VII, Verschiedenes 12, Schnitzlers Tod, Seite 613

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Schuitzler's Deatl Schuitzler's Deatl
Seite 4 Seite 4
Wien, Se Wien, Se
Versteigerung Versteigerung
Gesumteinrichtung Gesumteinrichtung
der Ischler Villa der ehemaligen der Ischler Villa der ehemaligen
k. k. Hotburgschauspielerin K. Sch k. k. Hotburgschauspielerin K. Sch
und Boiträge aus anderem Besitz und Boiträge aus anderem Besitz
vom 29. bis 31. Oktober 1931 im vom 29. bis 31. Oktober 1931 im
DOROIRLON DOROIRLON
Die Versteigerungsgegenstände Die Versteigerungsgegenstände
können morgen Sonntag den können morgen Sonntag den
25. Oktober von 10 bis 1 Uhr, 25. Oktober von 10 bis 1 Uhr,
Montag den 26. bis Mittwoch den Montag den 26. bis Mittwoch den
28. Oktober 1931 28. Oktober 1931
In den Runstsülen des Dorotheums In den Runstsülen des Dorotheums
besichtigt werden besichtigt werden
tativsten Dichter einer bedeutsamen österrei¬ tativsten Dichter einer bedeutsamen österrei¬
chischen Epoche und Wiener Geschichte das chischen Epoche und Wiener Geschichte das
latzte Ehrengeleit zu geben. Nicht anwe¬ latzte Ehrengeleit zu geben. Nicht anwe¬
send waren sämtliche Herren Mi¬ send waren sämtliche Herren Mi¬
nister. Auch der Bundespräsident hatte sich nister. Auch der Bundespräsident hatte sich
nicht vertreten lasse nicht vertreten lasse
as wäre ja vielleicht nicht einmal so arg as wäre ja vielleicht nicht einmal so arg
gewesen und man hätte ja unter Umständen gewesen und man hätte ja unter Umständen
dringende Amtsgeshäfte vorschützen können. dringende Amtsgeshäfte vorschützen können.
Der Minister für Kultus und Unter¬ Der Minister für Kultus und Unter¬
richt Dr. Czermak allerdings hätte per¬ richt Dr. Czermak allerdings hätte per¬
sönlich erscheinen müssen. Er dat es nicht, sönlich erscheinen müssen. Er dat es nicht,
sondern schickte einen Untergebenen. Auch Di¬ sondern schickte einen Untergebenen. Auch Di¬
rektor Dr. Beer vom Deutschen Volksthea¬ rektor Dr. Beer vom Deutschen Volksthea¬
ter hatte seltsamerweise gerade zu der Zeit, ter hatte seltsamerweise gerade zu der Zeit,
da der Dichter „Anatols“ begraben wurde, da der Dichter „Anatols“ begraben wurde,
eine dringend: Probe im Deutschen Volks¬ eine dringend: Probe im Deutschen Volks¬
theater. theater.
Man könnte übrigens die Absenzliste noch Man könnte übrigens die Absenzliste noch
weiter fortsetzen. Aber diese wenigen Fest¬ weiter fortsetzen. Aber diese wenigen Fest¬
stellungen dürften genügen. stellungen dürften genügen.
Die Sanierung der Die Sanierung der
Bank Marmorosch Bank Marmorosch
Blank & Co. mißglückt. Blank & Co. mißglückt.
Vor der Gröffnung des Ausgleiches. Vor der Gröffnung des Ausgleiches.
Bukarest, 23. Oktober. Bukarest, 23. Oktober.
Obwohl die Nachmittagsblätter noch keiner¬ Obwohl die Nachmittagsblätter noch keiner¬
lei Meldungen darüber bringen, ist als fest¬ lei Meldungen darüber bringen, ist als fest¬
stehend anzusehen, daß die Stützungsaktion für stehend anzusehen, daß die Stützungsaktion für
die Bank Marmorosch, Blank & Co. keinen die Bank Marmorosch, Blank & Co. keinen
Ersolg haben wird und daß die Schalter Ersolg haben wird und daß die Schalter
der Bank auch am Dienstag geschlossen blei¬ der Bank auch am Dienstag geschlossen blei¬
ben. Die Lösung kann nur mehr in Form ben. Die Lösung kann nur mehr in Form
eineg Ausgleiches gefunden werder eineg Ausgleiches gefunden werder
dessen Bedingungen mit Hilfe des Staates dessen Bedingungen mit Hilfe des Staates
und der Nationalbank möglichst günstig ge¬ und der Nationalbank möglichst günstig ge¬
staltet werden sollen. staltet werden sollen.
Diese Wendung in den Stützungsverhand¬ Diese Wendung in den Stützungsverhand¬
lungen ist infolge der Haltung des Präsidenten lungen ist infolge der Haltung des Präsidenten
der Nationalbank Manoilesen eingetre¬ der Nationalbank Manoilesen eingetre¬
ten, der eine neuerliche finanzielle Hilfe nicht ten, der eine neuerliche finanzielle Hilfe nicht
mehr verantworten zu können glaubt und mehr verantworten zu können glaubt und
seine Demission andot. Staat und seine Demission andot. Staat und
Natonalbank hatten bisher der Bank Marmo¬ Natonalbank hatten bisher der Bank Marmo¬
box 43/25 box 43/25
Sonntag, 25. Oktober Sonntag, 25. Oktober
Vie geguchte Vie geguchte

VII. Kaiserstraße 123 VII. Kaiserstraße 123
lavle. lavle.
IX. Alserstraße 6 IX. Alserstraße 6
Wo war gestern Herr Wo war gestern Herr
Miklas? Miklas?
Jedenfalls nicht am Grabe Arthur Jedenfalls nicht am Grabe Arthur
Schnitzlers. Kann sein, bei einem Feuer¬ Schnitzlers. Kann sein, bei einem Feuer¬
wehrjubiläum, bei einer Mastviehaus- wehrjubiläum, bei einer Mastviehaus-
stellung oder gar bei einem Heeresbest¬ stellung oder gar bei einem Heeresbest¬
schießen. Natürlich, ein Landesvater hat's schießen. Natürlich, ein Landesvater hat's
nicht leicht, er kann sich seine Tagesein¬ nicht leicht, er kann sich seine Tagesein¬
teilung bekanntlich nicht aussuchen. Die teilung bekanntlich nicht aussuchen. Die
alte berühmte Höflichkeit der Könige ist ein alte berühmte Höflichkeit der Könige ist ein
saures Amt, zu dem noch dazu frohe und saures Amt, zu dem noch dazu frohe und
festliche Miene gemacht werden muß. Viel¬ festliche Miene gemacht werden muß. Viel¬
leicht wußte der Herr Bundespräsident leicht wußte der Herr Bundespräsident
übrigens gar nicht, daß Oesterreichs größter übrigens gar nicht, daß Oesterreichs größter
Dichter gestorben ist, ich bitt' Sie, Wichtig¬ Dichter gestorben ist, ich bitt' Sie, Wichtig¬
keit, in diesen aufgeregten Zeiten. Aber keit, in diesen aufgeregten Zeiten. Aber
schließlich gibt es sogar in der Republik schließlich gibt es sogar in der Republik
und in dieser erst recht noch Sektionschefs und in dieser erst recht noch Sektionschefs
und Präsidialisten, deren verdammte und Präsidialisten, deren verdammte
Pflicht und Schuldigkeit es ist, ihr Staats¬ Pflicht und Schuldigkeit es ist, ihr Staats¬
oberhaupt mit entsprechend devotem Nach¬ oberhaupt mit entsprechend devotem Nach¬
druck aufmerksam zu machen. druck aufmerksam zu machen.
Herrn Miklas hat niemand aufmerk¬ Herrn Miklas hat niemand aufmerk¬
sam gemacht. Auch seine Ministe unter¬ sam gemacht. Auch seine Ministe unter¬
ließen diesen lästigen Friedhofsbesuch, nur ließen diesen lästigen Friedhofsbesuch, nur
der erkrankte Bürgermeister der Stadt der erkrankte Bürgermeister der Stadt
Wien hat sich vertreten lassen und außer¬ Wien hat sich vertreten lassen und außer¬
dem nur noch der Unterrichtsminister. dem nur noch der Unterrichtsminister.
Auch dieser hielt es offenbar für taktvoller Auch dieser hielt es offenbar für taktvoller
und vermutlich auch diplomatischer, am und vermutlich auch diplomatischer, am
Grabe des Mannes, der in seinem „Pro¬ Grabe des Mannes, der in seinem „Pro¬
fessor Bernhardi“ dem ultramontanen fessor Bernhardi“ dem ultramontanen
den den
Unterrichtswesen Unterrichtswesen
österreichischen österreichischen
satirischen Genickfang gegeben hatte, lieber satirischen Genickfang gegeben hatte, lieber
Als Als
durch Abwesenheit zu glänzen. durch Abwesenheit zu glänzen.
routinierte Oesterreicher hegen wir da routinierte Oesterreicher hegen wir da
nämlich einen ganz kleinen, unschönen nämlich einen ganz kleinen, unschönen
Verdacht: es wird schon kein Zufall, keine Verdacht: es wird schon kein Zufall, keine
Vergeßlichkeit, keine Verschlampung ge¬ Vergeßlichkeit, keine Verschlampung ge¬
wesen sein. Namentlich Herr Miklas, das wesen sein. Namentlich Herr Miklas, das
muß ihm selbst der Parteigegner lassen, muß ihm selbst der Parteigegner lassen,
kann ja auch anders. Er hat am Sarge kann ja auch anders. Er hat am Sarge
atthig. atthig.
n mallhen Mnnn n mallhen Mnnn
Miene Miene
Allgemeine Allgemeine
Schönherr selbst, daß ihm der Glaubensmut Schönherr selbst, daß ihm der Glaubensmut
seines „Sonnwendtag", daß ihm die Ge¬ seines „Sonnwendtag", daß ihm die Ge¬
sinnungs= und Gedankenreinheit, der er in sinnungs= und Gedankenreinheit, der er in
„Glaube und Heimat“ so aufrecht gehuldigt „Glaube und Heimat“ so aufrecht gehuldigt
hat, niemals verziehen werden können. hat, niemals verziehen werden können.
Auch Arthur Schnitzler war in diesen hei¬ Auch Arthur Schnitzler war in diesen hei¬
mischen „Belangen“ ein stillächelnder Viel¬ mischen „Belangen“ ein stillächelnder Viel¬
wisser. Man kann es, wenn man will, in wisser. Man kann es, wenn man will, in
den mörderisch irnischen Ministerial¬ den mörderisch irnischen Ministerial¬
szenen seines „Professor Bernhardi“ studie¬ szenen seines „Professor Bernhardi“ studie¬
ren, warum solche offiziellen Gräberbesuche ren, warum solche offiziellen Gräberbesuche
unterbleiben, warum sie unterbleiben müs¬ unterbleiben, warum sie unterbleiben müs¬
sen. Arthur Schnitzlers teurer Schatten wird sen. Arthur Schnitzlers teurer Schatten wird
nicht verwundert, ja vermutlich sogar ohne nicht verwundert, ja vermutlich sogar ohne
alle falsch angebrachte Melancholie leicht alle falsch angebrachte Melancholie leicht
belustigt sein. In den Gefilden der Er¬ belustigt sein. In den Gefilden der Er¬
innerung und der Ewigkeit, in die sein Geist innerung und der Ewigkeit, in die sein Geist
jetzt eingegangen ist, kann diese kopfscheue jetzt eingegangen ist, kann diese kopfscheue
Flucht vor einem Dichtergrab sich nur wie Flucht vor einem Dichtergrab sich nur wie
eine unerhebliche Posse ausnehmen. Eine eine unerhebliche Posse ausnehmen. Eine
Posse freilich, so bitter, so beschämend und Posse freilich, so bitter, so beschämend und
von solch grober parodistischer Wirkung, daß von solch grober parodistischer Wirkung, daß
sie ein so zarter Ironiker wie Arthur sie ein so zarter Ironiker wie Arthur
Schnitzler nie geschrieben hätte. Schnitzler nie geschrieben hätte.
Trotz allem wäre es nun doch inter¬ Trotz allem wäre es nun doch inter¬
essant zu wissen, was Herr Miklas, unser essant zu wissen, was Herr Miklas, unser
Landesvater, gestern wichtigeres zu tun Landesvater, gestern wichtigeres zu tun
hatte, wichtigeres, als Arthur Schnitzler, hatte, wichtigeres, als Arthur Schnitzler,
dem letzten großen Dichter und Träumer dem letzten großen Dichter und Träumer
Oesterreichs, jene letzte Ehre zu erweisen, Oesterreichs, jene letzte Ehre zu erweisen,
die er unter gegebenen Umständen keinem die er unter gegebenen Umständen keinem
braven Veteranenobmann verweigern braven Veteranenobmann verweigern
würde. Die Umstände scheinen uns, scheinen würde. Die Umstände scheinen uns, scheinen
der ganzen Kulturwelt, diesnal durchaus der ganzen Kulturwelt, diesnal durchaus
gegeben. Es gibt keine Ausrede für dieses gegeben. Es gibt keine Ausrede für dieses
Fernbleiben, keine noch so amtliche Ab¬ Fernbleiben, keine noch so amtliche Ab¬
haltung, keine noch so feierliche Dienstes¬ haltung, keine noch so feierliche Dienstes¬