VII, Verschiedenes 12, Schnitzlers Tod, Seite 259

OBSI OBSI
RVER RVER
I. österr. behördl. konzessionlertes I. österr. behördl. konzessionlertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11 WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus: Ausschnitt aus:
Dusseldorfer Nlachrichten Dusseldorfer Nlachrichten
Auflage 100000 Exemplare Auflage 100000 Exemplare
24 OKT. 799 24 OKT. 799
ugabe vom ugabe vom
Ausadn au de Ausadn au de
heimnis des Lebens. Mag vieles an seinen denne heimnis des Lebens. Mag vieles an seinen denne
uskar maurus Fontana: uskar maurus Fontana:
wahr wahr
Dramen und Romanen formal vergänglich sein Dramen und Romanen formal vergänglich sein
fach fach
und die Zeichen eines abgeblaßten Impressionis¬ und die Zeichen eines abgeblaßten Impressionis¬
Lüge Lüge
mus tragen — eine Stimme wie die seine, die mus tragen — eine Stimme wie die seine, die
gleid gleid
von der Gnade des Lebens kündet, kann nicht von der Gnade des Lebens kündet, kann nicht
Son Canaletto zu Arthur Schnitzler Son Canaletto zu Arthur Schnitzler
hera hera
verschallen, denn sie dient nicht der Vergangen¬ verschallen, denn sie dient nicht der Vergangen¬
Herr Herr
heit, sondern dem Künftigen. heit, sondern dem Künftigen.
hatte hatte
Ein Uekrolog Ein Uekrolog
Um seiner stillen, nachdenklichen und - wie Um seiner stillen, nachdenklichen und - wie
aleid aleid
- „verrucht" weltmännischen - „verrucht" weltmännischen
man damals sand man damals sand
Abschiednehmen — das war der Inhalt seiner-stehend, von dem „einsamen Weg" der altgewor¬ Abschiednehmen — das war der Inhalt seiner-stehend, von dem „einsamen Weg" der altgewor¬
schne schne
Art hat man ihn, besonders um die Jahrhun¬ Art hat man ihn, besonders um die Jahrhun¬
letzten Werke, immer wieder. Es war eine innere denen enttäuschten Puppenspieler mit dem Da¬ letzten Werke, immer wieder. Es war eine innere denen enttäuschten Puppenspieler mit dem Da¬
bede bede
dertwende, lieb gehabt, auch dann, wenn er als dertwende, lieb gehabt, auch dann, wenn er als
sein, von dem „Ruf des Lebens", der alles Sin¬ sein, von dem „Ruf des Lebens", der alles Sin¬
loser loser
Unruhe in ihnen, noch einmal den Kreis des Unruhe in ihnen, noch einmal den Kreis des
ein Tragiker, ein Pathetiker großen Stils vor ein Tragiker, ein Pathetiker großen Stils vor
nende und Selige überbraust mit seiner grau¬ nende und Selige überbraust mit seiner grau¬
sam sam
geliebten Lebens zu durchschreiten, noch einmal geliebten Lebens zu durchschreiten, noch einmal
uns hintrat. Er blieb Jahr um Jahr, der er uns hintrat. Er blieb Jahr um Jahr, der er
samen Gier, das fliehende Leben in jeder Minute samen Gier, das fliehende Leben in jeder Minute
war, als der er begonnen hatte: verliebt in die sern war, als der er begonnen hatte: verliebt in die sern
die Gestalten der Phantasie zu grüßen. Si= alle, die Gestalten der Phantasie zu grüßen. Si= alle,
ganz zu besitzen, mit seiner fiebernden Angst, zu ganz zu besitzen, mit seiner fiebernden Angst, zu
Wiener Kleinbürgerlichkeit, in die Liebelei erster Wiener Kleinbürgerlichkeit, in die Liebelei erster
seine Menschen und ihre Schicksale, ließ Schnibler seine Menschen und ihre Schicksale, ließ Schnibler
kurz oder zu spät zu kommen. kurz oder zu spät zu kommen.
Jugend, mit Maß sozialkritisch, elegisch müde Jugend, mit Maß sozialkritisch, elegisch müde
an sich vorbeiziehen. Er saß auf einer Bank, an sich vorbeiziehen. Er saß auf einer Bank,
Zwischen Sehnsucht und Traum standen seine Zwischen Sehnsucht und Traum standen seine
und ergebungsvoll lebensfreudig. Es war etwas und ergebungsvoll lebensfreudig. Es war etwas
Laub mochte auf ihn gefallen sein und ein wenig Laub mochte auf ihn gefallen sein und ein wenig
Menschen in einer „ringsum aufgetanen Welt Menschen in einer „ringsum aufgetanen Welt
an ihm, was man am besten hoffnungsvolle Hoff¬ an ihm, was man am besten hoffnungsvolle Hoff¬
Sonne ihn wärmen. Der Reigen seines Lebens Sonne ihn wärmen. Der Reigen seines Lebens
der Rätsel und Versuchungen". Vorüber auc der Rätsel und Versuchungen". Vorüber auc
nungslosigkeit hätte nennen können, weil dieses nungslosigkeit hätte nennen können, weil dieses
und seines Werkes tanzte an ihm vorbei ins und seines Werkes tanzte an ihm vorbei ins
sie!. Vorüber diese nazissushafte, sich bespiegelnd sie!. Vorüber diese nazissushafte, sich bespiegelnd
Gefühl und diese Erkenntnis nichts mehr für das Gefühl und diese Erkenntnis nichts mehr für das
Dunkle, in das er nun selber gesunken ist. Voll Dunkle, in das er nun selber gesunken ist. Voll
Schwermut und Klugheit, vorüber dieses Spiel Schwermut und Klugheit, vorüber dieses Spiel
Ich erwarteten, aber vom Leben, von der Natur, Ich erwarteten, aber vom Leben, von der Natur,
sinnbildlicher Kraft war es, wenn in einem sinnbildlicher Kraft war es, wenn in einem
mit Schein und Sch-in („Was faß ich, wenn id mit Schein und Sch-in („Was faß ich, wenn id
vom All alles - immer in der leisen Zuversicht vom All alles - immer in der leisen Zuversicht
dieser letzten Schauspiele die Aufhörerin die Be¬ dieser letzten Schauspiele die Aufhörerin die Be¬
vorüber dieses resignierte Beiseitestehen vorüber dieses resignierte Beiseitestehen
fasse? fasse?
daß dann vielleicht auch etwas für das Ich ab¬ daß dann vielleicht auch etwas für das Ich ab¬
ginnerin umarmte und küßte — so begrüßt das ginnerin umarmte und küßte — so begrüßt das
des Wissenden, vorüber dieser Rausch der einmal des Wissenden, vorüber dieser Rausch der einmal
falle. falle.
scheidende Leben das kommende Leben. scheidende Leben das kommende Leben.
gelebten Jugend („Wo seid ihr hin, des Glücks gelebten Jugend („Wo seid ihr hin, des Glücks
So war auch seine Heiterkeit: Blutsver¬ So war auch seine Heiterkeit: Blutsver¬
Da war er, der alte Dichter, und nahm Da war er, der alte Dichter, und nahm
durchglühende Tage?"), vorüber dieser Glanz wandt den Watteaus und Fragonards, der Maler durchglühende Tage?"), vorüber dieser Glanz wandt den Watteaus und Fragonards, der Maler
rührendes Bild — einsam, wie er geworden war rührendes Bild — einsam, wie er geworden war
der Masken und Kostüme. Vorüber! Er sah,der Schäferspiele der Masken und Kostüme. Vorüber! Er sah,der Schäferspiele
ein wenig zynisch, sehr ein wenig zynisch, sehr
Abschied von dem „Zwischenspiel" der Sinne, Abschied von dem „Zwischenspiel" der Sinne,
das alles war nicht mehr aufzuhalten, das mußte das alles war nicht mehr aufzuhalten, das mußte
tronisch, leicht melancholisch und sich ganz in der tronisch, leicht melancholisch und sich ganz in der
von dem „weiten Land“ stimmungshafter Däm¬ von dem „weiten Land“ stimmungshafter Däm¬
sterben. Aber er wußte auch: Es kommt be¬ sterben. Aber er wußte auch: Es kommt be¬
Maske des seruell Blasierten gefallend. Von Maske des seruell Blasierten gefallend. Von
merseelen, von der „Komödie der Verführung merseelen, von der „Komödie der Verführung
einem Dichter nicht auf das an, was an ihm einem Dichter nicht auf das an, was an ihm
Rousseau und Voltaire waren jene so weit ent¬ Rousseau und Voltaire waren jene so weit ent¬
durch das Theater und das Abenteuer. von der durch das Theater und das Abenteuer. von der
sterblich ist, sondern auf das, was von ihm sterblich ist, sondern auf das, was von ihm
fernt wie der Wiener Cottagesohn von Strind¬ fernt wie der Wiener Cottagesohn von Strind¬
„Komödie der Worte" zwischen den Menschen, „Komödie der Worte" zwischen den Menschen,
übrig bleiben wird. Und das ist bei Schnitzler: übrig bleiben wird. Und das ist bei Schnitzler:
berg und Weininger. Er wie jene waren Rokoko, berg und Weininger. Er wie jene waren Rokoko,
die einander nie verstehen können, auch in der die einander nie verstehen können, auch in der
das fromme, ergebene und anbetende Hände¬ das fromme, ergebene und anbetende Hände¬
waren Zeugen einer satten, dem Genuß und waren Zeugen einer satten, dem Genuß und
nächsten Nähe nicht, vom „Leutnant Gustl“, ewig nächsten Nähe nicht, vom „Leutnant Gustl“, ewig
dem Bewußtsein des Genusses raffiniert hin¬ dem Bewußtsein des Genusses raffiniert hin¬
zwischen Duell und Triumph der Amouren salten vor dem immer neuen Wunder und Ge¬ zwischen Duell und Triumph der Amouren salten vor dem immer neuen Wunder und Ge¬
gegebenen Kultur. Daher stammte die Wachhei gegebenen Kultur. Daher stammte die Wachhei
in seinen Menschen, daher seine Liebe zu dem in seinen Menschen, daher seine Liebe zu dem
Leutnant, der ihm Symbol für ein schönes Stück Leutnant, der ihm Symbol für ein schönes Stück
zuckenden Fleisches war. Dieser allein hatte nicht zuckenden Fleisches war. Dieser allein hatte nicht
die Überlegenheit des Intellekts, die sonst immer die Überlegenheit des Intellekts, die sonst immer
die Menschen bei Schnitzler haben, auch die die Menschen bei Schnitzler haben, auch die
Frauen. In den Mittelpunkt seiner Dramen Frauen. In den Mittelpunkt seiner Dramen
und Novellen stellte er gern Arzte, Schauspieler, und Novellen stellte er gern Arzte, Schauspieler,
Schriftsteller. Es waren Menschen, denen das Schriftsteller. Es waren Menschen, denen das
Wort leicht wird, die viel und gern von sich aus¬ Wort leicht wird, die viel und gern von sich aus¬
sagen und deren gescheite Anmerkungen zu den sagen und deren gescheite Anmerkungen zu den
verworrenen Beziehungen des Lebens fast etwas verworrenen Beziehungen des Lebens fast etwas
Berufliches haben. Sie waren auf einen Punkt Berufliches haben. Sie waren auf einen Punkt
fixiert: auf die Erotik. Die erlebten sie und er¬ fixiert: auf die Erotik. Die erlebten sie und er¬
litten sie immer wieder, Arzt, Schauspieler und litten sie immer wieder, Arzt, Schauspieler und
Schriftsteller. Es war das Treibende, das Schriftsteller. Es war das Treibende, das
Schöpferische der Schnitzlerwelt, aber auch ihr Schöpferische der Schnitzlerwelt, aber auch ihr
Vergängliches. Vergängliches.
Schnitzlers Grunderlebnis mag dieses ge Schnitzlers Grunderlebnis mag dieses ge
wesen sein: Wie sich Schein mit Sein vertauschte wesen sein: Wie sich Schein mit Sein vertauschte
verwechselte, sich mengte, sich ineinander krallte verwechselte, sich mengte, sich ineinander krallte
daß keiner mehr am Ende erkennen konnte, was daß keiner mehr am Ende erkennen konnte, was
Wahrheit war und Trug. Daraus wurd¬ Wahrheit war und Trug. Daraus wurd¬
Zeit Zeit
Schnitzlers schönste Bühnendichtung, die vom Schnitzlers schönste Bühnendichtung, die vom
lich lich
„Grünen Kakadu" geboren, die seine ganze „Grünen Kakadu" geboren, die seine ganze
elegische, zwischenlichtartige Kunst in einen Akt elegische, zwischenlichtartige Kunst in einen Akt
und und
zusammenpreßte Unvergänglich auch sein „Rei¬ zusammenpreßte Unvergänglich auch sein „Rei¬
das das
gen", diese bitterbösen Gespräche, die aus einer gen", diese bitterbösen Gespräche, die aus einer
Stunde des Erkennens eine des ewigen Nicht¬ began Stunde des Erkennens eine des ewigen Nicht¬ began
barock barock
erkennens machen. erkennens machen.
graber graber
Wer wird geliebt, wer liebt, wo ist Heimat, Wer wird geliebt, wer liebt, wo ist Heimat,
Sterb Sterb
Bestimmung, wo hört das Abenteuer auf und Bestimmung, wo hört das Abenteuer auf und
det. I det. I
beginnt der Sinn eines Lebens Das waren beginnt der Sinn eines Lebens Das waren
Schnitzlers Fragen an sich und seine Umwelt. Erabgese Schnitzlers Fragen an sich und seine Umwelt. Erabgese
Aber Aber
wurde nicht müde, zu zeigen, wie jeder davon wurde nicht müde, zu zeigen, wie jeder davon
Inkon Inkon
sprach, ein jeder ein Wort dafür hatte, die Seel sprach, ein jeder ein Wort dafür hatte, die Seel
fassen fassen
aber leer blieb und ins Leere blickte und ins aber leer blieb und ins Leere blickte und ins
Visior Visior
Leere ging. Wie? wurde alles zur großen Szene, Leere ging. Wie? wurde alles zur großen Szene,
maa. maa.
Nwahr, verbogen und unwahrscheinlich und war Nwahr, verbogen und unwahrscheinlich und war
lichke lichke
noch noch