VII, Verschiedenes 11, 1929–1931, Seite 5

1.
Miscellaneous
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KE

HERAUSGEBER FRANZ GOLDSTEIN
R E F E R
en
n memoriam Hugo von Hofmannsthal
inen Namen
von Hans Rosenkranz.
ser hat
„Er geht wie den kein Walten
anzösischen
Mir ist einmal erzählt worden, wie vor etwa achtund¬
Vom Rücken her bedroht.
hen Gesell¬
dreissig Jahren das Sprechzimmer des damals schon berühmten
Er lächelt, wenn die Falten
lich in den
Wiener Arztes Arthur Schnitzler ein Knabe, ein Schüler
Des Lebens flüstern: Tod“.
zu stellen.
betrat, mit der Bitte, eine Dichtung vorlesen zu dürfen. Uno
ischen Ver¬
mir wurde berichtet, wie Schnitzler mit einem leichten Grauen
Er hat in seiner Jugend viel vom Tod geschrieben, Hugo vor so viel junger Vollendung „Den Tod des Tizian lesen
ropas, im
von Hofmannsthal, den sie jetzt in Rodaun bei Wien zu Grab¬
hörte.
trugen. — „Trunken von Gedichten“ begann er vor sieben
als ersten
„Die aber wie der Meister sind, die gehen.
oder achtundreissig Jahren, den schmalen Pfad zur Meister
500 Exem
Und Schönheit wird und Sinn, wohin sie sehen“.
schaft zu schreiten.
hre ver¬
Ich stelle mir Schnitzler vor in jener Stunde, da der
Früh war er am Ziel, und anders ist er gestorben, als er Knabe, der sich Loris nannte, vor ihm sass und ihm zum ersten
er Gedichte
geträumt. Nicht lächelnd hat er den Tod empfangen, als die
genheitsge¬
Male und als ersten Menschen diese Verse sagte, die aus dem
von Der Falten des Lebens ihm flüsternd seinen Namen nannten, nicht Gehör von Generationen nicht mehr verschwinden werden.
in sanften Dahingehen ist er verlöscht, sondern der schrille
mache
Das alte Oesterreich stirbt, und eines der letzten, reinsten
Ar der Aus
Schmerz der Trauer machte den plötzlichen Tod dessen zum und rührendsten Geschenke, die es uns gab, waren die Ge¬
derlebnisse Drama, der ein Leben lang vergeblich das Drama geliebt und dichte Hofmannsthals. Sie konnten nur entstehen im erlesenen
umworben hat.
Dialekt, eine
Kreisen einer Gesellschaft, die übernational war zu einer Zeit,
Hugo von Hofmannsthal liebte das Theater, aber das The¬
pathischen
als Grenzen in Europa noch innerliche Angelegenheiten waren,
ter liebte nicht ihn. Die früheren, die unvergesslichen Dramen
che Würdi¬
in einer Gesellschaft, die satt war von der Kultur des Abend¬
seiner Jugend waren lyrische Dialoge, die schönsten, die klin¬
neigentlich
landes, und die in ihrem „tötlich wachen Blut“ zuerst das
gendsten der deutschen Sprache, Dramen waren es nicht grosse Sterben spürte. Dieser Gruppe von Menschen erlauch¬
Unter den
in Huldigun¬ Spätere, immer leidenschaftlichere Bemühungen um das Thea¬
testen Repräsentanten trägt man nun zu Grabe. Das alte
ter bedurften zu dramatischer Wirksamkeit immer noch einer
Maupassant
Oesterreich stirbt.
Komponente: der des Musikers, des Regisseurs oder eines Ur¬
Oft ist sie uns schon fern die Barocknähe Hofmannsthals.
isch erlesen bildes. „Elektra“ ist kein spielbares Drama; Richard Strauss
Die Lieder seiner jungen Jahre mit ihrer tiefen, giftsüssen Me¬
en Bekannt¬
hat es erst zum dramatischen Leben erweckt und es fähig der lancholie sind als Lebensklänge nicht mehr die unsern. Doch
Bühne gemacht. „Jedermann", das melancholische Spiel vom manches Wort hat seine Gültigkeit bewahrt wie am ersten
berühmten
Sterben des reichen Mannes, hätte niemals so gewaltige Wir-Tag, und es zeugt für die tiefe Verbundenheit aller dichteri¬
zum Autor¬
kung geübt, wenn nicht Max Reinhardt sie ihm erschaffen schen Menschen mit dem Werke Hofmannsthals, dass man so
eide Büche
hätte
gebunden
oft in Büchern unserer Tage dieses Motto findet:
Diese vergebliche und in ihrer wahrhaften Leidenschaft
bekanntlich
beinahe tragische Bemühung um das Theater ist es gewesen
Ibstverlages
„Merkt auf, merkt auf! Die Zeit ist sonderbar
die auf der Mittagshöhe des Lebens den grössten Lyriker, um
eigenen Bü¬
Und sonderbare Kinder hat sie: uns“.
den wir trauern, in den Schatten gedrängt und es verhinder
schriften im
hat, dass Hugo von Hofmannsthal den späteren Altern seines
rein wirt¬
Er war ein Dichter — für die Erben, für jene Menschen,
Lebens denselben Glanz der Verse verlich wie seinen jungen die am Ende reicher, langer Entwicklungen im Herbst der
henkt. Die
Jahren.
t's heisst
Generationen stehen. Zu tief verstrickt, zu blutverbunden mit
In schmalen Bändchen steht das Werk dieses Lebens dem eigenen Geschick den Erben, zu schöpferisch dagegen in
einigen Be¬
die verschie¬ gesammelt: der prosaischen Schriften sind es vier; der Ge¬
der Anlage, schuf er sein Schicksal zu Bild, Symbol und Werk.
dichte und kleinen Dramen gar nur eins; daneben spricht das Sein Lied vom „Vorfrühling“ wird nicht vergehen, so lange
immensamm¬
Werben um die Bühne aus zahlreichen Titeln. Ich kann mir künstlerische Menschen so den Frühling fühlen. Er stand nicht
is skeptisch
nicht helfen; wenn ich in dieser Stunde der Trauer erwäge
her Lebens¬
wie Rilke — in der Fülle der Gnade. Aber dem schmalen
was bleibend dauern wird in der deutschen Sprache vom Werk goldenen Reif, der ihm zuerteilt war, hat er in grossem
on der fun¬
et hat kürz¬ Hugo von Hofmannsthals, dann festigt sich in mir der merk¬
Ringen um Form Wort und Klang bleibenden Werkes entzau¬
würdige Glaube, dass das ganze Werk dieses Mannes in
rauen und
bert. Es klingt sein Wort unvergesslich in unserem Ohr, es
wesentlichen vollendet war in den ersten Jahren seines dritten wirkt sein Klang in unserer Seele, sein Werk ist wohlbewahrt
sehr mat
Jahrzehnts.
in unseren Herzen.
Neumann
e mit seine
rke mensch
ernard Gras-Buch das fast unbewusste und ungewollte Selbstporträt eines ausprägt, dem sich auch der neu Hinzugekommene nach
te Buch is
idealen Verlegers und das Abbild der nichts weniger als kurzer Zeit nicht entziehen kann. In dieses Haus schneit nach
und Donner
idealen literarischen Zustände, er führt den Wahn des Kol- einiger Zeit ein junger Verwandter herein, eine Art Proviant-
lektivs auf das glänzendste ad absurdum. Diese Ausfüh¬ offizier der französischen Handelsmarine. Während die das
men könnte,

ter der