VII, Verschiedenes 12, Schnitzlers Tod, Seite 22

vds dar vds dar
er fast vor¬ er fast vor¬
sch abwärts sch abwärts
gotrodnetes gotrodnetes
se man drei se man drei
B.2. B.2.
Lokalaus- Lokalaus-
dem er an¬ dem er an¬
aus dem aus dem
Die Inten¬ Die Inten¬
hnt, und hnt, und
iterhin den iterhin den
as Gegen¬ as Gegen¬
oll die oll die
nachts¬ nachts¬
sein, sein,
ins (Autor ins (Autor
na Dagny na Dagny

Minuten, dann gab er das Zeichen zum nächsten Minuten, dann gab er das Zeichen zum nächsten
Akt. Und der Abend schloß dann mit einem Akt. Und der Abend schloß dann mit einem
großen Erfolg für den Dichter und seine Helfer. großen Erfolg für den Dichter und seine Helfer.
Unter den begeisterten Zuschauern befand sich Unter den begeisterten Zuschauern befand sich
Erich Schmidt, der unvergessene Germanist Erich Schmidt, der unvergessene Germanist
der Berliner Universität. der Berliner Universität.
Das war meine erste Zusammenarbeit mit Das war meine erste Zusammenarbeit mit
Arthur Schnitzler, dem großen deutschen Arthur Schnitzler, dem großen deutschen
Dramatiker der naturalistischen Epoche, der die Dramatiker der naturalistischen Epoche, der die
Elemente seines Werks aus dem analytischen Elemente seines Werks aus dem analytischen
Geist der psychologischen Beobachtung und Geist der psychologischen Beobachtung und
behutsam grübelnder Erkenntnis ebenso gewann, behutsam grübelnder Erkenntnis ebenso gewann,
wie aus den Verflechtungen oder Verhedderungen wie aus den Verflechtungen oder Verhedderungen
von Mann und Weib, von Jüngling und Mäd¬ von Mann und Weib, von Jüngling und Mäd¬
chen, von Männchen und Weibchen. chen, von Männchen und Weibchen.
Als ich vor zwei Jahren Schnitzlers „Pro¬ Als ich vor zwei Jahren Schnitzlers „Pro¬
fessor Bernhardi“, diesmal mit Fritz Kortner, fessor Bernhardi“, diesmal mit Fritz Kortner,
wiederum spielte und viele ihre Sehnsucht nach wiederum spielte und viele ihre Sehnsucht nach
dem „Zeitstück“ in diesem Werk eines Aelteren dem „Zeitstück“ in diesem Werk eines Aelteren
erfüllt sahen, fehlten auch die Einwände derer erfüllt sahen, fehlten auch die Einwände derer
nicht, die da meinten, das sei nicht das Zeit¬ nicht, die da meinten, das sei nicht das Zeit¬
stück; dazu sei es zu unverbindlich. Aber das, stück; dazu sei es zu unverbindlich. Aber das,
was von solchen Stimmen als Einschränlung was von solchen Stimmen als Einschränlung
gemeint war, rührt irgendwie an Schnitzlers gemeint war, rührt irgendwie an Schnitzlers
eigentliches Wesen, ragt in das Zentrum seiner eigentliches Wesen, ragt in das Zentrum seiner
Kunst. Das Unverbindliche gab seinem Schaffen Kunst. Das Unverbindliche gab seinem Schaffen
erst die Weite, den Raum in dem er sich bewegen erst die Weite, den Raum in dem er sich bewegen
konnte, war der Atem, durch den er lebte. konnte, war der Atem, durch den er lebte.
Auf die privaten Konflikte der Schnitzler¬ Auf die privaten Konflikte der Schnitzler¬
schen Menschen fällt der Schatten der europäi¬ schen Menschen fällt der Schatten der europäi¬
schen Krise, die im Vorkriegsösterreich nicht als schen Krise, die im Vorkriegsösterreich nicht als
Krise erscheint, weil man mit der müden Me¬ Krise erscheint, weil man mit der müden Me¬
lancholie süßer Todesbereitschaften spielte. Nur lancholie süßer Todesbereitschaften spielte. Nur
war man aus dem Theater ins Leben getreten, war man aus dem Theater ins Leben getreten,
ohne den Uebergang zu bemerken. ohne den Uebergang zu bemerken.
Schnitzler hatte das tiefste Wissen um diese Schnitzler hatte das tiefste Wissen um diese
Untergangsstimmung, aber das Heimatgefühl Untergangsstimmung, aber das Heimatgefühl
war in sie verliebt; nur wenn er einmal zum war in sie verliebt; nur wenn er einmal zum
Zorn sich aufraffte, schuf er ein Werk, wie eben Zorn sich aufraffte, schuf er ein Werk, wie eben
diesen „Professor Bernhardi", das, wenn es bis¬ diesen „Professor Bernhardi", das, wenn es bis¬
her kein Zeitstück gewesen sein sollte, heute als her kein Zeitstück gewesen sein sollte, heute als
ein Paradigma des Zeitstücks gewertet werden ein Paradigma des Zeitstücks gewertet werden
muß. muß.
Meiner Beziehung zur Regiekunst steht Meiner Beziehung zur Regiekunst steht
Schnitzlers Dramatik besonders nahe. Und Schnitzlers Dramatik besonders nahe. Und
wenn ich mir den Vorwurf nicht ersparen kann, wenn ich mir den Vorwurf nicht ersparen kann,
sein Werk während der letzten Jahre etwas ver¬ sein Werk während der letzten Jahre etwas ver¬
nachlässigt zu haben — im ganzen habe ich ihm nachlässigt zu haben — im ganzen habe ich ihm
doch immer wieder meine Liebe und mein In¬ doch immer wieder meine Liebe und mein In¬
teresse zugewendet. teresse zugewendet.
Dafür sprachen die Aufführungen vom Dafür sprachen die Aufführungen vom
„Jungen Medardus“ unmittelbar nach „Jungen Medardus“ unmittelbar nach
Kriegsausbruch im Lessingtheater mit Lina Kriegsausbruch im Lessingtheater mit Lina
Lossen, Ilka Grüning, Kayßler, Loos, Goetz, Lossen, Ilka Grüning, Kayßler, Loos, Goetz,
Adalbert, Landa, Salfner und andern in den Adalbert, Landa, Salfner und andern in den
Hauptrollen; von der „Komödie der Hauptrollen; von der „Komödie der
Worie“ mit Albert und Else Bassermann; von Worie“ mit Albert und Else Bassermann; von
„Fink und Fliederbusch“ wieder mit „Fink und Fliederbusch“ wieder mit
Basserman und mit Goetz, Landa, Ferdinand Basserman und mit Goetz, Landa, Ferdinand
Bonn, Ilka Grüning, Lind, Wallauer; von Bonn, Ilka Grüning, Lind, Wallauer; von
„Zwischenspiel" mit Harry Walden und „Zwischenspiel" mit Harry Walden und
Lina Lossen; von „Comtesse Mizzi", vom Lina Lossen; von „Comtesse Mizzi", vom
„Grünen Kakadu" und nicht zuletzt von „Grünen Kakadu" und nicht zuletzt von
Liebelei" mit Käthe Dorsch und Anton Liebelei" mit Käthe Dorsch und Anton
Edthofer im Deutschen Künstler=Theater. Edthofer im Deutschen Künstler=Theater.
Ein Spätwerk des Dichters: „Die Komö¬ Ein Spätwerk des Dichters: „Die Komö¬
die der Verführung" habe ich, obwohl die der Verführung" habe ich, obwohl
zur Aufführung angenommen, nicht aufgeführt, zur Aufführung angenommen, nicht aufgeführt,
weil ... nun weil Schnitzler und ich uns über weil ... nun weil Schnitzler und ich uns über
die Besetzung des Stücks nicht einigen konnten. die Besetzung des Stücks nicht einigen konnten.
Das lag vielleicht nicht zuletzt an der Eigen¬ Das lag vielleicht nicht zuletzt an der Eigen¬
willigkeit Schnitzlers, die ihre Ursache hatte in willigkeit Schnitzlers, die ihre Ursache hatte in
einer immer stärker hervorgetretenen Verbitte¬ einer immer stärker hervorgetretenen Verbitte¬
rung des Dichters gegen die Herren Theater¬ rung des Dichters gegen die Herren Theater¬
direktoren —, wenigstens gegen die Berliner direktoren —, wenigstens gegen die Berliner
Theaterdirektoren, die, das sei nicht bestritten, Theaterdirektoren, die, das sei nicht bestritten,
seit geraumer Zeit seinem Werk gegenüber sich seit geraumer Zeit seinem Werk gegenüber sich
allzu passiv verholten haben. allzu passiv verholten haben.
Schnitzler war ein ausgezeichneter Kenner Schnitzler war ein ausgezeichneter Kenner
des Theaters, sowohl seiner immanenten des Theaters, sowohl seiner immanenten
künstlerischen Gesetze, wie seiner praktischen Be¬ künstlerischen Gesetze, wie seiner praktischen Be¬
dürfnisse, und er lannte das Metier in- und aus¬ dürfnisse, und er lannte das Metier in- und aus¬
wendig. wendig.
So schlecht er im Gegansatz zu Gerhart So schlecht er im Gegansatz zu Gerhart
Hauptmann seine Gelcke vorlas (bei der ersten Hauptmann seine Gelcke vorlas (bei der ersten
Vorlosung von „Profaisor Berhardt“ machte sich Vorlosung von „Profaisor Berhardt“ machte sich
untar den Schauspialerr, bedenkliche Müdigkeit untar den Schauspialerr, bedenkliche Müdigkeit
bemerkbar), so vorzüglich verstand er es auf bemerkbar), so vorzüglich verstand er es auf

Proben, Schauspieler und Regie maßgebend zu Proben, Schauspieler und Regie maßgebend zu
heeinflussen. Das zeigte sich am deutlichsten in heeinflussen. Das zeigte sich am deutlichsten in
Liebesszenen, deren Register ihm vom Einfachsten Liebesszenen, deren Register ihm vom Einfachsten
und Zartesten bis zu verspielter Ironie und und Zartesten bis zu verspielter Ironie und
krausem Uebermut gehorchten Dem Rotstift krausem Uebermut gehorchten Dem Rotstift
gegenüher war er sahr zurückhaltend, Todfeind gegenüher war er sahr zurückhaltend, Todfeind
geschluderten und müden Aufführungen. geschluderten und müden Aufführungen.
Das Spiel ist aus! Oder ist es nur ein Das Spiel ist aus! Oder ist es nur ein
Zwischenspiel? Zwischenspiel?
Der alte Kastan hat testiert, „es hätte sich Der alte Kastan hat testiert, „es hätte sich
nicht gelohnt!“ Aber dieses Leben hat sich nicht gelohnt!“ Aber dieses Leben hat sich
gelohnt. Denn ein Lebenswerk von bedeut¬ gelohnt. Denn ein Lebenswerk von bedeut¬
samem Ausmaß bleibt zurück, ein Werk von samem Ausmaß bleibt zurück, ein Werk von
hoher geistiger und seelischer Deutung, von hoher geistiger und seelischer Deutung, von
selner Schönheit der Sprache und voll unzer¬ selner Schönheit der Sprache und voll unzer¬
störbarer Kraft der Gesinnung. störbarer Kraft der Gesinnung.
Den Ehrungen zum siebzigsten Geburtstag Den Ehrungen zum siebzigsten Geburtstag
hat Arthur Schnitzler sich früh entzogen. Die hat Arthur Schnitzler sich früh entzogen. Die
deutschen Bühnen aber werden zu seinem Ge¬ deutschen Bühnen aber werden zu seinem Ge¬
denken ihn spielen und immer wieder spielen, denken ihn spielen und immer wieder spielen,
damit die Welt die Klänge eines Dichters ver¬ damit die Welt die Klänge eines Dichters ver¬
nehme, um den sie ärmer geworden ist. nehme, um den sie ärmer geworden ist.
Schnitz er und Wien Schnitz er und Wien
Von Franz Werfel Von Franz Werfel
Es geht mit ihm ein großer Künstler, ein Es geht mit ihm ein großer Künstler, ein
reiner Geist, eine sittliche Kraft hoher Verant¬ reiner Geist, eine sittliche Kraft hoher Verant¬
wortung in die Weltgeschichte ein. Zugleich wortung in die Weltgeschichte ein. Zugleich
aber verschwindet mit seinem schönen und lieben aber verschwindet mit seinem schönen und lieben
Antlitz der letzte Schein unserer verlorenen Antlitz der letzte Schein unserer verlorenen
Heimat, der Abglanz des alten Oesterreich, in Heimat, der Abglanz des alten Oesterreich, in
tiefer Nacht. Ein Reich der Freude und der tiefer Nacht. Ein Reich der Freude und der
Traurigkeit, des Genusses und der Jugend, ein Traurigkeit, des Genusses und der Jugend, ein
Reich der Verfeinerung und des Wissens um Reich der Verfeinerung und des Wissens um
das Ende. Eine wirklich herznahe Welt voll das Ende. Eine wirklich herznahe Welt voll
Landschaften, Klängen, Worten, Gesichten, hold Landschaften, Klängen, Worten, Gesichten, hold
und unwiederholbar, folgt ihrem Meister. Ein und unwiederholbar, folgt ihrem Meister. Ein
großes Zeitalter dieser Stadt sinkt mit Arthur großes Zeitalter dieser Stadt sinkt mit Arthur
Schnitzler ins Grab, um in seinem unsterblichen Schnitzler ins Grab, um in seinem unsterblichen
Werke weiter zu leben! Werke weiter zu leben!
Sein Nachlaß Sein Nachlaß
Von Paul Wiegler Von Paul Wiegler
Arthur Schnitzlers Haus liegt in der Stern¬ Arthur Schnitzlers Haus liegt in der Stern¬
wartestraße im Wiener Cottage, nahe dom wartestraße im Wiener Cottage, nahe dom
Türkenschanzpark, von dem man in Sonnenlicht Türkenschanzpark, von dem man in Sonnenlicht
oder Nebelschleiern die Wiener Landschaft über¬ oder Nebelschleiern die Wiener Landschaft über¬
blickt, und in dem das Kainz=Denkmal steht, das blickt, und in dem das Kainz=Denkmal steht, das
Standbild des Künstlers, der Schnitzlers Henri Standbild des Künstlers, der Schnitzlers Henri
im „Grünen Kakadu" und sein Amadeus im im „Grünen Kakadu" und sein Amadeus im
„Zwischenspiel“ war. Kainz als Hamlet mit „Zwischenspiel“ war. Kainz als Hamlet mit
dem Totenschädel in der Hand. Dort hinaus dem Totenschädel in der Hand. Dort hinaus
richtete Arthur Schnitzler bis in die Herbsttage richtete Arthur Schnitzler bis in die Herbsttage
oft seine Spaziergänge. Er wohnte auch nahe oft seine Spaziergänge. Er wohnte auch nahe
dem Cottage=Sanatorium, nahe ärztlichen Kol¬ dem Cottage=Sanatorium, nahe ärztlichen Kol¬
legen. legen.
Das Haus hatte er von dem Burgschauspieler Das Haus hatte er von dem Burgschauspieler
Römpler gekauft, dem Gatten der Bleibtreu. Römpler gekauft, dem Gatten der Bleibtreu.
Fast allein lebte er in diesen Räumen. Im Fast allein lebte er in diesen Räumen. Im
oberen Stock hatte er sein Arbeitszimmer, dessen oberen Stock hatte er sein Arbeitszimmer, dessen
Fensterseite er sich ausbanen ließ und von dem Fensterseite er sich ausbanen ließ und von dem
er in grüne Gärten schaute. Dort waren bis er in grüne Gärten schaute. Dort waren bis
zur Decke seine Bücher gehäuft. Dort hingen zur Decke seine Bücher gehäuft. Dort hingen
zahllose Fotograkien zum Gedächtnis on Freund¬ zahllose Fotograkien zum Gedächtnis on Freund¬
schaften und Theatererfolge. Dort stand sein schaften und Theatererfolge. Dort stand sein
Stehpult, an dem er auch nachmittags öfter Stehpult, an dem er auch nachmittags öfter
arbeitete. Er legte sich nicht nieder, der Er¬ arbeitete. Er legte sich nicht nieder, der Er¬
müdung zum Trotz. müdung zum Trotz.
Und so schuf er, meist nach Ideen von früher, Und so schuf er, meist nach Ideen von früher,
die nun in unerhörter Lebendigkeit sich ihm die nun in unerhörter Lebendigkeit sich ihm
nochmals beseelten, seine Novellistik, von „Fräu¬ nochmals beseelten, seine Novellistik, von „Fräu¬
lein Else“ bis zur „Flucht in die Finsternis“, lein Else“ bis zur „Flucht in die Finsternis“,
diese aus Traum und Wirklichkait gewebte diese aus Traum und Wirklichkait gewebte
Prosa, die in ihrer psychologischen Tiefe und in Prosa, die in ihrer psychologischen Tiefe und in
ihrer souneränen Form unvergleichlich ist und ihrer souneränen Form unvergleichlich ist und
immer wieder durch ihren schöpfarischen Antrieh immer wieder durch ihren schöpfarischen Antrieh
als Produktion eines sechsten Hebensjahrzehnts als Produktion eines sechsten Hebensjahrzehnts
überraschen wird. überraschen wird.
Schnitzler hat im Alter außerhalb seines Schnitzler hat im Alter außerhalb seines
er er
Als dieses Bild nach vielen Jahren im Wiener Als dieses Bild nach vielen Jahren im Wiener
Café Zentral auftauchte, arstanden sofort einige Café Zentral auftauchte, arstanden sofort einige
Psychologen am Marmortisch, die aus dem Samt¬ Psychologen am Marmortisch, die aus dem Samt¬
anzug den ganzen Dichter zu erklären wußten. anzug den ganzen Dichter zu erklären wußten.
Samt — das trugen nur sehr feine Knaben, die Samt — das trugen nur sehr feine Knaben, die
seder herzhaften Rauferei fernblieben, Samt — seder herzhaften Rauferei fernblieben, Samt —
das war das gepflegte Haus des Universitäts¬ das war das gepflegte Haus des Universitäts¬
professors Schnitzler, dem Arthur entstammte. professors Schnitzler, dem Arthur entstammte.
Der Seidensamt gehörte zu dam Dichter, der von Der Seidensamt gehörte zu dam Dichter, der von
Jugend auf ein eleganter, kultivierter Zuschauer Jugend auf ein eleganter, kultivierter Zuschauer
gewesen ist. gewesen ist.
Auf dem Wege zur großen Arzt Karriera, Auf dem Wege zur großen Arzt Karriera,
die der Vater ihm vorbereitet hatte, verlor sich die der Vater ihm vorbereitet hatte, verlor sich
Schnitzler in der Schriftstellerei. Arthur trug Schnitzler in der Schriftstellerei. Arthur trug
damals keine Samtanzüge mehr, aber er hatte damals keine Samtanzüge mehr, aber er hatte
eine rasch berühmte Schnitzlerlocke, und seine eine rasch berühmte Schnitzlerlocke, und seine
sehr weiße, weiche Hand wühlte zuweilen in sehr weiße, weiche Hand wühlte zuweilen in
dem französisch gestutzten Spitzbart. Schnitzler dem französisch gestutzten Spitzbart. Schnitzler
sah damals ein bißchan dem romantisch frisierten sah damals ein bißchan dem romantisch frisierten
Poeten Alphonse Daudet ähnlich, wie diesem Poeten Alphonse Daudet ähnlich, wie diesem
kleidete ihn eine sanfte, unverlierbare Me¬ kleidete ihn eine sanfte, unverlierbare Me¬
lancholie. Dieser junge Schnitzler, der nur lancholie. Dieser junge Schnitzler, der nur
nebenbei schrieb, machte außerordentlichen Ein¬ nebenbei schrieb, machte außerordentlichen Ein¬
druck auf junge Frauen. Von der großen Burg¬ druck auf junge Frauen. Von der großen Burg¬
theatertragödin, die heute noch als Parodistin theatertragödin, die heute noch als Parodistin
ihrer heroischen Größe wirkt, bis zum füßen ihrer heroischen Größe wirkt, bis zum füßen
Mädel aus Währing, alle schwärmten für den Mädel aus Währing, alle schwärmten für den
liebenswürdig-schwermütigen Dichter, der im liebenswürdig-schwermütigen Dichter, der im
Separé begeistert Klavier spielte. Separé begeistert Klavier spielte.
Adolf von Sonnenthal war es, der dem Adolf von Sonnenthal war es, der dem
Dichter der „Liebelei“ die Tore des Burgtheaters Dichter der „Liebelei“ die Tore des Burgtheaters
öffnete. Auch in diesen Glücksjahren, da er mit öffnete. Auch in diesen Glücksjahren, da er mit
Liebe, Tantiemen und europäischem Ruhm über¬ Liebe, Tantiemen und europäischem Ruhm über¬
schüttet wurde, ist eine eingefleischte Melancholie schüttet wurde, ist eine eingefleischte Melancholie
nicht ganz von Schnitzler gewichen. Sein erster nicht ganz von Schnitzler gewichen. Sein erster
Bucherfolg war eine Novelle, die „Sterben“ hieß. Bucherfolg war eine Novelle, die „Sterben“ hieß.
Das Todesproblem hat den Arzt und Dichter Das Todesproblem hat den Arzt und Dichter
Schnitzler nie verlassen; dieses verwöhnte Glücks¬ Schnitzler nie verlassen; dieses verwöhnte Glücks¬
kind blieb immer etwas grüblerisch, monologisch, kind blieb immer etwas grüblerisch, monologisch,
sich seibst und seinen Nächsten analysierend. Eine sich seibst und seinen Nächsten analysierend. Eine
schöne Frau, der Schnißler viele Jahre gehuldigt schöne Frau, der Schnißler viele Jahre gehuldigt
und die sich doch von ihm gewendet hatte, sagte und die sich doch von ihm gewendet hatte, sagte
einmal entschuldigend zu seinen Freunden: „Er einmal entschuldigend zu seinen Freunden: „Er
ist ein Seelenbohrer." ist ein Seelenbohrer."
Seine psychologischen Bohrversuche brachten Seine psychologischen Bohrversuche brachten
Schnitzler einmal sogar in revolutionären Ge¬ Schnitzler einmal sogar in revolutionären Ge¬
ruch. Er hatte den Monolog eines durchschnitt¬ ruch. Er hatte den Monolog eines durchschnitt¬
lichen österreichischen Offiziers geschrieben, die lichen österreichischen Offiziers geschrieben, die
Novelle Leutnant Gustl“ und sollte durch diesen Novelle Leutnant Gustl“ und sollte durch diesen
Seelenquerschnitt das Ansehen der K. u. K. Seelenquerschnitt das Ansehen der K. u. K.
Armee herabgesetzt haben. Zur Strafe wurde Armee herabgesetzt haben. Zur Strafe wurde
Schnitzler seiner Reserve=Offizierswürde ant¬ Schnitzler seiner Reserve=Offizierswürde ant¬
kleidet. Er änderte, selbstverständlich, nicht einen kleidet. Er änderte, selbstverständlich, nicht einen
3-Punkt an seinem Werk, wie er denn über¬ 3-Punkt an seinem Werk, wie er denn über¬
haupt eher eigensinnig als nachgiebig, jedenfalle haupt eher eigensinnig als nachgiebig, jedenfalle
in jeder Minute sich selber treu gewesen ist. in jeder Minute sich selber treu gewesen ist.
In seinen letzten Lebensjahren, nachdem ihn In seinen letzten Lebensjahren, nachdem ihn
viel Kummer getroffen — seine Frau hatte sich viel Kummer getroffen — seine Frau hatte sich
von ihm getrennt, seine Tochter hat in Selbstmord von ihm getrennt, seine Tochter hat in Selbstmord
geendet — suchte er auf einsamen Wienerwald¬ geendet — suchte er auf einsamen Wienerwald¬
Wanderungen neue Kraft zu holen. Seine be¬ Wanderungen neue Kraft zu holen. Seine be¬
rühmte Dichterlocke war weiß geworden und rühmte Dichterlocke war weiß geworden und
sein strahlendes Auge müde. Er war zuletzt sein strahlendes Auge müde. Er war zuletzt
immer mehr der Schatten seiner selbst, die große immer mehr der Schatten seiner selbst, die große
Trauer, die ihn auch in Glückstagen nicht ganz Trauer, die ihn auch in Glückstagen nicht ganz
verlassen, umhüllte den Siebzigjährigen. verlassen, umhüllte den Siebzigjährigen.
Aussprüche Schnitzlers, Aussprüche Schnitzlers,
die Zitat wurden: die Zitat wurden:
Wir spiele., immer, nor es weiß, ist klug. Wir spiele., immer, nor es weiß, ist klug.
Lieben heißt, für jemand anderen auf der Lieben heißt, für jemand anderen auf der
Welt sein. Welt sein.
Glücklich machen ist besser, als schuldlos sein. Glücklich machen ist besser, als schuldlos sein.
Mehr Haltung, weniger Geist! Mehr Haltung, weniger Geist!
Die Seels ist ein weites Land. Die Seels ist ein weites Land.
Das Altern ist eine einsame Beschäftigung. Das Altern ist eine einsame Beschäftigung.
Nachwelt gibt's auch nur für die Lebendigen Nachwelt gibt's auch nur für die Lebendigen
Die Toten schweigen. Die Toten schweigen.