VII, Verschiedenes 12, Schnitzlers Tod, Seite 233

Letzte Ehre Letzte Ehre
Heute mittags wurde der Leichnam Heute mittags wurde der Leichnam
Arthur Schnitzlers ins Grab gesenkt. Der Arthur Schnitzlers ins Grab gesenkt. Der
Leichnam. Sonst pflegt man bei einem Leichnam. Sonst pflegt man bei einem
solchen Anlaß die Sprache pathetisch aufzu¬ solchen Anlaß die Sprache pathetisch aufzu¬
blähen. Man sagt, es wäre die irdische blähen. Man sagt, es wäre die irdische
Hülle gewesen, das, was sterblich war an Hülle gewesen, das, was sterblich war an
dem Verblichenen. Man umhängt die dem Verblichenen. Man umhängt die
traurige Begebenheit gewissermaßen auch traurige Begebenheit gewissermaßen auch
sprachlich mit düsteren Draperien, um sprachlich mit düsteren Draperien, um
wirksamer jene anständige Erschütterung zu wirksamer jene anständige Erschütterung zu
erzielen, die als familiäre und gesellschaft¬ erzielen, die als familiäre und gesellschaft¬
liche Pflicht angesehen wird. liche Pflicht angesehen wird.
Arthur Schnitzler hat sich diese Dinge Arthur Schnitzler hat sich diese Dinge
verbeten, energisch und lapidar. Er, der in verbeten, energisch und lapidar. Er, der in
seinem Buch der Sprüche und Bedenken seinem Buch der Sprüche und Bedenken
den großen Satz prägte: „In der Kunst den großen Satz prägte: „In der Kunst
müssen wir uns von dem Vorurteil müssen wir uns von dem Vorurteil
emanzipieren, daß der Tod an sich schon emanzipieren, daß der Tod an sich schon
etwas Trauriges zu bedeuten habe“, wollte etwas Trauriges zu bedeuten habe“, wollte
auch in seinem Tode nicht minder wahr auch in seinem Tode nicht minder wahr
und würdig bleiben als in seinem Leben. und würdig bleiben als in seinem Leben.
Hatte er ohne Pomp und unzeremoniös Hatte er ohne Pomp und unzeremoniös
gelebt, so sorgte er dafür, daß auch seinem gelebt, so sorgte er dafür, daß auch seinem
Sterben der übliche und daher in seinen Sterben der übliche und daher in seinen
klar durchschauenden Augen üble Pomp klar durchschauenden Augen üble Pomp
funebre ferngehalten bleibe, jener Pomp, funebre ferngehalten bleibe, jener Pomp,
der sich in Aeußerlichkeiten erschöpft, gut¬ der sich in Aeußerlichkeiten erschöpft, gut¬
gemeinte Phrasen der Nachrufenden gemeinte Phrasen der Nachrufenden
Grabesrand vorsieht und so ganz nebenbei, Grabesrand vorsieht und so ganz nebenbei,
aber durchaus nicht unwesentlich, dem aber durchaus nicht unwesentlich, dem
Kommerz dienstbar ist. Schnitzler verfügte Kommerz dienstbar ist. Schnitzler verfügte
also, daß keine Kränze gespendet werden also, daß keine Kränze gespendet werden
dürfen, daß die Veröffentlichung einer dürfen, daß die Veröffentlichung einer
Parte zu unterbleiben hat, daß ein Be¬ Parte zu unterbleiben hat, daß ein Be¬
gräbnis letzter Klasse anzuordnen ist, daß gräbnis letzter Klasse anzuordnen ist, daß
keine Grabreden den Verlust, den die keine Grabreden den Verlust, den die
Kulturwelt erlitten hat, zu würdigen Kulturwelt erlitten hat, zu würdigen
brauchen, daß alles rituelle Beiwerk ver¬ brauchen, daß alles rituelle Beiwerk ver¬
mieden werden muß und daß die Familien¬ mieden werden muß und daß die Familien¬
mitglieder nach seinem Tode keine Trauer mitglieder nach seinem Tode keine Trauer
tragen dürfen, absolut keine. tragen dürfen, absolut keine.
So war es des Dichters letzter Wille So war es des Dichters letzter Wille
und so ist es auch ein Vermächtnis. Das und so ist es auch ein Vermächtnis. Das
Vermächtnis eines Empörers, der sich stets Vermächtnis eines Empörers, der sich stets
gegen die gesellschaftliche Lüge auflehnte gegen die gesellschaftliche Lüge auflehnte
und der, vom grauenvollen Gedanken an und der, vom grauenvollen Gedanken an
das Gesellschaftsspiel mit dem Tode ge¬ das Gesellschaftsspiel mit dem Tode ge¬
schüttelt, die letzte Lüge von der letzten schüttelt, die letzte Lüge von der letzten
Ehre durch sein mutiges Beispiel blo߬ Ehre durch sein mutiges Beispiel blo߬
stellt. Er wollte nicht, daß sein schönes, tie¬ stellt. Er wollte nicht, daß sein schönes, tie¬
fes, in der Welt der Gedanken und Träume, fes, in der Welt der Gedanken und Träume,
der Ahnungen und Dämmerungen verwur¬ der Ahnungen und Dämmerungen verwur¬
zeltes Leben durch jene Dinge desavouiert zeltes Leben durch jene Dinge desavouiert
werde, die sich eines Trauerfalles zu be¬ werde, die sich eines Trauerfalles zu be¬
mächtigen pflegen. Er wollte nicht, daß mächtigen pflegen. Er wollte nicht, daß
längst Ueberlebtes und Entlarvtes sich an längst Ueberlebtes und Entlarvtes sich an
seinen Tod heranmacht und ihn ausmünzt, seinen Tod heranmacht und ihn ausmünzt,
daß jener betrübende Rest, der nach dem daß jener betrübende Rest, der nach dem
Verhauchen des Lebens auf Erden zurück¬ Verhauchen des Lebens auf Erden zurück¬
bleibt, mehr Aufwand verursacht als unde¬ bleibt, mehr Aufwand verursacht als unde¬
dingt nötig ist. Was hat der Ritus an seiner dingt nötig ist. Was hat der Ritus an seiner
Bahre zu tun, der ihn im Leben kühl ge¬ Bahre zu tun, der ihn im Leben kühl ge¬
lassen hat? Kann der Wert seiner Persön¬ lassen hat? Kann der Wert seiner Persön¬
lichkeit erhöht werden durch den kostspieli¬ lichkeit erhöht werden durch den kostspieli¬
gen Prunk der Bestattung? Wird die Trauer gen Prunk der Bestattung? Wird die Trauer
um den Vater echter, wenn schwarze Klei¬ um den Vater echter, wenn schwarze Klei¬
dung angelegt wird? Wird der Hingang dung angelegt wird? Wird der Hingang
versöhnlicher, wenn in eleganten Blumen¬ versöhnlicher, wenn in eleganten Blumen¬
läden teure Kränze gewunden werden? Und läden teure Kränze gewunden werden? Und
ist das Grab, in dem ein entseelter Körper ist das Grab, in dem ein entseelter Körper
versinkt, wirklich die geeignete Stätte dafür, versinkt, wirklich die geeignete Stätte dafür,
um den Mann und sein Werk zu würdigen, um den Mann und sein Werk zu würdigen,
kommt der Stunde des Begräbnisses wirk¬ kommt der Stunde des Begräbnisses wirk¬
lich die aktuellste Berechtigung zu, um zu lich die aktuellste Berechtigung zu, um zu
klagen und zu preisen? klagen und zu preisen?
Wer möchte dem toten Dichter wider¬ Wer möchte dem toten Dichter wider¬

Peutschlandreise in Leipziy erreichte, uer Peutschlandreise in Leipziy erreichte, uer
sondere Schätzung für den Novellisten sondere Schätzung für den Novellisten
den Tod Arthur Schnitzlers: den Tod Arthur Schnitzlers:
Arthur Schnitzler und ich glaube, daß auf Arthur Schnitzler und ich glaube, daß auf
„Ich habe Arthur Schnitzlers Tod so „Ich habe Arthur Schnitzlers Tod so
diesem Gebiet der erzählenden Kleinkunst diesem Gebiet der erzählenden Kleinkunst
eben unterwegs, auf der Reise nach eben unterwegs, auf der Reise nach
die dauernden künstlerischen Werte, die er die dauernden künstlerischen Werte, die er
Deutschland, erfahren und er hat mich tief Deutschland, erfahren und er hat mich tief
gegeben hat, liegen. Den vornehmen, edel¬ gegeben hat, liegen. Den vornehmen, edel¬
erschüttert. Wir österreichischen Schrift¬ erschüttert. Wir österreichischen Schrift¬
denkenden Menschen Arthur Schuitzler, mit denkenden Menschen Arthur Schuitzler, mit
steller hatten alle einen starken Eindruck steller hatten alle einen starken Eindruck
dem ich manche persönliche Begegnung dem ich manche persönliche Begegnung
von seinem Werk in den Jahren unserer von seinem Werk in den Jahren unserer
hatte, bewahre ich eine herzliche Erinne hatte, bewahre ich eine herzliche Erinne
Anfänge, als das, was man das junge Anfänge, als das, was man das junge
rung. rung.
Wien nannte, in voller Blüte stand, das Wien nannte, in voller Blüte stand, das
In memoriam Arthur In memoriam Arthur
Franz Theodor Csokor: Franz Theodor Csokor:
Schnitzler! Schnitzler!
ein Leben"-Dasein ist, seit Grillparzers ein Leben"-Dasein ist, seit Grillparzers
Sein treuester Helfer am Werk, dessen Sein treuester Helfer am Werk, dessen
Spielmannsnovelle, keiner unserer Dichter Spielmannsnovelle, keiner unserer Dichter
Schatten über alle seine Dichtungen fiel, Schatten über alle seine Dichtungen fiel,
tiefer verstrickt gewesen. tiefer verstrickt gewesen.
trat ihn nun an. Er hat es gnädig ge¬ trat ihn nun an. Er hat es gnädig ge¬
das war unser das war unser
Arthur Schnitzler — Arthur Schnitzler —
macht, ohne Qual. macht, ohne Qual.
Uns aber — in Wien, dieser neben der melancholisches Cottage, über dem es Uns aber — in Wien, dieser neben der melancholisches Cottage, über dem es
immer herbstelt. Die dunkelnden Heiden¬ immer herbstelt. Die dunkelnden Heiden¬
Welt wie neben der Donau liegenden Welt wie neben der Donau liegenden
wege um den summenden Kessel von Wien wege um den summenden Kessel von Wien
Stadt — uns rührt dieses Ende schnerz¬ Stadt — uns rührt dieses Ende schnerz¬
waren er, die schwelgerische Traurigkeit waren er, die schwelgerische Traurigkeit
hafter, als Sicht und Wertung der Ferne hafter, als Sicht und Wertung der Ferne
einer Heurigennacht, der fröstelnde Morgen einer Heurigennacht, der fröstelnde Morgen
vielleicht begreift. Denn in ihr „Traum vielleicht begreift. Denn in ihr „Traum
nnr gaer nnr gaer
nie in ihr. nie in ihr.
Seine letzte Seine letzte
in die Finsternis in die Finsternis
Trauersitzung Trauersitzung
für Ar für Ar
Der Vorstand Der Vorstand
unter Vorsitz des unter Vorsitz des
Fontana zu ei Fontana zu ei
des Ablebens Arth des Ablebens Arth
O. M. Font O. M. Font
persönlichkeit, Erha persönlichkeit, Erha
den Dramatiker O den Dramatiker O
väterlichen Berate väterlichen Berate
Oe., dem Schnitzle Oe., dem Schnitzle
gehörte. gehörte.
Der Vorstant Der Vorstant
ters eine groß ters eine groß
Weiters wurde ir Weiters wurde ir
beschlossen, dem U beschlossen, dem U
S. Oe. eine größ S. Oe. eine größ
bei bei
Grof Grof
mittags mittags
deutende deutende
einer einer
lung lung
Kesse Kesse
wende wende
viel viel

den soh den soh
alpen alpen
die Be die Be
Grad Grad
Jul. Jul.
Dan Dan
weiser weiser
und 1 und 1
Daub Daub
Publi Publi
ert. ert.
mäßi mäßi
paste paste
zeugt. zeugt.
E W. E W.
Jellin¬ Jellin¬
nomic nomic
7. Bez., 7. Bez.,