VII, Verschiedenes 11, 1917–1920, Seite 47


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1. Miscellancons
zu sehen, wie hier metaphysischer Geist ins! Puccini! Wenn Sarvon de Anechen Endatarf Rostbares ist als Publitumstheater: Pöcste
und Farbe, Traum und Seele.
Weite und Freie strebt, wo Verdi Theater= dossis auf der Folter krachen läßt, läßt Puc¬
cini seine süßesten elegischen Melodien singen.
Zur erfolgreichen Theateroper gehören
melodien gibt und Theaterszenen baut und
In das rinnende Blut spritzt er aus elegantem
effektvolle Rollen, und wer hätte in neuerer Zeit
gleichsam kein Tropfen Musik aus dem
Flakon das duftigste Pariser Parfüm. Auf
mehr dankbare Rollen geschrieben als Puccini?
Theaterglas hinausrinnt. Ebenso sind Puccinis
die kultivierteste Weise ist Puceini nach der
Unter ihnen ist. Tosca selbst gewiß die effekt¬
Opern echte Theateropern und nichts anderes
„Boheme" und „Butterfly“ immer mehr in
völlste, und mit ihrem genialen Theaternaturell
als Theateropern. Es ist in ihnen kein Takt
die ordinärsten Theaterwirkungen hinein¬
dem stärksten einer deutschen Opernsängerin
Musik, der nicht vom Parkett aus geschrieben
gelangt, bis er in dem „Mädchen aus dem
hat sich Frau Jeritza auf die Tosca ge¬
und noch für den letzten Galeriewinkel berechnet
Westen“ ganz in der gemeinsten Hinterwäldler¬
stürzt. Mit echter theatralischer Spielleidenschaft
wäre. Immer sieht Puccini das Theater vor
romantik untergegangen ist. Das eben ist der
hat sie in der großen Theaterszene des zweiten
sich, den hellerleuchteten Bühnenrahmen, in
Aktes die stärksten Effekte erzielt. und wie man
Fluch des Theaters, das nichts mehr sein will
den er seine Melodien hineinkomponiert, die
einst vom Wolter=Schrei gesprochen hat,
als Theater, daß es mit seinen gröbsten un¬
sich zum Akt zusammenschließen, wirkungsvoll
wird man einmal vom Jeritza=Schrei
geistigen Wirkungen, mit seiner Technik verlockt
steigern. Und welche Melodien! Nichts Vanales,
sprechen, den strahlenden, hinausgestoßenen
und verführt. Wer nur für den Publikums¬
aber auch nichts Tieferes, Musik mit Geist,
hohen Tönen, in denen die Sinnlich¬
geschmack schreibt, und mag es auch ein so ge¬
Leben, Anmut, viel Süßes und Zärtlich¬
keit leuchtet. Den schwarzen Skarvia hat Herr
schmackvoller Musiker sein wie Puccini, ist nie¬
Sentimentales, ein Hauch von Poesie, Musik
[Duhan gegeben, mit eleganter Bösewicht¬
mals davor sicher, daß er einmal ganz diesem
mit einar feinen Eigenart, die — weil ihr der
Theater geschmack der Mässe verfällt. „Que
schärfe, aber man muß nur an seinen hoheits¬
innere Reichtum sehlt — schon zur Manier ge¬
voulez vous, je suis leur chef. II fant, que
worden ist, Musik für alle, für den gebildeten
vollen, geistig bedeutenden Kardinal in Pfitz¬
je les suive!“ Das hübsche Wort eines fran¬
Musiker und für das kleine Ladenmädchen, für
ners „Palestrina“ denken, um zu sehen, was
poctisch gesehene Figur und was eine
zösischen Parteiführers läßt sich auch auf
den Herrn im Smoking und den Studenten
Puccini anwenden, der nur als Theaterpoet der
Theaterrolle ist. Cavaradossi wurde von
auf der vierten Galerie. Musik, die t un¬
„Bohème“ und „Butterfly“ ein feiner Künstler
Herrn Piccaver wenig disvoniert genäselt.
fehlbarer Sicherheit den sontimentalen Winkel
Franz Schalk hatte sich die Ehre nicht nehmen
ist. Und ich gestehe, daß ich gerade, wenn ich
trifft, in dem auch der Gebildete zum Pöbel
lassen, an einem solchen Sensationsabend am
eine der Opeen Puccinis gehört habe, mit
gehört, wie ihn einst Feuillet oder Chnet ge¬
Kapellmeisterpult zu präsidieren. Aber zum
besonderer Zärtlichkeit jener Musiker gedenke,
troffen haben. Musikeines Homme du theätre,
Puccini=Dirigenten fehlt dem ausgezeichneten
die sich an Theatertechnik mit Puccini nicht
der, wenn er das traurige Schicksal der armen
Künstler, der das Overntheater durch die große
Mimi oder der kleinen Butterfty besingt, zum
vergleichen lassen und keine erfolgreichen
Krise mit künstlerischen Ueberzeugungen, siche¬
eleganten, zärtlich fühlenden Poeten wird.
Publikumsopern eeschrieben haben, und doch,
rer Hand und klugem Blick führt, etwas
wie Goetz in der „Widerspenstigen“, Cornelius
In der „Tosca“ wird man freilich vom
Wesentliches: der Glauhe an die Puccinische
im „Barbier von Bagdad“ von Modernen
Poeten nichts finden. Hier ist nichts als effekt¬
Musik, die Liebe. Die Steigerungen gerieten zu'#.
Pfitzner in der „Rose vom Liebesgarten“ und
volles, spannendes Schauertheater. Eine Tra¬
maisig, Mit dem gediegenen Ernst eines¬
Debussy in „Pelleas und Melisande", Opern
gödie, wenn Lemaktres Wort wahr ist, daß es
Wagner=Dirigenten läßt sich die Folterbank der
geschrieben haben, die künstlerisch wertvoller,
nichts Tragischeres aibt als eine Mauer, hinter
der etwas Schreckliches vorgeht. Freilich, wie interessanter und reicher sind als die effekt= „Tosca“ nur schwerfällig in Bewegung setzen.
Max Graf.
wirkungsvoll ist die Mischung von Sardou und vollsten Theaterovern, weil hier mehr und!