VII, Verschiedenes 11, 1920–1926, Seite 33

poltische Interesse der jeweils an der Nacht besindlichen ge¬
hältnisse zu geben. Die erste
bei der Zusammensetzung jenes Schulamtes sowie der von diesen
war die, wie es mit unseren
zugelassenen Lehrbücher ausschalten zu wollen.
glaube gut daran getan zu
der Verhältnisse hinwies. Ich
Amerika darüber aufzuklären.
Ein Brief Arthur Schnitzlers an den
arbeitswilliges Volk sind, das
Herausgeber des „Neuen Wiener Journals
folgenden Frieden schwer betr.
I. Lippowitz.
geschehen ist, das sich aber
behauptet hat, wie vielleicht te
Wir wollten bei unserer Enquete über die Anregungen des
Aufklärungen haben in An¬
Dr. Kürschner den illustren Namen Arthur Schnitzlers nicht missen
insbesondere mein Hinweis,
Unser Mitarbeiter Hermann Menkes wandte sich an den Dichte
mit der Bitte, sich über die wichtige Frage zu äußern. Schnitzler brauchen und daß wir allein ni
Hindernisse, die im Jahre 191
lehnte ab, indem er erklärte, daß er sich grundsätzlich an Zeitungs
Wenn ich auch keine konkreten
rundfragen nicht beteilige. Darauf schrieb ihm unser Herausgeber,
ja nur zur Teilnahme am Po
daß es sich hier nicht um eine der gewöhnlichen Zeitungsrundfragen
haben meine Darlegungen de
handie, sondern um eine bedeutsame Kulturaktion, welche voraus¬
sichtlich den Völkerbund beschäftigen werde, an der mitzuwirken gute Dienste geleistet.
Was den Kongreß selbst
für einen Mann von dem Ansehen und der literarischen Stellung
sang klar, daß Wien mit dieser
Schnitzlers geradezu eine „moralische Pflicht" sei. Diesen Brie
nicht konkurrieren kann. Eben
beantwortete der Dichter zwar nicht mit dem gewünschten Gutachten
mit unserem Wissen, unserer
aber mit einem langen Schreiben, das so charakteristisch für
in Amerika eines besonderen A¬
Schnitzler als Dichter und Mensch ist, daß wir es uns nich
Vorsitzende des Polizeikongresses
versagen können, es im vollen Wortlaut abzudrucken. Der Dichter
letzten zehn Jahre, sagte er, hat
schreibt:
Städte der Welt ganz ungewöhn
23. Mai 1925.
nirgends in der Welt gebe es ei
Sehr verehrter Herr Chefredakteur!
durchgemacht hat, wie der Poliz¬
Auf Ihr liebenswürdiges Schreiben vom 9. d. M., in den
aufgefordert, über verschiedene
Sie mich, wie vorher schon Hermann Menkes, ersuchen, mich in
halten, unter anderem üb¬
irgendeiner Weise zu der Anregung des Dr. Kürschner zu äußern,
sammenarbeiten der Polizeibe
erlaube ich mir zu erwidern, daß ich auf einem anderer
in dem Grundsatz, daß
prinzipiellen Standpunkt stehe als Sie, verehrter Herr Chef¬
nur aus kriminalpolizeilichem Ge¬
redakteur. Sie präzisieren den Ihren dahin, daß die „prominentesten
auch das leiseste Hineinziehen
unter den literarischen Führern geradezu die moralische Verpflichtung nationale Zusammenarbeit nicht
haben, bei einer so bedeutsamen kulturellen Aktion (wie es die
überhaupt als unerwünscht ersche
Enquete über die Kürschnersche Idee sei, ein internationale
brauch der Polizei Tür und Tor
Schulamt in Genf zu schaffen rc. rc.) nicht abseits zu stehen. Ich Meinung soll sich die Zusammen
bin demgegenüber vor allem der Meinung, daß es keineswegs
Appell einer Polizeibehörde nach
ein „Abseitsstehen" bedeutet, wenn man es vermeidet, öffentlich
brechers gehört und ihm entsp.
das Wort zu irgendeiner kulturell noch so bedeutsamen Frage zu
geforderten Landes Folge geleiste
ergreifen; ferner bestreite ich mit aller Entschiedenheit die von
den Gedanken einer Art Ueberpo¬
Ihnen behauptete „moralische Verpflichtung" eines freien Schrift
zelnen Staaten einander darin be¬
stellers, in irgendeinem Falle „nicht abseits zu stehen. Nichts brecher wenigstens an der Weiter
wäre leichter und wohlfeiler, als sich zu der Kürschnerschen Idee das unredlich erworbene Gut zu
mit ein paar Worten, sei es völlig zustimmend und hoffnungsvoll
flüchtigen Verbrechers kann
sei es (in Hinsicht auf den Erfolg, der von ihm vor
oder, wenn dies nach den
geschlagenen Aktion) skeptisch zu äußern — ich aber für meinen möglich ist, durch Entzie
Teil empfände es vor allem als höchst prätentis, wenn
Das entwendete oder unterschlage
ich mich zu einer solchen Sache überhaupt äußern wollte, ohne
nicht weggenommen, sondern nu¬
sie nach allen Seiten hin reiflich erwogen zu haben und ohne diese beiden Grundsätze würde ein
irgend etwas Wesentliches und Neues zu der Lösung der Frage
schaffen werden, die der redliche
beitragen zu können. Wie ich im allgemeinen über „nationalistische
Staate in hinreichendem Maße
den Klassen- und Rassenhaß nährende Schulbücherbeiträge denke
Der Polizeikongreß befaßte
davon dürften sich die Leute, die einiges von dem kennen, was
technischen Fragen, so mit de
ich bisher geschrieben habe, wohl ein Bild zu machen imstande Identifizierung von Verbrechern
sein. Und daß ich gerade nicht zu den Abseitsstehern gehöre, wenn Verbrecherbildern. Die für Ferne
das auch jederzeit mein gutes Recht wäre, habe ich mehr als
sind leider vorläufig noch so kost¬
einmal in meinem Leben zu beweisen Gelegenheit gehabt. Aber es
New-Yorker Polizei zu ihrer Ein
muß durchaus meinem Ermessen anheimgestellt bleiben, bei welcher
Hochinteressant und vom öst
Gelegenheit, innerhalb welchen Rahmens, in welcher Form bemerkenswert war das Referat,
ich eine politische oder unpolitische Anschauung dramatisch, episch
für öffentliche Arbeiten über das
essayistisch, aphoristisch zum Ausdruck zu bringen den Wunsch hege verlangte, daß alle Einwanderer
Ich muß nicht erst betonen, daß diese Worte weder eine Stellung¬
werden und sich vollständig in
nahme gegen Enqueten im allgemeinen, noch eine solche gegen die
müssen. Auch das Verkehrsproble¬
von Ihnen veranstaltete Enquete, noch gar eine gegen den vor¬
Polizeichefs sowohl der kleinen wi
züglichen Artikel von Dr. Kürschner zu bedeuten haben, sondern
ihre Erfahrungen ausführliche Be¬
daß ich nur mit aller Entschiedenheit das Bestehen einer mora¬
daß keines der vorgeschlagenen Sr.
lischen Verpflichtung in Abrede stelle, mich an irgendeiner Wir können unseren Verkehr mit
Enquete zu beteiligen, Meinungen abzugeben, mich kritisch zu
gleichen, der sein Gepräge durch
äußern, kurz irgendwo und sei es im allerespektabelsten Kreise,
Autos erhält. Der Ausspruch eines
und über irgendein Problem, sei es so aktuell und interessant am besten die amerikanischen Verhält¬
wie möglich, mitzureden, ohne daß mich im Augenblick ein inneres
nichts zu machen. Hier kauft sich
Bedürfnis dazu zwingt. Sollten Sie aber, sehr verehrter Herr
in zweiter Linie einen Radioapp
Chefredakteur, den Lesern Ihres hochgeschätzten Blattes eine
einen Anzug." Tatsächlich hat
Erklärung für meine Nichtbeteiligung an Ihrer Enquete schuldig
jeder dritte Einwohner ein Auto
zu sein glauben (ich bin ja keineswegs dieser Ansicht), so habe ich
mechanisch geregelt. Das Aufleuch
gegen die Veröffentlichung dieses Briefes nichts einzuwenden
Verkehrstürmchen der Straßenkreuz¬
natürlich nur einer vollständigen Veröffent¬
einen Richtung auf volle fünf M.
lichung, da einzelne Sätze immer leicht mißverstanden werden
dem Aufflammen eines grünen L
können.
Fahrt fortsetzen. Dieser unfreiwil
Mit verbindlichstem Dank für Ihre freundliche Einladung immer wieder, und so gehört das
und in vorzüglicher Hochachtung
mehr zu den schnellsten Fahr¬
Ihr sehr ergebener
lange Fahrtverzögen
man
In Wien muß alles individualisie¬
Arthur Schnitzler.