Maße Arthur Schnitzler war selbst Arzt In seinem Schauspiel Maße Arthur Schnitzler war selbst Arzt In seinem Schauspiel
„Professor Bernhardi“ hat er eine großartige Darstellung der „Professor Bernhardi“ hat er eine großartige Darstellung der
Beziehungen und Spannungen in einem Aerztekollegium gegeben Beziehungen und Spannungen in einem Aerztekollegium gegeben
Mit Genehmigung des Verlages S. Fischer-Berlin geben wir Szenen Mit Genehmigung des Verlages S. Fischer-Berlin geben wir Szenen
aus diesem Schauspiel wieder: aus diesem Schauspiel wieder:
(Sitzungszimmer im Krankenhaus „Elisa¬ (Sitzungszimmer im Krankenhaus „Elisa¬
es auch sei, sondern ich stehe vor es auch sei, sondern ich stehe vor
bethinum“. Die meisten der Aerzte sind bethinum“. Die meisten der Aerzte sind
Ihnen als Direktor dieser Anstalt, Ihnen als Direktor dieser Anstalt,
versammelt. Professor Filitz liest aus einer versammelt. Professor Filitz liest aus einer
um Sie zu fragen, wie wir uns der um Sie zu fragen, wie wir uns der
Abendzeitung die Interpellation einer poli¬ Abendzeitung die Interpellation einer poli¬
Tatsache der Kuratoriumsdemission Tatsache der Kuratoriumsdemission
tischen Partei vor, durch welche der Direk¬ tischen Partei vor, durch welche der Direk¬
gegenüber zu verhalten haben. Herr gegenüber zu verhalten haben. Herr
tor des Krankenhauses, Professor Bern¬ tor des Krankenhauses, Professor Bern¬
Professor Cyprian hat das Wort. Professor Cyprian hat das Wort.
hardi, beschuldigt wird, einem Pfarrer den hardi, beschuldigt wird, einem Pfarrer den
Cyprian (eintönig): Wir wissen alle, Cyprian (eintönig): Wir wissen alle,
Zutritt zu einer Sterbenden verweigert zu Zutritt zu einer Sterbenden verweigert zu
daß Bernhardi, als er dem Priester daß Bernhardi, als er dem Priester
haben. Professor Bernhardi tritt ein.) haben. Professor Bernhardi tritt ein.)
den Eintritt in das Krankenzimmer den Eintritt in das Krankenzimmer
Bernhardi (sehr aufgeräumt, nimmt dem Bernhardi (sehr aufgeräumt, nimmt dem
verweigerte, ausschließlich in Aus¬ verweigerte, ausschließlich in Aus¬
Diener die Abendblätter aus der Hand): Diener die Abendblätter aus der Hand):
übung seiner ärztlichen Pflicht ge¬ übung seiner ärztlichen Pflicht ge¬
Guten Abend, meine Herren. Hier, Guten Abend, meine Herren. Hier,
handelt hat. Wir alle hätten uns im handelt hat. Wir alle hätten uns im
bitte, sich zu bedienen. Ich bitte um bitte, sich zu bedienen. Ich bitte um
gleichen Fall genau so benommen gleichen Fall genau so benommen
Entschuldigung, daß ich mich ein Entschuldigung, daß ich mich ein
wie er. wie er.
wenig verspätet habe. Die Herren wenig verspätet habe. Die Herren
Ebenwald: Sie haben's ja doch nie Ebenwald: Sie haben's ja doch nie
haben sich ja hoffentlich indes gut haben sich ja hoffentlich indes gut
getan. getan.
unterhalten .. . Ich erkläre die unterhalten .. . Ich erkläre die
Schreimann: Auch bei Herrn Direktor Schreimann: Auch bei Herrn Direktor
Sitzung für eröffnet. Ich habe mir Sitzung für eröffnet. Ich habe mir
Vernhardi war es unseres Wissens Vernhardi war es unseres Wissens
erlaubt. Sie zu einer außerordent¬ erlaubt. Sie zu einer außerordent¬
das erstemal das erstemal
lichen Sitzung einzuberufen. Sie lichen Sitzung einzuberufen. Sie
Cyprian: Bernhardis Fehler, wenn Cyprian: Bernhardis Fehler, wenn
wissen ja alle, warum ich mir erlaubt wissen ja alle, warum ich mir erlaubt
wir ihn überhaupt lo.nennen wollen, wir ihn überhaupt lo.nennen wollen,
habe, Sie einzuberufen. Immerhin habe, Sie einzuberufen. Immerhin
bestand also nur darin, daß er die bestand also nur darin, daß er die
ist es meine Pflicht, den Brief zur ist es meine Pflicht, den Brief zur
Folge nicht bedachte, daß er seiner Folge nicht bedachte, daß er seiner
Verlesung zu bringen, der mir heute Verlesung zu bringen, der mir heute
ärztlich-menschlichen Eingebung ge¬ ärztlich-menschlichen Eingebung ge¬
morgen zugestellt wurde. morgen zugestellt wurde.
folgt ist. die wir alle als Aerzte und folgt ist. die wir alle als Aerzte und
Filitz: Hört! Filitz: Hört!
Menschen gutheißen müssen; somit Menschen gutheißen müssen; somit
Bernhardi (liest): „Hochverehrter — Bernhardi (liest): „Hochverehrter —
gibt es eine einzige Antwort, die gibt es eine einzige Antwort, die
usw. usw. „Ich beehre mich, Ihnen usw. usw. „Ich beehre mich, Ihnen
dem Briefe des Kuratoriums gegen¬ dem Briefe des Kuratoriums gegen¬
mitzuteilen, daß die Mitglieder des mitzuteilen, daß die Mitglieder des
über geboten erscheint, nämlich un¬ über geboten erscheint, nämlich un¬
Kuratoriums —" usw usw. — „den Kuratoriums —" usw usw. — „den
serem Direktor, Herrn Professor serem Direktor, Herrn Professor
einstimmigen Beschluß gefaßt haben, einstimmigen Beschluß gefaßt haben,
Bernhardi, unser vollstes Vertrauen Bernhardi, unser vollstes Vertrauen
ihre Ehrenstellen zurückzulegen. In¬ ihre Ehrenstellen zurückzulegen. In¬
einmütig auszusprechen. einmütig auszusprechen.
dem ich Ihnen, hochverehrter Herr dem ich Ihnen, hochverehrter Herr
Pflugfelder: Bravo! Pflugfelder: Bravo!
Direktor, diesen Beschluß zur Kennt¬ Direktor, diesen Beschluß zur Kennt¬
Bernhardi: Herr Vizedirektor Eben¬ Bernhardi: Herr Vizedirektor Eben¬
nis bringe, richte ich das Ersuchen nis bringe, richte ich das Ersuchen
wald hat das Wort. wald hat das Wort.
an Sie, die verehrten Mitglieder des an Sie, die verehrten Mitglieder des
Ebenwald: Meine Herren, täuschen Ebenwald: Meine Herren, täuschen
Direktoriums und des Lehrkörpers Direktoriums und des Lehrkörpers
wir uns nicht, die Demission des wir uns nicht, die Demission des
davon in Kenntnis zu setzen. Ge¬ davon in Kenntnis zu setzen. Ge¬
Kuratoriums ist unter den heuti¬ Kuratoriums ist unter den heuti¬
usw. usw. — usw. usw. —
nehmigen Sie nehmigen Sie
gen Umständen so ziemlich das gen Umständen so ziemlich das
„Hofrat Winkler als Schriftführer“. „Hofrat Winkler als Schriftführer“.
Schlimmste, was unserm Institute Schlimmste, was unserm Institute
Ebenwald (beugt sich über den Brief). Ebenwald (beugt sich über den Brief).
passieren konnte. Ich stehe nicht an passieren konnte. Ich stehe nicht an
Bernhardi: Bitte? (der Brief zirkuliert, Bernhardi: Bitte? (der Brief zirkuliert,
sie als eine Katastrophe zu bezeich¬ sie als eine Katastrophe zu bezeich¬
Bernhardi lächelt.) Meine Herren, Sie Bernhardi lächelt.) Meine Herren, Sie
nen. Wir stehen einfach vor der Tat¬ nen. Wir stehen einfach vor der Tat¬
werden sich hoffentlich überzeugen, werden sich hoffentlich überzeugen,
sache, daß die Förderer unsres Insti¬ sache, daß die Förderer unsres Insti¬
daß ich Ihnen keine Silbe dieses daß ich Ihnen keine Silbe dieses
tuts, denen wir materiell und ideell tuts, denen wir materiell und ideell
interessanten Schreibens unterschla¬ interessanten Schreibens unterschla¬
so viel verdanken, und auf deren so viel verdanken, und auf deren
gen habe. Das Kuratorium hat de¬ gen habe. Das Kuratorium hat de¬
materielle und ideelle Weiterunter¬ materielle und ideelle Weiterunter¬
missioniert und die Tagesordnung missioniert und die Tagesordnung
stützung wir angewiesen sind (Ein¬ stützung wir angewiesen sind (Ein¬
unserer heutigen Sitzung lautet logi¬ unserer heutigen Sitzung lautet logi¬
würfe), daß diese Förderer sich von würfe), daß diese Förderer sich von
scherweise: Stellungnahme des Direk¬ scherweise: Stellungnahme des Direk¬
uns abgewendet haben; und stehen uns abgewendet haben; und stehen
toriums und des Plenums zu dieser toriums und des Plenums zu dieser
vor der weiteren unbezweifelbaren vor der weiteren unbezweifelbaren
Tatsache. Herr Professor Ebenwald Tatsache. Herr Professor Ebenwald
Tatsache, daß für dieses Mißgeschick Tatsache, daß für dieses Mißgeschick
wünscht das Wort. wünscht das Wort.
unser verehrter Direktor, Herr Pro¬ unser verehrter Direktor, Herr Pro¬
Ebenwald: Ich stelle die Anfrage an Ebenwald: Ich stelle die Anfrage an
fessor Bernhardi, die alleinige Ver¬ fessor Bernhardi, die alleinige Ver¬
den Herrn Direktor, ob ihm die Ur¬ den Herrn Direktor, ob ihm die Ur¬
antwortung trägt. antwortung trägt.
sache bekannt ist, die das Kuratorium sache bekannt ist, die das Kuratorium
Bernhardi: Ich trage sie. Bernhardi: Ich trage sie.
zur Demission veranlaßt hat! zur Demission veranlaßt hat!
ent¬ ent¬
Ebenwald: Und ich finde, es wäre Ebenwald: Und ich finde, es wäre
Bernhardi: Ich könnte hierauf mit der Bernhardi: Ich könnte hierauf mit der
töricht, wenn wir uns mit seinem töricht, wenn wir uns mit seinem
Frage erwidern, ob diese Ursache Frage erwidern, ob diese Ursache
Vorgehen solidarisch erklärten Vorgehen solidarisch erklärten
Herrn Professor Ebenwald oder Herrn Professor Ebenwald oder
(Entsprechende Unruhe.) Daher stelle (Entsprechende Unruhe.) Daher stelle
einem der anderen Herren nicht be¬ einem der anderen Herren nicht be¬
Werk Werk
ich den Antrag unserm, Bedauern ich den Antrag unserm, Bedauern
kannt ist. Aber da wir ja alle auch kannt ist. Aber da wir ja alle auch
über den bekannten Vorfall gezie¬ über den bekannten Vorfall gezie¬
außerhalb dieses Saales noch man¬ außerhalb dieses Saales noch man¬
menden Ausdruck zu verleihen und menden Ausdruck zu verleihen und
cherlei zu tun haben - cherlei zu tun haben -
aiden aiden
zu betonen, daß wir das Vor¬ zu betonen, daß wir das Vor¬
ruft Cyprian: Sehr richtig ruft Cyprian: Sehr richtig
gehen des Herrn Direktors Seiner gehen des Herrn Direktors Seiner
Bernhardi: - und die Verhandlung Bernhardi: - und die Verhandlung
Hochwürden gegenüber aufs schärfste Hochwürden gegenüber aufs schärfste
nicht überflüssig in die Länge ge¬ nicht überflüssig in die Länge ge¬
mißbilligen. (Er überschreit die wach¬ mißbilligen. (Er überschreit die wach¬
zogen werden soll, so erwidere ich zogen werden soll, so erwidere ich
sende Unruhe.) Ich stelle den weiteren sende Unruhe.) Ich stelle den weiteren
die Anfrage des Herrn Vize=Direktors die Anfrage des Herrn Vize=Direktors
Antrag, daß diese Resolution dem Antrag, daß diese Resolution dem
Professor Ebenwald mit gebotener Professor Ebenwald mit gebotener
Kuratorium in angemessener Weise Kuratorium in angemessener Weise
Kürze: Ja, die Ursache ist mir be¬ Kürze: Ja, die Ursache ist mir be¬
zur Kenntnis gebracht und diesem zur Kenntnis gebracht und diesem
kannt. Die-Ursache liegt in dem¬ kannt. Die-Ursache liegt in dem¬
nten nten
auf Grund dessen die Bitte unter¬ auf Grund dessen die Bitte unter¬
selben Vorfall, von dem Sie eine selben Vorfall, von dem Sie eine
breitet wird, die Demission zurück¬ breitet wird, die Demission zurück¬
Schilderung soeben in den Abend¬ Schilderung soeben in den Abend¬
zuziehen. (Große Unruhe.) zuziehen. (Große Unruhe.)
blättern mit größerem oder geringe¬ blättern mit größerem oder geringe¬
Bernhardi: Meine Herren! Um Sie vor Bernhardi: Meine Herren! Um Sie vor
rem Vergnügen, unter der Form rem Vergnügen, unter der Form
gung gung
Schritten zu bewahren, die Sie nach¬ Schritten zu bewahren, die Sie nach¬
einer sogen. Interpellation gelesen einer sogen. Interpellation gelesen
wiß. wiß.
her bereuen könnten, möchte ich her bereuen könnten, möchte ich
sihls¬ sihls¬
haben. haben.
Ihnen verraten, daß wir in abseh¬ Ihnen verraten, daß wir in abseh¬
arm. arm.
Schreimann: Die Interpellation gehört Schreimann: Die Interpellation gehört
barer Zeit ein Kuratorium wahr¬ barer Zeit ein Kuratorium wahr¬
nicht her nicht her
scheinlich nicht mehr nötig haben scheinlich nicht mehr nötig haben
Bernhardi: Uebrigens bin ich nicht hier, Bernhardi: Uebrigens bin ich nicht hier,
unde unde
werden. Die Verstaatlichung unseres werden. Die Verstaatlichung unseres
sollen sollen
um mich zu rechtfertigen, vor wem um mich zu rechtfertigen, vor wem
hat, in allerernsteste Erwägung ge¬ hat, in allerernsteste Erwägung ge¬
zogen. zogen.
Schreimann: Zukunftsmusik! Schreimann: Zukunftsmusik!
Ebenwald: Eine Subvention jetzt nach Ebenwald: Eine Subvention jetzt nach
der Geschichte! der Geschichte!
Filitz: Nach dieser Interpellation! Filitz: Nach dieser Interpellation!
(Große Unruhe.) (Große Unruhe.)
Bernhardi (stark): Sie vergessen, meine Bernhardi (stark): Sie vergessen, meine
Herren, daß diese Interpellation Herren, daß diese Interpellation
auch ihre Antwort finden wird. Es auch ihre Antwort finden wird. Es
liegen zwei Anträge vor. Der eine liegen zwei Anträge vor. Der eine
von Professor Ebenwald dahin¬ von Professor Ebenwald dahin¬
(Löwenstein tritt ein — (Löwenstein tritt ein —
gehend gehend
die Vorigen.) die Vorigen.)
Löwenstein: Meine Herren, ich komme Löwenstein: Meine Herren, ich komme
aus dem Parlament (Bewegung). Die aus dem Parlament (Bewegung). Die
beantwortet beantwortet
Interpellation Interpellation
worden. (Zu Bernhardi): Es ist — es worden. (Zu Bernhardi): Es ist — es
wird eine Untersuchung wegen Reli¬ wird eine Untersuchung wegen Reli¬
gionsstörung gegen dich eingeleitet. gionsstörung gegen dich eingeleitet.
Pflugfelder: Das ist doch nicht möglich: Pflugfelder: Das ist doch nicht möglich:
Ebenwald: Herr Kollege Löwenstein Ebenwald: Herr Kollege Löwenstein
wird vielleicht die Liebenswürdigkeit wird vielleicht die Liebenswürdigkeit
haben, uns etwas genauer zu infor¬ haben, uns etwas genauer zu infor¬
mieren. mieren.
Bernhardi: (steht regungolos). Bernhardi: (steht regungolos).
Cyprlan: So sprich doch endlich! Cyprlan: So sprich doch endlich!
Bernhardi (gefaßt): Ich nehme die für Bernhardi (gefaßt): Ich nehme die für
kurze Zeit unterbrochen gewesene kurze Zeit unterbrochen gewesene
Sitzung wieder auf. Meine Herren. Sitzung wieder auf. Meine Herren.
es liegen zwei Anträge vor. es liegen zwei Anträge vor.
Ebenwald: Ich ziehe meinen Antrag Ebenwald: Ich ziehe meinen Antrag
zurück. (Bewegung.) zurück. (Bewegung.)
Ebenwald: Respektive, ich lasse ihn Ebenwald: Respektive, ich lasse ihn
aufgehen in einem anderen Antrag, aufgehen in einem anderen Antrag,
der mir im Hinblick auf die durch der mir im Hinblick auf die durch
die Antwort des Ministers geschaf¬ die Antwort des Ministers geschaf¬
fene Sachlage im Interesse unseres fene Sachlage im Interesse unseres
Instituts geboten erscheint. Instituts geboten erscheint.
Cyprian: Die Antwort des Ministers Cyprian: Die Antwort des Ministers
gehört nicht hierher gehört nicht hierher
Ebenwald: Also ich beantrage: Suspen¬ Ebenwald: Also ich beantrage: Suspen¬
dierung unseres verehrten Herrn Di¬ dierung unseres verehrten Herrn Di¬
rektors von der Leitung des Elisa¬ rektors von der Leitung des Elisa¬
bethinums bis zum Abschluß der bethinums bis zum Abschluß der
gegen ihn eingeleiteten strafrecht¬ gegen ihn eingeleiteten strafrecht¬
lichen Untersuchung (große Unruhe). lichen Untersuchung (große Unruhe).
Pflugfelder: Schämen Sie sich Eben¬ Pflugfelder: Schämen Sie sich Eben¬
wald! wald!
Cyprian: Wenn Sie Ihren ersten An¬ Cyprian: Wenn Sie Ihren ersten An¬
trag zurückziehen, so bleibt doch der trag zurückziehen, so bleibt doch der
meine aufrecht, daß wir nämlich meine aufrecht, daß wir nämlich
Herrn Direktor Bernhardi unseres Herrn Direktor Bernhardi unseres
Vertrauens — Vertrauens —
Pflugfelder (unterbricht): Was geht uns Pflugfelder (unterbricht): Was geht uns
die Interpellation und ihre Beant¬ die Interpellation und ihre Beant¬
wortung überhaupt an? wortung überhaupt an?
Löwenstein: Professor Bernhardi ist Löwenstein: Professor Bernhardi ist
und bleibt Direktor des Elisabethi¬ und bleibt Direktor des Elisabethi¬
nums. Kein Mensch kann ihn ab¬ nums. Kein Mensch kann ihn ab¬
setzen. setzen.
Filitz: Für mich ist er es schon heute Filitz: Für mich ist er es schon heute
nicht mehr. nicht mehr.
Cyprian (zu Bernhardi): Laß über Cyprian (zu Bernhardi): Laß über
meinen Antrag abstimmen! meinen Antrag abstimmen!
Bernhardi: Meine Herren! (Unruhe.) Bernhardi: Meine Herren! (Unruhe.)
Schreimann: Ist denn das überhaupt Schreimann: Ist denn das überhaupt
noch eine Sitzung! Kaffeehaus oder noch eine Sitzung! Kaffeehaus oder
Billard Billard
Bernhardi: Ich muß mich schuldig be¬ Bernhardi: Ich muß mich schuldig be¬
kennen, — schuldig, daß ich als Di¬ kennen, — schuldig, daß ich als Di¬
rektor des Instituts nicht das Mög¬ rektor des Instituts nicht das Mög¬
lichste getan habe, eine Interpella¬ lichste getan habe, eine Interpella¬
tion zu verhindern, die geeignet tion zu verhindern, die geeignet
scheint, das Ansehen unseres Insti¬ scheint, das Ansehen unseres Insti¬
tuts bei allen Heuchlern und Dumm¬ tuts bei allen Heuchlern und Dumm¬
köpfen herabzusetzen. Und um selbst köpfen herabzusetzen. Und um selbst
die richtigen Konsequenzen zu ziehen, die richtigen Konsequenzen zu ziehen,
sowie um weiteren Aufschub zu ver¬ sowie um weiteren Aufschub zu ver¬
hindern, lege ich hiermit die Leitung hindern, lege ich hiermit die Leitung
des Instituts nieder! (Große Be¬ des Instituts nieder! (Große Be¬
wegung.) wegung.)
Cyprian: Was fällt dir denn ein Cyprian: Was fällt dir denn ein
Löwenstein: Das darfst du nicht. Löwenstein: Das darfst du nicht.
Pflugfelder: Es muß abgestimmt Pflugfelder: Es muß abgestimmt
werden. werden.
Filitz: Besonders da es schon gespro¬ Filitz: Besonders da es schon gespro¬
chen ist. chen ist.
Schreimann: Hat Herr Professor Bern¬ Schreimann: Hat Herr Professor Bern¬
hardi die Direktion niedergelegt hardi die Direktion niedergelegt
oder nicht? oder nicht?
Bernhardi: Ja. Bernhardi: Ja.
Ebenwald: Da Herr Professor Bern¬ Ebenwald: Da Herr Professor Bern¬
hardi zu unserem Bedauern die Di¬ hardi zu unserem Bedauern die Di¬
rektorstelle niedergelegt hat, über¬ rektorstelle niedergelegt hat, über¬
nehme ich nach Paragraph 87 unse¬ nehme ich nach Paragraph 87 unse¬
rer Statuten die Leitung des Elisa¬ rer Statuten die Leitung des Elisa¬
bethinums und zugleich den Vorsitz bethinums und zugleich den Vorsitz
dieser noch im Gang befindlichen dieser noch im Gang befindlichen
Sitzung. Ich bitte Sie, meine Herren, Sitzung. Ich bitte Sie, meine Herren,
um das gleiche Vertrauen, das Sie um das gleiche Vertrauen, das Sie
dem scheidenden Direktor in dem scheidenden Direktor in
reichem Maße entgegengebracht ha¬ reichem Maße entgegengebracht ha¬
ben, hoffe mich desselben würdig zu ben, hoffe mich desselben würdig zu
erweisen und erteile Herrn Professor erweisen und erteile Herrn Professor
Filitz das Wort. Filitz das Wort.
Löwenstein: Infam! Löwenstein: Infam!
Pflugfelder: Sie sind nicht Direktor, Pflugfelder: Sie sind nicht Direktor,
Herr Professor Ebenwald, noch nicht! Herr Professor Ebenwald, noch nicht!
(Unruhe.) (Unruhe.)
Filitz: Wir stehen nun vor der Frage, Filitz: Wir stehen nun vor der Frage,
wer die Leiung von Professor wer die Leiung von Professor
Bernhardis Abteilung zu überneh¬ Bernhardis Abteilung zu überneh¬
men hat. men hat.
Bernhardi (der nun ganz die Fassung Bernhardi (der nun ganz die Fassung
verloren hat): Es hat natürlich nie¬ verloren hat): Es hat natürlich nie¬
mand das Recht, mich von der Lei¬ mand das Recht, mich von der Lei¬
tung meiner Abteilung zu entheben, tung meiner Abteilung zu entheben,
aber ich nehme Urlaub bis zur Er¬ aber ich nehme Urlaub bis zur Er¬
ledigung meiner Angelegenheit. ledigung meiner Angelegenheit.
Cyprian: Was tust du denn? Cyprian: Was tust du denn?
Bernhardi: — nehme Urlaub - Bernhardi: — nehme Urlaub -
Ebenwald: Ist erteilt. Ebenwald: Ist erteilt.
Bernhardi: Und nun, meine Herren, Bernhardi: Und nun, meine Herren,
trete ich meinen Urlaub an und trete ich meinen Urlaub an und
habe die Ehre, mich zu empfehlen. habe die Ehre, mich zu empfehlen.
Pflugfelder: Und Sie lassen ihn gehen, Pflugfelder: Und Sie lassen ihn gehen,
meine Herren? Ich bitte Sie ein meine Herren? Ich bitte Sie ein
letztes Mal, kommen Sie doch zur letztes Mal, kommen Sie doch zur
Besinnung. Sie dürfen Bernhardi Besinnung. Sie dürfen Bernhardi
nicht gehen lassen. Lassen Sie doch nicht gehen lassen. Lassen Sie doch
alles Persönliche beiseite. Werfen alles Persönliche beiseite. Werfen
Sie doch einen Blick zurück, denken Sie doch einen Blick zurück, denken
Sie, wie diese ganze unglückselige Sie, wie diese ganze unglückselige
Geschichte angefangen hat, — und Geschichte angefangen hat, — und
Sie müssen zur Besinnung kommen. Sie müssen zur Besinnung kommen.
Ein armes Menschenkind liegt tod¬ Ein armes Menschenkind liegt tod¬
krank im Spital, ein junges Ge¬ krank im Spital, ein junges Ge¬
schöpf, das das bißchen Jugend und schöpf, das das bißchen Jugend und
Glück und Sünde, wenn Sie wollen, Glück und Sünde, wenn Sie wollen,
teuer genug mit Todesangst und teuer genug mit Todesangst und
Qual und mit dem Leben selbst be¬ Qual und mit dem Leben selbst be¬
zahlt. In den letzten Stunden ist sie zahlt. In den letzten Stunden ist sie
wieder glücklich, sie ahnt nicht den wieder glücklich, sie ahnt nicht den
nahen Tod. Genesen glaubt sie sich! nahen Tod. Genesen glaubt sie sich!
Sie träumt davon, daß ihr Gelieb¬ Sie träumt davon, daß ihr Gelieb¬
ter kommen wird, sie abzuholen, sie ter kommen wird, sie abzuholen, sie
hinauszuführen aus den Räumen hinauszuführen aus den Räumen
des Elends und des Leids ins Le¬ des Elends und des Leids ins Le¬
ben und ins Glück. Es war vielleicht ben und ins Glück. Es war vielleicht
der schönste Augenblick ihres Lebens, der schönste Augenblick ihres Lebens,
ihr letzter Traum. Und aus diesem ihr letzter Traum. Und aus diesem
Traum wollte Bernhardi sie nicht Traum wollte Bernhardi sie nicht
mehr zur furchtbaren Wirklichkeit mehr zur furchtbaren Wirklichkeit
erwachen lassen. Das ist seine Schuld! erwachen lassen. Das ist seine Schuld!
Dieses Verbrechen hat er begangen! Dieses Verbrechen hat er begangen!
Dies und nichts mehr Er hat den Dies und nichts mehr Er hat den
Pfarrer gebeten, das arme Mädel Pfarrer gebeten, das arme Mädel
ruhig hinüberschlummern zu lassen. ruhig hinüberschlummern zu lassen.
Gebeten. Sie wissen es alle. Wenn Gebeten. Sie wissen es alle. Wenn
er auch minder höflich gewesen wäre, er auch minder höflich gewesen wäre,
jeder müßte es ihm verzeihen. jeder müßte es ihm verzeihen.
Rufen Sie ihn zurück, meine Herren, Rufen Sie ihn zurück, meine Herren,
ich beschwöre Sie, rufen Sie ihn ich beschwöre Sie, rufen Sie ihn
zurück zurück
Ebenwald: Ich erlaube mir die An¬ Ebenwald: Ich erlaube mir die An¬
frage, ob Herr Professor Pflugfelder frage, ob Herr Professor Pflugfelder
mit seinem Couplet zu Ende ist? Es mit seinem Couplet zu Ende ist? Es
scheint. Somit meine Herren, gehen scheint. Somit meine Herren, gehen
wir zur Tagesordnung über. wir zur Tagesordnung über.
Vorhang. Vorhang.