VII, Verschiedenes 11, 1920–1926, Seite 50

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Miscellanos
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Dr. Max Goldschmidt
Büre für Zeitungsausschnitte
BERLINNA
Telefon: Norden 3051
Ausschnitt aus:
Prager Tagblatt
30 Okt. 1925
Heinrich Mann über Thomas Mann, Schrittler,
und Coudenhove, Heinrich Mann hält in Wien eine
Vorlesung und äußerte sich zu einem Mitarbeiter
der „N. Fr. Pr." Ich glaube, daß diejenigen, die
immer auf den künstlerischen Gegensatz zwischen
meinem Bruder und mir hingewiesen haben, im
Unrecht sind. Es besteht zwischen uns eine viel
wesentlichere Gemeinsamkeit, als es oberflächlicher
Betrachtungsweise erscheinen mag. Bei aller Ver¬
schiedenheit der dichterischen Ausdrucksmittel besteht
doch zwischen meinem Bruder und mir eine innige
geistige Verwandtschaft. Von den Arbeiten meines
Bruders steht mir der Tod in Venedig menschlich
deshalb am nächsten, weil ich mich mit meinem
Bruder in Venedig aufgehalten und die Stimmung
von der sein Buch erfüllt ist, gemeinsam mit ihn
erlebt habe. Was die „Betrachtungen eines Unpoli¬
tischen betrifft, so stehe nicht nur ich selbst gesin¬
nungsmäßig weit links von diesem Buche, sondern
ich bin davon überzeugt, daß sich auch mein Bruder
seit damals stark nach linke entwickelt hat. — Für
Frankreich empfinde ich seit jeher eine besondere
Liebe, und ich weiß mir nichts Schöner, als die
Mitarbeit an einer recht innigen Ausgestaltung der
geistigen Beziehungen zwischen Frankreich und
Leuten. Ich rechne el Condenhove-Ka¬
lergi, mit dem mich herzliche Freundschaft ver¬
bindet, hoch an, daß er sich den Kampf für den
Frieden zur Lebensaufgabe gemacht hat. Wien ist
für mich und wol für jeden zeitgenössischen Schrift¬
steller vor allem die Stadt, in der Arthur Schu¬
ler lebt und schafft. Berlin hat meiner Ansicht nach
kein Gegenstück zu jener wienerischen Literatur, die
in Schnitzler so glanzvoll verkörpert ist. Berlin hat
keinen Dichter, den es seinen Arthur Schnitzler nennen
könnte. Ich freue mich über meinen Besuch in der
Stadt, die im schönsten Sinne Arthur Schnitzlers
Heimat ist.
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Dr. Max Goldschmidt
Büro für Zeitungsausschnitte
Telefon: Norden 3051
BERLINNA
Ausschnitt aus:
Königsberger Hartungsche Zeitung
an
Die Dichter-Professoren.
Eigene Drahtung der „Hartungschen Zeitung"
B. D. Berlin, 5. November. In ihrer ersten Arbeitssitzung hat
sich die neue Sektion für Dichtkunst un der preußischen Aka¬
demie, die bisher aus Thomas Mann, Ludwig Fulda, Hermann Stehr
und Arno Holz besteht, damit beschäftigt, neue Mitglieder zur
Ergänzung vorzuschlagen. An diese Sitzung, die streng vertrau¬
lich war, haben sich mancherlei und sehr verschiedene Vermutun¬
gen und Gerüchte über die Namen der in Vorschlag ge¬
brachten Kandidaten geknüpft. Das „B. T." ist hatte morgen in der
Lage, Näheres über die Persönlichkeiten, denen eine Einladung zur
Mitgliedschaft der Akademie zugegangen ist, mitzuteilen. Im gan¬
gen sind 24 Dichter und Schriftsteller davon sechs aus
Berlin und 18 Auswärtige von den bisherigen Mitgliedern
zur Ergänzung vorgeschlagen worben. Es handelt sich u. a. um fol¬
gende Namen; Heinrich Mann, Hugo von Hofmanns¬
thal, Artur Schnitzler, Bernhard Kellermann, Wilhelm
Schmidtbonn, Jakob Wassermann, Ricarda Huch, Her¬
mann Hesse, Hermann Wahr, Rainer Maria Rille Fran¬
Werel, Hermann Sudermann, Wilhelm von Scholz, Max
Halbe. Zu diesen Persönlichkeiten dürften noch Georg Kaiser
und Leonhard Franck treten. Im Augenblick liegen erst einige
Zusagen vor. So sollen u. a. bereits Heinrich Mann und Max Halbe
die Mitgliedschaft angenommen haben. Viele Zusagen stehen noch
aus. Die izielle Veröffentlichung der neuen Mitglieder wird erst
erfolgen, wenn die ministerielle Bestätigung vorliegt.