VII, Verschiedenes 12, Schnitzlers Tod, Seite 343

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Schnitzler's Death Schnitzler's Death
DOBSI DOBSI
VER VER
I. österr. behördl. konzessioniertes I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11 WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus: Ausschnitt aus:
Ihe Continental Times, Ihe Continental Times,
Wien 33ln, Wien 33ln,
vom: vom:
31.10.1931. 31.10.1931.
Schnitzler's Schnitzler's
Bedeulung Bedeulung
im Ausland im Ausland
Im fremdsprachigen Ausland hatte Im fremdsprachigen Ausland hatte
sein Name hervorragenden Klang, sein Name hervorragenden Klang,
wurden seine Werke übersetzt, auf¬ wurden seine Werke übersetzt, auf¬
geführt und eifrig gelesen. Selbst geführt und eifrig gelesen. Selbst
in Japan, das eine hervorragende in Japan, das eine hervorragende
Gesamtausgabe seiner Werke be¬ Gesamtausgabe seiner Werke be¬
sitzt, ist Schnitzler einer der öftest sitzt, ist Schnitzler einer der öftest
aufgeführten Dramatiker. Ebenso aufgeführten Dramatiker. Ebenso
häufig liest man in New York häufig liest man in New York
Schnitzlers Name auf den Theater¬ Schnitzlers Name auf den Theater¬
zettel und gerade jetzt wird sein zettel und gerade jetzt wird sein
„Anatol“ dort seit Monaten täg. „Anatol“ dort seit Monaten täg.
lich gespielt. Allerdings nach ameri¬ lich gespielt. Allerdings nach ameri¬
kanischem Geschmack stark ver¬ kanischem Geschmack stark ver¬
ändert. In der Pariser „Comédie ändert. In der Pariser „Comédie
des Champs Elysées“ wird augen¬ des Champs Elysées“ wird augen¬
blicklich Schnitzlers „Das weite blicklich Schnitzlers „Das weite
Land“ vorbereitet und im ver¬ Land“ vorbereitet und im ver¬
flossenen Juni hat eine eigene Trup¬ flossenen Juni hat eine eigene Trup¬
pe im Studio desselben Theaters pe im Studio desselben Theaters
seine „Comödie der Worte“ auf¬ seine „Comödie der Worte“ auf¬
geführt. geführt.
box 43/13 box 43/13
WYCINEK z WYDAWNICÉWY WYCINEK z WYDAWNICÉWY
Posener Tagéblat Posener Tagéblat
z dn. z dn.

an tentene an nanan aana an a a a e e a a o. an tentene an nanan aana an a a a e e a a o.
Abschied von Arthur Schnitzler Abschied von Arthur Schnitzler
Rang zu erobern und zu bewahren. Die ganze Rang zu erobern und zu bewahren. Die ganze
Wien, Oktober 1931. Wien, Oktober 1931.
Zwiespältigkeit des österreichischen Menschen, das Zwiespältigkeit des österreichischen Menschen, das
Wir sind ärmer geworden, Arthur Schnitzler ist Wir sind ärmer geworden, Arthur Schnitzler ist
Verbundensein mit dem Deutschtum — und doch die Verbundensein mit dem Deutschtum — und doch die
von uns gegangen. Nicht allein Oesterreich, nicht von uns gegangen. Nicht allein Oesterreich, nicht
Loslösung zur Eigenheit, das Vertrauen in die Loslösung zur Eigenheit, das Vertrauen in die
allein der deutsche Kulturkreis, die ganze Welt allein der deutsche Kulturkreis, die ganze Welt
Zukunft — und doch der Mangel an Selbstvertrauen Zukunft — und doch der Mangel an Selbstvertrauen
hat einen schweren Verlust erlitten. In nahezu hat einen schweren Verlust erlitten. In nahezu
alle Weltsprachen sind die Werke Schnitzlers über¬ der Hang zur Ironie gegen sich selbst und die alle Weltsprachen sind die Werke Schnitzlers über¬ der Hang zur Ironie gegen sich selbst und die
setzt worden, und so wissen es alle, was wir be¬ Reigung nach melancholischen Berrachtungen, das setzt worden, und so wissen es alle, was wir be¬ Reigung nach melancholischen Berrachtungen, das
klagen: den Dichter, den Menschen, der um die alles spiegelt sich in den österreichischen Menschen klagen: den Dichter, den Menschen, der um die alles spiegelt sich in den österreichischen Menschen
Tiefen des menschlichen Lebens wußte und der der Schnitzlerschen Werke, und nimmt man sie alle Tiefen des menschlichen Lebens wußte und der der Schnitzlerschen Werke, und nimmt man sie alle
ammen, dann sind sie eine restlose Schilderung ammen, dann sind sie eine restlose Schilderung
uns teilnehmen ließ an der ewigen Sehnsucht nach uns teilnehmen ließ an der ewigen Sehnsucht nach
des Oesterreichertums, ein Querschnitt durch die des Oesterreichertums, ein Querschnitt durch die
dem ewig Unerfüllten, da er uns seine Werk dem ewig Unerfüllten, da er uns seine Werk
Seele und das Herz dieser Menschen — und doch Seele und das Herz dieser Menschen — und doch
schenkte. Vielleicht ist die Zeit an ihm vorbeige¬ schenkte. Vielleicht ist die Zeit an ihm vorbeige¬
nicht ganz vollkommen; ein Typ fehlt: Menschen nicht ganz vollkommen; ein Typ fehlt: Menschen
schritten, der Inhalt seines Schaffens, die geistige schritten, der Inhalt seines Schaffens, die geistige
wie Arthur Schnitzler. Gewiß, wir sind nicht reich wie Arthur Schnitzler. Gewiß, wir sind nicht reich
Kraft dieses Menschen, die sich in seinen Werken Kraft dieses Menschen, die sich in seinen Werken
spiegelt, die ist zeitlos und daher unvergänglich daran, und wir scheinen immer ärmer zu werden; spiegelt, die ist zeitlos und daher unvergänglich daran, und wir scheinen immer ärmer zu werden;
für jene, die ihn verstanden haben; jene aber, die deshalb ist der Verlust noch schwerer, als er ohne¬ für jene, die ihn verstanden haben; jene aber, die deshalb ist der Verlust noch schwerer, als er ohne¬
ihn gekannt haben, die beklagen nicht nur einen dies schon sein müßte. ihn gekannt haben, die beklagen nicht nur einen dies schon sein müßte.
Die Mitwelt hat Arthur Schnitzler nicht mit Die Mitwelt hat Arthur Schnitzler nicht mit
großen Dichter, sondern einen gütigen Menschen großen Dichter, sondern einen gütigen Menschen
den üblichen Auszeichnungen geehrt, sie hat ihm den üblichen Auszeichnungen geehrt, sie hat ihm
und groß ist der Schmerz, nicht mehr das Antlit und groß ist der Schmerz, nicht mehr das Antlit
keine Titel und keine Orden verliehen, sie hat keine Titel und keine Orden verliehen, sie hat
zu sehen, in das das Schicksal mehr als einmal zu sehen, in das das Schicksal mehr als einmal
ihm oft Kummer bereitet, statt freudig Dankbar¬ ihm oft Kummer bereitet, statt freudig Dankbar¬
die Furchen des Leides und des Kummers ge¬ die Furchen des Leides und des Kummers ge¬
keit zu zeigen; sie war ungerecht und sollte sich keit zu zeigen; sie war ungerecht und sollte sich
zogen hat. zogen hat.
Wenn man Schnitzler nach biographischen An¬ schämen. Jetzt natürlich senkt sie traurig das Haupt Wenn man Schnitzler nach biographischen An¬ schämen. Jetzt natürlich senkt sie traurig das Haupt
gaben fragte, pflegte er immer zu sagen: „1862 vor der sterblichen Hülle eines Unsterblichen. gaben fragte, pflegte er immer zu sagen: „1862 vor der sterblichen Hülle eines Unsterblichen.
Dr. Hans Kronengold. Dr. Hans Kronengold.
geboren, früher Arzt“"; das war alles. Sein Vater geboren, früher Arzt“"; das war alles. Sein Vater
war ein berühmter Laryngologe, zu dessen Pe¬ war ein berühmter Laryngologe, zu dessen Pe¬
Schnitzlers Nachlaß Schnitzlers Nachlaß
tientenkreis die namhaftesten Künstler gehörten, tientenkreis die namhaftesten Künstler gehörten,
Im Nachlaß Arthur Schnitzlers befinden sich Im Nachlaß Arthur Schnitzlers befinden sich
und der Kontakt mit diesem Menschen hat dem und der Kontakt mit diesem Menschen hat dem
jungen Schnitzler geholfen, die Sehnsucht künstle= die Fragmente eines Romans, eines Schauspiels jungen Schnitzler geholfen, die Sehnsucht künstle= die Fragmente eines Romans, eines Schauspiels
„Zug der Schatten" sowie Tagebuchnotizen, die „Zug der Schatten" sowie Tagebuchnotizen, die
rischen Schaffens in die Tat umzusetzen. Er wurde rischen Schaffens in die Tat umzusetzen. Er wurde
bis 1895 zurückreichen und vom Dichter zu einer bis 1895 zurückreichen und vom Dichter zu einer
Arzt, teils dem Beispiele seines Vaters folgend Arzt, teils dem Beispiele seines Vaters folgend
teils aus dem Wunsche heraus, der Menschheit Autobiographie verarbeitet werden sollten. Die teils aus dem Wunsche heraus, der Menschheit Autobiographie verarbeitet werden sollten. Die
Verwaltung des Nachlasses, der darüber hinaus Verwaltung des Nachlasses, der darüber hinaus
zu helfen. Er war vorerst Assistent seines Vaters zu helfen. Er war vorerst Assistent seines Vaters
wurde dann Militärarzt, mußte aber den Dienst zahlreiche Aufzeichnungen und Skizzen enthält, wurde dann Militärarzt, mußte aber den Dienst zahlreiche Aufzeichnungen und Skizzen enthält,
liegt in den Händen des Dramaturgen der Rein¬ liegt in den Händen des Dramaturgen der Rein¬
verlassen, als er „Leutnant Gustl“ veröffentlichte. verlassen, als er „Leutnant Gustl“ veröffentlichte.
hardt=Bühnen, Dr. Franz Hosch, der jetzt eine hardt=Bühnen, Dr. Franz Hosch, der jetzt eine
Vielleicht hätte er als Arzt vielen Menschen ge¬ Vielleicht hätte er als Arzt vielen Menschen ge¬
holfen, hätte sie von Leiden befreit, geheilt, ge= Sichtung vornimmt. holfen, hätte sie von Leiden befreit, geheilt, ge= Sichtung vornimmt.
Wie der Sohn Schnitzlers mitteilt, hat er im Wie der Sohn Schnitzlers mitteilt, hat er im
rettet; so aber hat er Tausenden geschenkt, hat rettet; so aber hat er Tausenden geschenkt, hat
ihre seelischen Leiden gelindert. Die ganze Kul= Nachlaß seines Vaters folgende Verfügungen ihre seelischen Leiden gelindert. Die ganze Kul= Nachlaß seines Vaters folgende Verfügungen
turwelt und jedenfalls alles, was dem deutschen vorgefunden: „Bestimmungen, die ich gleich nach turwelt und jedenfalls alles, was dem deutschen vorgefunden: „Bestimmungen, die ich gleich nach
Kulturkreis nahesteht, müßte im Trauerzug gehen, meinem Ableben zu erfüllen bitte: Herzstich, Kulturkreis nahesteht, müßte im Trauerzug gehen, meinem Ableben zu erfüllen bitte: Herzstich,
ganz vorn aber, unmittelbar hinter dem Sarge, keine Kränze, keine schwarz um¬ ganz vorn aber, unmittelbar hinter dem Sarge, keine Kränze, keine schwarz um¬
da muß Oesterreich knien, denn sein Verlust ist rahmte Kundgebung, auch in der Zei¬ da muß Oesterreich knien, denn sein Verlust ist rahmte Kundgebung, auch in der Zei¬
unersetzlich. Dieses Oesterreich, das seine welt¬ tung nicht, Begräbnis letzter Klasse. unersetzlich. Dieses Oesterreich, das seine welt¬ tung nicht, Begräbnis letzter Klasse.
politische Bedeutung verloren hat, aber in der Das durch Befolgung dieser Verfügungen erüb¬ politische Bedeutung verloren hat, aber in der Das durch Befolgung dieser Verfügungen erüb¬
geistigen Welt und im Kulturleben unserer Zeit rigte Geld ist Spitalzwecken zuzuwenden. geistigen Welt und im Kulturleben unserer Zeit rigte Geld ist Spitalzwecken zuzuwenden.
seine Stellung behalten hat, darf nicht vergessen, Keine Reden, Vermeidung allen rituellen Bei¬ seine Stellung behalten hat, darf nicht vergessen, Keine Reden, Vermeidung allen rituellen Bei¬
daß Schnitzler in allererster Reihe zu jenen ge werks. Keine Trauerkränze nach meinem Tode¬ daß Schnitzler in allererster Reihe zu jenen ge werks. Keine Trauerkränze nach meinem Tode¬
hört, die mitgeholfen haben, Oesterreich diesen absolut keine!" hört, die mitgeholfen haben, Oesterreich diesen absolut keine!"