12. Schuitzler's Deatl 12. Schuitzler's Deatl
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der Sarg geschlossen. Um halb 12 Uhr der Sarg geschlossen. Um halb 12 Uhr
das Leichenauto vor dem Sterbehause das Leichenauto vor dem Sterbehause
und der Sarg wurde hineingehoben. In und der Sarg wurde hineingehoben. In
Sternwartestraße hatten sich viele Tausende Sternwartestraße hatten sich viele Tausende
angesammelt. angesammelt.
Am Zentralfriedhof. Am Zentralfriedhof.
Schon lange vor Ankunft des Leichenzuges Schon lange vor Ankunft des Leichenzuges
am Zentralfriedhof hatten sich dort die Reprä¬ am Zentralfriedhof hatten sich dort die Reprä¬
sentanten des geistigen Wien in einer außer¬ sentanten des geistigen Wien in einer außer¬
ordentlich großen Anzahl eingefunden. Wenn ordentlich großen Anzahl eingefunden. Wenn
man an diesem klaren sonnigen Oktobertag man an diesem klaren sonnigen Oktobertag
die Schar der Trauergäste auf dem weiten die Schar der Trauergäste auf dem weiten
Platz vor der Zeremonienhalle der Reihe nach Platz vor der Zeremonienhalle der Reihe nach
durchging, so konnte man wirklich sagen, daß durchging, so konnte man wirklich sagen, daß
alles, was durch künstlerisches Wirken und alles, was durch künstlerisches Wirken und
durch seinen Namen dazu berufen war, einem durch seinen Namen dazu berufen war, einem
großen österreichischen Dichter das letzte Ge¬ großen österreichischen Dichter das letzte Ge¬
leite zu geben, dieser Pflicht Genüge geleistet leite zu geben, dieser Pflicht Genüge geleistet
hatte. hatte.
Einige Minuten vor zwölf Uhr erschien das Einige Minuten vor zwölf Uhr erschien das
Leichenauto. Hinter ihm eine schier Leichenauto. Hinter ihm eine schier
endlose Schlange von Privatautos und Taxis. endlose Schlange von Privatautos und Taxis.
Am Eingang wurde der Trauerzug von den Am Eingang wurde der Trauerzug von den
Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde
erwartet. Als erster hinter dem Sarg ging erwartet. Als erster hinter dem Sarg ging
Schnitzlers Sohn Heinrich, dann folgte seine Schnitzlers Sohn Heinrich, dann folgte seine
Mutter. Mutter.
Dem Wunsche Schnitzlers entsprechend Dem Wunsche Schnitzlers entsprechend
wurde in der Zermonienhalle nur ein kur¬ wurde in der Zermonienhalle nur ein kur¬
zes Gebet gesprochen und dann der Sarg zes Gebet gesprochen und dann der Sarg
sofort zum Erbgrab der Familie sofort zum Erbgrab der Familie
Schnitzler hinter der Zermonienhalle ge¬ Schnitzler hinter der Zermonienhalle ge¬
tragen. tragen.
Ein ziemlich starkes Wacheaufgebot hatte Ein ziemlich starkes Wacheaufgebot hatte
Mühe, in den dichten Strom der Leidtragen¬ Mühe, in den dichten Strom der Leidtragen¬
den und zufällig anwesenden Trauergäste den und zufällig anwesenden Trauergäste
etwas Ordnung zu bringen. etwas Ordnung zu bringen.
Am offenen Grab standen neben den engeren Am offenen Grab standen neben den engeren
Familienmitgliedern und Bekannten alle, Familienmitgliedern und Bekannten alle,
die mit dem einstigen und jetzigen Burg¬ die mit dem einstigen und jetzigen Burg¬
theater irgendwie zu tun hatten. Fast alle theater irgendwie zu tun hatten. Fast alle
bedeutenderen in Wien tätigen Schauspieler bedeutenderen in Wien tätigen Schauspieler
und Direktoren, das Volkstheater war fast und Direktoren, das Volkstheater war fast
korporativ erschienen, die Generalintendanz korporativ erschienen, die Generalintendanz
der Staatstheater hatte den Generalintendan¬ der Staatstheater hatte den Generalintendan¬
ten Schneiderhan und Hofrat Dr. Kar¬ ten Schneiderhan und Hofrat Dr. Kar¬
path entsandt; den Bürgermeister Seitz path entsandt; den Bürgermeister Seitz
vertrat Stadtrat Tandler, für die Con¬ vertrat Stadtrat Tandler, für die Con¬
cordia waren Präsident Lipschütz und cordia waren Präsident Lipschütz und
Vizepräsident Reichmann erschienen. Das Vizepräsident Reichmann erschienen. Das
Theater in der Josefstadt, die Berliner Rein¬ Theater in der Josefstadt, die Berliner Rein¬
hardt=Bühnen waren vertreten, und auch die hardt=Bühnen waren vertreten, und auch die
ersten Schriftsteller und Dichter Wiens standen ersten Schriftsteller und Dichter Wiens standen
beinahe vollständig an diesem Grabe. beinahe vollständig an diesem Grabe.
Dem Wunsche des Dichters gemäß gab es Dem Wunsche des Dichters gemäß gab es
keinerlei Trauerreden. Um ¼1 Uhr wurde der keinerlei Trauerreden. Um ¼1 Uhr wurde der
Sarg indie Tiefe gesenkt, und damit Sarg indie Tiefe gesenkt, und damit
wor die offizielle Trauerfeier be¬ wor die offizielle Trauerfeier be¬
endet. endet.
Trauerkundgebungen. Trauerkundgebungen.
Das Präsidium des Journalisten- und Das Präsidium des Journalisten- und
Schriftstellervereins Concordia hielt ge¬ Schriftstellervereins Concordia hielt ge¬
stern eine Trauersitzung für sein Ehren¬ stern eine Trauersitzung für sein Ehren¬
mitglied Arthur Schnitzler, in der Präsident mitglied Arthur Schnitzler, in der Präsident
Lipschütz einen war empfundenen und gehal¬ Lipschütz einen war empfundenen und gehal¬
vollen Nachruf sprach, in dem er unter an¬ vollen Nachruf sprach, in dem er unter an¬
derem sagte: „Arthur Schnitzler hat sich ein derem sagte: „Arthur Schnitzler hat sich ein
Leichenbegängnis letzter Klasse bestellt, die Leichenbegängnis letzter Klasse bestellt, die
Welt hat ihm ein Leichenbegängnis erster Welt hat ihm ein Leichenbegängnis erster
Klasse bereitet. Klasse bereitet.
Auch der Vorstand des S. D. S. O. trat Auch der Vorstand des S. D. S. O. trat
vorgestern unter Vorsitz seines Präsidenten vorgestern unter Vorsitz seines Präsidenten
Fontana zu einer Trauersitzung zusammen, Fontana zu einer Trauersitzung zusammen,
in der der Vorstand beschloß, zu Ehren des in der der Vorstand beschloß, zu Ehren des
Dichters eine große Totenfeier zu veranstal¬ Dichters eine große Totenfeier zu veranstal¬
ten. Weiters wurde im Sinne Arthur Schnitz¬ ten. Weiters wurde im Sinne Arthur Schnitz¬
lers beschlossen, dem Unterstützungsfonds lers beschlossen, dem Unterstützungsfonds
des S. D. S. O. eine größere Summe zuzu¬ des S. D. S. O. eine größere Summe zuzu¬
wenden. wenden.
Auch in der Gesellschaft der Arzte wurde Auch in der Gesellschaft der Arzte wurde
bemerkenswerterweise eine Trauerfeier für bemerkenswerterweise eine Trauerfeier für
Arthur Schnitzler gehalten, obgleich der Arthur Schnitzler gehalten, obgleich der
Verstorbene kein Mitglied der Gesellschaft der Verstorbene kein Mitglied der Gesellschaft der
Arzte war. Arzte war.
Die dürch Abwesenheit glänzten. Die dürch Abwesenheit glänzten.
Das geistige Wien hatte sich, wie bereits Das geistige Wien hatte sich, wie bereits
gesagt, die Mühe genommen, dem repräsen¬ gesagt, die Mühe genommen, dem repräsen¬
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der Sarg geschlossen. Um halb 12 Uhr der Sarg geschlossen. Um halb 12 Uhr
das Leichenauto vor dem Sterbehause das Leichenauto vor dem Sterbehause
und der Sarg wurde hineingehoben. In und der Sarg wurde hineingehoben. In
Sternwartestraße hatten sich viele Tausende Sternwartestraße hatten sich viele Tausende
angesammelt. angesammelt.
Am Zentralfriedhof. Am Zentralfriedhof.
Schon lange vor Ankunft des Leichenzuges Schon lange vor Ankunft des Leichenzuges
am Zentralfriedhof hatten sich dort die Reprä¬ am Zentralfriedhof hatten sich dort die Reprä¬
sentanten des geistigen Wien in einer außer¬ sentanten des geistigen Wien in einer außer¬
ordentlich großen Anzahl eingefunden. Wenn ordentlich großen Anzahl eingefunden. Wenn
man an diesem klaren sonnigen Oktobertag man an diesem klaren sonnigen Oktobertag
die Schar der Trauergäste auf dem weiten die Schar der Trauergäste auf dem weiten
Platz vor der Zeremonienhalle der Reihe nach Platz vor der Zeremonienhalle der Reihe nach
durchging, so konnte man wirklich sagen, daß durchging, so konnte man wirklich sagen, daß
alles, was durch künstlerisches Wirken und alles, was durch künstlerisches Wirken und
durch seinen Namen dazu berufen war, einem durch seinen Namen dazu berufen war, einem
großen österreichischen Dichter das letzte Ge¬ großen österreichischen Dichter das letzte Ge¬
leite zu geben, dieser Pflicht Genüge geleistet leite zu geben, dieser Pflicht Genüge geleistet
hatte. hatte.
Einige Minuten vor zwölf Uhr erschien das Einige Minuten vor zwölf Uhr erschien das
Leichenauto. Hinter ihm eine schier Leichenauto. Hinter ihm eine schier
endlose Schlange von Privatautos und Taxis. endlose Schlange von Privatautos und Taxis.
Am Eingang wurde der Trauerzug von den Am Eingang wurde der Trauerzug von den
Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde
erwartet. Als erster hinter dem Sarg ging erwartet. Als erster hinter dem Sarg ging
Schnitzlers Sohn Heinrich, dann folgte seine Schnitzlers Sohn Heinrich, dann folgte seine
Mutter. Mutter.
Dem Wunsche Schnitzlers entsprechend Dem Wunsche Schnitzlers entsprechend
wurde in der Zermonienhalle nur ein kur¬ wurde in der Zermonienhalle nur ein kur¬
zes Gebet gesprochen und dann der Sarg zes Gebet gesprochen und dann der Sarg
sofort zum Erbgrab der Familie sofort zum Erbgrab der Familie
Schnitzler hinter der Zermonienhalle ge¬ Schnitzler hinter der Zermonienhalle ge¬
tragen. tragen.
Ein ziemlich starkes Wacheaufgebot hatte Ein ziemlich starkes Wacheaufgebot hatte
Mühe, in den dichten Strom der Leidtragen¬ Mühe, in den dichten Strom der Leidtragen¬
den und zufällig anwesenden Trauergäste den und zufällig anwesenden Trauergäste
etwas Ordnung zu bringen. etwas Ordnung zu bringen.
Am offenen Grab standen neben den engeren Am offenen Grab standen neben den engeren
Familienmitgliedern und Bekannten alle, Familienmitgliedern und Bekannten alle,
die mit dem einstigen und jetzigen Burg¬ die mit dem einstigen und jetzigen Burg¬
theater irgendwie zu tun hatten. Fast alle theater irgendwie zu tun hatten. Fast alle
bedeutenderen in Wien tätigen Schauspieler bedeutenderen in Wien tätigen Schauspieler
und Direktoren, das Volkstheater war fast und Direktoren, das Volkstheater war fast
korporativ erschienen, die Generalintendanz korporativ erschienen, die Generalintendanz
der Staatstheater hatte den Generalintendan¬ der Staatstheater hatte den Generalintendan¬
ten Schneiderhan und Hofrat Dr. Kar¬ ten Schneiderhan und Hofrat Dr. Kar¬
path entsandt; den Bürgermeister Seitz path entsandt; den Bürgermeister Seitz
vertrat Stadtrat Tandler, für die Con¬ vertrat Stadtrat Tandler, für die Con¬
cordia waren Präsident Lipschütz und cordia waren Präsident Lipschütz und
Vizepräsident Reichmann erschienen. Das Vizepräsident Reichmann erschienen. Das
Theater in der Josefstadt, die Berliner Rein¬ Theater in der Josefstadt, die Berliner Rein¬
hardt=Bühnen waren vertreten, und auch die hardt=Bühnen waren vertreten, und auch die
ersten Schriftsteller und Dichter Wiens standen ersten Schriftsteller und Dichter Wiens standen
beinahe vollständig an diesem Grabe. beinahe vollständig an diesem Grabe.
Dem Wunsche des Dichters gemäß gab es Dem Wunsche des Dichters gemäß gab es
keinerlei Trauerreden. Um ¼1 Uhr wurde der keinerlei Trauerreden. Um ¼1 Uhr wurde der
Sarg indie Tiefe gesenkt, und damit Sarg indie Tiefe gesenkt, und damit
wor die offizielle Trauerfeier be¬ wor die offizielle Trauerfeier be¬
endet. endet.
Trauerkundgebungen. Trauerkundgebungen.
Das Präsidium des Journalisten- und Das Präsidium des Journalisten- und
Schriftstellervereins Concordia hielt ge¬ Schriftstellervereins Concordia hielt ge¬
stern eine Trauersitzung für sein Ehren¬ stern eine Trauersitzung für sein Ehren¬
mitglied Arthur Schnitzler, in der Präsident mitglied Arthur Schnitzler, in der Präsident
Lipschütz einen war empfundenen und gehal¬ Lipschütz einen war empfundenen und gehal¬
vollen Nachruf sprach, in dem er unter an¬ vollen Nachruf sprach, in dem er unter an¬
derem sagte: „Arthur Schnitzler hat sich ein derem sagte: „Arthur Schnitzler hat sich ein
Leichenbegängnis letzter Klasse bestellt, die Leichenbegängnis letzter Klasse bestellt, die
Welt hat ihm ein Leichenbegängnis erster Welt hat ihm ein Leichenbegängnis erster
Klasse bereitet. Klasse bereitet.
Auch der Vorstand des S. D. S. O. trat Auch der Vorstand des S. D. S. O. trat
vorgestern unter Vorsitz seines Präsidenten vorgestern unter Vorsitz seines Präsidenten
Fontana zu einer Trauersitzung zusammen, Fontana zu einer Trauersitzung zusammen,
in der der Vorstand beschloß, zu Ehren des in der der Vorstand beschloß, zu Ehren des
Dichters eine große Totenfeier zu veranstal¬ Dichters eine große Totenfeier zu veranstal¬
ten. Weiters wurde im Sinne Arthur Schnitz¬ ten. Weiters wurde im Sinne Arthur Schnitz¬
lers beschlossen, dem Unterstützungsfonds lers beschlossen, dem Unterstützungsfonds
des S. D. S. O. eine größere Summe zuzu¬ des S. D. S. O. eine größere Summe zuzu¬
wenden. wenden.
Auch in der Gesellschaft der Arzte wurde Auch in der Gesellschaft der Arzte wurde
bemerkenswerterweise eine Trauerfeier für bemerkenswerterweise eine Trauerfeier für
Arthur Schnitzler gehalten, obgleich der Arthur Schnitzler gehalten, obgleich der
Verstorbene kein Mitglied der Gesellschaft der Verstorbene kein Mitglied der Gesellschaft der
Arzte war. Arzte war.
Die dürch Abwesenheit glänzten. Die dürch Abwesenheit glänzten.
Das geistige Wien hatte sich, wie bereits Das geistige Wien hatte sich, wie bereits
gesagt, die Mühe genommen, dem repräsen¬ gesagt, die Mühe genommen, dem repräsen¬