VII, Verschiedenes 11, 1917–1920, Seite 36

box 41/6
Miscellancons
15 V1. 10
Oesterr. mbung. Wie
(Kleine Ansgebei
Ein Protestgegen die Erschießung
Tollers.
Gefälschte Unterschriften des Präsidenten Seitz
und des Staatssekretärs Dr. Bauer.
Die sozialdemokratische „Münchner Post“ ver¬
öffentlichte vorgestern eine- Mitteilung, daß der
bayrische Ministerpräsident Hoffmann aus
Wien ein Telegramm erhalten habe, in
welchem gegen die beabsichtigte Erschießung des in
München verhafteten Spartacisten Ernst Tolles
protestiert wird, und zwar habe das Telegramm
unter anderen die folgenden Unterschriften ge¬
tragen: Seitz, Dr. Otto Bauer, Tandler,
Friedrich Adler, Hermann Bahr, Artur Schnitzler,
Moisi, Ida Roland, Hofmannsthal, Stefhall Zweig,
Beer=Hofmann. Das Münchner Blatt hatte be¬
merkt, daß die Erschießung Tollers nicht beabsichtigt
sei, und hatte gleichzeitig in deutlicher Form den
Wiener Protest als einen ungebührlichen Eingriff in
bayrische Angelegenheiten mit dem Bemerken zurück¬
gewiesen, daß man von den Wiener Intellektuellen
nichts hörte, wie die Spartacisten in München ihre
blutigen Taten vollführten.
Nun stellt sich aber heraus — wie uns mit¬
geteilt wird — daß zumindest ein Teil der Unter¬
schriften auf jenem Protesttelegramm, vor allem die
Unterschriften der deutschösterreichischen
staatlichen Funktionäre, des Präsi¬
denten Seit und des Staatssekretärs
Dr. Bauer, gefälscht war, beziehungsweise
daß ein Mißbrauch mit diesen Namen
vorliegt.
Schriftsteller Dr. Artur Schnitzler ersucht
uns gleichfalls, mitzuteilen, daß ihm ein Telegramm
an den Ministerpräsidenten Hoffmann zur Einsicht¬
nahme oder gar zur Unterschrift niemals vor¬
gelegen hat.
—.
13
. 101
Wiener Mitlags-Soltung
#1 G.che
Arigten und die Aktion
für Toller.
Dr. Artur Schnitzler veröffentlicht
heute in den Wiener Morgenblättern einen
Protest gegen den Mißbrauch seiner Unterschrift
anläßlich des von Wiener Intellektuellen an
Ministerpräsident Hoffmann abgesandten
telegraphischen: Begnadigungsgesuches für Ernst
Toller. Artur Schnitzler erwähnt dabei unser
Blatt als die Quelle, aus der er erst Kenntnis
von jenem Telagramm und seiner angeblichen
Peteibonnacon Meter Pelition erhatten hat¬
Wir stellen hiezu ledigtich fest, daß die von¬
uns gebrachte Nachricht vollkommen des
Tatiachenentsprach und im übrigen nur

—.
E Anmmgemm
eine mit der Meldung der „Münchner Post“,
an die die Wiener Verfasser des Telegramms
eine Kopie desselben abgeschickt halten, überein¬
stimmte. Nach beiden Meldungen befand sich der
Namen Artur Schnitzlers tatsächlich unter
den Unterzeichnern jenes Telegramms, doch
(*
laßt es die Natur der ganzen Aktion wohl für
ausgeschlossen gelten, daß Schnitzlers Name in
irgend einer unlauteren Absicht verwendet wor¬
den sei. Offenbar haben übereifrige
Fraunde des Dichters ohne dessen Wissen die
Ermächtigung erteilt, seinen Namen unter diese
Depesche zu setzen, bei deren Abfassung die Ini¬
tiatoren dieses Gedankens allerdings stets be¬
tonten, daß große Eile nottue, denn nach in
Wien umlaufenden erfreulicherweise unrichtigen
Gerüchten sollte die Hinrichtung Tollers bereits
unmittelbar bevorstehen.