2. Schnitzler's Death 2. Schnitzler's Death
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Jahrgang1 Jahrgang1
Beilage der Berliner Jüdischen Zeitung Beilage der Berliner Jüdischen Zeitung
das selbst seine Freunde, seine Nächsten nicht das selbst seine Freunde, seine Nächsten nicht
glauben, sie suchen ihm Absichten und Ten¬ glauben, sie suchen ihm Absichten und Ten¬
Neihue Schnhler, der Gade Neihue Schnhler, der Gade
denzen zu unterlegen. Die einen bekämpfen denzen zu unterlegen. Die einen bekämpfen
ihn, die anderen wollen ihn für ihre Pattei ihn, die anderen wollen ihn für ihre Pattei
Von Summy Gronemann Von Summy Gronemann
in Beschlag nehmen. Er weist alles in Beschlag nehmen. Er weist alles
lächelnd zurück. lächelnd zurück.
* Man lese Professor Bernhardi * Man lese Professor Bernhardi
Ob Schnitzler bewußt hier an das Juden¬ Ob Schnitzler bewußt hier an das Juden¬
Genau so wie es Arthur Schnitzler tun Genau so wie es Arthur Schnitzler tun
man lese ihn — bedachtsam und gesichert vor man lese ihn — bedachtsam und gesichert vor
problem rührte? Ob es nur aus ihm schrieb, problem rührte? Ob es nur aus ihm schrieb,
würde, wollte man ihn zum Partei¬ würde, wollte man ihn zum Partei¬
dem Lärm der Straße, — man lese ihn. dem Lärm der Straße, — man lese ihn.
wer weiß es? Aber es ist doch anzu¬ wer weiß es? Aber es ist doch anzu¬
gänger stempeln. Er tat, was er tat, nicht gänger stempeln. Er tat, was er tat, nicht
Man hüte sich davor, ihn in einer jener Auf¬ Man hüte sich davor, ihn in einer jener Auf¬
merken, daß jenes Stück in der Zeit entstand, merken, daß jenes Stück in der Zeit entstand,
als Mitglied irgendeiner Partei. Er sprach als Mitglied irgendeiner Partei. Er sprach
führungen zu sehen, in der von rücksichts führungen zu sehen, in der von rücksichts
da Theodor Herzl den Judenstaat da Theodor Herzl den Judenstaat
andächtig, man kann sagen, ehrfurhtsvoll von andächtig, man kann sagen, ehrfurhtsvoll von
loser Regie etwa des grimmen Demo¬ loser Regie etwa des grimmen Demo¬
schrieb. Und Schyitzler war der intimste schrieb. Und Schyitzler war der intimste
dem Schicksal des jüdischen Volkes. dem Schicksal des jüdischen Volkes.
Freund und der eigentliche Ver¬ Freund und der eigentliche Ver¬
kraten Pflugfelders Rede Bernhardi in kraten Pflugfelders Rede Bernhardi in
„Es ist ein einziges Volk," sagte er, „Es ist ein einziges Volk," sagte er,
traute von Herzl. Ihm und nur ihm traute von Herzl. Ihm und nur ihm
den Mund gelegt und so des Werkes tiefster den Mund gelegt und so des Werkes tiefster
„mit einem einzigen Schicksal, nicht „mit einem einzigen Schicksal, nicht
allein hat Herzl damals seine gewaltigen allein hat Herzl damals seine gewaltigen
Sinn verfälscht wird. Man lese Bern¬ Sinn verfälscht wird. Man lese Bern¬
irgendeinem anderen zu ver¬ irgendeinem anderen zu ver¬
Pläne, die tiefsten seiner Gedanken, anver¬ Pläne, die tiefsten seiner Gedanken, anver¬
hardi und man wird des Dichters tiefstes hardi und man wird des Dichters tiefstes
gleichen." Er glaubte an das jüdische gleichen." Er glaubte an das jüdische
traut, für den Fall, „daß er mitten im Werke traut, für den Fall, „daß er mitten im Werke
Wesen erkennen. Wesen erkennen.
Volk und an seine Zukunft. Und er Volk und an seine Zukunft. Und er
abberufen werden sollte". Nur ihm vertraute abberufen werden sollte". Nur ihm vertraute
Und wenn ichs wage, jetzt, da der Tod des Und wenn ichs wage, jetzt, da der Tod des
sah mit freudiger Hoffnung, wie der stille Zu¬ sah mit freudiger Hoffnung, wie der stille Zu¬
er sich ganz an, keinem Dritten. Denn, so er sich ganz an, keinem Dritten. Denn, so
geliebten und ehrfürchtig verehrten Dichters geliebten und ehrfürchtig verehrten Dichters
schauer aus seinem Verschlage hexaustrat, schauer aus seinem Verschlage hexaustrat,
schreibt Herzl an Schnitzler, wenn drei von schreibt Herzl an Schnitzler, wenn drei von
Gestalt zu besonderem Leben erweckt hat Gestalt zu besonderem Leben erweckt hat
wittun wollte, sich unter die Spieler mischte wittun wollte, sich unter die Spieler mischte
einem Geheimnis wissen, ist es kein Geheim¬ einem Geheimnis wissen, ist es kein Geheim¬
einiges über sein Wesen zu sagen, was sonst einiges über sein Wesen zu sagen, was sonst
und der Rampe sich nähette. und der Rampe sich nähette.
nis mehr. Diesen Briefwechsel kann man nis mehr. Diesen Briefwechsel kann man
verschwiegen und leicht verkannt wird, mag verschwiegen und leicht verkannt wird, mag
bei Leon Kellner nachlesen. bei Leon Kellner nachlesen.
eben dieses Verkennen zur Entschuldigung eben dieses Verkennen zur Entschuldigung
Parteien müssen sein und Parteien müssen sein und
dienen. An der Bahre des jüdischsten dienen. An der Bahre des jüdischsten
Kämpfer muß es geben. Aber die Kämpfer muß es geben. Aber die
Es ist ein weiter Weg vom „Freiwild" bie Es ist ein weiter Weg vom „Freiwild" bie
vielleicht aller jüdischen Malei vielleicht aller jüdischen Malei
Wurzeln der Kraft liegen in den Wenigen, die Wurzeln der Kraft liegen in den Wenigen, die
zum „Weg ins Freie“ und zum „Professor zum „Weg ins Freie“ und zum „Professor
unserer Tage wagt es ein mit Blindheit Ge¬ unserer Tage wagt es ein mit Blindheit Ge¬
abseits des Getümmels sich den klaren Blick abseits des Getümmels sich den klaren Blick
Vernhardi". Damals war der Dichter eben Vernhardi". Damals war der Dichter eben
schlagener, dem Toten den Urgrund seiner schlagener, dem Toten den Urgrund seiner
erhalten, den Blick des Künstlers, die die erhalten, den Blick des Künstlers, die die
erst in den Bannkreis jenes Problems ge erst in den Bannkreis jenes Problems ge
Kunst wegzudisputieren, da tut es not, sich Kunst wegzudisputieren, da tut es not, sich
Sehnsüchte zu gestalten wissen und aus dem Sehnsüchte zu gestalten wissen und aus dem
langt, das ihn nicht losließ. Allmählich wurde langt, das ihn nicht losließ. Allmählich wurde
schirmend vor das Grab des großen Dichters schirmend vor das Grab des großen Dichters
flüchtigen Wechsel des Geschehens Ewig¬ flüchtigen Wechsel des Geschehens Ewig¬
es in ihm stärker und stärker, er suchte sich es in ihm stärker und stärker, er suchte sich
unserer jüdischen Tage zu stellen, ihn zu unserer jüdischen Tage zu stellen, ihn zu
keitswerte formen. keitswerte formen.
diskutierend im Roman zu befreien, bis dann diskutierend im Roman zu befreien, bis dann
schützen gegen Feind und Freund. schützen gegen Feind und Freund.
jene große Tragikomödie, die Tragi jene große Tragikomödie, die Tragi
In Arthur Schnitzler ist vielleicht der In Arthur Schnitzler ist vielleicht der
Auch gegen Freund! — Dies ist be¬ Auch gegen Freund! — Dies ist be¬
komödie des Judentums entstand, komödie des Judentums entstand,
erste, große jüdische Dramatiker erste, große jüdische Dramatiker
die über das Einzelproblem hinauswachsend die über das Einzelproblem hinauswachsend
hutsam zu schreiben und behutsam zu lesen.- hutsam zu schreiben und behutsam zu lesen.-
seit Urzeiten entstanden. seit Urzeiten entstanden.
die Komödie der Zeit geworden ist. die Komödie der Zeit geworden ist.
Man soll uns nicht einreihen in den Fackelzug Man soll uns nicht einreihen in den Fackelzug
Ich möchte ein Wort eines auch vor nicht Ich möchte ein Wort eines auch vor nicht
zionistischer und fortschrittlicher Studenten, zionistischer und fortschrittlicher Studenten,
Wer ist, was ist dieser Professor Bern¬ Wer ist, was ist dieser Professor Bern¬
langer Zeit Heimgegangenen anführen, eines langer Zeit Heimgegangenen anführen, eines
die dem aus der Haft befreiten Professor einen die dem aus der Haft befreiten Professor einen
hardi? Auch er sitzt in seinem Verschlage nur hardi? Auch er sitzt in seinem Verschlage nur
Mannes der Wissenschaft, des Rektors Adolf Mannes der Wissenschaft, des Rektors Adolf
Fackelzug bringen wollen. — Man soll, venn Fackelzug bringen wollen. — Man soll, venn
mit seiner Arbeit beschäftigt, sich nicht anders mit seiner Arbeit beschäftigt, sich nicht anders
Schwarz aus Wien. Er münzte es auf die Schwarz aus Wien. Er münzte es auf die
man Arthur Schnitzler, den Juden, be¬ man Arthur Schnitzler, den Juden, be¬
wie als teilnehmender, mitfühlender Zu¬ wie als teilnehmender, mitfühlender Zu¬
Wissenschaft, vielleicht trifft es auf die Kunst Wissenschaft, vielleicht trifft es auf die Kunst
trachtet, ihn nicht für eine Partei reklamieren, trachtet, ihn nicht für eine Partei reklamieren,
schauer um das Leben ringsherum kümmernd, schauer um das Leben ringsherum kümmernd,
ebenso zu: ebenso zu:
nicht als Zionisten oder Nationalisten ab¬ nicht als Zionisten oder Nationalisten ab¬
um die politischen Quertreibereien, um die um die politischen Quertreibereien, um die
Zum Feststrauß am Laubhüttenfest bindet Zum Feststrauß am Laubhüttenfest bindet
stempeln. stempeln.
Klopffechter der Parteiprogramme, die mit Klopffechter der Parteiprogramme, die mit
man Palmzweig, Myrthe und Weide zusam¬ man Palmzweig, Myrthe und Weide zusam¬
lautem Spektakel die Szene füllen. Er sitzt lautem Spektakel die Szene füllen. Er sitzt
Er war kein Parteimann, kein Er war kein Parteimann, kein
men. Man nimmt dazu, frei in der Hand men. Man nimmt dazu, frei in der Hand
da und tut nichts als in jedem Moment das da und tut nichts als in jedem Moment das
Mann der Tendenz, außer in einem. Mann der Tendenz, außer in einem.
haltend, die Frucht des Paradiesapfels. Diese haltend, die Frucht des Paradiesapfels. Diese
Richtige, eben um des Richtigen willen von Richtige, eben um des Richtigen willen von
„Wie töricht, welch Mißverständnis!" sagte „Wie töricht, welch Mißverständnis!" sagte
Frucht ist das Symbol der freien Forschung, Frucht ist das Symbol der freien Forschung,
früh bis spät, der Mann ohne Tendenz, ohne früh bis spät, der Mann ohne Tendenz, ohne
er achselzuckend. „Meinen Professor Bern¬ er achselzuckend. „Meinen Professor Bern¬
der Wissenschaft. Ohne sie ist der Strauß der Wissenschaft. Ohne sie ist der Strauß
eine andere Tendenz eben, als ein jedes Ding eine andere Tendenz eben, als ein jedes Ding
hardi zu einem Tendenzstück zu machen. Es hardi zu einem Tendenzstück zu machen. Es
unvollständig, wertlos. Aber gebunden darf unvollständig, wertlos. Aber gebunden darf
um seiner selbst willen zu tun, gerichtet, auf um seiner selbst willen zu tun, gerichtet, auf
ist alles eher als tendenziös.“ — „Und doch, ist alles eher als tendenziös.“ — „Und doch,
sie nicht sein. sie nicht sein.
Ewigkeitsziele. Und er erlebt es, daß ihm Ewigkeitsziele. Und er erlebt es, daß ihm
wagte der Besucher ehrfurchtsvoll einzuwen¬ wagte der Besucher ehrfurchtsvoll einzuwen¬
ben „scheint es mir ein Tendenzstück, das Ten¬ ben „scheint es mir ein Tendenzstück, das Ten¬
— „Das ist — „Das ist
denzstück gegen die Tendenz! denzstück gegen die Tendenz!
richtig! In dem Sinne ist es denn doch ein richtig! In dem Sinne ist es denn doch ein
Tendenzstück!" sagte der Dichter überrascht Tendenzstück!" sagte der Dichter überrascht
nach kurzem Besinnen. nach kurzem Besinnen.
Und er erzählte, wie dieses Stück entstan¬ Und er erzählte, wie dieses Stück entstan¬
den war aus einem Gespräch, das er mit den war aus einem Gespräch, das er mit
einem Prälaten geführt hatte, das war die einem Prälaten geführt hatte, das war die
Keimzelle jenes wundervollen Gespräches Keimzelle jenes wundervollen Gespräches
zwischen dem Professor und dem Pfarrer im zwischen dem Professor und dem Pfarrer im
pierten Akt. Und er erzählte weiter, wie am pierten Akt. Und er erzählte weiter, wie am
Abend der Berliner Uraufführung — damals Abend der Berliner Uraufführung — damals
hatte Barnowsky etwas Großes ge¬ hatte Barnowsky etwas Großes ge¬
schaffen —, wie da während des dritten Aktes schaffen —, wie da während des dritten Aktes
die Nachricht vom Tode Otto Brahms die Nachricht vom Tode Otto Brahms
gekommen sei und alle Freunde nieder¬ gekommen sei und alle Freunde nieder¬
geschlagen habe. geschlagen habe.
Otto Brahm starb an jenem Tage. Der Otto Brahm starb an jenem Tage. Der
Mann, der mit seinen Freunden der Mann, der mit seinen Freunden der
kämpfenden jungen Generation einst zum kämpfenden jungen Generation einst zum
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Jahrgang1 Jahrgang1
Beilage der Berliner Jüdischen Zeitung Beilage der Berliner Jüdischen Zeitung
das selbst seine Freunde, seine Nächsten nicht das selbst seine Freunde, seine Nächsten nicht
glauben, sie suchen ihm Absichten und Ten¬ glauben, sie suchen ihm Absichten und Ten¬
Neihue Schnhler, der Gade Neihue Schnhler, der Gade
denzen zu unterlegen. Die einen bekämpfen denzen zu unterlegen. Die einen bekämpfen
ihn, die anderen wollen ihn für ihre Pattei ihn, die anderen wollen ihn für ihre Pattei
Von Summy Gronemann Von Summy Gronemann
in Beschlag nehmen. Er weist alles in Beschlag nehmen. Er weist alles
lächelnd zurück. lächelnd zurück.
* Man lese Professor Bernhardi * Man lese Professor Bernhardi
Ob Schnitzler bewußt hier an das Juden¬ Ob Schnitzler bewußt hier an das Juden¬
Genau so wie es Arthur Schnitzler tun Genau so wie es Arthur Schnitzler tun
man lese ihn — bedachtsam und gesichert vor man lese ihn — bedachtsam und gesichert vor
problem rührte? Ob es nur aus ihm schrieb, problem rührte? Ob es nur aus ihm schrieb,
würde, wollte man ihn zum Partei¬ würde, wollte man ihn zum Partei¬
dem Lärm der Straße, — man lese ihn. dem Lärm der Straße, — man lese ihn.
wer weiß es? Aber es ist doch anzu¬ wer weiß es? Aber es ist doch anzu¬
gänger stempeln. Er tat, was er tat, nicht gänger stempeln. Er tat, was er tat, nicht
Man hüte sich davor, ihn in einer jener Auf¬ Man hüte sich davor, ihn in einer jener Auf¬
merken, daß jenes Stück in der Zeit entstand, merken, daß jenes Stück in der Zeit entstand,
als Mitglied irgendeiner Partei. Er sprach als Mitglied irgendeiner Partei. Er sprach
führungen zu sehen, in der von rücksichts führungen zu sehen, in der von rücksichts
da Theodor Herzl den Judenstaat da Theodor Herzl den Judenstaat
andächtig, man kann sagen, ehrfurhtsvoll von andächtig, man kann sagen, ehrfurhtsvoll von
loser Regie etwa des grimmen Demo¬ loser Regie etwa des grimmen Demo¬
schrieb. Und Schyitzler war der intimste schrieb. Und Schyitzler war der intimste
dem Schicksal des jüdischen Volkes. dem Schicksal des jüdischen Volkes.
Freund und der eigentliche Ver¬ Freund und der eigentliche Ver¬
kraten Pflugfelders Rede Bernhardi in kraten Pflugfelders Rede Bernhardi in
„Es ist ein einziges Volk," sagte er, „Es ist ein einziges Volk," sagte er,
traute von Herzl. Ihm und nur ihm traute von Herzl. Ihm und nur ihm
den Mund gelegt und so des Werkes tiefster den Mund gelegt und so des Werkes tiefster
„mit einem einzigen Schicksal, nicht „mit einem einzigen Schicksal, nicht
allein hat Herzl damals seine gewaltigen allein hat Herzl damals seine gewaltigen
Sinn verfälscht wird. Man lese Bern¬ Sinn verfälscht wird. Man lese Bern¬
irgendeinem anderen zu ver¬ irgendeinem anderen zu ver¬
Pläne, die tiefsten seiner Gedanken, anver¬ Pläne, die tiefsten seiner Gedanken, anver¬
hardi und man wird des Dichters tiefstes hardi und man wird des Dichters tiefstes
gleichen." Er glaubte an das jüdische gleichen." Er glaubte an das jüdische
traut, für den Fall, „daß er mitten im Werke traut, für den Fall, „daß er mitten im Werke
Wesen erkennen. Wesen erkennen.
Volk und an seine Zukunft. Und er Volk und an seine Zukunft. Und er
abberufen werden sollte". Nur ihm vertraute abberufen werden sollte". Nur ihm vertraute
Und wenn ichs wage, jetzt, da der Tod des Und wenn ichs wage, jetzt, da der Tod des
sah mit freudiger Hoffnung, wie der stille Zu¬ sah mit freudiger Hoffnung, wie der stille Zu¬
er sich ganz an, keinem Dritten. Denn, so er sich ganz an, keinem Dritten. Denn, so
geliebten und ehrfürchtig verehrten Dichters geliebten und ehrfürchtig verehrten Dichters
schauer aus seinem Verschlage hexaustrat, schauer aus seinem Verschlage hexaustrat,
schreibt Herzl an Schnitzler, wenn drei von schreibt Herzl an Schnitzler, wenn drei von
Gestalt zu besonderem Leben erweckt hat Gestalt zu besonderem Leben erweckt hat
wittun wollte, sich unter die Spieler mischte wittun wollte, sich unter die Spieler mischte
einem Geheimnis wissen, ist es kein Geheim¬ einem Geheimnis wissen, ist es kein Geheim¬
einiges über sein Wesen zu sagen, was sonst einiges über sein Wesen zu sagen, was sonst
und der Rampe sich nähette. und der Rampe sich nähette.
nis mehr. Diesen Briefwechsel kann man nis mehr. Diesen Briefwechsel kann man
verschwiegen und leicht verkannt wird, mag verschwiegen und leicht verkannt wird, mag
bei Leon Kellner nachlesen. bei Leon Kellner nachlesen.
eben dieses Verkennen zur Entschuldigung eben dieses Verkennen zur Entschuldigung
Parteien müssen sein und Parteien müssen sein und
dienen. An der Bahre des jüdischsten dienen. An der Bahre des jüdischsten
Kämpfer muß es geben. Aber die Kämpfer muß es geben. Aber die
Es ist ein weiter Weg vom „Freiwild" bie Es ist ein weiter Weg vom „Freiwild" bie
vielleicht aller jüdischen Malei vielleicht aller jüdischen Malei
Wurzeln der Kraft liegen in den Wenigen, die Wurzeln der Kraft liegen in den Wenigen, die
zum „Weg ins Freie“ und zum „Professor zum „Weg ins Freie“ und zum „Professor
unserer Tage wagt es ein mit Blindheit Ge¬ unserer Tage wagt es ein mit Blindheit Ge¬
abseits des Getümmels sich den klaren Blick abseits des Getümmels sich den klaren Blick
Vernhardi". Damals war der Dichter eben Vernhardi". Damals war der Dichter eben
schlagener, dem Toten den Urgrund seiner schlagener, dem Toten den Urgrund seiner
erhalten, den Blick des Künstlers, die die erhalten, den Blick des Künstlers, die die
erst in den Bannkreis jenes Problems ge erst in den Bannkreis jenes Problems ge
Kunst wegzudisputieren, da tut es not, sich Kunst wegzudisputieren, da tut es not, sich
Sehnsüchte zu gestalten wissen und aus dem Sehnsüchte zu gestalten wissen und aus dem
langt, das ihn nicht losließ. Allmählich wurde langt, das ihn nicht losließ. Allmählich wurde
schirmend vor das Grab des großen Dichters schirmend vor das Grab des großen Dichters
flüchtigen Wechsel des Geschehens Ewig¬ flüchtigen Wechsel des Geschehens Ewig¬
es in ihm stärker und stärker, er suchte sich es in ihm stärker und stärker, er suchte sich
unserer jüdischen Tage zu stellen, ihn zu unserer jüdischen Tage zu stellen, ihn zu
keitswerte formen. keitswerte formen.
diskutierend im Roman zu befreien, bis dann diskutierend im Roman zu befreien, bis dann
schützen gegen Feind und Freund. schützen gegen Feind und Freund.
jene große Tragikomödie, die Tragi jene große Tragikomödie, die Tragi
In Arthur Schnitzler ist vielleicht der In Arthur Schnitzler ist vielleicht der
Auch gegen Freund! — Dies ist be¬ Auch gegen Freund! — Dies ist be¬
komödie des Judentums entstand, komödie des Judentums entstand,
erste, große jüdische Dramatiker erste, große jüdische Dramatiker
die über das Einzelproblem hinauswachsend die über das Einzelproblem hinauswachsend
hutsam zu schreiben und behutsam zu lesen.- hutsam zu schreiben und behutsam zu lesen.-
seit Urzeiten entstanden. seit Urzeiten entstanden.
die Komödie der Zeit geworden ist. die Komödie der Zeit geworden ist.
Man soll uns nicht einreihen in den Fackelzug Man soll uns nicht einreihen in den Fackelzug
Ich möchte ein Wort eines auch vor nicht Ich möchte ein Wort eines auch vor nicht
zionistischer und fortschrittlicher Studenten, zionistischer und fortschrittlicher Studenten,
Wer ist, was ist dieser Professor Bern¬ Wer ist, was ist dieser Professor Bern¬
langer Zeit Heimgegangenen anführen, eines langer Zeit Heimgegangenen anführen, eines
die dem aus der Haft befreiten Professor einen die dem aus der Haft befreiten Professor einen
hardi? Auch er sitzt in seinem Verschlage nur hardi? Auch er sitzt in seinem Verschlage nur
Mannes der Wissenschaft, des Rektors Adolf Mannes der Wissenschaft, des Rektors Adolf
Fackelzug bringen wollen. — Man soll, venn Fackelzug bringen wollen. — Man soll, venn
mit seiner Arbeit beschäftigt, sich nicht anders mit seiner Arbeit beschäftigt, sich nicht anders
Schwarz aus Wien. Er münzte es auf die Schwarz aus Wien. Er münzte es auf die
man Arthur Schnitzler, den Juden, be¬ man Arthur Schnitzler, den Juden, be¬
wie als teilnehmender, mitfühlender Zu¬ wie als teilnehmender, mitfühlender Zu¬
Wissenschaft, vielleicht trifft es auf die Kunst Wissenschaft, vielleicht trifft es auf die Kunst
trachtet, ihn nicht für eine Partei reklamieren, trachtet, ihn nicht für eine Partei reklamieren,
schauer um das Leben ringsherum kümmernd, schauer um das Leben ringsherum kümmernd,
ebenso zu: ebenso zu:
nicht als Zionisten oder Nationalisten ab¬ nicht als Zionisten oder Nationalisten ab¬
um die politischen Quertreibereien, um die um die politischen Quertreibereien, um die
Zum Feststrauß am Laubhüttenfest bindet Zum Feststrauß am Laubhüttenfest bindet
stempeln. stempeln.
Klopffechter der Parteiprogramme, die mit Klopffechter der Parteiprogramme, die mit
man Palmzweig, Myrthe und Weide zusam¬ man Palmzweig, Myrthe und Weide zusam¬
lautem Spektakel die Szene füllen. Er sitzt lautem Spektakel die Szene füllen. Er sitzt
Er war kein Parteimann, kein Er war kein Parteimann, kein
men. Man nimmt dazu, frei in der Hand men. Man nimmt dazu, frei in der Hand
da und tut nichts als in jedem Moment das da und tut nichts als in jedem Moment das
Mann der Tendenz, außer in einem. Mann der Tendenz, außer in einem.
haltend, die Frucht des Paradiesapfels. Diese haltend, die Frucht des Paradiesapfels. Diese
Richtige, eben um des Richtigen willen von Richtige, eben um des Richtigen willen von
„Wie töricht, welch Mißverständnis!" sagte „Wie töricht, welch Mißverständnis!" sagte
Frucht ist das Symbol der freien Forschung, Frucht ist das Symbol der freien Forschung,
früh bis spät, der Mann ohne Tendenz, ohne früh bis spät, der Mann ohne Tendenz, ohne
er achselzuckend. „Meinen Professor Bern¬ er achselzuckend. „Meinen Professor Bern¬
der Wissenschaft. Ohne sie ist der Strauß der Wissenschaft. Ohne sie ist der Strauß
eine andere Tendenz eben, als ein jedes Ding eine andere Tendenz eben, als ein jedes Ding
hardi zu einem Tendenzstück zu machen. Es hardi zu einem Tendenzstück zu machen. Es
unvollständig, wertlos. Aber gebunden darf unvollständig, wertlos. Aber gebunden darf
um seiner selbst willen zu tun, gerichtet, auf um seiner selbst willen zu tun, gerichtet, auf
ist alles eher als tendenziös.“ — „Und doch, ist alles eher als tendenziös.“ — „Und doch,
sie nicht sein. sie nicht sein.
Ewigkeitsziele. Und er erlebt es, daß ihm Ewigkeitsziele. Und er erlebt es, daß ihm
wagte der Besucher ehrfurchtsvoll einzuwen¬ wagte der Besucher ehrfurchtsvoll einzuwen¬
ben „scheint es mir ein Tendenzstück, das Ten¬ ben „scheint es mir ein Tendenzstück, das Ten¬
— „Das ist — „Das ist
denzstück gegen die Tendenz! denzstück gegen die Tendenz!
richtig! In dem Sinne ist es denn doch ein richtig! In dem Sinne ist es denn doch ein
Tendenzstück!" sagte der Dichter überrascht Tendenzstück!" sagte der Dichter überrascht
nach kurzem Besinnen. nach kurzem Besinnen.
Und er erzählte, wie dieses Stück entstan¬ Und er erzählte, wie dieses Stück entstan¬
den war aus einem Gespräch, das er mit den war aus einem Gespräch, das er mit
einem Prälaten geführt hatte, das war die einem Prälaten geführt hatte, das war die
Keimzelle jenes wundervollen Gespräches Keimzelle jenes wundervollen Gespräches
zwischen dem Professor und dem Pfarrer im zwischen dem Professor und dem Pfarrer im
pierten Akt. Und er erzählte weiter, wie am pierten Akt. Und er erzählte weiter, wie am
Abend der Berliner Uraufführung — damals Abend der Berliner Uraufführung — damals
hatte Barnowsky etwas Großes ge¬ hatte Barnowsky etwas Großes ge¬
schaffen —, wie da während des dritten Aktes schaffen —, wie da während des dritten Aktes
die Nachricht vom Tode Otto Brahms die Nachricht vom Tode Otto Brahms
gekommen sei und alle Freunde nieder¬ gekommen sei und alle Freunde nieder¬
geschlagen habe. geschlagen habe.
Otto Brahm starb an jenem Tage. Der Otto Brahm starb an jenem Tage. Der
Mann, der mit seinen Freunden der Mann, der mit seinen Freunden der
kämpfenden jungen Generation einst zum kämpfenden jungen Generation einst zum