2. Schnitzler's Death 2. Schnitzler's Death
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Ausschnitt aus Ausschnitt aus
MSENEA TAESEUE MSENEA TAESEUE
vom: vom:
22. OKT. 1931 22. OKT. 1931
Arthur Schnitzler Arthur Schnitzler
Wien, 21. (E. D.) Arthur Schnitzler Wien, 21. (E. D.) Arthur Schnitzler
ist heute um ¼19 Uhr einem Schlagan¬ ist heute um ¼19 Uhr einem Schlagan¬
fall erlegen Schnitzler war in den Nach¬ fall erlegen Schnitzler war in den Nach¬
mittagstunden eben von einem Spazier¬ mittagstunden eben von einem Spazier¬
gang in seine Wohnung zurückgrkehrt, als gang in seine Wohnung zurückgrkehrt, als
er vom Schlage gerührt bewußtlos zu¬ er vom Schlage gerührt bewußtlos zu¬
sammenbrach. Er starb, ohne das Be¬ sammenbrach. Er starb, ohne das Be¬
wußtsein erlangt zu haben. wußtsein erlangt zu haben.
Dr. Schnitzlen war seit längerer Zeit Dr. Schnitzlen war seit längerer Zeit
herzleidend. Vor drei Jahren endete seine herzleidend. Vor drei Jahren endete seine
Tochter in Venedig, wo sie mit einem Tochter in Venedig, wo sie mit einem
italienischen Offizier verheiratet war italienischen Offizier verheiratet war
durch Selbstmord. Von diesem Schlage durch Selbstmord. Von diesem Schlage
konnte sich der Dichter, der auch sonst konnte sich der Dichter, der auch sonst
in seinem Privatleben nicht von Glüch in seinem Privatleben nicht von Glüch
begünstigt war — von seiner Frau lebte begünstigt war — von seiner Frau lebte
er geschieden, eine Dame, die ihm nahe¬ er geschieden, eine Dame, die ihm nahe¬
gestanden war, erlitt einen tödlichen gestanden war, erlitt einen tödlichen
Kraftwagenunfall — nicht mehr recht erho¬ Kraftwagenunfall — nicht mehr recht erho¬
len. Er alterte zusehends und zog sich seit len. Er alterte zusehends und zog sich seit
längerer Zeit vom gesellschaftlichen Leben längerer Zeit vom gesellschaftlichen Leben
vollkommen zurück. Erst in der letzten Zeit vollkommen zurück. Erst in der letzten Zeit
schien er sich wieder ein wenig aufgerafft schien er sich wieder ein wenig aufgerafft
zu haben, und man sah ihn manchmal zu haben, und man sah ihn manchmal
zeigte sich bei ihm auch bei allem spöttischen zeigte sich bei ihm auch bei allem spöttischen
im Theater, das er auch noch gestern im Theater, das er auch noch gestern
pessimistischen Humor, den der Dichter den pessimistischen Humor, den der Dichter den
abend besuchte. abend besuchte.
Dingen des Lebens entgegenbrachte, eine be¬ Dingen des Lebens entgegenbrachte, eine be¬
sondere Vorliebe für schwere Menschenschick¬ sondere Vorliebe für schwere Menschenschick¬
Unter dem frischen Eindruck der erschüt¬ Unter dem frischen Eindruck der erschüt¬
sale, meist auch in der Gegenüberstellung sale, meist auch in der Gegenüberstellung
ternden Todesnachricht das Gesamtwerk Ar¬ ternden Todesnachricht das Gesamtwerk Ar¬
oder Aneinanderreihung der zwei geheimnis¬ oder Aneinanderreihung der zwei geheimnis¬
thur Schnitzlers auch nur flüchtig zu über thur Schnitzlers auch nur flüchtig zu über
vollen Weltmächte Liebe und Tod. vollen Weltmächte Liebe und Tod.
blicken, ist eine fast unlösbare Aufgabe. Im¬ blicken, ist eine fast unlösbare Aufgabe. Im¬
Von Arthur Schnitzlers äußerem Le¬ Von Arthur Schnitzlers äußerem Le¬
mer wieder erscheinen neue Namen und mer wieder erscheinen neue Namen und
bensweg ist nicht viel zu berichten. Er wurde bensweg ist nicht viel zu berichten. Er wurde
fesselnde Gestalten vor dem geistigen Auge fesselnde Gestalten vor dem geistigen Auge
am 15. Mai 1862 in Wien als Sohn eines am 15. Mai 1862 in Wien als Sohn eines
des Betrachters und erweitern das Gesamt¬ des Betrachters und erweitern das Gesamt¬
bild. Dabei ist Schnitzler kein Vielschreiber Arztes geboren und ergriff zunächst ebenfalls bild. Dabei ist Schnitzler kein Vielschreiber Arztes geboren und ergriff zunächst ebenfalls
gewesen und die Zahl seiner Werke ist nicht die ärztliche Laufbahn. 1885 wurde er Dok¬ gewesen und die Zahl seiner Werke ist nicht die ärztliche Laufbahn. 1885 wurde er Dok¬
tor, 1886 bis 1888 war er Sekundararzt im tor, 1886 bis 1888 war er Sekundararzt im
allzu groß, wenn man bedenkt, daß er 38 allzu groß, wenn man bedenkt, daß er 38
Wiener Allgemeinen Krankenhaus, dann Wiener Allgemeinen Krankenhaus, dann
Jahre auf dem Gebiete der Dichtkunst ar¬ Jahre auf dem Gebiete der Dichtkunst ar¬
Assistent an der Wiener Polyklinik und prak¬ Assistent an der Wiener Polyklinik und prak¬
beitete und daß er seit dem Ausgang des beitete und daß er seit dem Ausgang des
tischer Arzt. Nach seinen ersten großen Er¬ tischer Arzt. Nach seinen ersten großen Er¬
rigen Jahrhundert bis zu seinem Tod als rigen Jahrhundert bis zu seinem Tod als
folgen widmete er sich ausschließlich der Lite¬ folgen widmete er sich ausschließlich der Lite¬
einer der repräsentativen Schriftsteller Öster¬ einer der repräsentativen Schriftsteller Öster¬
ratur. Still für sich schaffend, kein Held der ratur. Still für sich schaffend, kein Held der
reichs im Vordergrunde stand. Die stärksten reichs im Vordergrunde stand. Die stärksten
Reklame. Ein feiner, vornehmer Mensch, der Reklame. Ein feiner, vornehmer Mensch, der
Erfolge hat er auf dem Theater erzielt, sein Erfolge hat er auf dem Theater erzielt, sein
Typus des geistvollen vermögenden Wieners, Typus des geistvollen vermögenden Wieners,
Schauspiel „Liebelei“ hat seinen Namen und Schauspiel „Liebelei“ hat seinen Namen und
den Ruhm des Wiener Süßen Mädels über der fernab vom Getriebe und Gezänke des den Ruhm des Wiener Süßen Mädels über der fernab vom Getriebe und Gezänke des
Alltags in seiner eigenen Welt lebt, in sei¬ Alltags in seiner eigenen Welt lebt, in sei¬
die ganze Welt getragen, sowie die Einakter¬ die ganze Welt getragen, sowie die Einakter¬
nem kleinen Kreis, der echte Kultur in sich nem kleinen Kreis, der echte Kultur in sich
folge „Anatol“ den dekadenten Wiener Lebe¬ folge „Anatol“ den dekadenten Wiener Lebe¬
hat, ohne damit zu flunkern und nach außen hat, ohne damit zu flunkern und nach außen
manntyp endaültig verkörperte. Schon diese manntyp endaültig verkörperte. Schon diese
zu prunken . .. zu prunken . ..
beiden ersten Werke legten auch die Eigenari beiden ersten Werke legten auch die Eigenari
Am 26. Oktober 1922 wohnte Arthur Am 26. Oktober 1922 wohnte Arthur
des Dichters endgültig fest, den scharfsinni¬ des Dichters endgültig fest, den scharfsinni¬
Schnitzler einer Aufführung seiner Einakter Schnitzler einer Aufführung seiner Einakter
gen Beobachter seiner Umwelt, den hervor¬ gen Beobachter seiner Umwelt, den hervor¬
„Literatur“, „Letzte Masken“ und „Der „Literatur“, „Letzte Masken“ und „Der
ragenden Stilisten und den Meister des Dia¬ ragenden Stilisten und den Meister des Dia¬
grüne Kakadu“ im Brünner deutschen grüne Kakadu“ im Brünner deutschen
loas. Alle seine späteren theatralischen Ar¬ loas. Alle seine späteren theatralischen Ar¬
Theater bei. Auch am Vorlesetisch konnten Theater bei. Auch am Vorlesetisch konnten
beiten, darunter „Reigen“, „Schleier der beiten, darunter „Reigen“, „Schleier der
Baatrice", „Lebendige Stunden", „Zwischen= ihn seine zahlreichen Brünner Verehrer be¬ Baatrice", „Lebendige Stunden", „Zwischen= ihn seine zahlreichen Brünner Verehrer be¬
grüßen. Unser Theater hat in früheren Jah¬ grüßen. Unser Theater hat in früheren Jah¬
spiel". „Der grüne Kakadu", „Der einsame spiel". „Der grüne Kakadu", „Der einsame
Weg". „Das weite Land", „Prof. Bernhardi", ren sich seiner Werke mit großer Liebe und Weg". „Das weite Land", „Prof. Bernhardi", ren sich seiner Werke mit großer Liebe und
auch mit bedeutendem Erfolg angenommen. auch mit bedeutendem Erfolg angenommen.
„Komödie der Worte", „Der junge Medar¬ „Komödie der Worte", „Der junge Medar¬
ner Hauptwerke an¬ ner Hauptwerke an¬
Aus der Brünner Theatergeschichte der letz¬ Aus der Brünner Theatergeschichte der letz¬