VII, Verschiedenes 11, 1917–1920, Seite 8

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1. Miscellaneeus
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Neue Freie Presse.
—.—
werden.
reichhaltigen Weihnachtsausstellung ein. Von jeher hat die Firma
nämlich
Lechner die Jugend= und Geschenkliteratur sowie Prachtwerke als
es aus¬
Spezialität gepflegt und sie bietet auch heuer wieder eine größe
ind der
Auswahl von Werken in Luxuseinbänden, die von Bibliophilen
ebevolle
gern gekauft werden. Die Wahl der Jugendschriften wird dadurch
erleichtert, daß das große Lager nach Alter und Bildungsstufen
Frau das
geordnet aufgestellt ist. Die Kunstabteilung umfaßt ein kunstsinnig
enn die
gewähltes Lager von Bildern. Die photographische Abteilung bietet
ieger¬
dem Amateurphotographen eine reiche Auswahl an Apparaten und
eigenen
Bedarfsartikeln. Alle wo immer angezeigten neuen Bücher sind
uttoilette
zu gleichen Preisen von der Firma Lechner zu beziehen. Der soeben
zu ver¬
erschienene Weihnachtskatalog wird kostenfrei abgegeben.
schlecht
sterbeetat
Weihnachtseinkäufe.
nd Wert!
stürlichen
Eine Straßenszene.
auf ihre
Von Ludwig Hirschfeld.
ie in der
n Schuhe
Bobby Fries, der letzte Lebemann, lebt natürlich noch
it tragen
immer. Nür nicht mehr so sorglos üppig, denn dieses
haupt zu
ersttlassige Hotel= und Luxusdajein haben ihm ja schon
sen und
heuer im Herbst die behordlichen Einschränkungen und
Prüfung
Sperlvorschriften gründlich verleidet. Es ist ihm nichts
Insprüche
körig geblieben, als sich aus dem Speijesaal, der Bar und
er Fleck
dem Separe in sein eigenes Privatleben zurückzuziehen, er
ehr sein.
gstraßen¬
hat sich eine Wirtschafterin genommen, menagiert zu Häuse,
wie es
hochst solld, fühlt sich aber dabei sehr wohl. Natürlich bringt
dußt und
diese neue Lebensführung allerlei neue Sorgen mit sich,
erwähnte
Hausfrauensorgen eines bequem gewordenen älteren Jung¬
ihr un¬
geseuen, namentlich jetzt, in den Tagen vor Weihnachten.
verurteilt
Bobby Fries bummelt also am späten Nachmittag durch
del aber
e soll sie die Innere Stadt, um Weihnachtseinkäufe zu machen. Es
essin ist# ist nicht die richtige Weihnachts= und Eintaufsstimmung.
Schahe In den Kaffeehäusern sitzen die Menschen wie Statisten
die bösen
und tun, als ob sie jansnen würden. Das Gedränge in
che und
den Straßen ist sehr schütter und die Beleuchtung überall
skeit er¬
derart reduziert, daß man weder seine unangenehmsten
leihe bei
Bekannten noch die hohen Preise in den Auslagen recht¬
inter die
zeitig bemerkt. Bobby Fries ist unter eine Laterne getreten,
hat den Zwicker aufgesetzt, eine lange Einkaufsliste hervor¬
setag.]
r Aerzte
gezogen und liest sorgenvoll: „Bluse, Hausschuhe,
vier
ichtigkeit
Meter Damentuch doppeltbreit.
heutigen
Um dieselbe Stunde besorgt auch Frau Dora ihre
rke Zu¬
Weihnachtseinkäufe. Sie ist jene mondäne Dame, die
ellt. Die
Bobby Fries früher einmal Jahre hindurch mit aus¬
Heheimen
dauernder und feuriger Hoffnungslosigkeit verehrt hat und
er wird
die für ihn sozusagen eine unentbehrliche Ergänzung der
such ein
ämpfung
jeweiligen kleinen Freundin war, weil sie alle jene Eigen¬
chwestern
schaften besaß, die den Vorstadtmädchen zu fehlen pflegen.
sind die
Aber das ist, wie gesagt, sehr lang her, und seitdem hat
imararzt
Bobby Fries Frau Dora völlig aus den Augen verloren.
## wird.
Sie ist übrigens recht gut konserviert, nur sind die Züge
(Prag),
etwas scharf und streng geworden, wie das bei ehemals
vatdozent
che Heil¬
schönen und koketten Frauen häufig der Fall ist. Das ent¬
Passek)
zückende Lächeln hst um den Mund herum gleichsam fest¬
Hesell¬
gefroren: ein betagtes Lächeln, das mit der Zeit zu sehr
Bundes¬
ernsthaften Falten wurde. Frau Dora benützt noch immer
ilten, die
dasselbe Parsum wie einst, und dieser Duft, der Bobby
sung der
wie eine deutliche Erinnerung plötzlich anweht, läßt ihn
ten Hof¬
aufblicken, hinsehen, und dann grüßt er, beinahe erschrocken.
mberger,
Böhm.
Aber nach einer Weile hat er sich gefaßt, geht neben ihr her
Kutschera
und frägt mit altmodischer Galanterie, ob er ihre Packerln
tragen dürse.
Doktor
(Linz)
Frau Dora. Sie sind doch selbst ganz beladen. ...
Graf
Früher haben Sie prinzipiell kein Packerl getragen, sondern
loß, alle
gleich einen
—.—
geluner ner#
16. Dezember 1917
Nr. 19152
Frau Dora. Velleicht kann ich Ihnen den Stoff
ohne Bezugsschein verschaffen. Aber Sie müssen einige
Zigarren spendieren.
Bobby. Selb,iverständlich. Sehr gern. Vielen Dank.
Wir verstehen uns noch immer ausgezeichnet. ...
Frau Dora (seufzend). Ja, wir verstehen uns (bleibt
stehen). Bobby.
ist hier nicht der Platz, wo Sie mich
damals, auch an einem solchen Nachmittag im Dezember,
bestürmt haben?
Es war sehr„fritisch.
Bobby (zerstreut und gleichgültig). So, hier war
das?
Kann schon sein..
Hier ist ja auch die
große Käsehandlung. Ich hab' schon seit zwei Jahren
keinen Emmentaler gegessen.
Frau Dora. Nach Emmentaler sehnen Sie sich. ..
Kann ich Ihnen auch verschaffen.
Bobby. Sie sind eine ungewöhnliche Frau. .
Verheiratetsein ist doch etwas Schönes. Man findet die
nötige seelische Ergänzung . . . Und gewiß haben Sie auch
große Vorräte. ... Wie geht's übrigens dem Herrn Ge¬
mahl? Versteht er Sie jetzt schon besser?
Frau Dora. Glänzend. Seit unserer silbernen Hoch¬
zeit lieben wir uns geradezu. ...
Bobbv. Ueberhaupt, es ist merkwürdig, alle Ehe¬
paare vertragen sich jetzt so gut.
Frau Dora. Ja, das macht der viele Aerger, die
Wirtschaftssorgen.... Uebrigens, ich habe noch gar nichts
für meine beiden Dienstmädchen eingekauft. Ich weiß
wirklich nicht, was ich denen heuer schenken soll.
Bobby. Das kann doch nicht so schwer sein.“
Frau Dota. Glauben Sie? Dienstmädchen sind
heutzutage anspruchsvoller als früher Ihre herzigen
Vorstadtblondinen. Der übliche Weihnachtsteller wird mich
schon ein kleines Vermögen kosten. Für ein Kilo
Sultanfeigen verlangt man 24 Kronen.
Bobby (mit ehrlicher Teilnahme). Nicht möglich...
Und was schenkt denn Ihnen der Herr Gemahl? Natür¬
lich Perlen, Beillanten. ...
Frau Dora. Woher denn. Wir haben nichts
geliefert, wir haben gar keinen Anstand gehabt . ... Sie
wissen ja, mein Mann war nie auf der Höhe der
Situation
Bobby. Schon 7 Uhr?... Die Geschäfte sperren
alle. ... Gnädige Frau, ich muß mich leider empfehlen. ...
Frau Dora. Holen Sie noch immer jemanden ab?
Bobby. Nein, nein, wirklich nicht.
Frau Dora. Bis zur Haltestelle können Sie mich
schon begleiten.
Bobby. Nicht wahr, Sie denken an meinen
Bezugschein?
Frau Dora. Wenn Sie mir sagen, wer den doppelt¬
breiten Damenstoff zu Weihnachten bekommt. Sie wissen,
sich habe mich immer für Ihre Leidenschaften interessiert.
Bobby. Leidenschaften. ... Aber Sie dürfen mich
nicht auslachen.
Nämlich ... meine Wirtschafterin
wünscht sich einen Wintermantel. ... Sie kocht aus¬
gezeichnet.
Frau Döra. Die Wirtschafterin. .. Bobby, Sie
sind alt geworden.
Bobby. O nein, bloß dyspeptisch. „
Frau Dora. Ueberhaupt, seien Sie mir nicht böse,
aber ich habe mir unser Wiedersehen ganz anders vor¬
gestellt.
Boßh