1. österr. behördl. konzessioniertes 1. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11 WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus: Ausschnitt aus:
c 127 c 127
ZUKUN. ZUKUN.
Die Schönere Zuhunft, Die Schönere Zuhunft,
bei bei
weisen weisen
Wion Wion
1921 1921
weitem, weitem,
0000 0000
bis 1925 bis 1925
vom: vom:
8.11.1931. 8.11.1931.
mör- mör-
Konfessie Konfessie
bis bis
der. Für der. Für
1927: 25, 1927: 25,
gs- gs-
Nimi Nimi
nde nde
seuche seuche
Krankheil Krankheil
loli¬ loli¬
die deutse die deutse
zismus! zismus!
Dr. Joseph Eberle (Wien): Ein vergötterter Dr. Joseph Eberle (Wien): Ein vergötterter
Pseudodichter. (Zum Tode von Arthur Pseudodichter. (Zum Tode von Arthur
Schnitzler.) Schnitzler.)
Der am 21. Oktober in Wien verstorbene Dramatiker Arthur Der am 21. Oktober in Wien verstorbene Dramatiker Arthur
Schnitzler wird von der Modepresse als Dichtergröße gefeiert. Schnitzler wird von der Modepresse als Dichtergröße gefeiert.
Ei war berûlnt und seine Bûcher fanden Riesenverbreitung. Die Ei war berûlnt und seine Bûcher fanden Riesenverbreitung. Die
Zahl seiner Theaterstücke ist groß, angefangen von Werken wie Zahl seiner Theaterstücke ist groß, angefangen von Werken wie
„Anatol", „Märchen", „Liebelei", „Freiwild", „Vermächtnis", „Anatol", „Märchen", „Liebelei", „Freiwild", „Vermächtnis",
„Der grüne Kakadu“, „Paracelsus", „Die Gefährtin", „Reigen", „Der grüne Kakadu“, „Paracelsus", „Die Gefährtin", „Reigen",
„Der Schleier der Beatrice“, „Der einsame Weg", „Zwischen- „Der Schleier der Beatrice“, „Der einsame Weg", „Zwischen-
spiel". Der Ruf des Lebens" bis Der junge Medardus", „Profes- spiel". Der Ruf des Lebens" bis Der junge Medardus", „Profes-
sor Bernhardi", „Komödie der Verführung“, „Der Gang zum sor Bernhardi", „Komödie der Verführung“, „Der Gang zum
Weiber“. Aufer den Dramen schrieb Schnitzler auch Novellen Weiber“. Aufer den Dramen schrieb Schnitzler auch Novellen
und einen Roman. Im lesitz der spezifisch jûdischen Intellek- und einen Roman. Im lesitz der spezifisch jûdischen Intellek-
tualität, verfûgte Schnitzler zugleich ûber ausgesprochen pocti- tualität, verfûgte Schnitzler zugleich ûber ausgesprochen pocti-
sches Emplinden und eine hohe Kunst der Sprache. Aber fûr sches Emplinden und eine hohe Kunst der Sprache. Aber fûr
cinen großen Dichter ist wichtig nicht nur das feine Auge und cinen großen Dichter ist wichtig nicht nur das feine Auge und
das warme Empfinden fûr den Zaaber des Menschenantlitzes und das warme Empfinden fûr den Zaaber des Menschenantlitzes und
der Nalur, die l'äbigkeit des Einfûblens in Cicheimnisse des der Nalur, die l'äbigkeit des Einfûblens in Cicheimnisse des
Seclenlebens, sondern vor allem auch die rechte Weltanschauung Seclenlebens, sondern vor allem auch die rechte Weltanschauung
und damit der rechte Standpunkt der Betrachtung und die rich- und damit der rechte Standpunkt der Betrachtung und die rich-
ligen Maßstäbe der Wertung. In dieser Iinsicht fehlt Schnitzler ligen Maßstäbe der Wertung. In dieser Iinsicht fehlt Schnitzler
sozusagen alles, weil das Entscheidende. Schnitzler war ein aus- sozusagen alles, weil das Entscheidende. Schnitzler war ein aus-
gesprochener Vertreter des Naturalismus und im Bereich des Na- gesprochener Vertreter des Naturalismus und im Bereich des Na-
turalismus hat er sich wieder die Erotik zum Hauptthema ge- turalismus hat er sich wieder die Erotik zum Hauptthema ge-
macht. Er war recht eigentlich der Sigmund Freud der Literatur. macht. Er war recht eigentlich der Sigmund Freud der Literatur.
Wie Felix Salten in einem Nachruf feststellt: „Professor Freud Wie Felix Salten in einem Nachruf feststellt: „Professor Freud
hat einst an Schnitzler geschrieben (oder gesagt, denn ich weif hat einst an Schnitzler geschrieben (oder gesagt, denn ich weif
in dieser Stunde der Trauer nicht so genau Bescheid), Schnitz- in dieser Stunde der Trauer nicht so genau Bescheid), Schnitz-
ler hat als Dichter all das gefunden, was Freud als For- ler hat als Dichter all das gefunden, was Freud als For-
scher entdeckt und wissentlich besiegelt hat.“ So gilt, scher entdeckt und wissentlich besiegelt hat.“ So gilt,
was von Freud. auch von ihm. Die Welt erklären wie was von Freud. auch von ihm. Die Welt erklären wie
Freud erklären, das heißt alles aus dem Sexus erklären, Freud erklären, das heißt alles aus dem Sexus erklären,
bzw. alles mit dem Sexus in Zusammenhang bringen, heifit bzw. alles mit dem Sexus in Zusammenhang bringen, heifit
sie denn doch viel zu primitiv erklären. Die Welt einengen auf sie denn doch viel zu primitiv erklären. Die Welt einengen auf
das, was der Naturalismus und Materialismus sieht, das hoifst um das, was der Naturalismus und Materialismus sieht, das hoifst um
Himmel und Hôlle. Cott, Engel und Dâmonen, Heilige und Hel- Himmel und Hôlle. Cott, Engel und Dâmonen, Heilige und Hel-
den nicht wissen, heifit die Welt denn doch zu klein sehen. la den nicht wissen, heifit die Welt denn doch zu klein sehen. la
den Menschen nur so etwas wie bôhere Naturwesen mit leidlich den Menschen nur so etwas wie bôhere Naturwesen mit leidlich
viel Verstand und Emplindung, aber mit einem Minimum von viel Verstand und Emplindung, aber mit einem Minimum von
Willensfreiheit schen, heißt ihnen denn doch den Sinn und die Willensfreiheit schen, heißt ihnen denn doch den Sinn und die
Kraft fûr hôhere Zielsetzungen und Arbeiten rauben. So fehlen Kraft fûr hôhere Zielsetzungen und Arbeiten rauben. So fehlen
denn bei Schnitzler die grofen Ideen und Themate von Vater- denn bei Schnitzler die grofen Ideen und Themate von Vater-
land, Religion, Ceschichte, Jenseits. Seine Menschen sind keine land, Religion, Ceschichte, Jenseits. Seine Menschen sind keine
Kämpfer, die sich durch das Problematische des Lebens durch- Kämpfer, die sich durch das Problematische des Lebens durch-
ringen, die Triebe in der Herrschaft behalten, in Gelehrtenstube ringen, die Triebe in der Herrschaft behalten, in Gelehrtenstube
und Bûro, in Schlof und Fabrik wertvolle Arbeit leisten, sondern und Bûro, in Schlof und Fabrik wertvolle Arbeit leisten, sondern
es sind mehr Spieler und Geniefer, Gestalten der Dekadenz und es sind mehr Spieler und Geniefer, Gestalten der Dekadenz und
Morbiditât. Verliebte und Verträumte, Hamlets ohne den Geist Morbiditât. Verliebte und Verträumte, Hamlets ohne den Geist
Ilamlets; es sind l'uppen-, Schmetterlings-, Mistkäfermenschen, Ilamlets; es sind l'uppen-, Schmetterlings-, Mistkäfermenschen,
in deren Dasein das meiste um Eros, Liebelei, um lntreue, lhe- in deren Dasein das meiste um Eros, Liebelei, um lntreue, lhe-
scheidung geht. Es sind Menschen, in denen viel Tändelei, Zärt- scheidung geht. Es sind Menschen, in denen viel Tändelei, Zärt-
lichkeit. Wehmut. Melancholie, Verliebtheit in schône Naturbilder lichkeit. Wehmut. Melancholie, Verliebtheit in schône Naturbilder
und dergleichen ist. aber nie ein grofer Zug. eine große Idee, und dergleichen ist. aber nie ein grofer Zug. eine große Idee,
cin starker Wille. Weil Schnitzlers Menschen der Ausblick auf cin starker Wille. Weil Schnitzlers Menschen der Ausblick auf
ein Jenseits und die Verpflichtung absoluter Sittengesetze fehlt, ein Jenseits und die Verpflichtung absoluter Sittengesetze fehlt,
-ind sie auch schon fûr dieses Leben untûchtig, immer ängstlich -ind sie auch schon fûr dieses Leben untûchtig, immer ängstlich
an den schwarzen Abgrund am Ende ibrer Tage denkend, deshall an den schwarzen Abgrund am Ende ibrer Tage denkend, deshall
infolge der begreiflichen Entläuschungen und Bitternisse nicht infolge der begreiflichen Entläuschungen und Bitternisse nicht
selten ibrem Dasein auf unnatûrliche Weise, d. h. mit einem Re- selten ibrem Dasein auf unnatûrliche Weise, d. h. mit einem Re-