VII, Verschiedenes 11, 1929–1931, Seite 7


Schnitzler und Dr. Karl Schönherr hat einem längst
empfundenen Wunsche entsprochen, der Schätzung, der Ver
ehrung gegenüber diesen Meistern des Schrifttums, deren
Macht freilich seltsamerweise gerade an den Toren des
Burgtheaters zu enden scheint. Diese Erinnerung daran, daß
die „Concordia“ nicht nur ein Journalistenverein, sondern
auch ein Schriftstellerverein ist, war höchst zeitgemäß,
ja es wäre vielleicht zu wünschen gewesen, daß dieses
Moment in den Reden stärkere Betonung finde. So
hätte wohl mit einem Worte erwähnt werden können,
welche geschichtliche Bedeutung das Wiener Feuilleton
besitzt und welche erleuchteten Meister diese Gattung zu
einer Höhe emporgehoben haben, die heute erst in ihrer
ganzen kulturhistorischen Wichtigkeit erkannt ist. Um so
mehr hat es Genugtuung erweckt, daß der Präsident darauf
Auch ein STRICHKLEID kauf bei IITHER
hinweisen konnte, die „Concordia“ werde imstande sein, ihre
sozialpolitischen Leistungen, ihre Leistungen zugunsten der
alternden Journalisten — ein Werk, dessen Grundstein
bekanntlich von Moriz Benedikt gelegt wurde — zu
steigern.
Im ganzen war die Empfindung während der Feier
lebendig, daß schon durch die Anwesenheit des Bundes¬
präsidenten,
des Bundeskanzlers und des Bürgermeisters
die große Bedeutung der „Concordia“ ins hellste Licht gesetzt
worden ist.
Der Bundespräsident Miklas hat durch den
Wunsch nach einem Zusammenklang der Herzen, durch seine
altsam
von einstimmigem Beifall begleitete Rede einen Grundton ge¬
merie
geben, der nicht vergessen werden darf.
zu ent¬
ckelzug.
Der Verlauf der Feier.
ner in
Im großen Festsaale der Akademie der Wissenschaften
asthaus
fand gestern vormittag anläßlich des 70jährigen Bestands¬
schrie
jubiläums des Journalisten= und Schriftstellervereines
wir
„Concordia“ eine Festversammlung statt, die durch die An¬
Pfui¬
wesenheit des Bundespräsidenten Miklas, des Bundes¬
nen
kanzlers Schober, des diplomatischen Korps, des Bürger¬
nter
meisters Seitz und der Vertreter aller Kreise der Gesell¬
schaft sowie durch die Ansprachen, die gehalten wurden, eine
eim¬
besondere Bedeutung erhielt.
in
Außer den Genannten waren unter anderen erschienen: Der
etzt.
deutsche Gesandte Graf Lerchenfeld, der ungarische Gesandte Graf
und
Ambrozy, der schwedische Gesandte Unden, der czechoslowakische
Gesandte Vavrecka, der bulgarische Gesandte Nedkoff, in Ver¬
tretung des rumänischen Gesandten Legationssekretär Dr. Zabo¬
von
rovski, in Vertretung des italienischen Gesandten Nobile di
Montalto, die Bundesminister Dr. Innitzer, Dr. Srbik, Dr. Juch,
in Vertretung des Heeresministeriums Generalmajor Knaus,
Präsident des Nationalrates Dr. Waber, Vizebürgermeister Hoß,
Stadtrat Breitner und Magistratsdirektor Dr. Hartl, Staats¬
kanzler a. D. Dr. Renner, Bundeskanzler a. D. Streeruwitz,
Ministerpräsident a. D. Seidler, Minister a. D. Spitzmüller, der
Generalsekretär für auswärtige Angelegenheiten Peter, Präsident
der Nationalbank Dr. Reisch und Generaldirektor Brauneis,
der Herausgeber der „Neuen Freien Presse“ Dr. Ernst Benedikt,
Polizeivizepräsident Pamer, der Gouverneur der Postsparkasse
be¬ Stöger, Kabinettsdirektor Löwenthal und Kabinettsvizedirektor
Klastersky, die Sektionschefs des Bundeskanzleramtes Uebelhör
nit
und Horitzky, die Gesandten Ludwig und Junkar, Parlaments¬
direktor Czyhlarz, Sektionschef Prüger, Generaldirektor Dorrek
der Tabakregie, Sektionschef Fuchs, Generaldirektor Schneider¬
han, Generaldirektor Ingenieur Forst=Monshoff, die Gerichts¬
präsidenten Dr. Engel, Dr. Schreiber, Dr. Tursky, General¬
prokurator Dr. Höpler, die Rektoren Dr. Schaffernak, Jung¬
wirth und Hellebrand, Hofrat Professor Sperl, die Ministerialräte
Dr. Fuchs vom Bundespressedienst, Dr. Perner, Dr. Petrin,
Polizeidirektor Tandler, Hofrat Dr. Gans, Hofrat Dr. Pollak,
Hofrat Heilig, Burghauptmann Hofrat Karajan, Sektionsrat
Dr. Kosak, Bundesgartendirektor Regierungsrat Rottenberger,
Regierungsrat Schwabe, Landesrat Dr. Hofbauer, Regierungsrat
Schlag.
Aus der Aerztewelt: Der Präsident der Aerztekammer
Dr. Thenen, Hofrat Dr. Fried, die Universitätsprofessoren Doktor
Erben, Dr. Ruttin, Dr. Schlesinger, Dr. Sträußler, die Dozenten
Dr. Fischer, Dr. Ullmann, die Obermedizinalräte Dr. Becher,
Dr. Smetana, Medizinalrat Dr. Richter, Primarius Dr. Bach¬
rach, die Facharzte Dr. Grünberger, Dr. Blumberg, Dr. Jelli¬
nek und Dr. Kulka; ferner der Präsident der Rechtsanwaltkammer
Dr. Eckel, der Präsident der Notariatskammer Dr. Hlozanek,
strie¬
eld
hnen
zial¬
Reismann der Internationalen Unfallversicherungen
Oppenheim der Eskomptegesellschaft, Direktor Prager des „Kom¬
paß“, Generaldirektor Dr. Schlesinger des „Phönix“, General¬
sekretär Dr. Schwarz der Ersten Oesterreichischen Sparkasse,
Generaldirektor des „Anker“ Dr. Schwoner, Direktor Dr. Sokal
des Giro- und Kassenvereines, Präsident Arthur Stern des
Bundes der Filmindustriellen, Präsident Julius Stern der Börsen¬
kammer, Handelskammerpräsident Tilgner, Direktor Turnauer
vom Bankverein, Präsident Oberkurator Vinzl, Generaldirektor
Weißenstein der Ersten Unfall= und Schadenversicherung.
Die Feier wurde mit einem Vortrage des unter Leitung des
Chormeisters Ferdinand Großmann vom Wiener Männergesang¬
verein gesungenen Chores „Oh, Schutzgeist alles Schönen“ aus der
„Zauberflöte" eingeleitet. Hierauf begrüßte der Präsident des
Journalisten= und Schriftstellervereines „Concordia“, Leopold
Lipschütz, die Festgäste und gab ein übersichtliches Bild der
Entwicklung des Pressewesens in den letzten siebzig Jahren. Er
sagte unter anderm:
Die Rede des Präsidenten.
In der Schiller=Woche wurde die „Concordia“ gegründet,
ihren Namen entlich sie den Schlußworten der „Glocke". Franz
Schuselka wurde ihr erster Präsident und im Vorstande saßen
Heinrich Laube und der feurige Michael Etienne, der
spätere Herausgeber der „Neuen Freien Presse". Dieser Grün¬
dungstag der „Concordia" war zugleich der Geburtstag der
modernen österreichischen Publizistik, von da an begann ihr Auf¬
stieg, ihr gewaltiger Aufschwung. Wir können uns in die früheren
Zustände kaum mehr hineindenken, denn wir haben Pre߬
freiheit. Freilich, gerade die Preßfreiheit verlangt von uns
das größte Taktgefühl und bürdet uns eine hohe Verantwortung
auf. Wir selbst sind für eine Presse ohne Schranken, aber wir
sind nicht für eine schrankenlose Presse. (Laute Zustimmung.)
Niemand bedauert es mehr als wir, wenn einer aus unseren
Reihen sich etwas zuschulden kommen läßt, denn wir haben es zu
büßen. Jede Verirrung, jede Ausschreitung wird dem ganzen
Stande angelastet. Wir haben ein malheuröses Meter. Wir
können nicht alle Empfindlichkeiten schonen, wir können nicht
auf alle Eitelkeiten Rücksicht nehmen, und das schafft uns
Widersacher. Können wir alles loben, können wir zu allem Ja
und Amen sagen? Wir Journalisten haben doch nicht unser
Blatt, um es uns vor den Mund zu nehmen. (Lebhafte Heiter¬
keit.) Wir müssen den Mut haben, die Wahrheit zu bekennen,
und wer diesen Mut nicht aufbringt, soll alles machen, nur keine
Zeitung.
In der „Concordia“ sind Journalisten der verschiedensten
politischen Richtungen vertreten. Wir machen nicht in Politik
und schätzen jede ehrliche Ueberzeugung. Die Satzungen, die
unsere Altvorderen niedergelegt haben, sind heute noch in
Geltung: Wahrung der Standesehre und der Standesinteressen,
Obsorge für unsere alten Kollegen, für unsere Witwen und
Waisen. Heute vor zwanzig Jahren schritten wir an die Er¬
richtung eines Lessing=Denkmales. Die Kapitalien
waren da, ein erster Künstler, der seither verstorbene Bildhauer
Metzner, schuf das Modell. Wir glaubten uns am Ziele, aber
der Krieg hat auch unseren geliebten Gotthold Ephraim davon¬
gewirbelt, und nichts blieb uns von allem übrig als das
Lessing=Denkmalkomitee, an dessen Spitze unser heutiger Haus¬
herr steht, der Präsident der Akademie der Wissenschaften, Hof¬
rat Professor Dr. Redlich. (Beifall.) Aber, wir haben nicht
locker gelassen, wir haben wieder Gelder beschafft, und anläßlich
unseres Jubiläums haben wir einen solchen Betrag gestiftet, daß
ich sagen kann: „Unsere Ehrenschuld wird eingelöst, binnen
kurzem wird Wien sein Lessing=Denkmal
haben. (Lebhafter Beifall.) Wir werden weiterarbeiten und
wieder hochkommen. Es ist unser fester Glaube, unsere innerste
Ueberzeugung: Von heute über 30 Jahren, an ihrem hundertsten
Geburtstage, wird die „Concordia“ größer dastehen, machtvoller
und angesehener denn je zuvor: Die „Concordia" war, die „Con¬
cordia“ ist und die „Concordia“ wird sein! (Stürmischer Beifall.)
Der Präsident teilte schließlich mit, daß die „Concordia“ be¬
schlossen hat, anläßlich ihres Jubiläums Dr. Arthur
Schnitzler und Dr. Karl Schönherr zu Ehren¬
mitgliedern zu ernennen. (Lebhafter Beifall.)
Die Ansprache des Bundespräsidenten.
Nunmehr ergriff der Bundespräsident Miklas das Wort
zu folgender Ansprache: Sie waren so freundlich, mich zur
heutigen Jubiläumsfeier der Wiener Journalistenvereinigung
„Concordia“ einzuladen. Ich danke Ihnen dafür. Ich bin Ihrer
Einladung um so lieber gefolgt, als ich der Meinung bin, daß
der Bundespräsident bei einer Gelegenheit nicht fehlen soll, die
eine Herzenssache vieler geistig strebender und wirkender Kräfte
Oesterreichs ist. Freilich, wenn diese geistig schaffenden Kräfte zu¬
fällig gerade Journalisten sind, Männer der verschiedensten Rich¬