12. 12.
chnitzler's Death chnitzler's Death
box 42/7 box 42/7
OB OB
I. österr. behördl. ko. I. österr. behördl. ko.
Unternehmen für Zeitungs- Unternehmen für Zeitungs-
WIEN, I., WOLLZEILE II WIEN, I., WOLLZEILE II
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus: Ausschnitt aus:
AUSSCHMTT VOM: AUSSCHMTT VOM:
2 2 OKI. 1931. 2 2 OKI. 1931.
Berliner Morgenpost Berliner Morgenpost
des Nordens. „Anatol" stößt siebenmal mit des Nordens. „Anatol" stößt siebenmal mit
einem Frauenherz zusammen, Christine, die sanfte einem Frauenherz zusammen, Christine, die sanfte
Heldin der „Liebelei", geht zart, hinwelkend wie Heldin der „Liebelei", geht zart, hinwelkend wie
Arthur Schnitzler Arthur Schnitzler
eine Blume im ersten Nachtfrost zugrunde; der eine Blume im ersten Nachtfrost zugrunde; der
arme Dichter Rademacher stirbt inmitten seiner arme Dichter Rademacher stirbt inmitten seiner
Träume, wehmütig erkennend, daß er selber die Träume, wehmütig erkennend, daß er selber die
7gestorben. 7gestorben.
beste Romanfigur ist, die er erschuf; behutsam beste Romanfigur ist, die er erschuf; behutsam
lösen zwei Menschen, der Kapellmeister Amadeus lösen zwei Menschen, der Kapellmeister Amadeus
Wien, 21. Oktober. Arthur Wien, 21. Oktober. Arthur
Schnitzler ist heute nachmittag Schnitzler ist heute nachmittag
in Wien im 70. Lebensjahr einem in Wien im 70. Lebensjahr einem
Schlaganfall erlegen. Schlaganfall erlegen.
Ganz sachlich, als wäre es uns kein Dolch¬ Ganz sachlich, als wäre es uns kein Dolch¬
stich mitten ins Herz, steht es da, mit blauen stich mitten ins Herz, steht es da, mit blauen
kleinen Buchstaben auf das weiße Band des kleinen Buchstaben auf das weiße Band des
Ferndruckers geschrieben — Arthur Schnitzler Ferndruckers geschrieben — Arthur Schnitzler
lebt nicht mehr. Das ist für die Ungezählten, lebt nicht mehr. Das ist für die Ungezählten,
die diesen großen und feinen Dichter liebten, die diesen großen und feinen Dichter liebten,
weil sie seinem Werk Genuß, Nachdenken und weil sie seinem Werk Genuß, Nachdenken und
Schönheit verdankten, mehr als nur ein Todes¬ Schönheit verdankten, mehr als nur ein Todes¬
fall, wert, ein paar Augenblicke nachzusinnen, fall, wert, ein paar Augenblicke nachzusinnen,
das ist, als ob ein lieber Freund verschied, einer, das ist, als ob ein lieber Freund verschied, einer,
an dessen Ende man nimmer dachte. an dessen Ende man nimmer dachte.
Arthur Schnitzler! Hundert Erinnerungen Arthur Schnitzler! Hundert Erinnerungen
steigen auf, Erinnerungen an kostbare Stunden steigen auf, Erinnerungen an kostbare Stunden
im Theater, Erinnerungen an durchlesene im Theater, Erinnerungen an durchlesene
Nächte. Gestalten stehen auf, uns so gut be¬ Nächte. Gestalten stehen auf, uns so gut be¬
kannt wie Verwandte. Männer, die durch dieses kannt wie Verwandte. Männer, die durch dieses
Leben gingen, als Kompaß nur ihr eigenes Herz Leben gingen, als Kompaß nur ihr eigenes Herz
befragend; süße Mädel, gut und leichtsinnig, befragend; süße Mädel, gut und leichtsinnig,
die lachend in ihre Tragödie hineintaumeln; die lachend in ihre Tragödie hineintaumeln;
Menschen aus der Welt des Kaffeehauses, Men¬ Menschen aus der Welt des Kaffeehauses, Men¬
schen aus dem vorüberzitternden Glanz des All¬ schen aus dem vorüberzitternden Glanz des All¬
tags, den jäh ein Blitzstrahl des Schicksals er¬ tags, den jäh ein Blitzstrahl des Schicksals er¬
Arthur Schnitzler. Arthur Schnitzler.
hellt; Aerzte, Schauspieler, Offiziere, Klein¬ hellt; Aerzte, Schauspieler, Offiziere, Klein¬
bürger; du und ich. Das riesige, lebensvolle, bürger; du und ich. Das riesige, lebensvolle,
Adams und seine Frau Cäcilie im „Zwischen¬ Adams und seine Frau Cäcilie im „Zwischen¬
lebensweise Werk Arthur Schnitzlers umschließt lebensweise Werk Arthur Schnitzlers umschließt
spiel" das lose Band ihrer Ehe, ohne ein lautes spiel" das lose Band ihrer Ehe, ohne ein lautes
eine ganze, eine wunderbare Welt. eine ganze, eine wunderbare Welt.
Wort, ohne gegenseitigen Vorwurf; Friedrich Wort, ohne gegenseitigen Vorwurf; Friedrich
Da stehen sie, gehen durch ihr Geschick, alle Da stehen sie, gehen durch ihr Geschick, alle
Hofreiter, der Lebenskünstler, der „das weite Hofreiter, der Lebenskünstler, der „das weite
die Frauen und Männer seiner Schauspiele, die Frauen und Männer seiner Schauspiele,
Land" (die Seele) erforscht, verschmäht es aus Land" (die Seele) erforscht, verschmäht es aus
seiner Romane und Novellen, alle ein bißchen seiner Romane und Novellen, alle ein bißchen
Sauberkeit, der Polizei und seiner sicheren Ver¬ Sauberkeit, der Polizei und seiner sicheren Ver¬
lebensuntüchtig, sensibel, in die Vorurteile ihrer lebensuntüchtig, sensibel, in die Vorurteile ihrer
urteilung zu entfliehen ... urteilung zu entfliehen ...
Umwelt eingeknüpft. Aber heiß in dieses Leben Umwelt eingeknüpft. Aber heiß in dieses Leben
Menschen, Menschen ... Allesamt mit einer Menschen, Menschen ... Allesamt mit einer
verliel, das — selbst wenn es sie zerdrücken verliel, das — selbst wenn es sie zerdrücken
empfindlichen Haut, einer dünnen Schale ihrer empfindlichen Haut, einer dünnen Schale ihrer
wird — weicher zufaßt als bei den Menschen wird — weicher zufaßt als bei den Menschen
reizsamen Seele. Schnitzler hat sie in seinen reizsamen Seele. Schnitzler hat sie in seinen
Dramen geformt, in diesen anscheinend hauch¬ Dramen geformt, in diesen anscheinend hauch¬
leichten, hingeplauschten Szenen, die doch so voll¬ leichten, hingeplauschten Szenen, die doch so voll¬
geladen mit echtem Empfinden und wahrer Da¬ geladen mit echtem Empfinden und wahrer Da¬
seinsnähe sind wie das Leben selbst. Der seinsnähe sind wie das Leben selbst. Der
Schöpfer dieser vielen Gestalten hatte zarte Schöpfer dieser vielen Gestalten hatte zarte
Hände — er war Arzt und heilte täglich Wun¬ Hände — er war Arzt und heilte täglich Wun¬
den und Schrunden — und mit diesen zarten den und Schrunden — und mit diesen zarten
Händen formte er seine Menschen und gab Händen formte er seine Menschen und gab
ihnen den ihm selber eigenen Wiener Frohsinn ihnen den ihm selber eigenen Wiener Frohsinn
mit auf den Lebensweg. Als echter Dichter er¬ mit auf den Lebensweg. Als echter Dichter er¬
höhte er seine Wesen und ihr Schicksal, und noch höhte er seine Wesen und ihr Schicksal, und noch
in den heikelsten Situationen — seine Dialog¬ in den heikelsten Situationen — seine Dialog¬
reihe „Reigen" gilt als Musterbeispiel — zau¬ reihe „Reigen" gilt als Musterbeispiel — zau¬
berte er Anmut und Heiterkeit. berte er Anmut und Heiterkeit.
Sein erster großer Roman ist „Der Weg ins Sein erster großer Roman ist „Der Weg ins
Freie", diese glitzernde und weithin hallende Dich¬ Freie", diese glitzernde und weithin hallende Dich¬
tung um ein ganz einfaches-Geschehnis, um die tung um ein ganz einfaches-Geschehnis, um die
Liebe der kleinen Klavierlehrerin Anna Rosner Liebe der kleinen Klavierlehrerin Anna Rosner
zu dem Baron Georg v. Wargenthin. Eine zu dem Baron Georg v. Wargenthin. Eine
lange Reihe von Romanen und Novellen hat lange Reihe von Romanen und Novellen hat
Schnitzler geschrieben, Köstlichkeiten wie „Frau Schnitzler geschrieben, Köstlichkeiten wie „Frau
Beate und ihr Sohn", „Die Frau des Richters", Beate und ihr Sohn", „Die Frau des Richters",
„Spiel im Morgengrauen", „Fräulein Else"... „Spiel im Morgengrauen", „Fräulein Else"...
Denkt man aber an Schnitzlers Prosaschriften, Denkt man aber an Schnitzlers Prosaschriften,
fällt einem sofort das schmale Bändchen fällt einem sofort das schmale Bändchen
„Leutnant Gustl" ein, dieses großartige, heitere „Leutnant Gustl" ein, dieses großartige, heitere
und niederschmetternde Selbstgespräch des armen, und niederschmetternde Selbstgespräch des armen,
dummen Leutnants, der von einem rohen Kerl dummen Leutnants, der von einem rohen Kerl
eine Backpfeife bekam. eine Backpfeife bekam.
Der diese Dinge, Geschehnisse, Taten ersann Der diese Dinge, Geschehnisse, Taten ersann
und ihre unheldischen Helden ins Leben rief, und ihre unheldischen Helden ins Leben rief,
Arthur Schnitzler, ist gestorben. In Wien, wo Arthur Schnitzler, ist gestorben. In Wien, wo
er geboren wurde (am 15. Mai 1862), wo er er geboren wurde (am 15. Mai 1862), wo er
lebte, dichtete und als Menschenfreund den lebte, dichtete und als Menschenfreund den
Leidenden half. Um ihn trauern alle, die ihm Leidenden half. Um ihn trauern alle, die ihm
für sein Leben und für sein Werk danken. für sein Leben und für sein Werk danken.
E. E. E. E.
Wie uns aus Wien gemeldet wird, starb Wie uns aus Wien gemeldet wird, starb
Arthur Schnitzler gestern nachmittag um ein Arthur Schnitzler gestern nachmittag um ein
viertel sieben ganz unerwartet an einem viertel sieben ganz unerwartet an einem
Schlaganfall. Er war von einem Nachmittags¬ Schlaganfall. Er war von einem Nachmittags¬
spaziergang zurückgekehrt, der Tod ereilte ihn, spaziergang zurückgekehrt, der Tod ereilte ihn,
als er grade seine Johnung betreten hatte. — als er grade seine Johnung betreten hatte. —
Zu dem 70. Geburtstag des Dichters im nächsten Zu dem 70. Geburtstag des Dichters im nächsten
Jahr waren von den Wiener Thealern Fest¬ Jahr waren von den Wiener Thealern Fest¬
aufführungen seiner Stücke geplant, aufführungen seiner Stücke geplant,
chnitzler's Death chnitzler's Death
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OB OB
I. österr. behördl. ko. I. österr. behördl. ko.
Unternehmen für Zeitungs- Unternehmen für Zeitungs-
WIEN, I., WOLLZEILE II WIEN, I., WOLLZEILE II
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus: Ausschnitt aus:
AUSSCHMTT VOM: AUSSCHMTT VOM:
2 2 OKI. 1931. 2 2 OKI. 1931.
Berliner Morgenpost Berliner Morgenpost
des Nordens. „Anatol" stößt siebenmal mit des Nordens. „Anatol" stößt siebenmal mit
einem Frauenherz zusammen, Christine, die sanfte einem Frauenherz zusammen, Christine, die sanfte
Heldin der „Liebelei", geht zart, hinwelkend wie Heldin der „Liebelei", geht zart, hinwelkend wie
Arthur Schnitzler Arthur Schnitzler
eine Blume im ersten Nachtfrost zugrunde; der eine Blume im ersten Nachtfrost zugrunde; der
arme Dichter Rademacher stirbt inmitten seiner arme Dichter Rademacher stirbt inmitten seiner
Träume, wehmütig erkennend, daß er selber die Träume, wehmütig erkennend, daß er selber die
7gestorben. 7gestorben.
beste Romanfigur ist, die er erschuf; behutsam beste Romanfigur ist, die er erschuf; behutsam
lösen zwei Menschen, der Kapellmeister Amadeus lösen zwei Menschen, der Kapellmeister Amadeus
Wien, 21. Oktober. Arthur Wien, 21. Oktober. Arthur
Schnitzler ist heute nachmittag Schnitzler ist heute nachmittag
in Wien im 70. Lebensjahr einem in Wien im 70. Lebensjahr einem
Schlaganfall erlegen. Schlaganfall erlegen.
Ganz sachlich, als wäre es uns kein Dolch¬ Ganz sachlich, als wäre es uns kein Dolch¬
stich mitten ins Herz, steht es da, mit blauen stich mitten ins Herz, steht es da, mit blauen
kleinen Buchstaben auf das weiße Band des kleinen Buchstaben auf das weiße Band des
Ferndruckers geschrieben — Arthur Schnitzler Ferndruckers geschrieben — Arthur Schnitzler
lebt nicht mehr. Das ist für die Ungezählten, lebt nicht mehr. Das ist für die Ungezählten,
die diesen großen und feinen Dichter liebten, die diesen großen und feinen Dichter liebten,
weil sie seinem Werk Genuß, Nachdenken und weil sie seinem Werk Genuß, Nachdenken und
Schönheit verdankten, mehr als nur ein Todes¬ Schönheit verdankten, mehr als nur ein Todes¬
fall, wert, ein paar Augenblicke nachzusinnen, fall, wert, ein paar Augenblicke nachzusinnen,
das ist, als ob ein lieber Freund verschied, einer, das ist, als ob ein lieber Freund verschied, einer,
an dessen Ende man nimmer dachte. an dessen Ende man nimmer dachte.
Arthur Schnitzler! Hundert Erinnerungen Arthur Schnitzler! Hundert Erinnerungen
steigen auf, Erinnerungen an kostbare Stunden steigen auf, Erinnerungen an kostbare Stunden
im Theater, Erinnerungen an durchlesene im Theater, Erinnerungen an durchlesene
Nächte. Gestalten stehen auf, uns so gut be¬ Nächte. Gestalten stehen auf, uns so gut be¬
kannt wie Verwandte. Männer, die durch dieses kannt wie Verwandte. Männer, die durch dieses
Leben gingen, als Kompaß nur ihr eigenes Herz Leben gingen, als Kompaß nur ihr eigenes Herz
befragend; süße Mädel, gut und leichtsinnig, befragend; süße Mädel, gut und leichtsinnig,
die lachend in ihre Tragödie hineintaumeln; die lachend in ihre Tragödie hineintaumeln;
Menschen aus der Welt des Kaffeehauses, Men¬ Menschen aus der Welt des Kaffeehauses, Men¬
schen aus dem vorüberzitternden Glanz des All¬ schen aus dem vorüberzitternden Glanz des All¬
tags, den jäh ein Blitzstrahl des Schicksals er¬ tags, den jäh ein Blitzstrahl des Schicksals er¬
Arthur Schnitzler. Arthur Schnitzler.
hellt; Aerzte, Schauspieler, Offiziere, Klein¬ hellt; Aerzte, Schauspieler, Offiziere, Klein¬
bürger; du und ich. Das riesige, lebensvolle, bürger; du und ich. Das riesige, lebensvolle,
Adams und seine Frau Cäcilie im „Zwischen¬ Adams und seine Frau Cäcilie im „Zwischen¬
lebensweise Werk Arthur Schnitzlers umschließt lebensweise Werk Arthur Schnitzlers umschließt
spiel" das lose Band ihrer Ehe, ohne ein lautes spiel" das lose Band ihrer Ehe, ohne ein lautes
eine ganze, eine wunderbare Welt. eine ganze, eine wunderbare Welt.
Wort, ohne gegenseitigen Vorwurf; Friedrich Wort, ohne gegenseitigen Vorwurf; Friedrich
Da stehen sie, gehen durch ihr Geschick, alle Da stehen sie, gehen durch ihr Geschick, alle
Hofreiter, der Lebenskünstler, der „das weite Hofreiter, der Lebenskünstler, der „das weite
die Frauen und Männer seiner Schauspiele, die Frauen und Männer seiner Schauspiele,
Land" (die Seele) erforscht, verschmäht es aus Land" (die Seele) erforscht, verschmäht es aus
seiner Romane und Novellen, alle ein bißchen seiner Romane und Novellen, alle ein bißchen
Sauberkeit, der Polizei und seiner sicheren Ver¬ Sauberkeit, der Polizei und seiner sicheren Ver¬
lebensuntüchtig, sensibel, in die Vorurteile ihrer lebensuntüchtig, sensibel, in die Vorurteile ihrer
urteilung zu entfliehen ... urteilung zu entfliehen ...
Umwelt eingeknüpft. Aber heiß in dieses Leben Umwelt eingeknüpft. Aber heiß in dieses Leben
Menschen, Menschen ... Allesamt mit einer Menschen, Menschen ... Allesamt mit einer
verliel, das — selbst wenn es sie zerdrücken verliel, das — selbst wenn es sie zerdrücken
empfindlichen Haut, einer dünnen Schale ihrer empfindlichen Haut, einer dünnen Schale ihrer
wird — weicher zufaßt als bei den Menschen wird — weicher zufaßt als bei den Menschen
reizsamen Seele. Schnitzler hat sie in seinen reizsamen Seele. Schnitzler hat sie in seinen
Dramen geformt, in diesen anscheinend hauch¬ Dramen geformt, in diesen anscheinend hauch¬
leichten, hingeplauschten Szenen, die doch so voll¬ leichten, hingeplauschten Szenen, die doch so voll¬
geladen mit echtem Empfinden und wahrer Da¬ geladen mit echtem Empfinden und wahrer Da¬
seinsnähe sind wie das Leben selbst. Der seinsnähe sind wie das Leben selbst. Der
Schöpfer dieser vielen Gestalten hatte zarte Schöpfer dieser vielen Gestalten hatte zarte
Hände — er war Arzt und heilte täglich Wun¬ Hände — er war Arzt und heilte täglich Wun¬
den und Schrunden — und mit diesen zarten den und Schrunden — und mit diesen zarten
Händen formte er seine Menschen und gab Händen formte er seine Menschen und gab
ihnen den ihm selber eigenen Wiener Frohsinn ihnen den ihm selber eigenen Wiener Frohsinn
mit auf den Lebensweg. Als echter Dichter er¬ mit auf den Lebensweg. Als echter Dichter er¬
höhte er seine Wesen und ihr Schicksal, und noch höhte er seine Wesen und ihr Schicksal, und noch
in den heikelsten Situationen — seine Dialog¬ in den heikelsten Situationen — seine Dialog¬
reihe „Reigen" gilt als Musterbeispiel — zau¬ reihe „Reigen" gilt als Musterbeispiel — zau¬
berte er Anmut und Heiterkeit. berte er Anmut und Heiterkeit.
Sein erster großer Roman ist „Der Weg ins Sein erster großer Roman ist „Der Weg ins
Freie", diese glitzernde und weithin hallende Dich¬ Freie", diese glitzernde und weithin hallende Dich¬
tung um ein ganz einfaches-Geschehnis, um die tung um ein ganz einfaches-Geschehnis, um die
Liebe der kleinen Klavierlehrerin Anna Rosner Liebe der kleinen Klavierlehrerin Anna Rosner
zu dem Baron Georg v. Wargenthin. Eine zu dem Baron Georg v. Wargenthin. Eine
lange Reihe von Romanen und Novellen hat lange Reihe von Romanen und Novellen hat
Schnitzler geschrieben, Köstlichkeiten wie „Frau Schnitzler geschrieben, Köstlichkeiten wie „Frau
Beate und ihr Sohn", „Die Frau des Richters", Beate und ihr Sohn", „Die Frau des Richters",
„Spiel im Morgengrauen", „Fräulein Else"... „Spiel im Morgengrauen", „Fräulein Else"...
Denkt man aber an Schnitzlers Prosaschriften, Denkt man aber an Schnitzlers Prosaschriften,
fällt einem sofort das schmale Bändchen fällt einem sofort das schmale Bändchen
„Leutnant Gustl" ein, dieses großartige, heitere „Leutnant Gustl" ein, dieses großartige, heitere
und niederschmetternde Selbstgespräch des armen, und niederschmetternde Selbstgespräch des armen,
dummen Leutnants, der von einem rohen Kerl dummen Leutnants, der von einem rohen Kerl
eine Backpfeife bekam. eine Backpfeife bekam.
Der diese Dinge, Geschehnisse, Taten ersann Der diese Dinge, Geschehnisse, Taten ersann
und ihre unheldischen Helden ins Leben rief, und ihre unheldischen Helden ins Leben rief,
Arthur Schnitzler, ist gestorben. In Wien, wo Arthur Schnitzler, ist gestorben. In Wien, wo
er geboren wurde (am 15. Mai 1862), wo er er geboren wurde (am 15. Mai 1862), wo er
lebte, dichtete und als Menschenfreund den lebte, dichtete und als Menschenfreund den
Leidenden half. Um ihn trauern alle, die ihm Leidenden half. Um ihn trauern alle, die ihm
für sein Leben und für sein Werk danken. für sein Leben und für sein Werk danken.
E. E. E. E.
Wie uns aus Wien gemeldet wird, starb Wie uns aus Wien gemeldet wird, starb
Arthur Schnitzler gestern nachmittag um ein Arthur Schnitzler gestern nachmittag um ein
viertel sieben ganz unerwartet an einem viertel sieben ganz unerwartet an einem
Schlaganfall. Er war von einem Nachmittags¬ Schlaganfall. Er war von einem Nachmittags¬
spaziergang zurückgekehrt, der Tod ereilte ihn, spaziergang zurückgekehrt, der Tod ereilte ihn,
als er grade seine Johnung betreten hatte. — als er grade seine Johnung betreten hatte. —
Zu dem 70. Geburtstag des Dichters im nächsten Zu dem 70. Geburtstag des Dichters im nächsten
Jahr waren von den Wiener Thealern Fest¬ Jahr waren von den Wiener Thealern Fest¬
aufführungen seiner Stücke geplant, aufführungen seiner Stücke geplant,