VII, Verschiedenes 11, 1926–1929, Seite 46

Miscellaneous
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Die heranwachsende Generation müsse
zogen werden, dass, wenn sie ein Kriegerdenkmal erblicke,
Günther Weisenborn:
„U=Boot St.
Volksbühne Bülow platz.
Gott, schaden kann es nicht. Aber logisch ist es kaum.
Schaden kann eine dramatische Predigt gegen den Bau von
Panzernkreuzern bestimmt nie. Gegen den Krieg bestimmt nie.
Jedoch hier wird, im Frieden, ein U=Boot versehentlich ge¬
rammt; so dass die Besatzung umkommt.
Das ist ... nur ein Betriebsunfall: wie er auch möglich wäre
für den friedlichen Menschenbeförderer Zeppelin. Wie er für
Taucher möglich wäre bei Tiefenmessung und Bergung. Wie er
für Knappen im Kohlenschacht alle Tage vorkommt.
Schachtkorb, Luftschiff, Taucherglocke sind nicht Kriegs¬
gerät... Kurz: Opfer der Technik? Ja. Opfer der Maschinen
zeit? Ja. Opfer des Militarismus? Nein.
Aber nochmals: es kann nicht schaden.
Leo Reuss, verantwortlich für die Leitung, hat also das Bei¬
spiel gegen den Panzerkreuzer nicht zutreffend gewählt. Viel¬
mehr: in dies vorhandene Stück den Panzerkreuzer nicht zu¬
treffend als Beweis geschmuggelt.
Sonst ist er ein geschickter Adept Piscators. (Bei der Volks¬
bühne wird Piscator jetzt im Hause gearbeitet.)
Was bleibt ohne Panzerkreuzer? Ein neuer Mann? Günther
Weisenborn? Dramatische Kraft und Hoffnung? In diesem
Stück noch nicht.
Allenfalls gibt er Hinweise für Szenen ... die ein Andrer
dichten kann. (Reinhard Göring hat sie sogar in der „See¬
schlacht gedichtet.) Und Hinweise für Bühnenbilder... die
Edward Suhr malt.
So: die fabelhaft auf Meeresgrund hintastenden Taucher;
Leuchtkäfern gleich, um das U-Boot. Farbiger Film ist es.
Herrlich.
Wenn aber Weisenborn selber zu Worte kommt: oh, dann
erklingt eine jener Melodien, wovon Robert Schumann gesagt
hat: man weiss, wie sie weitergehn, bevor sie anfingen.
Dann gibt es, unter den im luftarmen Raum des U-Boots
Verschlossenen, jenen mittelmässigen, zureichenden Wahnsinn.
Burgermeister von Cayenne,
einen Rechtsanwalt seine Zulassung als
Z.
Den erwarteten, genügenden Raubtierausbruch. Das ein¬
schlägige Gedenken an vergangene Frauen in exotischem Land.
(„Datteln pflanzen“ hiess es bei Göring.) Und ein vorauszu¬
sehendes, befriedigendes Rebellentum gegen die amerikanische
Marine
Wie gesagt: schaden kann es nicht.
VII.
Piscator im Hause gearbeitet. (Kostenlos) ... mit Film.
nach Leo Lania.
Sehr gut hier das genaue Zusammentreffen je einer gelilmten
Gruppe mit je einer dann leiblich dastehenden.
Man erblickt erst Kinomenschen; dann, hui, Vorhang hoch;
genau die gleichen Menschen lebend in gleicher Haltung. Das
macht Spass.
Das ist noch geschickter als bei Piscator-Erwin, noch
klappender, noch handlicher als bei ihm — von dem es ent¬
lehnt ist. (Genau: dem es entlehnt ist. „Von dem...? Erwin
hatte das nämlich von den Russen entlehnt — als die es kaum
noch ertrugen; alles was wahr ist; ein ewiges Weben, ewiger
Wechsel, Hinundher, Hauptströmungen der Kunst, was ist der
Mensch.)
VIII.
Wollte sagen: zwölf Reporter treten zwischendurch auf. Der
banale Weisenborn wettert (nun, selbstverständlich) gegen
enton.
Die Schuhschlen, woran man sich derlei abgelaufen hat, sind
schon nicht mehr zu zählen. Was ist das für ein Quatsch?
Glaubt jemand, eine heutige Menschheit möchte wirklich ohne
flinke Pressenachricht leben? Ist es, ihr Trivialissimi, nicht
ein Nachsprechen billig ältlichen Geschwätzes, dass die Blitz¬
meldung ein Uebel set: Ein Missstand, dass man in jedem
Augenblick ahnt, was auf diesem Stern vorgeht? Ist es nicht
eine Blödheit, hergegen zu eifern?
Alle zwölf Reporter sind mir zwölfmal mehr wert als der
fragwürdige „Dichter“.
Die Straub (einzige sprechende Frau des Abends) war sonst
schon innnerlicher. Hier mit etwas Dilettantenton.
George (welcher den Kitschklang eines Matrosen Pep zu
äussern hat, setzt, gleich ihr, eine ferne Verwandtschaft an
geraubtes Familienblatt in die Luft.
Und weil die Luft im U-Boot rar wird, ist George beim
Fauchen im Element. Selten hat er so begründet getaucht.
(Bei alledem geht es um Linienunterschiede. Fraglos ist hier
eine Kraft — aber die seelisch punktrollern muss, um straff zu
werden, statt dick.)
.
tung: do¬
Albert Pilz für die Inserat:
Druck und Verlag: Rudolf Mos=
Wer war Weisenborn? Ein
Kümmert euch um Kerle,
meine jetzt nicht mehr die V.
Fallt nicht, individuenfeindli¬
wird. Einzelmenschen wie Art
herr heute nicht; was
Deutschland hat aber die
Dichter, wirkten sie gleich von
Schnitzler, jetzt vorübergeh
sagt irrig: er war jemand.) Er
er ist. Ihr habt ihn zu spielen
eine Möglichkeit — und ein Ri¬
Also steigt aus Pferd. Ich
gleich auf der andren Seite he
Probleme? Ja. Dichter?
Dichter des Landes sind un
Gleichzeitig kant im Klein
Landestheater in Stuttgart die
Matrosen von
schickten Regie von Friedrich
dem Erfolg zur Uraufführung.
unser Korrespondent, aut ca¬
Eindruck, dass das Publikum
ohne jede Beifallskundgebung
verdienen alle Anerkennung.
„Arabellae Befreiung
Landgerichtsdirektors Ohnesor
kammer des Landgerichts III
Beschlagnahme des Buches
A. M. Frey verhandeln, aber
Ende geführt; mit Rücksicht
grössere Termine wurde sie au
THEATERNACHRICHTEN
die Uraufführung von Ferdinand
brecher“ auf Dienstag, 23. Oktobe
tober bleibt das Deutsche Theater
In der Staatsoperam.
Ende Oktober eine Neuinszenierun¬
Leitung von Fritz Zweig und 52
vorbereitet.
im kleinen Theaters
dreiktigen Lustspiel „Der Dickka
Adele Sandrock, Max Lande und
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