VII, Verschiedenes 12, Schnitzlers Tod, Seite 677

12 12
box 44/1 box 44/1
Schnitzler s Death Schnitzler s Death

Schhitzler-Feier des Schhitzler-Feier des
Burgtheaters Burgtheaters
* Es war eine würdige. eindrucksvolle Feier.1 Abendröte des österreichischen Reiches. * Es war eine würdige. eindrucksvolle Feier.1 Abendröte des österreichischen Reiches.
von der Stimmung der Trauer und des Ge von der Stimmung der Trauer und des Ge
Fontana wies dann nach, wie schon ganz in Fontana wies dann nach, wie schon ganz in
denkens getragen. Das Wien Artur Schnitz¬ denkens getragen. Das Wien Artur Schnitz¬
Schnitzlers Beginn die Erkenntnis da war, die Schnitzlers Beginn die Erkenntnis da war, die
lers vollständig orschienen. Die geistiger lers vollständig orschienen. Die geistiger
Dinge. die mit uns geschehen, nicht ändern zu Dinge. die mit uns geschehen, nicht ändern zu
Menschen dieser Stadt, aus welchen Bezirken können. Es war die Erkenntnis einos Arztes, Menschen dieser Stadt, aus welchen Bezirken können. Es war die Erkenntnis einos Arztes,
der Kunst und Gesollschaft sie imme der Kunst und Gesollschaft sie imme
der viele sterben gesehen hat, die Erkenntnis der viele sterben gesehen hat, die Erkenntnis
stammen, waren vertreten. Artur Schnitzle stammen, waren vertreten. Artur Schnitzle
eines Naturforschers, der den gesetzmäßigen eines Naturforschers, der den gesetzmäßigen
zu ehren. Koine andere Musik eignet sich zum zu ehren. Koine andere Musik eignet sich zum
Ablauf alles Lebens erschaut und sich beugt. Ablauf alles Lebens erschaut und sich beugt.
Gedächtnis eines großen Toten besser al¬ Gedächtnis eines großen Toten besser al¬
Schon 1903 begrüßte er die neue Jugend Schon 1903 begrüßte er die neue Jugend
Schuberts „Unvollendete“, in der die Todes¬ Schuberts „Unvollendete“, in der die Todes¬
(im „einsamen Wog“) als oin besseres Ge¬ (im „einsamen Wog“) als oin besseres Ge¬
klage den Ausdruck höchster Intensität erhält. schlecht, weil es „mehr Haltung und weniger klage den Ausdruck höchster Intensität erhält. schlecht, weil es „mehr Haltung und weniger
in der österreichische Elegie und der Zauber Geist“ zeige. Aber Schnitzler blieb bis zum in der österreichische Elegie und der Zauber Geist“ zeige. Aber Schnitzler blieb bis zum
einer genialen Musik ist. Die Philharmonike einer genialen Musik ist. Die Philharmonike
Schluß der Naturforscher am Brunnen des Schluß der Naturforscher am Brunnen des
spielten sie mit höchster Vollendung. Clomens Lebens, wo die Eimer steigen und fallen spielten sie mit höchster Vollendung. Clomens Lebens, wo die Eimer steigen und fallen
Krauß dirigierte sie mit einem wunderbaren müssen. Er rannte nicht dem Tag nach, da Krauß dirigierte sie mit einem wunderbaren müssen. Er rannte nicht dem Tag nach, da
Gefühl für die raumlosen Schwebungen der Gefühl für die raumlosen Schwebungen der
vorstummte er lieber. er blieb sich selber treu. vorstummte er lieber. er blieb sich selber treu.
Töne dieser von aller Realität entfernten Schnitzler unterschied Tat- und Wortmenschen Töne dieser von aller Realität entfernten Schnitzler unterschied Tat- und Wortmenschen
Innigkeit. Wie aus dom Jenseite aller Dinge Innigkeit. Wie aus dom Jenseite aller Dinge
Er selber war ein Wortmonsch und bei den Er selber war ein Wortmonsch und bei den
klangen die letzten Töne zu uns herüber. Dann klangen die letzten Töne zu uns herüber. Dann
Wortmonschen zu Hause, aber er wußte auch, Wortmonschen zu Hause, aber er wußte auch,
folgte folgte
es gibt keine Wahrheit dor Worte, es gibt nur es gibt keine Wahrheit dor Worte, es gibt nur
cine Wahrheit des Seins. Die sah er in der cine Wahrheit des Seins. Die sah er in der
die Gedenkredo-Oskar Maurus-Fontanas, die Gedenkredo-Oskar Maurus-Fontanas,
Frau am schönsten erfüllt. Wie einer Ent Frau am schönsten erfüllt. Wie einer Ent
die Raoul Aslan mit schöner Ergriffenheit und die Raoul Aslan mit schöner Ergriffenheit und
fliehenden ruft bei ihm der Mann der Frau fliehenden ruft bei ihm der Mann der Frau
geistiger Beherrschung sprach. geistiger Beherrschung sprach.
nach, weil nach Schnitzler der Mann sein nach, weil nach Schnitzler der Mann sein
Die Gedenkrede von Fontana knüpft an die Leben im Bodingten verbringen kann, die Die Gedenkrede von Fontana knüpft an die Leben im Bodingten verbringen kann, die
„Unvollendete“ von Schubert an. In ihr hat die „Unvollendete“ von Schubert an. In ihr hat die
Frau aber einmal daraus ausbrechen und ihre Frau aber einmal daraus ausbrechen und ihre
Ewigkeit Schnitzler gegrüßt. Nun aber spricht Heimat suchen wird: das Unbedingte. In dieser Ewigkeit Schnitzler gegrüßt. Nun aber spricht Heimat suchen wird: das Unbedingte. In dieser
die Stimme der Zeit, der Mitlebenden, die dem Erkenntnis von der Frau, die nur das Ganze die Stimme der Zeit, der Mitlebenden, die dem Erkenntnis von der Frau, die nur das Ganze
Entschwindenden, schon von Unvergänglich-des Lebens will. nicht seinen Teil. rührt er Entschwindenden, schon von Unvergänglich-des Lebens will. nicht seinen Teil. rührt er
keit angeglänzten Dichter noch einmal nach keit angeglänzten Dichter noch einmal nach
an Ewiges an. Wie wir mitten im Leben vom an Ewiges an. Wie wir mitten im Leben vom
ruft: „Höre, wir liebten dich — höre, du warst Tod umfangen sind. zeigte sein Werk — aber ruft: „Höre, wir liebten dich — höre, du warst Tod umfangen sind. zeigte sein Werk — aber
unser wie wir dein waren!“ Denn was uns zu auch das Größere, weil es uns Mut und Sinn unser wie wir dein waren!“ Denn was uns zu auch das Größere, weil es uns Mut und Sinn
Schnitzler zog und an ihn band, war, daß sein gibt, wie wir mitten im Tod vom Loben um¬ Schnitzler zog und an ihn band, war, daß sein gibt, wie wir mitten im Tod vom Loben um¬
Wenk Teil unseres Lebens geworden war. Alle, fangen sind Wenk Teil unseres Lebens geworden war. Alle, fangen sind
die jetzt der Gedenkfeier beiwohnten, spielten die jetzt der Gedenkfeier beiwohnten, spielten
Oskar Maurus Fontanas Gedenkrede schloß Oskar Maurus Fontanas Gedenkrede schloß
und spielen mit in Schnitzlen Tragikomödien und spielen mit in Schnitzlen Tragikomödien
mit den Worten: „Und nun verstumme, nach mit den Worten: „Und nun verstumme, nach
Von uns allen liegt ein Stück begraben in dem du Trauer und Dank gesagt, du Stimme Von uns allen liegt ein Stück begraben in dem du Trauer und Dank gesagt, du Stimme
Schnitzlers Grab. ein Stück unserer Jugend. der Zeit. Tritt zurück. Donn, siehe, der Dich¬ Schnitzlers Grab. ein Stück unserer Jugend. der Zeit. Tritt zurück. Donn, siehe, der Dich¬
Aber, so setzte Fontana fort, dort liegt auch ter selber neigt sich über uns. Aber, so setzte Fontana fort, dort liegt auch ter selber neigt sich über uns.
das letzte von jenem barocken, völkergemisch das letzte von jenem barocken, völkergemisch
Den Beschluß der Feier machte eine wür¬ Den Beschluß der Feier machte eine wür¬
ten Wien begraben, das mit Canaletto begann dige Ausführung von Schnitzlers „Die letz- ten Wien begraben, das mit Canaletto begann dige Ausführung von Schnitzlers „Die letz-
und mit Schnitzler endete. Darum ist in und mit Schnitzler endete. Darum ist in
ten Masken“ mit Ferdinand Onno, Wil- ten Masken“ mit Ferdinand Onno, Wil-
Schnitzler Wien zu finden, wie sonst nirgend Schnitzler Wien zu finden, wie sonst nirgend
helm Heim und Hans Marr, Paul Hart helm Heim und Hans Marr, Paul Hart
wo. Er wußte, daß zu dieser Stadt der Traumimann. Fred Hennings und Auguste wo. Er wußte, daß zu dieser Stadt der Traumimann. Fred Hennings und Auguste
gehört, daß erst er ihr und ihren Menschen die gehört, daß erst er ihr und ihren Menschen die
Pünkösdy. Der Einakter ist für Schnitzlers Pünkösdy. Der Einakter ist für Schnitzlers
tiefere Deutung gibt. tiefere Deutung gibt.
Wesen und Werk nicht absolut symptoma¬ Wesen und Werk nicht absolut symptoma¬
Neben dem Cottage, das er „trübselig und tisch, doch er umfaßt einen Teil der Schnitz¬ Neben dem Cottage, das er „trübselig und tisch, doch er umfaßt einen Teil der Schnitz¬
grauenhaft“, fand, gab er den Geschöpfen elrischen Welt. Es fand eine schöne Burgthea¬ grauenhaft“, fand, gab er den Geschöpfen elrischen Welt. Es fand eine schöne Burgthea¬
dieser Stadt, je näher sie dem Volk waren, je dieser Stadt, je näher sie dem Volk waren, je
teraufführung, in der die Melodie und der teraufführung, in der die Melodie und der
mehr sie in ihm wurzelten, strahlende Hellig¬ mehr sie in ihm wurzelten, strahlende Hellig¬
Geist der Schnitzler-Menschen hörbar waren Geist der Schnitzler-Menschen hörbar waren
keit eines in sich erfüllten Lebens. Aber er hat statt. keit eines in sich erfüllten Lebens. Aber er hat statt.
auch das andere Wien gekannt, das Wien der auch das andere Wien gekannt, das Wien der
Operette, der Windbeutelei. Und darum ging Operette, der Windbeutelei. Und darum ging
der stille, aber zähe Kampf Schnitzlors, daß der stille, aber zähe Kampf Schnitzlors, daß
er dieser geliebten Stadt ihre Männlichkeit be er dieser geliebten Stadt ihre Männlichkeit be
wahrt wissen, daß er sie nicht an die Narren, wahrt wissen, daß er sie nicht an die Narren,
Müßiggänger und Plauderer, die sie heute wie Müßiggänger und Plauderer, die sie heute wie
ehedem bevölkern, verraten wissen wollte. ehedem bevölkern, verraten wissen wollte.
Wien war der Kernpunkt des Schnitzlorschen Wien war der Kernpunkt des Schnitzlorschen
Werkes, von hier aus sah er die übrige Wel: Werkes, von hier aus sah er die übrige Wel:
„im Spiel der Sommerlüfte“. Die Horzenskälte „im Spiel der Sommerlüfte“. Die Horzenskälte
war es, die Schnitzler haßte und fürchtete war es, die Schnitzler haßte und fürchtete
vor der er sich in Schweigen und Alleinsein vor der er sich in Schweigen und Alleinsein
barg. Die Frage des Lebens war es, der er sich barg. Die Frage des Lebens war es, der er sich
mit allen Sinnen öffuete — das allein hieß ihm mit allen Sinnen öffuete — das allein hieß ihm
Menschsein. Aber immer wieder schlug bei ihm Menschsein. Aber immer wieder schlug bei ihm
Nichtigkeit aller Existenz mitten aus der Nichtigkeit aller Existenz mitten aus der
Flamme des Lebens. Das Klima des Sterbens Flamme des Lebens. Das Klima des Sterbens
im Innern der Menschen und im Außen einer im Innern der Menschen und im Außen einer
Welt hat nur noch Anton Tschechow gehabt. Welt hat nur noch Anton Tschechow gehabt.
Sie waren beide Letzte, aber daboi mit allen Sie waren beide Letzte, aber daboi mit allen
Sinnen Lebende. Artur Schnitzler war die Sinnen Lebende. Artur Schnitzler war die