österr. behördl. konzessioniertes österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11 WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
AUSSCHNITT VON AUSSCHNITT VON
2 2. 0KT. 1931 2 2. 0KT. 1931
Berliner Börsen Kurier Berliner Börsen Kurier
Morgen=Ausgabe Morgen=Ausgabe
Arthur Schnitzler Arthur Schnitzler
Wien, 21. Oktober. Wien, 21. Oktober.
Arthur Schnitzler ist heute abend am Arthur Schnitzler ist heute abend am
¼7 Uhr einem Schlaganfall erlegen. Schnitzler ¼7 Uhr einem Schlaganfall erlegen. Schnitzler
machte noch in der Nachmittagsstunde einen machte noch in der Nachmittagsstunde einen
Spaziergang. Als er in seine Wohnung zu¬ Spaziergang. Als er in seine Wohnung zu¬
rückkehrte, stürzte er plötzlich vom Schlag rückkehrte, stürzte er plötzlich vom Schlag
gerührt bewußtlos zusammen. Er Starb, ohne gerührt bewußtlos zusammen. Er Starb, ohne
das Bewußtsein wiedererlangt zu haben. das Bewußtsein wiedererlangt zu haben.
Schnitzler wäre im Maj nächsten Jahres Schnitzler wäre im Maj nächsten Jahres
70 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlaß 70 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlaß
waren in mehreren Wiener Theatern Festauf¬ waren in mehreren Wiener Theatern Festauf¬
führungen seiner Stücke geplant. führungen seiner Stücke geplant.
Die Nachricht von Arthur Schnitzlers Die Nachricht von Arthur Schnitzlers
Ableben weckt rauergefühle um eine Ableben weckt rauergefühle um eine
wertvolle, im Wiener Umkreis dominie- wertvolle, im Wiener Umkreis dominie-
rende Erscheinung. Sein Name setzte rende Erscheinung. Sein Name setzte
sich in einer Epoche durch, die reich an sich in einer Epoche durch, die reich an
neuen Talenten war. Der junge Hof¬ neuen Talenten war. Der junge Hof¬
mannsthal, der junge Beer-Hofmann, mannsthal, der junge Beer-Hofmann,
Peter Altenberg, Felix Doermann, Felix Peter Altenberg, Felix Doermann, Felix
Salten scharten sich alltäglich um den Salten scharten sich alltäglich um den
Käffeehaustisch des damaligen Wiener Käffeehaustisch des damaligen Wiener
Lite:aturpapstes Hermann Bahr, rebel¬ Lite:aturpapstes Hermann Bahr, rebel¬
lierten gegen alte Götter, schlugen lierten gegen alte Götter, schlugen
Brücken zum Pariser Impressionismus, Brücken zum Pariser Impressionismus,
waren Freunde und Konkurrenten, wäh¬ waren Freunde und Konkurrenten, wäh¬
rend der junge Karl Krauß sich mit die¬ rend der junge Karl Krauß sich mit die¬
sem Kreise in seiner Satire „Die demo¬ sem Kreise in seiner Satire „Die demo¬
lierte Literatur“ früh überwarf. Die von lierte Literatur“ früh überwarf. Die von
der eifrig debattierenden Runde emp¬ der eifrig debattierenden Runde emp¬
fangenen Anregungen fanden in der Per- fangenen Anregungen fanden in der Per-
sönlichkeit Arthur Schnitzlers reiche Er¬ sönlichkeit Arthur Schnitzlers reiche Er¬
füllung. Er wurde eine Hauptfigur des füllung. Er wurde eine Hauptfigur des
literarischen Vorkriegswien. Er hatte sich literarischen Vorkriegswien. Er hatte sich
in der Szenenreihe „Anatole“ auf den Be- in der Szenenreihe „Anatole“ auf den Be-
ruf des Dramatikers vorbereitet und in ruf des Dramatikers vorbereitet und in
den Figuren des jugendlichen Bonvivants den Figuren des jugendlichen Bonvivants
Anatole und des ihn begleitenden Räso¬ Anatole und des ihn begleitenden Räso¬
näs Typen der Wiener Jugend auf die näs Typen der Wiener Jugend auf die
Bühne gebracht, die sich von Konvention Bühne gebracht, die sich von Konvention
und gesellschaftlicher Bindung in freiem und gesellschaftlicher Bindung in freiem
Umgang mit der Weiblichkeit ablöst. Er¬ Umgang mit der Weiblichkeit ablöst. Er¬
finderischer Geist und sprühender Witz finderischer Geist und sprühender Witz
gahin diesem neuartigem Schaffen das gahin diesem neuartigem Schaffen das
Relief. Das in dieser lebenslustigen Relief. Das in dieser lebenslustigen
Sphäre wurzelnde tiefere Problem hat Sphäre wurzelnde tiefere Problem hat
Schnitzler in seinem durch volkstümlichen Schnitzler in seinem durch volkstümlichen
Ton erfreuenden Drama „Liebelei“ tra¬ Ton erfreuenden Drama „Liebelei“ tra¬
gisch ausgeseöpft. Der Hauptreiz des gisch ausgeseöpft. Der Hauptreiz des
Werkes bestelt in seiner einheitlich Werkes bestelt in seiner einheitlich
empfundenen Grundmelodie vom süßen empfundenen Grundmelodie vom süßen
Wiener Mädeben, das an seinem Gefühls¬ Wiener Mädeben, das an seinem Gefühls¬
überschuß zugrunde geht. Das Werk überschuß zugrunde geht. Das Werk
machte seinen Dichter weltberühmt und machte seinen Dichter weltberühmt und
ermunterte ihn zu einem produktiven ermunterte ihn zu einem produktiven
Schaffen für das lcater. Schaffen für das lcater.
Die Bühnenproduktion Arthur Schnitz¬ Die Bühnenproduktion Arthur Schnitz¬
lers ist überreich an Motiven, an seelischen lers ist überreich an Motiven, an seelischen
Problemen, an Konflikten, die sich aus Problemen, an Konflikten, die sich aus
den Beziehungen zwischen Mann und den Beziehungen zwischen Mann und
Frau, aus den Begriffen von Ehre und Frau, aus den Begriffen von Ehre und
Treue aus Standesvorurteilen, aus Fana¬ Treue aus Standesvorurteilen, aus Fana¬
tismus und Empfindsamkeit ergeben. tismus und Empfindsamkeit ergeben.
Schuitzler war ein espritvoller Artist Schuitzler war ein espritvoller Artist
des Dialoges und beherrschte die Skala des Dialoges und beherrschte die Skala
zwischen Lebenslust und Melancholie, zwischen Lebenslust und Melancholie,
zwischen Zynismus und Wehmut, zwi- zwischen Zynismus und Wehmut, zwi-
schen Witz und Grübelei. Seine Theater¬ schen Witz und Grübelei. Seine Theater¬
stücke waren willkommenes Rollen¬ stücke waren willkommenes Rollen¬
material für die Schauspieler, und nam¬ material für die Schauspieler, und nam¬
hafte Bühnenkünstler wie Joseph Kainz, hafte Bühnenkünstler wie Joseph Kainz,
Oskar Sauer, Albert Bassermann haben Oskar Sauer, Albert Bassermann haben
dem Dichter in freudiger Bereitschaft dem Dichter in freudiger Bereitschaft
für seine Gestalten große Erfolge er¬ für seine Gestalten große Erfolge er¬
stritten. Aus Schnitzlers reicher Pro¬ stritten. Aus Schnitzlers reicher Pro¬
duktion heben sich eine Reihe von Wer¬ duktion heben sich eine Reihe von Wer¬
ken heraus, die den Vollreiz der Gestal- ken heraus, die den Vollreiz der Gestal-
tung und eine gesättigte Atmosphäre tung und eine gesättigte Atmosphäre
haben. Wir denken an famose Einakter, haben. Wir denken an famose Einakter,
wie der „Grüne Kakadu“ oder „Litera- wie der „Grüne Kakadu“ oder „Litera-
tur“, an das mit der Eheproblematik sinn¬ tur“, an das mit der Eheproblematik sinn¬
voll experimentierende „Zwischenspiel“. voll experimentierende „Zwischenspiel“.
Schnitzler hat in jüngeren und älteren Schnitzler hat in jüngeren und älteren
Jahren die Grenzen seiner Begabung zu Jahren die Grenzen seiner Begabung zu
erweitern, seine Kräfte zu übersteigern erweitern, seine Kräfte zu übersteigern
gesucht. Für diese Expansion in uner¬ gesucht. Für diese Expansion in uner¬
reichbare Gebiete waren Werke wie reichbare Gebiete waren Werke wie
„Schleier der Beatrice“, „Einsamer Weg „Schleier der Beatrice“, „Einsamer Weg
oder sein historische: Großdrama aus der oder sein historische: Großdrama aus der
Napoleonszeit „De junge Medardus Napoleonszeit „De junge Medardus
kennzeichnend. Wo sich der Dichter auf kennzeichnend. Wo sich der Dichter auf
ureigenem Gebiete beschied, war er ein ureigenem Gebiete beschied, war er ein
Meister, dessen Erfolge sich erneuerten. Meister, dessen Erfolge sich erneuerten.
Er hat eine große Anzahl von Mo¬ Er hat eine große Anzahl von Mo¬
tiven in szenischer Form abgewan¬ tiven in szenischer Form abgewan¬
delt. In seinem Schauspiel „Das weite delt. In seinem Schauspiel „Das weite
Land“ hatte er eine Reihe von Erschei¬ Land“ hatte er eine Reihe von Erschei¬
nungen der Wiener gesellschaftlichen nungen der Wiener gesellschaftlichen
Oberschicht mit Laune und sehr viel Ver¬ Oberschicht mit Laune und sehr viel Ver¬
ständnis für sentimentalische Hinter¬ ständnis für sentimentalische Hinter¬
gründe eingefangen. Sein Drama “Pro¬ gründe eingefangen. Sein Drama “Pro¬
fessor Bernhardi“, oft gespielt, trägt fessor Bernhardi“, oft gespielt, trägt
einen sozialen Konflikt temperamentvoll einen sozialen Konflikt temperamentvoll
aus. Schnitzlers erotischer Zirkel „Reigen aus. Schnitzlers erotischer Zirkel „Reigen
war Gegenstand eines großen Prozesses, war Gegenstand eines großen Prozesses,
in welchem sich kuragierte Kunst gegen in welchem sich kuragierte Kunst gegen
reaktionäre Anschauungen zu verteidigen reaktionäre Anschauungen zu verteidigen
hatte. Es gelang damals, die Vorstöße hatte. Es gelang damals, die Vorstöße
gegen geistige Bewegungsfreiheit mit Er¬ gegen geistige Bewegungsfreiheit mit Er¬
folg zurückzuschlagen. folg zurückzuschlagen.
Schnitzler war auch ein fein organi¬ Schnitzler war auch ein fein organi¬
sierter Epiker. Zu Beginn seines Schaf- sierter Epiker. Zu Beginn seines Schaf-
fens steht der Roman „Frau Berta Gar- fens steht der Roman „Frau Berta Gar-
lan . Der Dichter durchleuchtet darin lan . Der Dichter durchleuchtet darin
die Seelenzustände einer von gesellschaft¬ die Seelenzustände einer von gesellschaft¬
lichen Schranken gefesselten, sich inner¬ lichen Schranken gefesselten, sich inner¬
lich befreienden Frau. Die interessante lich befreienden Frau. Die interessante
Novelle „Frau Beate und ihr Sohn“ ist Novelle „Frau Beate und ihr Sohn“ ist
dem Martyrium der Witwenschaft dem Martyrium der Witwenschaft
widmet. In den letzten Jahren mel¬ widmet. In den letzten Jahren mel¬
dete sich der Dichter spärlicher dete sich der Dichter spärlicher
Worte. Persönliche Erlebnisse, wie Worte. Persönliche Erlebnisse, wie
der tragische Tod seiner Tochter, haben der tragische Tod seiner Tochter, haben
die Lebenskräfte des Dichters schwer er¬ die Lebenskräfte des Dichters schwer er¬
schüttert. Er hat allen Anspruch darauf, schüttert. Er hat allen Anspruch darauf,
nach den Schöpfungen seiner Blütezeit be¬ nach den Schöpfungen seiner Blütezeit be¬
urteilt, und in dankbarer Erinnerung an urteilt, und in dankbarer Erinnerung an
sein befruchtendes Schaffen gewürdigt sein befruchtendes Schaffen gewürdigt
zu werden. zu werden.
Nunl Paor Nunl Paor
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Arthur Schnitzler Arthur Schnitzler
Wien, 21. Oktober. Wien, 21. Oktober.
Arthur Schnitzler ist heute abend am Arthur Schnitzler ist heute abend am
¼7 Uhr einem Schlaganfall erlegen. Schnitzler ¼7 Uhr einem Schlaganfall erlegen. Schnitzler
machte noch in der Nachmittagsstunde einen machte noch in der Nachmittagsstunde einen
Spaziergang. Als er in seine Wohnung zu¬ Spaziergang. Als er in seine Wohnung zu¬
rückkehrte, stürzte er plötzlich vom Schlag rückkehrte, stürzte er plötzlich vom Schlag
gerührt bewußtlos zusammen. Er Starb, ohne gerührt bewußtlos zusammen. Er Starb, ohne
das Bewußtsein wiedererlangt zu haben. das Bewußtsein wiedererlangt zu haben.
Schnitzler wäre im Maj nächsten Jahres Schnitzler wäre im Maj nächsten Jahres
70 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlaß 70 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlaß
waren in mehreren Wiener Theatern Festauf¬ waren in mehreren Wiener Theatern Festauf¬
führungen seiner Stücke geplant. führungen seiner Stücke geplant.
Die Nachricht von Arthur Schnitzlers Die Nachricht von Arthur Schnitzlers
Ableben weckt rauergefühle um eine Ableben weckt rauergefühle um eine
wertvolle, im Wiener Umkreis dominie- wertvolle, im Wiener Umkreis dominie-
rende Erscheinung. Sein Name setzte rende Erscheinung. Sein Name setzte
sich in einer Epoche durch, die reich an sich in einer Epoche durch, die reich an
neuen Talenten war. Der junge Hof¬ neuen Talenten war. Der junge Hof¬
mannsthal, der junge Beer-Hofmann, mannsthal, der junge Beer-Hofmann,
Peter Altenberg, Felix Doermann, Felix Peter Altenberg, Felix Doermann, Felix
Salten scharten sich alltäglich um den Salten scharten sich alltäglich um den
Käffeehaustisch des damaligen Wiener Käffeehaustisch des damaligen Wiener
Lite:aturpapstes Hermann Bahr, rebel¬ Lite:aturpapstes Hermann Bahr, rebel¬
lierten gegen alte Götter, schlugen lierten gegen alte Götter, schlugen
Brücken zum Pariser Impressionismus, Brücken zum Pariser Impressionismus,
waren Freunde und Konkurrenten, wäh¬ waren Freunde und Konkurrenten, wäh¬
rend der junge Karl Krauß sich mit die¬ rend der junge Karl Krauß sich mit die¬
sem Kreise in seiner Satire „Die demo¬ sem Kreise in seiner Satire „Die demo¬
lierte Literatur“ früh überwarf. Die von lierte Literatur“ früh überwarf. Die von
der eifrig debattierenden Runde emp¬ der eifrig debattierenden Runde emp¬
fangenen Anregungen fanden in der Per- fangenen Anregungen fanden in der Per-
sönlichkeit Arthur Schnitzlers reiche Er¬ sönlichkeit Arthur Schnitzlers reiche Er¬
füllung. Er wurde eine Hauptfigur des füllung. Er wurde eine Hauptfigur des
literarischen Vorkriegswien. Er hatte sich literarischen Vorkriegswien. Er hatte sich
in der Szenenreihe „Anatole“ auf den Be- in der Szenenreihe „Anatole“ auf den Be-
ruf des Dramatikers vorbereitet und in ruf des Dramatikers vorbereitet und in
den Figuren des jugendlichen Bonvivants den Figuren des jugendlichen Bonvivants
Anatole und des ihn begleitenden Räso¬ Anatole und des ihn begleitenden Räso¬
näs Typen der Wiener Jugend auf die näs Typen der Wiener Jugend auf die
Bühne gebracht, die sich von Konvention Bühne gebracht, die sich von Konvention
und gesellschaftlicher Bindung in freiem und gesellschaftlicher Bindung in freiem
Umgang mit der Weiblichkeit ablöst. Er¬ Umgang mit der Weiblichkeit ablöst. Er¬
finderischer Geist und sprühender Witz finderischer Geist und sprühender Witz
gahin diesem neuartigem Schaffen das gahin diesem neuartigem Schaffen das
Relief. Das in dieser lebenslustigen Relief. Das in dieser lebenslustigen
Sphäre wurzelnde tiefere Problem hat Sphäre wurzelnde tiefere Problem hat
Schnitzler in seinem durch volkstümlichen Schnitzler in seinem durch volkstümlichen
Ton erfreuenden Drama „Liebelei“ tra¬ Ton erfreuenden Drama „Liebelei“ tra¬
gisch ausgeseöpft. Der Hauptreiz des gisch ausgeseöpft. Der Hauptreiz des
Werkes bestelt in seiner einheitlich Werkes bestelt in seiner einheitlich
empfundenen Grundmelodie vom süßen empfundenen Grundmelodie vom süßen
Wiener Mädeben, das an seinem Gefühls¬ Wiener Mädeben, das an seinem Gefühls¬
überschuß zugrunde geht. Das Werk überschuß zugrunde geht. Das Werk
machte seinen Dichter weltberühmt und machte seinen Dichter weltberühmt und
ermunterte ihn zu einem produktiven ermunterte ihn zu einem produktiven
Schaffen für das lcater. Schaffen für das lcater.
Die Bühnenproduktion Arthur Schnitz¬ Die Bühnenproduktion Arthur Schnitz¬
lers ist überreich an Motiven, an seelischen lers ist überreich an Motiven, an seelischen
Problemen, an Konflikten, die sich aus Problemen, an Konflikten, die sich aus
den Beziehungen zwischen Mann und den Beziehungen zwischen Mann und
Frau, aus den Begriffen von Ehre und Frau, aus den Begriffen von Ehre und
Treue aus Standesvorurteilen, aus Fana¬ Treue aus Standesvorurteilen, aus Fana¬
tismus und Empfindsamkeit ergeben. tismus und Empfindsamkeit ergeben.
Schuitzler war ein espritvoller Artist Schuitzler war ein espritvoller Artist
des Dialoges und beherrschte die Skala des Dialoges und beherrschte die Skala
zwischen Lebenslust und Melancholie, zwischen Lebenslust und Melancholie,
zwischen Zynismus und Wehmut, zwi- zwischen Zynismus und Wehmut, zwi-
schen Witz und Grübelei. Seine Theater¬ schen Witz und Grübelei. Seine Theater¬
stücke waren willkommenes Rollen¬ stücke waren willkommenes Rollen¬
material für die Schauspieler, und nam¬ material für die Schauspieler, und nam¬
hafte Bühnenkünstler wie Joseph Kainz, hafte Bühnenkünstler wie Joseph Kainz,
Oskar Sauer, Albert Bassermann haben Oskar Sauer, Albert Bassermann haben
dem Dichter in freudiger Bereitschaft dem Dichter in freudiger Bereitschaft
für seine Gestalten große Erfolge er¬ für seine Gestalten große Erfolge er¬
stritten. Aus Schnitzlers reicher Pro¬ stritten. Aus Schnitzlers reicher Pro¬
duktion heben sich eine Reihe von Wer¬ duktion heben sich eine Reihe von Wer¬
ken heraus, die den Vollreiz der Gestal- ken heraus, die den Vollreiz der Gestal-
tung und eine gesättigte Atmosphäre tung und eine gesättigte Atmosphäre
haben. Wir denken an famose Einakter, haben. Wir denken an famose Einakter,
wie der „Grüne Kakadu“ oder „Litera- wie der „Grüne Kakadu“ oder „Litera-
tur“, an das mit der Eheproblematik sinn¬ tur“, an das mit der Eheproblematik sinn¬
voll experimentierende „Zwischenspiel“. voll experimentierende „Zwischenspiel“.
Schnitzler hat in jüngeren und älteren Schnitzler hat in jüngeren und älteren
Jahren die Grenzen seiner Begabung zu Jahren die Grenzen seiner Begabung zu
erweitern, seine Kräfte zu übersteigern erweitern, seine Kräfte zu übersteigern
gesucht. Für diese Expansion in uner¬ gesucht. Für diese Expansion in uner¬
reichbare Gebiete waren Werke wie reichbare Gebiete waren Werke wie
„Schleier der Beatrice“, „Einsamer Weg „Schleier der Beatrice“, „Einsamer Weg
oder sein historische: Großdrama aus der oder sein historische: Großdrama aus der
Napoleonszeit „De junge Medardus Napoleonszeit „De junge Medardus
kennzeichnend. Wo sich der Dichter auf kennzeichnend. Wo sich der Dichter auf
ureigenem Gebiete beschied, war er ein ureigenem Gebiete beschied, war er ein
Meister, dessen Erfolge sich erneuerten. Meister, dessen Erfolge sich erneuerten.
Er hat eine große Anzahl von Mo¬ Er hat eine große Anzahl von Mo¬
tiven in szenischer Form abgewan¬ tiven in szenischer Form abgewan¬
delt. In seinem Schauspiel „Das weite delt. In seinem Schauspiel „Das weite
Land“ hatte er eine Reihe von Erschei¬ Land“ hatte er eine Reihe von Erschei¬
nungen der Wiener gesellschaftlichen nungen der Wiener gesellschaftlichen
Oberschicht mit Laune und sehr viel Ver¬ Oberschicht mit Laune und sehr viel Ver¬
ständnis für sentimentalische Hinter¬ ständnis für sentimentalische Hinter¬
gründe eingefangen. Sein Drama “Pro¬ gründe eingefangen. Sein Drama “Pro¬
fessor Bernhardi“, oft gespielt, trägt fessor Bernhardi“, oft gespielt, trägt
einen sozialen Konflikt temperamentvoll einen sozialen Konflikt temperamentvoll
aus. Schnitzlers erotischer Zirkel „Reigen aus. Schnitzlers erotischer Zirkel „Reigen
war Gegenstand eines großen Prozesses, war Gegenstand eines großen Prozesses,
in welchem sich kuragierte Kunst gegen in welchem sich kuragierte Kunst gegen
reaktionäre Anschauungen zu verteidigen reaktionäre Anschauungen zu verteidigen
hatte. Es gelang damals, die Vorstöße hatte. Es gelang damals, die Vorstöße
gegen geistige Bewegungsfreiheit mit Er¬ gegen geistige Bewegungsfreiheit mit Er¬
folg zurückzuschlagen. folg zurückzuschlagen.
Schnitzler war auch ein fein organi¬ Schnitzler war auch ein fein organi¬
sierter Epiker. Zu Beginn seines Schaf- sierter Epiker. Zu Beginn seines Schaf-
fens steht der Roman „Frau Berta Gar- fens steht der Roman „Frau Berta Gar-
lan . Der Dichter durchleuchtet darin lan . Der Dichter durchleuchtet darin
die Seelenzustände einer von gesellschaft¬ die Seelenzustände einer von gesellschaft¬
lichen Schranken gefesselten, sich inner¬ lichen Schranken gefesselten, sich inner¬
lich befreienden Frau. Die interessante lich befreienden Frau. Die interessante
Novelle „Frau Beate und ihr Sohn“ ist Novelle „Frau Beate und ihr Sohn“ ist
dem Martyrium der Witwenschaft dem Martyrium der Witwenschaft
widmet. In den letzten Jahren mel¬ widmet. In den letzten Jahren mel¬
dete sich der Dichter spärlicher dete sich der Dichter spärlicher
Worte. Persönliche Erlebnisse, wie Worte. Persönliche Erlebnisse, wie
der tragische Tod seiner Tochter, haben der tragische Tod seiner Tochter, haben
die Lebenskräfte des Dichters schwer er¬ die Lebenskräfte des Dichters schwer er¬
schüttert. Er hat allen Anspruch darauf, schüttert. Er hat allen Anspruch darauf,
nach den Schöpfungen seiner Blütezeit be¬ nach den Schöpfungen seiner Blütezeit be¬
urteilt, und in dankbarer Erinnerung an urteilt, und in dankbarer Erinnerung an
sein befruchtendes Schaffen gewürdigt sein befruchtendes Schaffen gewürdigt
zu werden. zu werden.
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