1. Miscellaneous
box 42/3
mag
Neues Wiener Journal
22. April 1928
Seite 11
g; bei einer Festlichkeit
kontatt wieder ein. Allen Stürmen, welchen Girardis Leben
Herr, nennen wir ihn
später ausgesetzt war, wich unsere so schöne wahre Zusammen¬
Tuchhandlung
und ich tanzte, auf den
gehörigkeit aus. Und als das Alter nahte, als uns nur mehr die
war noch nicht das
Erinnerung an eine herrliche Jugendzeit blieb, als nur mehr
te verschwinden, als
Girardi und ich zurückgeblieben waren, da suchte er mich oft und
Aber
a
rgißt man nicht, das
oft und immer wieder auf. Mit mir besprach er die Möglichkeit
„Zur Schäferin“
eine lacht mit
seines Burgtheaterengagements. Möglichkeit, vor der er in
„Ueber welche Städte
ehrfurchtsvollen Staunen stand. Er, der Bescheidenste, das
Wien, I., Freisingergasse 1
lauterste, das echteste Genie österreichischer Edelart. Es nutzte
(Ecke Bauernmarkt.)
jeder reden: „Potsdam,
auch nichts, daß sein erstes Auftreten im Burgtheater zu
Original englische
Ueberall müssen wir
einer Ovation wurde, die Volk, Gesellschaft, Staatsmänner
t genaue Kontrolle vor¬
und Hof einen Augenblick lang, gerade in dem Jahre, da
Damenmäntelstoffe
das alte Oesterreich unterging, zu einer ideellen Einheit ver¬
die von Menschen
schmolz. Girardi zitterte noch mehr für sein zweites Auftreten in
sen warten. Es kommt
Schnitzlers „Liebelei", als alter Weiring. Eines Tages saß er
Herrenmodestoffe
Kellner, Verzeihung:
stundenlang bei mir, so verzweifelt, so mutlos, daß er beschloß,
die Rolle zurückzuschicken. Ich rief Artur Schnitzler an und erzählte
Willkommen Fitzmaurice, Willkommen Hünfeld. Ueber jedem ist die ihm von Girardis Depression. Er schlug vor, daß Girard ihm
sie sich nun heute in
sturm der Photographen deutsche, die irische, die amerikanische und die New-Yorker Flagge bei mir die Rolle vorspielen möge. Dankbar nahm er, der nach
angebracht. Die ganze Fish-Avenue wird mit Girlanden geschmückt
sonders stark vertreter
so hohem Aufstieg noch immer an sich Zweifelnde, an.
Die Flieger werden vom Hotel aus, das im Zentrum liegt, von
die Straßen der Reichs
Ich sehe die Szene noch vor mir. Schnitzler nahm in einem
den städtischen Ehreneskorten nach dem Hafen geleitet und vor
et von Kinooperateure
Fauteuil Platz, Girardi hatte seinen Fauteuil weiter weggerückt.
dort mit einem städtischen Dampfer zum Battery-Park gebracht,
ten. Passanten blieben
Er hob die strahlenden, abgrundtiefen Augen, sank ein wenig
wo zehntausend Soldaten Aufstellung nehmen werden. Im Parade¬
Zug und jubelten der
zusammen und dann sprach Weiring zu Christine . .
zug marschiert das Militär voran, dann folgen die Automobile
Niemand hat jemals dieses Erlebnis gehabt. Denn was
mit den Fliegern und Ehrenausschüssen. Vor der City-Hall wird Girardi in der lähmenden Angst, die ihn bei der Aufführung
burger Tores ging
karsch für die Ehre der eine Tribüne errichtet, die einige tausend Menschen fasser
umfing und bereits geschwächt vom herannahenden Todesübel auf
kann. Hier begrüßt Oberbürgermeister Walker die Flieger, der Bühne bot, war nur ein Schatten der Gestalt des alten
machen.
die dann den Triumphing, der den Lindberghs weit Weiring, die er, ohne alle Beihilfe der Bühnenatmosphäre, nun
in den Schatten stellen wird, fortsetzen werden.
erblühen ließ. Es gibt kein anderes Wort, das diese quellende
schließend werden Kohl, v. Hünefeld und Fitzmaurice Kränze
Innigkeit, das diesem Leuchten einer selbstvergessenen Liebe irgend¬
für den unbekannten Soldaten niederlegen. Der Zug begibt sich
New-York.
wie nahe käme. Gleich nach der ersten Szene, als Weiring, einen
später zum Zentralpark, wo das Militär regimentweise Aufstellung
Fliederzweig in der Hand, eintritt: „Eine Luft ist heute draußen,
ir die „Bremen.
nehmen wird. Die Flieger werden dann begleitet von Ober¬
was, Frau Binder? Ich bin jetzt durch den Garten bei der Linie
Journal".
bürgermeister Walker und den einzelnen Truppenkommandanten die
gegangen — da blüht der Flieder. — Es ist eine Pracht!
Front abschreiten. Auf den Stufen des Bibliothekgebäudes in der
York, 21. April.
sprang Schnitzler auf, Tränen in den Augen, und rief: „Herrlich
42. Straße werden die Flieger von zehntausend New-Yorker
Herrlich! Zum erstenmal sehe ich den alten Weiring vor mir!
mit der „Bremen
merika ungeheures Auf-Schulkindern begrüßt werden.
„Herr Doktor, ist das wirklich wahr? Glauben Se.
es wird gehen?" Und nun spielte Girardi die große Szene des
tzung gelingt, ihre Absicht
Auch Exkronprinz Wilhelm gratuliert.
letzten Aktes Spielte sie göttlich. Sein Schrei: „Sie kommt nicht
— New-York-Berlin die
Privattelegramm des „Neuen Wiener Journals.
wieder! Sie kommt nicht wieder!" war mehr eine Gott zu¬
bisher vollbracht wurde
Rom, 21. April.
geschleuderte, sich gegen Gott aufbäumende Anklage.
der deutschen Flieger
Exkronprinz Wilhelm, der sich zurzeit in Italien auf¬
Tieses Schweigen. Dann reichte Schnitzler Girardi die Hand
vorgenommen, damit die
ndert wird. Ein großes hält, sandte an Freiherrn v. Hünefeld, der früher sein und sagte: „Sie hätten wahrscheinlich meinen Weg anders ent¬
für Ruhe und Ordnung Adjutant war, folgenden Glückwunsch: „In herzlicher Freude und schieden. Wenn mir dieses unsagbare Erlebnis Ihres Weiring
sorgen, da man mit Bewunderung über den siegreichen Ozeanflug, grüße ich mit Ihnen geworden wäre, als ich die „Liebelei" vor 24 Jahren auf¬
In New-York befestigen meinen alten, treuen Freund, den tapferen Flugzeugführer Kohl führen ließ.
„Aber, Herr Doktor (erwiderte Girardi mit vor Freude
ernenpfahl der Fifth= und den mutigen irischen Begleiter mit treuesten und aufrichtigster
zitternder Stimme), jetzt müssen S' mir wieder so eine Roll
: Willkommen Kohl, Wünschen."
schreiben. Wenn's wirklich wahr is, daß Sie zufrieden sind.
Artur Schnitzler versprach es. Und Girardi starb vier
Wochen später.
sielt vor Artur Schnitzler
Kinderstube für alle.
Eine neue Berliner Einrichtung.
ne letzte Rolle.
Von
Hella Rohm.
Persönliche Erinnerungen.
Berlin, im April.
Ein eher kleiner als großer Raum, der doch so viel der
Von
Wunder birgt: manchem armen reichen, manchem armen elenden
Berta Zuckerkandl-Szeps.
Kinde wird er ein Paradies, manchem Erwachsenen ein Zauberland
sein, darin er alle Köstlichkeiten des Lebens schöpft. Denn dieser
ardi gestorben ist, dieser Muritaten" (Girardi pflegte meinen Namen stets Berta aus Raum, kaum fertig noch, erst halb möbliert, in rotem Schleiflack
hell und lustig ausgestattet, birgt Herrlichkeiten, die Kinder und
ste, kindlichste und tiefste zusprechen) vorzutragen
Es waren der Sünden viele, die ich, allerdings immer Erwachsene sich bis dahin nicht träumen ließen. Zunächst -
gekannt hat. Seit dem
grenzenlose Popularität unterstützt von meinen Anklägern, begangen hatte. So die was soll man an erste Stelle setzen? Die Spielzeugschränke,
rings um das Zimmer laufen, mit Glasscheiben selbstverständlich,
box 42/3
mag
Neues Wiener Journal
22. April 1928
Seite 11
g; bei einer Festlichkeit
kontatt wieder ein. Allen Stürmen, welchen Girardis Leben
Herr, nennen wir ihn
später ausgesetzt war, wich unsere so schöne wahre Zusammen¬
Tuchhandlung
und ich tanzte, auf den
gehörigkeit aus. Und als das Alter nahte, als uns nur mehr die
war noch nicht das
Erinnerung an eine herrliche Jugendzeit blieb, als nur mehr
te verschwinden, als
Girardi und ich zurückgeblieben waren, da suchte er mich oft und
Aber
a
rgißt man nicht, das
oft und immer wieder auf. Mit mir besprach er die Möglichkeit
„Zur Schäferin“
eine lacht mit
seines Burgtheaterengagements. Möglichkeit, vor der er in
„Ueber welche Städte
ehrfurchtsvollen Staunen stand. Er, der Bescheidenste, das
Wien, I., Freisingergasse 1
lauterste, das echteste Genie österreichischer Edelart. Es nutzte
(Ecke Bauernmarkt.)
jeder reden: „Potsdam,
auch nichts, daß sein erstes Auftreten im Burgtheater zu
Original englische
Ueberall müssen wir
einer Ovation wurde, die Volk, Gesellschaft, Staatsmänner
t genaue Kontrolle vor¬
und Hof einen Augenblick lang, gerade in dem Jahre, da
Damenmäntelstoffe
das alte Oesterreich unterging, zu einer ideellen Einheit ver¬
die von Menschen
schmolz. Girardi zitterte noch mehr für sein zweites Auftreten in
sen warten. Es kommt
Schnitzlers „Liebelei", als alter Weiring. Eines Tages saß er
Herrenmodestoffe
Kellner, Verzeihung:
stundenlang bei mir, so verzweifelt, so mutlos, daß er beschloß,
die Rolle zurückzuschicken. Ich rief Artur Schnitzler an und erzählte
Willkommen Fitzmaurice, Willkommen Hünfeld. Ueber jedem ist die ihm von Girardis Depression. Er schlug vor, daß Girard ihm
sie sich nun heute in
sturm der Photographen deutsche, die irische, die amerikanische und die New-Yorker Flagge bei mir die Rolle vorspielen möge. Dankbar nahm er, der nach
angebracht. Die ganze Fish-Avenue wird mit Girlanden geschmückt
sonders stark vertreter
so hohem Aufstieg noch immer an sich Zweifelnde, an.
Die Flieger werden vom Hotel aus, das im Zentrum liegt, von
die Straßen der Reichs
Ich sehe die Szene noch vor mir. Schnitzler nahm in einem
den städtischen Ehreneskorten nach dem Hafen geleitet und vor
et von Kinooperateure
Fauteuil Platz, Girardi hatte seinen Fauteuil weiter weggerückt.
dort mit einem städtischen Dampfer zum Battery-Park gebracht,
ten. Passanten blieben
Er hob die strahlenden, abgrundtiefen Augen, sank ein wenig
wo zehntausend Soldaten Aufstellung nehmen werden. Im Parade¬
Zug und jubelten der
zusammen und dann sprach Weiring zu Christine . .
zug marschiert das Militär voran, dann folgen die Automobile
Niemand hat jemals dieses Erlebnis gehabt. Denn was
mit den Fliegern und Ehrenausschüssen. Vor der City-Hall wird Girardi in der lähmenden Angst, die ihn bei der Aufführung
burger Tores ging
karsch für die Ehre der eine Tribüne errichtet, die einige tausend Menschen fasser
umfing und bereits geschwächt vom herannahenden Todesübel auf
kann. Hier begrüßt Oberbürgermeister Walker die Flieger, der Bühne bot, war nur ein Schatten der Gestalt des alten
machen.
die dann den Triumphing, der den Lindberghs weit Weiring, die er, ohne alle Beihilfe der Bühnenatmosphäre, nun
in den Schatten stellen wird, fortsetzen werden.
erblühen ließ. Es gibt kein anderes Wort, das diese quellende
schließend werden Kohl, v. Hünefeld und Fitzmaurice Kränze
Innigkeit, das diesem Leuchten einer selbstvergessenen Liebe irgend¬
für den unbekannten Soldaten niederlegen. Der Zug begibt sich
New-York.
wie nahe käme. Gleich nach der ersten Szene, als Weiring, einen
später zum Zentralpark, wo das Militär regimentweise Aufstellung
Fliederzweig in der Hand, eintritt: „Eine Luft ist heute draußen,
ir die „Bremen.
nehmen wird. Die Flieger werden dann begleitet von Ober¬
was, Frau Binder? Ich bin jetzt durch den Garten bei der Linie
Journal".
bürgermeister Walker und den einzelnen Truppenkommandanten die
gegangen — da blüht der Flieder. — Es ist eine Pracht!
Front abschreiten. Auf den Stufen des Bibliothekgebäudes in der
York, 21. April.
sprang Schnitzler auf, Tränen in den Augen, und rief: „Herrlich
42. Straße werden die Flieger von zehntausend New-Yorker
Herrlich! Zum erstenmal sehe ich den alten Weiring vor mir!
mit der „Bremen
merika ungeheures Auf-Schulkindern begrüßt werden.
„Herr Doktor, ist das wirklich wahr? Glauben Se.
es wird gehen?" Und nun spielte Girardi die große Szene des
tzung gelingt, ihre Absicht
Auch Exkronprinz Wilhelm gratuliert.
letzten Aktes Spielte sie göttlich. Sein Schrei: „Sie kommt nicht
— New-York-Berlin die
Privattelegramm des „Neuen Wiener Journals.
wieder! Sie kommt nicht wieder!" war mehr eine Gott zu¬
bisher vollbracht wurde
Rom, 21. April.
geschleuderte, sich gegen Gott aufbäumende Anklage.
der deutschen Flieger
Exkronprinz Wilhelm, der sich zurzeit in Italien auf¬
Tieses Schweigen. Dann reichte Schnitzler Girardi die Hand
vorgenommen, damit die
ndert wird. Ein großes hält, sandte an Freiherrn v. Hünefeld, der früher sein und sagte: „Sie hätten wahrscheinlich meinen Weg anders ent¬
für Ruhe und Ordnung Adjutant war, folgenden Glückwunsch: „In herzlicher Freude und schieden. Wenn mir dieses unsagbare Erlebnis Ihres Weiring
sorgen, da man mit Bewunderung über den siegreichen Ozeanflug, grüße ich mit Ihnen geworden wäre, als ich die „Liebelei" vor 24 Jahren auf¬
In New-York befestigen meinen alten, treuen Freund, den tapferen Flugzeugführer Kohl führen ließ.
„Aber, Herr Doktor (erwiderte Girardi mit vor Freude
ernenpfahl der Fifth= und den mutigen irischen Begleiter mit treuesten und aufrichtigster
zitternder Stimme), jetzt müssen S' mir wieder so eine Roll
: Willkommen Kohl, Wünschen."
schreiben. Wenn's wirklich wahr is, daß Sie zufrieden sind.
Artur Schnitzler versprach es. Und Girardi starb vier
Wochen später.
sielt vor Artur Schnitzler
Kinderstube für alle.
Eine neue Berliner Einrichtung.
ne letzte Rolle.
Von
Hella Rohm.
Persönliche Erinnerungen.
Berlin, im April.
Ein eher kleiner als großer Raum, der doch so viel der
Von
Wunder birgt: manchem armen reichen, manchem armen elenden
Berta Zuckerkandl-Szeps.
Kinde wird er ein Paradies, manchem Erwachsenen ein Zauberland
sein, darin er alle Köstlichkeiten des Lebens schöpft. Denn dieser
ardi gestorben ist, dieser Muritaten" (Girardi pflegte meinen Namen stets Berta aus Raum, kaum fertig noch, erst halb möbliert, in rotem Schleiflack
hell und lustig ausgestattet, birgt Herrlichkeiten, die Kinder und
ste, kindlichste und tiefste zusprechen) vorzutragen
Es waren der Sünden viele, die ich, allerdings immer Erwachsene sich bis dahin nicht träumen ließen. Zunächst -
gekannt hat. Seit dem
grenzenlose Popularität unterstützt von meinen Anklägern, begangen hatte. So die was soll man an erste Stelle setzen? Die Spielzeugschränke,
rings um das Zimmer laufen, mit Glasscheiben selbstverständlich,