VII, Verschiedenes 12, Schnitzlers Tod, Seite 368

2. 2.
Schnitzler s Deatl Schnitzler s Deatl
Ausschuit aus: Some u letigstnge . Ausschuit aus: Some u letigstnge .
2. NOV. 2. NOV.
Hwei besterleicher Hwei besterleicher
In ihrem Wesen und in ihrem Wirken offenbarten In ihrem Wesen und in ihrem Wirken offenbarten
sich der österreichischen Seele edelster Wille, vornehmste sich der österreichischen Seele edelster Wille, vornehmste
Gesinnung, herrlichster Aufschwung. Sie gehörten zu den Gesinnung, herrlichster Aufschwung. Sie gehörten zu den
Allerbesten, die wir besaßen. Es ist nicht wahr, daß kein Allerbesten, die wir besaßen. Es ist nicht wahr, daß kein
Sterblicher unersetzlich: Artur Schnitzler und Guido Sterblicher unersetzlich: Artur Schnitzler und Guido
Holzknecht wird niemnd erseten Holzknecht wird niemnd erseten
Und sie waren nicht bloß unser. So eng sie sich auch Und sie waren nicht bloß unser. So eng sie sich auch
mit ihrer österreichischen Heimat verknüpft fühlten, der mit ihrer österreichischen Heimat verknüpft fühlten, der
ganzen Welt und der ganzen Menschheit gehört ihr Werk, ganzen Welt und der ganzen Menschheit gehört ihr Werk,
gehört ihr Vermächtnis. Artur Schnitzler sagte einmal: gehört ihr Vermächtnis. Artur Schnitzler sagte einmal:
„Der Dichter ist Gestalter und Bewahrer aus innerer Not¬ „Der Dichter ist Gestalter und Bewahrer aus innerer Not¬
wendigkeit. In seinen schöpferischen Momenten ist ihm die wendigkeit. In seinen schöpferischen Momenten ist ihm die
ganze Welt Material für sein Werk“. Darum ist sein ganze Welt Material für sein Werk“. Darum ist sein
Werk Material für die ganze Welt geworden. Material Werk Material für die ganze Welt geworden. Material
und beglückende Gabe. Und darum betrauert die ganze Welt und beglückende Gabe. Und darum betrauert die ganze Welt
seinen Hingang. Von Land zu Land und von Stadt zu seinen Hingang. Von Land zu Land und von Stadt zu
Stadt trägt der tosende Herbstwind die bange Klage: Stadt trägt der tosende Herbstwind die bange Klage:
Artur Schnitzlers Herz schlägt nicht mehr. Nicht bloß Artur Schnitzlers Herz schlägt nicht mehr. Nicht bloß
Oesterteich, die ganze Welt ist ärmer geworden durch das Oesterteich, die ganze Welt ist ärmer geworden durch das
jähe Verstummen dieses Dichterherzens. jähe Verstummen dieses Dichterherzens.
Auch der geniale Arzt, der sich selbst opferte, um Auch der geniale Arzt, der sich selbst opferte, um
seinen Kranken zu helfen, ist der ganzen Welt gestorben. seinen Kranken zu helfen, ist der ganzen Welt gestorben.
Sein Arm, des schöpferischen Gedankens flinkster Helfer, Sein Arm, des schöpferischen Gedankens flinkster Helfer,
mußte verdorren, damit tausend andere Arme dem Leben mußte verdorren, damit tausend andere Arme dem Leben
und der Arbeit erhalten bleiben. Friedrich Nietzsches und der Arbeit erhalten bleiben. Friedrich Nietzsches
himmelsstürmende, ekstatische Worte wurden hier lebendig: himmelsstürmende, ekstatische Worte wurden hier lebendig:
„Trachte ich denn nach meinem Glücke? Ich trachte nach „Trachte ich denn nach meinem Glücke? Ich trachte nach
meinem Werke!“ Und dieses Werkes jubelnder Wille war: meinem Werke!“ Und dieses Werkes jubelnder Wille war:
der leidenden Menschheit zu helfen. der leidenden Menschheit zu helfen.
Dem Dichter, der beinahe siebzig Jahre alt geworden, Dem Dichter, der beinahe siebzig Jahre alt geworden,
ohne die Jugend seiner Seele zu verlieren, ward die hohe ohne die Jugend seiner Seele zu verlieren, ward die hohe
Gunst des Schicksals zuteil, das Tagwerk seiner Hände Gunst des Schicksals zuteil, das Tagwerk seiner Hände
vollenden zu dürfen. Als ihn der Tod überraschte, da stand vollenden zu dürfen. Als ihn der Tod überraschte, da stand
er zwar noch mitten in seiner Arbeit, aber das Wichtigste, er zwar noch mitten in seiner Arbeit, aber das Wichtigste,
was er zu sagen hatte, ist von ihm wohl schon längst ge¬ was er zu sagen hatte, ist von ihm wohl schon längst ge¬
sagt worden. Schlimmer erging es dem wissenschaftlichen sagt worden. Schlimmer erging es dem wissenschaftlichen
Forscher, dem Arzt, der nicht einmal sein sechzigstes Lebens¬ Forscher, dem Arzt, der nicht einmal sein sechzigstes Lebens¬
jahr erreicht hat. Wer weiß, welch wertvolle Dienste er jahr erreicht hat. Wer weiß, welch wertvolle Dienste er
mit seinem verkrüppelten Arm der Menschheit noch ge¬ mit seinem verkrüppelten Arm der Menschheit noch ge¬
leistet hätte ... Denn seinem Genius hatte die geheim¬ leistet hätte ... Denn seinem Genius hatte die geheim¬
nisvolle, heilbringende und ach so tückisch-rachsüchtige nisvolle, heilbringende und ach so tückisch-rachsüchtige
Naturkraft, die er zu meistern verstand, nichts antun Naturkraft, die er zu meistern verstand, nichts antun
können. Freilich: das, was er schuf, und das große Ver¬ können. Freilich: das, was er schuf, und das große Ver¬
mächtnis, das er hinterläßt, genügen, ihm und seinem mächtnis, das er hinterläßt, genügen, ihm und seinem
Werke die Unstreblichkeit zu sichern. Werke die Unstreblichkeit zu sichern.
Zwei Oesterreicher sind heimgegangen, deren heller Zwei Oesterreicher sind heimgegangen, deren heller
Geist im trüben Dunkel unserer Tage aufrichtend und Geist im trüben Dunkel unserer Tage aufrichtend und
segensreich wirkte. In die tiefe Trauer um diese zwei segensreich wirkte. In die tiefe Trauer um diese zwei
Menschen, die der ganzen Menschheit gedient haben, mischt Menschen, die der ganzen Menschheit gedient haben, mischt
sich das erhebende Bewußtsein, daß sie unser waren. sich das erhebende Bewußtsein, daß sie unser waren.
box 43/15 box 43/15
OBSERVER OBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11 WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
AusSchnitt aus: AusSchnitt aus:

5.NOV. 1937 5.NOV. 1937
vom: vom:
Arthur Schnitzler gestorben. Arthur Schnitzler gestorben.
n n
In Wien ist am Vörigen Mittwoch ein großer Dichter ge¬ In Wien ist am Vörigen Mittwoch ein großer Dichter ge¬
storben: Arthur Schnitzler. Im 70. Jahre hat ihn der storben: Arthur Schnitzler. Im 70. Jahre hat ihn der
Schlag getroffen. Ohne daß er das Bewußtsein wieder¬ Schlag getroffen. Ohne daß er das Bewußtsein wieder¬
erlangt hätte, ist Schnitzler innerhalb weniger Stunden ver¬ erlangt hätte, ist Schnitzler innerhalb weniger Stunden ver¬
schieden. Schnitzler war ursprünglich Arzt. Der Umgang schieden. Schnitzler war ursprünglich Arzt. Der Umgang
mit der leidenden Menschheit hat frühe seine dichterische Nei¬ mit der leidenden Menschheit hat frühe seine dichterische Nei¬
gung wachgerufen. In allen seinen Werken ist aber der gung wachgerufen. In allen seinen Werken ist aber der
ärztliche Beruf des Dichters zu spüren. Er schaute den ärztliche Beruf des Dichters zu spüren. Er schaute den
Menschen bis ins Innere und zeigte es der Welt. Schnitzler Menschen bis ins Innere und zeigte es der Welt. Schnitzler
schrieb viele Theaterstücke und eine ganze Reihe erzählender schrieb viele Theaterstücke und eine ganze Reihe erzählender
Dichtwerke. Seine Werke sind auch in viele Fremdsprachen Dichtwerke. Seine Werke sind auch in viele Fremdsprachen
übersetzt worden. Seinem Wunsch entsprechend, ist er ohne übersetzt worden. Seinem Wunsch entsprechend, ist er ohne
Feierlichkeit und ganz einfach begraben wonden. Feierlichkeit und ganz einfach begraben wonden.