VII, Verschiedenes 12, Schnitzlers Tod, Seite 389

Schnitzler's Deatl Schnitzler's Deatl
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I. österr. behördl. konzessioniertes I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11 WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus: Ausschnitt aus:
Die Eteratur, Stangart Die Eteratur, Stangart
vom: vom:
N3 N3
Arthur Schnitzler Arthur Schnitzler
„Es gebört zur Kadenz seines Lebens, daß es in der „Es gebört zur Kadenz seines Lebens, daß es in der
lieblich traurigen Jahrzeit der Reife und des Erfüllt¬ lieblich traurigen Jahrzeit der Reife und des Erfüllt¬
seins erlosch. Das Gleichnis des Vergänglichen schwebte seins erlosch. Das Gleichnis des Vergänglichen schwebte
über dem Wirbel der Lust seiner Weltkinder, seine über dem Wirbel der Lust seiner Weltkinder, seine
zartgefingerten Kammerspiele bohrten den Tod an, zartgefingerten Kammerspiele bohrten den Tod an,
das Ende war schon ihr Beginn. Schnitzler wußte, wie das Ende war schon ihr Beginn. Schnitzler wußte, wie
die Welt seines Anatols, seines „süßen Mädels', ihm die Welt seines Anatols, seines „süßen Mädels', ihm
schon vorausgegangen war. Er bewegte sich wie Hof¬ schon vorausgegangen war. Er bewegte sich wie Hof¬
mannsthal in der eigenen Historie, denn auch dieses mannsthal in der eigenen Historie, denn auch dieses
Wien Grillparzers, künstlich verlängert als das Capua Wien Grillparzers, künstlich verlängert als das Capua
der Geister... entnervend weht dein Sonnenbauch der Geister... entnervend weht dein Sonnenbauch
sah er sakularisiert. Beide, Hofmannsthal und Schnitzler, sah er sakularisiert. Beide, Hofmannsthal und Schnitzler,
verstrickt in den Niedergang, das Gleitende, verzauber¬ verstrickt in den Niedergang, das Gleitende, verzauber¬
ten den Augenblick. Jedweder hörte zu jeder Stunde die ten den Augenblick. Jedweder hörte zu jeder Stunde die
Stimme „Jedermanns“. Nicht mit dem letzten Ernst, Stimme „Jedermanns“. Nicht mit dem letzten Ernst,
denn bei Schnitzler wird das Leben kaum als Traum denn bei Schnitzler wird das Leben kaum als Traum
ersonnen, sondern als Theaterspiel: „Liebeln, Ster¬ ersonnen, sondern als Theaterspiel: „Liebeln, Ster¬
beln und Komödienspielen. So sehr war das Theater beln und Komödienspielen. So sehr war das Theater
schon die stärkere und faszinierendere Wirklichkeit als schon die stärkere und faszinierendere Wirklichkeit als
die müde Substanz des Lebens. Überall, wo Schnitzler die müde Substanz des Lebens. Überall, wo Schnitzler
tiefer ansetzt, spürt man den Vorzug seines Lebens und tiefer ansetzt, spürt man den Vorzug seines Lebens und
seiner Herkunft. Wäre sein Vater nicht Arzt gewesen, seiner Herkunft. Wäre sein Vater nicht Arzt gewesen,
hätte er nicht selber Medizin studiert, mit gründlichster hätte er nicht selber Medizin studiert, mit gründlichster
Vorbereitung als mehrjäbriger Assistent im Allgemeinen Vorbereitung als mehrjäbriger Assistent im Allgemeinen
Krankenhaus in Wien und als Assistent der Poliklinik Krankenhaus in Wien und als Assistent der Poliklinik
und endlich als ausübender Arzt... wer weiß, ob er und endlich als ausübender Arzt... wer weiß, ob er
gelernt hätte, Menschen als Abbilder des Lebens so gelernt hätte, Menschen als Abbilder des Lebens so
herzecht auf die Bühne zu stellen." Eduard Korrodi herzecht auf die Bühne zu stellen." Eduard Korrodi
(N. Zür. Ztg. 2001). (N. Zür. Ztg. 2001).
„Ich besinne mich, um etwas von den Dingen wieder¬ „Ich besinne mich, um etwas von den Dingen wieder¬
zugeben, die Schnitzler mir in all den Jahren gesagt zugeben, die Schnitzler mir in all den Jahren gesagt
hat, ich denke, manchmal in der Absict, ich möchte hat, ich denke, manchmal in der Absict, ich möchte
sie nach seinem Tode niederschreiben. Aber ich komme sie nach seinem Tode niederschreiben. Aber ich komme
von dem Eindruck des allerletzten Gesprächs nicht los. von dem Eindruck des allerletzten Gesprächs nicht los.
Es sieht nachträglich fast gespenstisch aus. Wie sprachen Es sieht nachträglich fast gespenstisch aus. Wie sprachen
eine halbe Stunde vom Spiritismus, von der Wieder= eine halbe Stunde vom Spiritismus, von der Wieder=
kehr nach dem Tode! (Schnitzler zeigte dieser Lehre kehr nach dem Tode! (Schnitzler zeigte dieser Lehre
gegenüber die tiefste, eine ärztliche Skepsis und de) gegenüber die tiefste, eine ärztliche Skepsis und de)
wieder eine Art Sehnsucht- wieder eine Art Sehnsucht-
Wir sprachen von allen unseren gemeinsamen Freun¬ Wir sprachen von allen unseren gemeinsamen Freun¬
den, und ich werde manchem von ihnen eine letzte den, und ich werde manchem von ihnen eine letzte
Botschaft zu übermitteln haben, nur Worte der Güte, Botschaft zu übermitteln haben, nur Worte der Güte,
des Versteben des Versteben
Er war, bei all seinem beißenden Witz, immer so milde Er war, bei all seinem beißenden Witz, immer so milde
im Beurteilen einzelner Menschen. 2harf wurde er, im Beurteilen einzelner Menschen. 2harf wurde er,
wenn er von Institutionen, Massen, Zeiterscheinungen wenn er von Institutionen, Massen, Zeiterscheinungen
retete. Arnold Hoellriegel V. T. 502. retete. Arnold Hoellriegel V. T. 502.
„Einsamkeit de, Menschen untereinander, 3 „Einsamkeit de, Menschen untereinander, 3
box 43/15 box 43/15
träumte. Ibsen hielt Gerichtstag mit der Menschbeit ab. träumte. Ibsen hielt Gerichtstag mit der Menschbeit ab.
Schnitzler feierte Versohnungsfeste mit dem Leid, Schnitzler feierte Versohnungsfeste mit dem Leid,
mit der Schwäche, mit dem Tod. Ibsen forderte Moral mit der Schwäche, mit dem Tod. Ibsen forderte Moral
für die Seele. Schnitzler rechtfertigte die Seele für ihre für die Seele. Schnitzler rechtfertigte die Seele für ihre
moralische Schwäche. Der Mediziner begreift die moralische Schwäche. Der Mediziner begreift die
Schwäche besser als die Stärke. Die Psychoanalyse Schwäche besser als die Stärke. Die Psychoanalyse
sordert nicht. Sie versteht alles und verzeiht alles. sordert nicht. Sie versteht alles und verzeiht alles.
Bernbard Diebold (Frankf. Zig. 789/M)). Bernbard Diebold (Frankf. Zig. 789/M)).
„Schnitzler war ein geistiger Nachbar Sigmund Freuds, „Schnitzler war ein geistiger Nachbar Sigmund Freuds,
des Schöpfers der problematischen Psychoanalyse. In des Schöpfers der problematischen Psychoanalyse. In
der Erzählung Fräulein Else“, die durch die Verfilmung, der Erzählung Fräulein Else“, die durch die Verfilmung,
mit Elisabeth Bergner in der Titelrolle, in weite Kreise mit Elisabeth Bergner in der Titelrolle, in weite Kreise
gedrungen isi, spielt die psychoanalytische Selbster gedrungen isi, spielt die psychoanalytische Selbster
kenntnis eine wichtige Rolle. Schnitzler, der Arzt, war kenntnis eine wichtige Rolle. Schnitzler, der Arzt, war
als Seelenanalwtiker durchaus Naturforscher, den als Seelenanalwtiker durchaus Naturforscher, den
mystische Untergründe des Lebens mehr reizten als mystische Untergründe des Lebens mehr reizten als
mefaphsisch beunrubigten" Huge Aubsch (Deutsche mefaphsisch beunrubigten" Huge Aubsch (Deutsche