Defensive bleiben mu߬
ten, haben wir doch auch schon schöne Er¬
folge aufzuweisen. Uebrigens wurde der
Rückzug in Galizien wettgemacht durch die
Erfolge unseres, ich meine des
deutschen, linken Flügels.
Als es los ging, befand ich mich mit
den Meinen im Engadin, Schweiz. Die
ganze Welt schien verrückt geworden zu
sein. Verschwinden des Hartgeldes, Schlie¬
ßung von Banken, Einstellung des Eisen¬
bahnverkehrs, wilde Gerüchte über Durch¬
märsche feindlicher Truppen etc. etc. waren
an, der Tagesordnung.
Nach vielen — selbstverständlichen —
Mißhelligkeiten und Verzögerungen kamen
wir nach Wien zurück.
Es ist selbstverständlich, daß jeder
Einzelne in irgend welcher Art etwas
für sein Vaterland zu thun bereit ist, —
aber all das verschwindet in dem ungeheu¬
ren Wirbel, der über Europa fegt, selbst
die Thaten von Helden, die wir auch an
unseren Cegnern bewundern müssen.
Es wird wohl erst unseren Nachfahren
überlassen bleiben, nachdem der politische
Schleier, der uns umgab, zerrissen ist, ein
klares Bild zu gewinnen, wenn nicht mehr
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wie jetzt, das Stöhnen der Schlachtfelder
an unsere Ohren klingt, und wenn der
größte Richter, die Zeit, die Geschichte die¬
ser Periode schreibt.
Mit vielen Ggrüßen an Dich und die
Deinen Dein Arthur.“