VII, Verschiedenes 12, Schnitzlers Tod, Seite 244

Die Heimat seines Geistes und seines Herzens war das alte öffentliches Auftreten nicht, war fast immer etwas weltscheu und Die Heimat seines Geistes und seines Herzens war das alte öffentliches Auftreten nicht, war fast immer etwas weltscheu und
Oesterreich, wie Werfel es in seinem Nachruf umschrieben hat, das Oesterreich, wie Werfel es in seinem Nachruf umschrieben hat, das
ser ser
hatte auch keine geschwätzige Sekretärin, die die Intimitäten seines hatte auch keine geschwätzige Sekretärin, die die Intimitäten seines
Feld, das er bestellte, war das weite Land der Seele. In jenen Feld, das er bestellte, war das weite Land der Seele. In jenen
Lebens ausplauderte. Bescheiden, gütig, skeptisch und gescheit, Lebens ausplauderte. Bescheiden, gütig, skeptisch und gescheit,
der Künstler, ein reinen der Künstler, ein reinen
Oesterreich wurzeln alle seine Menschen und die tragische Inner=anmutvoll und ironisch Oesterreich wurzeln alle seine Menschen und die tragische Inner=anmutvoll und ironisch
österreichisch war er auch im Wesen. österreichisch war er auch im Wesen.
her Verantwortung in her Verantwortung in
gesetzlichkeit österreichischen todgezeichneten Lebens ist die tiefste gesetzlichkeit österreichischen todgezeichneten Lebens ist die tiefste
Zu seinem 60. Geburtstag hat sein Freund Hugo von Hoff¬ Zu seinem 60. Geburtstag hat sein Freund Hugo von Hoff¬
leich aber verschwindet Wurzel von Schnitzlers dichterischem Pessimismus. Drei Motive leich aber verschwindet Wurzel von Schnitzlers dichterischem Pessimismus. Drei Motive
mannstal, nun auch schon dahin gegangen, ihm die nachfolgenden mannstal, nun auch schon dahin gegangen, ihm die nachfolgenden
jeben Antlitz der letzte kehren in seinem Werk immer wieder: Der Tod und die Liebe jeben Antlitz der letzte kehren in seinem Werk immer wieder: Der Tod und die Liebe
Zeilen gewidmet, die Form und Gehalt seiner Dichtung wunder¬ Zeilen gewidmet, die Form und Gehalt seiner Dichtung wunder¬
limat, der Abglanz des limat, der Abglanz des
voll umreißen: voll umreißen:
acht. Ein Reich der acht. Ein Reich der
„Schnitzlers Theaterstücke sind vollkommene Theaterstücke, ge¬ „Schnitzlers Theaterstücke sind vollkommene Theaterstücke, ge¬
des Genusses und der des Genusses und der
baut, um zu fesseln, zu beschäftigen, zu unterhalten, in geistreicher baut, um zu fesseln, zu beschäftigen, zu unterhalten, in geistreicher
erung und des Wissens erung und des Wissens
Weise zu überraschen; sie tun dem Augenblick genug und vermögen Weise zu überraschen; sie tun dem Augenblick genug und vermögen
h herznahe Welt voll h herznahe Welt voll
noch nachträglich das Gemüt und, die Gedanken zu beschäftigen; noch nachträglich das Gemüt und, die Gedanken zu beschäftigen;
Gesichten, hold und Gesichten, hold und
ihre Handlung und ihr Dialog beschwingen einander wechselweise, ihre Handlung und ihr Dialog beschwingen einander wechselweise,
Meister. Ein großes Meister. Ein großes
die Charaktere sind vorzüglich erfunden, leben ihr eigenes Leben die Charaktere sind vorzüglich erfunden, leben ihr eigenes Leben
mit Arthur Schnitzlei mit Arthur Schnitzlei
und dienen doch nur dem Ganzen. Wenn man diese Stücke au und dienen doch nur dem Ganzen. Wenn man diese Stücke au
erblichen Werke weiter erblichen Werke weiter
der Bühne sieht, hat man das Gefühl: derjenige, der sie gemacht der Bühne sieht, hat man das Gefühl: derjenige, der sie gemacht
Franz Werfel Franz Werfel
n Tod gestorben, die n Tod gestorben, die
hat, ist auf den Brettern zu Hause und hat keinen anderen Ehr¬ hat, ist auf den Brettern zu Hause und hat keinen anderen Ehr¬
geiz, als durch das Theater zu wirken. geiz, als durch das Theater zu wirken.
von ihm gewußt, wie von ihm gewußt, wie
ne am gegenwärtigen ne am gegenwärtigen
Schnitzlers Erzählungen sind lebendig, spannend: sie haben Schnitzlers Erzählungen sind lebendig, spannend: sie haben
die Theater haben ihr die Theater haben ihr
immer das nötige Detail, aber nie zuviel davon, sie haben Psycho¬ immer das nötige Detail, aber nie zuviel davon, sie haben Psycho¬
seiner letzten Jahr seiner letzten Jahr
logie, aber die Psychologie dient nur dazu, den Gang des Ganzen logie, aber die Psychologie dient nur dazu, den Gang des Ganzen
soch immer andächtige soch immer andächtige
in einem reizenden Rhythmus bald zu verlangsamen, bald zu be¬ in einem reizenden Rhythmus bald zu verlangsamen, bald zu be¬
n Else“ war vor ein n Else“ war vor ein
schleunigen, sie stecken voll Beobachtung, aber auch die Beobachtung schleunigen, sie stecken voll Beobachtung, aber auch die Beobachtung
ucherfolg. Zu seinem ucherfolg. Zu seinem
ist dem eigentlichen Reiz der Erzählung untergeordnet. Man hat ist dem eigentlichen Reiz der Erzählung untergeordnet. Man hat
gefeiert hätte, hätten, gefeiert hätte, hätten,
das Gefühl, daß sie von einem Mann herrühren, dessen primäres das Gefühl, daß sie von einem Mann herrühren, dessen primäres
nen sich seiner wieder nen sich seiner wieder
Talent das Talent des Erzählers kurzer oder eigentlich mittel¬ Talent das Talent des Erzählers kurzer oder eigentlich mittel¬
utlicher geworden, daß utlicher geworden, daß
langer Erzählungen ist. In beiden Formen: Drama und Er¬ langer Erzählungen ist. In beiden Formen: Drama und Er¬
daß, was an seinem daß, was an seinem
zählung, ist er durchaus ein Künstler, und war es vom ersten Tage zählung, ist er durchaus ein Künstler, und war es vom ersten Tage
teren geruhiger leben¬ teren geruhiger leben¬
an. Es ist ein erstaunlicher Gedanke, daß die kleinen Szenen aus an. Es ist ein erstaunlicher Gedanke, daß die kleinen Szenen aus
frd. Denn dieses sein frd. Denn dieses sein
dem Leben einer erfundenen Figur „Anatol", die heute aller Welt dem Leben einer erfundenen Figur „Anatol", die heute aller Welt
Voller österreichischer Voller österreichischer
in Europa und über Europa hinaus geläufig ist, und eine kurze, in in Europa und über Europa hinaus geläufig ist, und eine kurze, in
zwischen leisem Spott zwischen leisem Spott
ihrer Art vollkommen reife und meisterhafte Erzählung „Reich¬ ihrer Art vollkommen reife und meisterhafte Erzählung „Reich¬
das Todesahnen im Augenblick des höchsten Lebensgefühls, — die das Todesahnen im Augenblick des höchsten Lebensgefühls, — die
n und ziseliert in der n und ziseliert in der
tum“ das erste waren, womit er vor so vielen Jahren hervortrat. tum“ das erste waren, womit er vor so vielen Jahren hervortrat.
schmerzvolle Einsicht in die tiefe Unsicherheit der menschlichen Be¬ schmerzvolle Einsicht in die tiefe Unsicherheit der menschlichen Be¬
Ihm sind alle Instrumente zu Dienst, die das Handwerk Ihm sind alle Instrumente zu Dienst, die das Handwerk
ziehungen, in die Unmöglichkeit, die Ferne zwischen Mensch und ziehungen, in die Unmöglichkeit, die Ferne zwischen Mensch und
chtvoller Erzähler, chtvoller Erzähler,
einem erfahrenen und sehr nachdenklichen Künstler in die Hand einem erfahrenen und sehr nachdenklichen Künstler in die Hand
Mensch zu überbrücken, — und schließlich der Glaube an geheim Mensch zu überbrücken, — und schließlich der Glaube an geheim
Frisch schlicht, klug und Frisch schlicht, klug und
gibt, um selbst den scheinbar unergiebigen Stoff ganz zu bezwin¬ gibt, um selbst den scheinbar unergiebigen Stoff ganz zu bezwin¬
nisvolle Verknüpfung menschlicher Schicksale. nisvolle Verknüpfung menschlicher Schicksale.
rgreifend, mehr gütig rgreifend, mehr gütig
gen und der Materie ihren inneren Reichtum zu entlocken. Keines gen und der Materie ihren inneren Reichtum zu entlocken. Keines
Schnitzler war Dichter und Arzt: Seine militärärztliche Charge Schnitzler war Dichter und Arzt: Seine militärärztliche Charge
nd immer ein wenig nd immer ein wenig
hat er wegen der Novelle Leutnant Gustel verloren, aber seine davon gebraucht er mit größerer und reizvollerer Virtuosität als hat er wegen der Novelle Leutnant Gustel verloren, aber seine davon gebraucht er mit größerer und reizvollerer Virtuosität als
n Technik von Ibsen ärztliche Praxis hat er eigentlich nie aufgegeben, und in seine n Technik von Ibsen ärztliche Praxis hat er eigentlich nie aufgegeben, und in seine
die Ironie. Je kühner er diese anwendet, je mehr er seinen Stoff die Ironie. Je kühner er diese anwendet, je mehr er seinen Stoff
an die Grenze des an die Grenze des
und seine Motive mit ihr in die Enge treibt, desto weiter erscheint und seine Motive mit ihr in die Enge treibt, desto weiter erscheint
Art, Seelenzustände zu schildern und zu ergründen ist immer etwas Art, Seelenzustände zu schildern und zu ergründen ist immer etwas
der großen Romanen der großen Romanen
sezierererisches gewesen. Der Psychoanalyse aber hat er, genialer paradoxerweise sein geistiger Horizont. So würde ich sagen, daß sezierererisches gewesen. Der Psychoanalyse aber hat er, genialer paradoxerweise sein geistiger Horizont. So würde ich sagen, daß
wahrhaft ein Schöpfer wahrhaft ein Schöpfer
Seelendiagnostiker, der er war, klassische Beispiele vorweg genom= neben der „Liebelei", die eine Arbeit von ganz einziger Art ist, Seelendiagnostiker, der er war, klassische Beispiele vorweg genom= neben der „Liebelei", die eine Arbeit von ganz einziger Art ist,
Beschwingtheit seiner Beschwingtheit seiner
men men
einige seiner kleinen Kunstwerke — Erzählungen oder Dramen — einige seiner kleinen Kunstwerke — Erzählungen oder Dramen —
lt und Elastizität des lt und Elastizität des
Seire Menschlichkeit ist denen, die ihn nicht persönlich kann Seire Menschlichkeit ist denen, die ihn nicht persönlich kann
durch den Fauber der Ironie als die größten erscheinen. Ihnen durch den Fauber der Ironie als die größten erscheinen. Ihnen
ituationen. ituationen.
ten, ziemlich fremd geblieben. Er liebte die Oeffentlichkeit und ten, ziemlich fremd geblieben. Er liebte die Oeffentlichkeit und
allen wohn nicht nur die Andeutung inne, daß der Schöpfer dieser allen wohn nicht nur die Andeutung inne, daß der Schöpfer dieser
kleinen Welten mehr von der Welt weiß, als er zu sagen vorhat kleinen Welten mehr von der Welt weiß, als er zu sagen vorhat
dies ist ein gewöhnlicher Reflex aller Ironie —, sondern auch dieses dies ist ein gewöhnlicher Reflex aller Ironie —, sondern auch dieses
Besondere: man ahnt, er hätte noch mehr und vielleicht noch Besondere: man ahnt, er hätte noch mehr und vielleicht noch
Stärkeres zu geben, als ihm bisher zu geben gefallen hat oder ge¬ Stärkeres zu geben, als ihm bisher zu geben gefallen hat oder ge¬
stattet war. Unter diesen Umständen kann man nicht vom Alter stattet war. Unter diesen Umständen kann man nicht vom Alter
eines solchen Menschen sprechen, denn es ist durchaus möglich, daß eines solchen Menschen sprechen, denn es ist durchaus möglich, daß
ein solcher von einem Teil seiner Kräfte noch niemals sichtbaren ein solcher von einem Teil seiner Kräfte noch niemals sichtbaren
Gebrauch gemacht und auch einen Teil seiner Jugend irgendwo Gebrauch gemacht und auch einen Teil seiner Jugend irgendwo
zurückbehalten oder verborgen hat. zurückbehalten oder verborgen hat.
Diese letzte Hoffnung ist freilich nicht in Erfüllung gegangen: Diese letzte Hoffnung ist freilich nicht in Erfüllung gegangen:
nach dem tragischen Freitod seiner jungen Tochter vor ein paar nach dem tragischen Freitod seiner jungen Tochter vor ein paar
Jahren war seine Lebenskraft gebrochen und sein letzter Jahren war seine Lebenskraft gebrochen und sein letzter
großer Roman „Therese, Chronik eines Frauenlebens", war schon großer Roman „Therese, Chronik eines Frauenlebens", war schon
ein müdes, und in aller Formvollendung, mattes Werk. ein müdes, und in aller Formvollendung, mattes Werk.
Seine Stellung in der Dichtung und in der Zeit hat er selbst Seine Stellung in der Dichtung und in der Zeit hat er selbst
gezeichnet mit den Versen in dem Einakter „Paracelsus" gezeichnet mit den Versen in dem Einakter „Paracelsus"
„Es fließen ineinander Traum und Wacher „Es fließen ineinander Traum und Wacher
Wahrheit und Lüge. Sicherheit ist nirgends. Wahrheit und Lüge. Sicherheit ist nirgends.
Wir wissen nichts vom andern, nichts von uns, Wir wissen nichts vom andern, nichts von uns,
Wir spielen immer; wer es weiß, ist klug. Wir spielen immer; wer es weiß, ist klug.
Schnitzlers Begräbnis Schnitzlers Begräbnis
Das „B. T." berichtet aus Wien: Still, aber ungemein ein¬ Das „B. T." berichtet aus Wien: Still, aber ungemein ein¬
drucksvoll, vollzog sich heute das Begräbnis Arthur Schnitzlers. drucksvoll, vollzog sich heute das Begräbnis Arthur Schnitzlers.
In der Villa des Dichter waren nebst der Familie die Freunde In der Villa des Dichter waren nebst der Familie die Freunde
des Hauses versammelt. Die Leiche war im Schlafzimmer aufge¬ des Hauses versammelt. Die Leiche war im Schlafzimmer aufge¬
bahrt. Am Fuße des einfachen Holzsarges lagen Blumen, darunter bahrt. Am Fuße des einfachen Holzsarges lagen Blumen, darunter
ein Kranz des Burgtheaters. Der Leichenzug fuhr am Burgtheaten ein Kranz des Burgtheaters. Der Leichenzug fuhr am Burgtheaten
vorbei zum Friedhof. Dort hatten sich zahlreiche Schriftsteller, vorbei zum Friedhof. Dort hatten sich zahlreiche Schriftsteller,
Vertreter des Unterrichtsministeriums und des erkrankten Bürger Vertreter des Unterrichtsministeriums und des erkrankten Bürger
meisters, ferner viele „Mitglieder des Burgtheaters, des Deutschen meisters, ferner viele „Mitglieder des Burgtheaters, des Deutschen
Volkstheaters und anderer Bühnen eingefunden. In der Zere Volkstheaters und anderer Bühnen eingefunden. In der Zere
monienhalle sprach ein Kantor ein Gebet, worauf der Sarg zu monienhalle sprach ein Kantor ein Gebet, worauf der Sarg zu
Grabe getragen wurde. Dem Wunsche des Verblichenen entspre¬ Grabe getragen wurde. Dem Wunsche des Verblichenen entspre¬
chend wurden keine Reden gehalten. chend wurden keine Reden gehalten.
Nachlaß und letzte Verfügung. Nachlaß und letzte Verfügung.
Wie der Sohn des verstorbenen Wiener Dramatikers Arthur Wie der Sohn des verstorbenen Wiener Dramatikers Arthur
Schnitzler mitteilt, hat er im Nachlaß seines Vaters folgende Ver¬ Schnitzler mitteilt, hat er im Nachlaß seines Vaters folgende Ver¬
fügungen vorgefunden: „Bestimmungen, die ich gleich nach meinem fügungen vorgefunden: „Bestimmungen, die ich gleich nach meinem
Ableben zu erfüllen bitte: Herzstich. Keine Kränze. Keine Parte Ableben zu erfüllen bitte: Herzstich. Keine Kränze. Keine Parte
(schwarzumrahmte Trauerkundgebung), auch in der Zeitung nicht. (schwarzumrahmte Trauerkundgebung), auch in der Zeitung nicht.
Begräbnis letzter Klasse. Das durch Befolgung dieser Verfügungen Begräbnis letzter Klasse. Das durch Befolgung dieser Verfügungen
erübrigte Geld ist Spitalzwecken zuzuwenden. Keine Reden. Ver¬ erübrigte Geld ist Spitalzwecken zuzuwenden. Keine Reden. Ver¬
meidung allen ritu llen Beiwerks. Keine Trauer tragen nach mei¬ meidung allen ritu llen Beiwerks. Keine Trauer tragen nach mei¬
nem Tode — absolut keine" nem Tode — absolut keine"
Flucht in dic Flucht in dic