VII, Verschiedenes 12, Schnitzlers Tod, Seite 203

12. 12.
Dea Dea
Schnitzlers Schnitzlers
th th
OBSERVER OBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11 WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus: Ausschnitt aus:
vom vom
Ausschnitt aus Ausschnitt aus
. .
Saater Saater
.193 .193
Nr...A. vom. Nr...A. vom.
Arihur Schnitzlar + Arihur Schnitzlar +
Er war eigentlich schon lange gestorben mit dem glänzenden, Er war eigentlich schon lange gestorben mit dem glänzenden,
leichtlebigen, über die schwersten Konflikke und die brennendsten leichtlebigen, über die schwersten Konflikke und die brennendsten
Menschheitsfragen mit einem geistvollen Scherzwort, einer melan¬ Menschheitsfragen mit einem geistvollen Scherzwort, einer melan¬
scholischen Geste oder ein pgar schmelzenden Walzerkakten sich scholischen Geste oder ein pgar schmelzenden Walzerkakten sich
hinwegtäuschenden Wien der Jahrhundertwende. Seine Gedanken hinwegtäuschenden Wien der Jahrhundertwende. Seine Gedanken
und sein Werk wurzeln in der Gesellschaft dies s Wien und wur¬ und sein Werk wurzeln in der Gesellschaft dies s Wien und wur¬
den mik dessen Entschwinden heimatlos. Sein uns bekannt ge¬ den mik dessen Entschwinden heimatlos. Sein uns bekannt ge¬
wordenes letztes Bühnenstück „Im Spiel der Sommerlüfte" (1929) wordenes letztes Bühnenstück „Im Spiel der Sommerlüfte" (1929)
ließ in krüber Klubsesselmelancholie und greisenhaft-harknäcklger ließ in krüber Klubsesselmelancholie und greisenhaft-harknäcklger
Anklammerung an die Lebensbejahung jener entschwundenen Welk Anklammerung an die Lebensbejahung jener entschwundenen Welk
die schmerzliche Leere und Wurzellosigkeik eines Schnitzler in die schmerzliche Leere und Wurzellosigkeik eines Schnitzler in
unseren Tagen sozialer und wirtschaftlicher Not durch alle künstlich unseren Tagen sozialer und wirtschaftlicher Not durch alle künstlich
konstrulerten Knallefekte und geschwätziger Schönrednerei er¬ konstrulerten Knallefekte und geschwätziger Schönrednerei er¬
chreckend deutlich werden. chreckend deutlich werden.
Schnitzlers äußerer Lebensgang spielte sich, von weniger Schnitzlers äußerer Lebensgang spielte sich, von weniger
Studienreisen in jungen Jahren abgesehen, fast ausnahmslos ir Studienreisen in jungen Jahren abgesehen, fast ausnahmslos ir
seiner geliebten Helmatstadt an der Donau ab. Als Sohn eine seiner geliebten Helmatstadt an der Donau ab. Als Sohn eine
ang sehenen Universikäksprofessors, der ihm die Wege zur medi ang sehenen Universikäksprofessors, der ihm die Wege zur medi
zinischen-akademischen Laufbahn ebneke, bewegle er sich stet zinischen-akademischen Laufbahn ebneke, bewegle er sich stet
sorgenfrei in einer Almosphäre wohlhabender Bürgerlichkeit. Da sorgenfrei in einer Almosphäre wohlhabender Bürgerlichkeit. Da
Haus des Vakers und seine eigene ärzkliche Praxis brachte ih Haus des Vakers und seine eigene ärzkliche Praxis brachte ih
ausglebig mit den führenden Kreisen der Donaustadt, vor aller ausglebig mit den führenden Kreisen der Donaustadt, vor aller
auch Künstler- und Likerakenkreisen in Verbindung. Nach kleine auch Künstler- und Likerakenkreisen in Verbindung. Nach kleine
literarischen Arb iten in Zeitschriften erzielte er 1892 mit der literarischen Arb iten in Zeitschriften erzielte er 1892 mit der
damals aufsehenerregenden Drama „Anakol“ seinen ersten große damals aufsehenerregenden Drama „Anakol“ seinen ersten große
Erfolg. Und dann erschienen Jahr für Jahr seine 40—50 Bühnen Erfolg. Und dann erschienen Jahr für Jahr seine 40—50 Bühnen
werke, de ihn unter die führenden Dramatiker des Gesellschafts werke, de ihn unter die führenden Dramatiker des Gesellschafts
stückes des letzten Jahrhunderts einreihten. „Liebelei“, „Reigen“ stückes des letzten Jahrhunderts einreihten. „Liebelei“, „Reigen“
„Likeratur“, „Zwischenspiel“ wurden neben anderen auf vieler „Likeratur“, „Zwischenspiel“ wurden neben anderen auf vieler
deusschen Bühnen gegeben. Daneben war Schnitzler nicht minder deusschen Bühnen gegeben. Daneben war Schnitzler nicht minder
stuchtbar als Prosaschriftsteller. Eine Fülle sprachlich fein stuchtbar als Prosaschriftsteller. Eine Fülle sprachlich fein
geschliffener Novellen und Erzählungen und der einzige große geschliffener Novellen und Erzählungen und der einzige große
Roman „Der Weg ins Freie", ein Sitten- und Gesellschafts¬ Roman „Der Weg ins Freie", ein Sitten- und Gesellschafts¬
gemälde des geistigen Wien um die Jahrhundertwende, entsprangen gemälde des geistigen Wien um die Jahrhundertwende, entsprangen
sein rastlosen Feder. Doch lag das Schwergewicht seiner Be¬ sein rastlosen Feder. Doch lag das Schwergewicht seiner Be¬
gabung stels auf dramatischem Gebiet. gabung stels auf dramatischem Gebiet.
Der Wesenszug seiner Kunst ist eine von geistsprühendem Wißz Der Wesenszug seiner Kunst ist eine von geistsprühendem Wißz
und äßtender Satiere beleble überlegen verhalten: Resignation, die und äßtender Satiere beleble überlegen verhalten: Resignation, die
sich bewußl in slofflichen und gedanklichen Gewagchelken und sich bewußl in slofflichen und gedanklichen Gewagchelken und
Pikanterlen gefällt. Nicht eine große Id e, viel weniger Ideale Pikanterlen gefällt. Nicht eine große Id e, viel weniger Ideale
führen ihm die Feder. Seine Menschen sind Zeugen einer satten, führen ihm die Feder. Seine Menschen sind Zeugen einer satten,
dem Genuß und dem Bewußlsein des Genusses raffintert hin¬ dem Genuß und dem Bewußlsein des Genusses raffintert hin¬
ebenen Kulkur. Und wenn wir heute, zurückschauend, sein ebenen Kulkur. Und wenn wir heute, zurückschauend, sein
box 43/1 box 43/1
Lebenswerk abwägen, so bleibt uns neben seiner geistvollen, be¬ Lebenswerk abwägen, so bleibt uns neben seiner geistvollen, be¬
stechenden Plauderkunsk, seiner Gewandheik, ein spannendes, stechenden Plauderkunsk, seiner Gewandheik, ein spannendes,
pikanles Spiel aufzubauen, kaum eiwas mehr. Nur Worte, Worte pikanles Spiel aufzubauen, kaum eiwas mehr. Nur Worte, Worte
keine überwindende Tak! Ein mageres Fazit. keine überwindende Tak! Ein mageres Fazit.
. E . E