VII, Verschiedenes 12, Schnitzlers Tod, Seite 61

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Schnitzler's Death Schnitzler's Death
12. 12.
E E
sioniertes sioniertes
Ausschnitte Ausschnitte
EILE 11 EILE 11
P-43 P-43
K. 3 K. 3
Melancholie — sie trat in seinem Leben ebenso wic Melancholie — sie trat in seinem Leben ebenso wic
eine düstere Fär eine düstere Fär
in seiner Kunst zutage in seiner Kunst zutage
leton. leton.
bung. Es ist das Los fast aller überragenden Persön bung. Es ist das Los fast aller überragenden Persön
lichkeiten, daß ihnen zu ihren Lebzeiten nicht die lichkeiten, daß ihnen zu ihren Lebzeiten nicht die
itzlers Tod. itzlers Tod.
ganze, allumfassende Verehrung zuteil wird, die sie ganze, allumfassende Verehrung zuteil wird, die sie

verdienen. verdienen.
vr vr
Jetzt dürfte wohl auch mit dem Schmerz um Jetzt dürfte wohl auch mit dem Schmerz um
Zeit hat den Tod mit so Zeit hat den Tod mit so
den Hingang Schnitzlers eine objektivere Beurteilung den Hingang Schnitzlers eine objektivere Beurteilung
fachtet, erforscht und ge¬ fachtet, erforscht und ge¬
seines Wirkens und Schaffens Platz greifen. Keine seines Wirkens und Schaffens Platz greifen. Keine
itzler, und Freund Hein itzler, und Freund Hein
nörgelnde Stimme wird mehr laut werden, denn nörgelnde Stimme wird mehr laut werden, denn
teine Angst oder Furcht, teine Angst oder Furcht,
Eifersüchtelei und Kritikasterwut, wie sie im be Eifersüchtelei und Kritikasterwut, wie sie im be
he Überraschung bereiten, he Überraschung bereiten,
rühmten deutschen Dichterwald nur zu üppig ge rühmten deutschen Dichterwald nur zu üppig ge
pne Heim in der Wiener pne Heim in der Wiener
deihen, müssen angesichts dieses Dichters und dieses deihen, müssen angesichts dieses Dichters und dieses
der kalten Knochenhand der kalten Knochenhand
Werkes verstummen, verstummen für alle Zeit. Und Werkes verstummen, verstummen für alle Zeit. Und
berührte und bald darauf berührte und bald darauf
lange Jahre, Jahrzehnte wohl (und das bedeutet ir lange Jahre, Jahrzehnte wohl (und das bedeutet ir
sauslöschte. Alle Freunde sauslöschte. Alle Freunde
unserer wild dahinstürmenden Zeit fast eine kleine unserer wild dahinstürmenden Zeit fast eine kleine
und jeder Kenner der und jeder Kenner der
Ewigkeit) wird man sich an dem Oeuvre Schnitzlers Ewigkeit) wird man sich an dem Oeuvre Schnitzlers
te zu den Schätzern die¬ te zu den Schätzern die¬
erbauen. Schon seine ersten Werke bekundeten eine erbauen. Schon seine ersten Werke bekundeten eine
sich zur Feier seines sieb¬ sich zur Feier seines sieb¬
ungewöhnliche Begabung. Da war „Anatol“, diese ungewöhnliche Begabung. Da war „Anatol“, diese
der ihm endlich volle der ihm endlich volle
Reihe köstlicher Skizzen aus der Wiener Gesellschaft Reihe köstlicher Skizzen aus der Wiener Gesellschaft
hd den Beweis erbringen hd den Beweis erbringen
in denen die sinnigste Psychologie mit dem feinsten in denen die sinnigste Psychologie mit dem feinsten
Freich, sondern auch ganz Freich, sondern auch ganz
Esprit sich vereinigten und Kabinettstücke schufen Esprit sich vereinigten und Kabinettstücke schufen
schen in der weiten Welt schen in der weiten Welt
wie sie Lavedan und Donnay nicht wirkungsvollen wie sie Lavedan und Donnay nicht wirkungsvollen
ler“ in die zeitgenössische ler“ in die zeitgenössische
zustande brachten. Und da war der berühmte „Leut zustande brachten. Und da war der berühmte „Leut
schachtelten Helden der schachtelten Helden der
nant Gustl“, diese lebenswahre Schilderung des öster¬ nant Gustl“, diese lebenswahre Schilderung des öster¬
wunderung entgegenbrin¬ wunderung entgegenbrin¬
reichischen Offizierleichtsinns, eine Erzählung, nein. reichischen Offizierleichtsinns, eine Erzählung, nein.
frei heraus, eine solche frei heraus, eine solche
eher ein Sittenbild, eine Novelle, nein, eher eine An¬ eher ein Sittenbild, eine Novelle, nein, eher eine An¬
rquickt, sie wäre seine rquickt, sie wäre seine
klageschrift! Es gehörte ein gut Stück Tapferkeit. klageschrift! Es gehörte ein gut Stück Tapferkeit.
esen, denn er hatte in den esen, denn er hatte in den
aber auch unerschütterlicher Patriotismus dazu, den aber auch unerschütterlicher Patriotismus dazu, den
fig Ursache, über die Un¬ fig Ursache, über die Un¬
„Leutnant Gustl“ zu schreiben, denn Schnitzler war „Leutnant Gustl“ zu schreiben, denn Schnitzler war
zu klagen. Wir, die wir zu klagen. Wir, die wir
selbst Offizier und mußte den militärärztlichen Dienst selbst Offizier und mußte den militärärztlichen Dienst
t ihm zu sprechen, seine t ihm zu sprechen, seine
verlassen, weil gewisse Wiener Kreise die Wahrheit verlassen, weil gewisse Wiener Kreise die Wahrheit
chrift zu vernehmen, wir chrift zu vernehmen, wir
nicht hören, ja, den Künder der Wahrheit um Rang nicht hören, ja, den Künder der Wahrheit um Rang
mmt, nicht erbitteri, nicht mmt, nicht erbitteri, nicht
und Namen bringen wollten. Ihr jämmerliches Begia¬ und Namen bringen wollten. Ihr jämmerliches Begia¬
riffe der dreisten jugend riffe der dreisten jugend
nen erlitt jedoch ein jämmerliches Fiasko. nen erlitt jedoch ein jämmerliches Fiasko.
Gleichgültigkeit seiner Gleichgültigkeit seiner
Denn durch die Verfolgungssucht der rück¬ Denn durch die Verfolgungssucht der rück¬
pssen pssen
letzteren letzteren
(den (den
ständigen Soldateska — sie bildete nur einen kleinen ständigen Soldateska — sie bildete nur einen kleinen
die Jugend offen¬ die Jugend offen¬
leider jedoch einflußreichen Teil der einstigen k. u. k. leider jedoch einflußreichen Teil der einstigen k. u. k.
Verteidigung eines Verteidigung eines
Armee — wurde. Schnitzler förmlich in die Litera¬ Armee — wurde. Schnitzler förmlich in die Litera¬
deutschen Dichtung) deutschen Dichtung)
tur gedrängt. So muß man eigentlich seinen einstigen tur gedrängt. So muß man eigentlich seinen einstigen
hervor und gaben seiner! Gegnern noch Dank sagen für die Werkc, mit denen hervor und gaben seiner! Gegnern noch Dank sagen für die Werkc, mit denen

und zur Alimentierung der Industrie notwendigen und zur Alimentierung der Industrie notwendigen
Quantität. Desgleichen fehlt es auch an Arbeits Quantität. Desgleichen fehlt es auch an Arbeits
kraft; die entsetzlichen Verhältnisse im Dongebie kraft; die entsetzlichen Verhältnisse im Dongebie
der Dichter die Welt erfreute. Eine ganze Bibliothel der Dichter die Welt erfreute. Eine ganze Bibliothel
füllen die Bücher Schnitzlers, wenn man die zahl¬ füllen die Bücher Schnitzlers, wenn man die zahl¬
reichen Übersetzungen hinzurechnet, die in allen reichen Übersetzungen hinzurechnet, die in allen
Kultursprachen vorliegen. Von seinen Schauspieler Kultursprachen vorliegen. Von seinen Schauspieler
seien nur genann' die köstliche „Liebelei“, danx seien nur genann' die köstliche „Liebelei“, danx
„Freiwild“, die klassische Tragödie: „Der Schleier „Freiwild“, die klassische Tragödie: „Der Schleier
der Beatrice", das tiefsinnige Schauspiel: „Der junge der Beatrice", das tiefsinnige Schauspiel: „Der junge
Medardus“ und der mit seiner heißen Kraft hoch Medardus“ und der mit seiner heißen Kraft hoch
über die moderne Bühnendichtung emporsteigende über die moderne Bühnendichtung emporsteigende
Einakter: „Der grüne Kakadu", ein ergreifendes, er¬ Einakter: „Der grüne Kakadu", ein ergreifendes, er¬
schütterndes Drama aus Frankreichs Revolutions¬ schütterndes Drama aus Frankreichs Revolutions¬
zeit, worin alle weltbewegenden politischen Pro¬ zeit, worin alle weltbewegenden politischen Pro¬
bleme wie vernichtende Gewitter unter Blitz und bleme wie vernichtende Gewitter unter Blitz und
Donner verheerend und zerstörend niederstürzen. Donner verheerend und zerstörend niederstürzen.
Und ebenso groß wie der Dramatiker war auch Und ebenso groß wie der Dramatiker war auch
der Erzähler. Nur wenige Tage sind verstrichen, der Erzähler. Nur wenige Tage sind verstrichen,
seitdem wir an dieser Stelle der Meisternovelle seitdem wir an dieser Stelle der Meisternovelle
Schnitzlers: „Flucht in die Finsternis“, Worte den Schnitzlers: „Flucht in die Finsternis“, Worte den
Würdigung widmeten. Es war die. letzte Arbeit des Würdigung widmeten. Es war die. letzte Arbeit des
Dichters, aber eine seiner schönsten, und das be¬ Dichters, aber eine seiner schönsten, und das be¬
deutet bei Schnitzler wahrhaftig nicht wenig. Über¬ deutet bei Schnitzler wahrhaftig nicht wenig. Über¬
blickt man im Geiste seine erzählenden Werke, so ge¬ blickt man im Geiste seine erzählenden Werke, so ge¬
wahrt man hier neben prachtvollen Erzählungen wahrt man hier neben prachtvollen Erzählungen
wie: „Ein Abschied“, „Die griechische Tänzerin“ wie: „Ein Abschied“, „Die griechische Tänzerin“
„Der blinde Geronimo“ und „Der Mörder“, die kurze „Der blinde Geronimo“ und „Der Mörder“, die kurze
Novelle: „Die Toten schweigen“, eine der gro߬ Novelle: „Die Toten schweigen“, eine der gro߬
artigsten Schöpfungen zeitgenössischer Erzählungs¬ artigsten Schöpfungen zeitgenössischer Erzählungs¬
kunst, die jedem unvergeßlich bleiben wird, der sie kunst, die jedem unvergeßlich bleiben wird, der sie
gelesen. Denn das heilige: „Stirb und Werde“ hat gelesen. Denn das heilige: „Stirb und Werde“ hat
kein moderner Schriftsteller so weise erfaßt und in kein moderner Schriftsteller so weise erfaßt und in
solch klassischer Sprache dargestellt, wie Schnitzlen solch klassischer Sprache dargestellt, wie Schnitzlen
in dieser kurzen Novelle, die vielleicht am deut¬ in dieser kurzen Novelle, die vielleicht am deut¬
lichsten zeigt, wie er die Geheimnisse des Todes zu lichsten zeigt, wie er die Geheimnisse des Todes zu
ergründen verstand. Paul Verlaine hat auf seinem ergründen verstand. Paul Verlaine hat auf seinem
Sterbebett unzähligemale den Satz wiederholt: „Den Sterbebett unzähligemale den Satz wiederholt: „Den
Weise fürchtet nie und nimmer den Tod!“ Das Weise fürchtet nie und nimmer den Tod!“ Das
war eine für die Literaturgeschichte berechnete war eine für die Literaturgeschichte berechnete
Phrase. Schnitzler hat solche Phrasen niemals im Phrase. Schnitzler hat solche Phrasen niemals im
Munde geführt, geschweige denn in der Feder, denn Munde geführt, geschweige denn in der Feder, denn
er fürchtete in der Tat den Tod nicht und er wird er fürchtete in der Tat den Tod nicht und er wird
ihn wohl, wie schon gesagt, ohne Angst und Furcht, ihn wohl, wie schon gesagt, ohne Angst und Furcht,
vielleicht mit jener ein wenig ironischen und ein vielleicht mit jener ein wenig ironischen und ein