12. Schnitzler s Death 12. Schnitzler s Death
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I. österr. behördl. konzessioniertes I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11 WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus: Ausschnitt aus:
Ostrauer Morgenzestung Ostrauer Morgenzestung
7 4. 0KT. 1937 7 4. 0KT. 1937
vom: vom:
Schnitzlers letzte Lebensjahre. Schnitzlers letzte Lebensjahre.
Arthur Schnitzler, der in den letzten Jahren Arthur Schnitzler, der in den letzten Jahren
nicht mehr gut hörte, lebte in seiner Wiener Woh¬ nicht mehr gut hörte, lebte in seiner Wiener Woh¬
nung in der Stemwartestraße ziemlich einsam und nung in der Stemwartestraße ziemlich einsam und
abgeschlossen. Er sah nur dann und wann seine al¬ abgeschlossen. Er sah nur dann und wann seine al¬
ten Freunde bei sich und folgte manchmal Einladun¬ ten Freunde bei sich und folgte manchmal Einladun¬
gen dieser Freunde. In den Abendstunden pflegte er gen dieser Freunde. In den Abendstunden pflegte er
immer in die Stadt zu fahren und sich Theatervor¬ immer in die Stadt zu fahren und sich Theatervor¬
stellungen anzusehen. Er hatte es immer vermieden, stellungen anzusehen. Er hatte es immer vermieden,
Premieren beizuwohnen. Premieren beizuwohnen.
Am Sonntagabend war er noch im Akademie¬ Am Sonntagabend war er noch im Akademie¬
theater, sah sich den „Leutnant Komma“ an, und theater, sah sich den „Leutnant Komma“ an, und
am Dienstag besuchte er die Komödie. am Dienstag besuchte er die Komödie.
Schnitzler hatte vor ungefähr fünfundzwanzig Schnitzler hatte vor ungefähr fünfundzwanzig
Jahren eine Wienerin, Olga Gußmann, gehei¬ Jahren eine Wienerin, Olga Gußmann, gehei¬
ratet, deren Schwester, Elisabeth Gußmann, die Frau ratet, deren Schwester, Elisabeth Gußmann, die Frau
des Schauspielers Albert Steinbrück war. Vor Jah¬ des Schauspielers Albert Steinbrück war. Vor Jah¬
ren wurde diese Ehe geschieden. Arthur Schnitzler ren wurde diese Ehe geschieden. Arthur Schnitzler
war keiner der betriebsamen Dichter, die es zu Reich¬ war keiner der betriebsamen Dichter, die es zu Reich¬
tümern brachten. Charakteristisch ist, daß er das be¬ tümern brachten. Charakteristisch ist, daß er das be¬
scheidene Haus in der Sternwartestraße von seinem scheidene Haus in der Sternwartestraße von seinem
Bruder, Hofrat Dr. Schnitzler, erhielt. Schnitzler Bruder, Hofrat Dr. Schnitzler, erhielt. Schnitzler
hatte in Berlin und Wien und in ganz Deutschland hatte in Berlin und Wien und in ganz Deutschland
eine Reihe ganz großer künstlerischer Erfolge. Seine eine Reihe ganz großer künstlerischer Erfolge. Seine
Bücher erreichten immense Auflagen. Trotzdem ist er Bücher erreichten immense Auflagen. Trotzdem ist er
mit Glücksgütern nicht gesegnet gewesen. mit Glücksgütern nicht gesegnet gewesen.
Die Beisetzung. Die Beisetzung.
Wien, 23. Oktober. Dem Bestimmungen Arthur Wien, 23. Oktober. Dem Bestimmungen Arthur
Schnitzlers für sein Leichenbegängnis konnte nicht Schnitzlers für sein Leichenbegängnis konnte nicht
im vollem Ausmaße entsprochen werden. Schon in im vollem Ausmaße entsprochen werden. Schon in
den Morgenstunden hatte sich eine große Zahl Leid¬ den Morgenstunden hatte sich eine große Zahl Leid¬
tragender im Trauerhause eingefunden. Die Leiche tragender im Trauerhause eingefunden. Die Leiche
war im Schlafzimmer des Dichters aufgebahrt. Zu war im Schlafzimmer des Dichters aufgebahrt. Zu
Füßen des Sarges lagen zwei Kränze. Eines von Füßen des Sarges lagen zwei Kränze. Eines von
ihnen ist vom Burgtheater gewidmte. Gegen ihnen ist vom Burgtheater gewidmte. Gegen
halb 12 Uhr pormittag wurde der einfache, aus un¬ halb 12 Uhr pormittag wurde der einfache, aus un¬
gehobeleten Brettern bestehende Sarg geschlossen und gehobeleten Brettern bestehende Sarg geschlossen und
auf den von der Gemeinde beigestellten Leichenfpur¬ auf den von der Gemeinde beigestellten Leichenfpur¬
gon gehoben. Der Leichenzug bewegte sich am Burg¬ gon gehoben. Der Leichenzug bewegte sich am Burg¬
theater vorüber auf den Zentralfriedhof. Dort hatte theater vorüber auf den Zentralfriedhof. Dort hatte
sich eine große Trauergemeinde eingefunden. Ober¬ sich eine große Trauergemeinde eingefunden. Ober¬
rabbiner Fischer verrichtete ein kuzes Gebet und der rabbiner Fischer verrichtete ein kuzes Gebet und der
erste Kantor, Groß, zelebrierte die Trauergesänge erste Kantor, Groß, zelebrierte die Trauergesänge
Nach der Trauerzeremonie erfolgte die Beisetzung in Nach der Trauerzeremonie erfolgte die Beisetzung in
dem von der israelitischen Kultusgemeinde gestifteter: dem von der israelitischen Kultusgemeinde gestifteter:
Ehrengrab. Ehrengrab.
box 44/2 box 44/2
Artur Schnitzlers Arbeitszimmer Artur Schnitzlers Arbeitszimmer
in seiner Villa in der Sternwartestraße in Währing. in seiner Villa in der Sternwartestraße in Währing.
o e doe o e doe
2 4 UKT. 1937 2 4 UKT. 1937
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Ausschnitt aus: Ausschnitt aus:
D Oe lageseitug Mien D Oe lageseitug Mien
vom: 2 4. OKT. 1931 vom: 2 4. OKT. 1931
Epilog für Arthur Schnitzler, Epilog für Arthur Schnitzler,
Noch in der letzten Zeit hat Arthur Schnitzler sein Noch in der letzten Zeit hat Arthur Schnitzler sein
Judentum deutlich bekannt. Er hat erklärt: „Die Juden Judentum deutlich bekannt. Er hat erklärt: „Die Juden
werden stets anders sein und werden stets an der Spitze werden stets anders sein und werden stets an der Spitze
menschlicher Tätigkeit marschieren; sie müssen stets in der menschlicher Tätigkeit marschieren; sie müssen stets in der
Minderheit sein. Die Juden werden daher unvermeid¬ Minderheit sein. Die Juden werden daher unvermeid¬
licherweise stets gehaßt werdene Die Christen hoffen uns licherweise stets gehaßt werdene Die Christen hoffen uns
durch ihre Verachtung zu vernichten. In Wirklichkeit be¬ durch ihre Verachtung zu vernichten. In Wirklichkeit be¬
wirkt ihre Verachtung, daß wir gedeihen, denn nie sind wirkt ihre Verachtung, daß wir gedeihen, denn nie sind
wir Juden uns unserer Rasse mehr bewußt, als wenn wir Juden uns unserer Rasse mehr bewußt, als wenn
wir sehen, daß man sie haßt." wir sehen, daß man sie haßt."
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7 4. 0KT. 1937 7 4. 0KT. 1937
vom: vom:
Schnitzlers letzte Lebensjahre. Schnitzlers letzte Lebensjahre.
Arthur Schnitzler, der in den letzten Jahren Arthur Schnitzler, der in den letzten Jahren
nicht mehr gut hörte, lebte in seiner Wiener Woh¬ nicht mehr gut hörte, lebte in seiner Wiener Woh¬
nung in der Stemwartestraße ziemlich einsam und nung in der Stemwartestraße ziemlich einsam und
abgeschlossen. Er sah nur dann und wann seine al¬ abgeschlossen. Er sah nur dann und wann seine al¬
ten Freunde bei sich und folgte manchmal Einladun¬ ten Freunde bei sich und folgte manchmal Einladun¬
gen dieser Freunde. In den Abendstunden pflegte er gen dieser Freunde. In den Abendstunden pflegte er
immer in die Stadt zu fahren und sich Theatervor¬ immer in die Stadt zu fahren und sich Theatervor¬
stellungen anzusehen. Er hatte es immer vermieden, stellungen anzusehen. Er hatte es immer vermieden,
Premieren beizuwohnen. Premieren beizuwohnen.
Am Sonntagabend war er noch im Akademie¬ Am Sonntagabend war er noch im Akademie¬
theater, sah sich den „Leutnant Komma“ an, und theater, sah sich den „Leutnant Komma“ an, und
am Dienstag besuchte er die Komödie. am Dienstag besuchte er die Komödie.
Schnitzler hatte vor ungefähr fünfundzwanzig Schnitzler hatte vor ungefähr fünfundzwanzig
Jahren eine Wienerin, Olga Gußmann, gehei¬ Jahren eine Wienerin, Olga Gußmann, gehei¬
ratet, deren Schwester, Elisabeth Gußmann, die Frau ratet, deren Schwester, Elisabeth Gußmann, die Frau
des Schauspielers Albert Steinbrück war. Vor Jah¬ des Schauspielers Albert Steinbrück war. Vor Jah¬
ren wurde diese Ehe geschieden. Arthur Schnitzler ren wurde diese Ehe geschieden. Arthur Schnitzler
war keiner der betriebsamen Dichter, die es zu Reich¬ war keiner der betriebsamen Dichter, die es zu Reich¬
tümern brachten. Charakteristisch ist, daß er das be¬ tümern brachten. Charakteristisch ist, daß er das be¬
scheidene Haus in der Sternwartestraße von seinem scheidene Haus in der Sternwartestraße von seinem
Bruder, Hofrat Dr. Schnitzler, erhielt. Schnitzler Bruder, Hofrat Dr. Schnitzler, erhielt. Schnitzler
hatte in Berlin und Wien und in ganz Deutschland hatte in Berlin und Wien und in ganz Deutschland
eine Reihe ganz großer künstlerischer Erfolge. Seine eine Reihe ganz großer künstlerischer Erfolge. Seine
Bücher erreichten immense Auflagen. Trotzdem ist er Bücher erreichten immense Auflagen. Trotzdem ist er
mit Glücksgütern nicht gesegnet gewesen. mit Glücksgütern nicht gesegnet gewesen.
Die Beisetzung. Die Beisetzung.
Wien, 23. Oktober. Dem Bestimmungen Arthur Wien, 23. Oktober. Dem Bestimmungen Arthur
Schnitzlers für sein Leichenbegängnis konnte nicht Schnitzlers für sein Leichenbegängnis konnte nicht
im vollem Ausmaße entsprochen werden. Schon in im vollem Ausmaße entsprochen werden. Schon in
den Morgenstunden hatte sich eine große Zahl Leid¬ den Morgenstunden hatte sich eine große Zahl Leid¬
tragender im Trauerhause eingefunden. Die Leiche tragender im Trauerhause eingefunden. Die Leiche
war im Schlafzimmer des Dichters aufgebahrt. Zu war im Schlafzimmer des Dichters aufgebahrt. Zu
Füßen des Sarges lagen zwei Kränze. Eines von Füßen des Sarges lagen zwei Kränze. Eines von
ihnen ist vom Burgtheater gewidmte. Gegen ihnen ist vom Burgtheater gewidmte. Gegen
halb 12 Uhr pormittag wurde der einfache, aus un¬ halb 12 Uhr pormittag wurde der einfache, aus un¬
gehobeleten Brettern bestehende Sarg geschlossen und gehobeleten Brettern bestehende Sarg geschlossen und
auf den von der Gemeinde beigestellten Leichenfpur¬ auf den von der Gemeinde beigestellten Leichenfpur¬
gon gehoben. Der Leichenzug bewegte sich am Burg¬ gon gehoben. Der Leichenzug bewegte sich am Burg¬
theater vorüber auf den Zentralfriedhof. Dort hatte theater vorüber auf den Zentralfriedhof. Dort hatte
sich eine große Trauergemeinde eingefunden. Ober¬ sich eine große Trauergemeinde eingefunden. Ober¬
rabbiner Fischer verrichtete ein kuzes Gebet und der rabbiner Fischer verrichtete ein kuzes Gebet und der
erste Kantor, Groß, zelebrierte die Trauergesänge erste Kantor, Groß, zelebrierte die Trauergesänge
Nach der Trauerzeremonie erfolgte die Beisetzung in Nach der Trauerzeremonie erfolgte die Beisetzung in
dem von der israelitischen Kultusgemeinde gestifteter: dem von der israelitischen Kultusgemeinde gestifteter:
Ehrengrab. Ehrengrab.
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Artur Schnitzlers Arbeitszimmer Artur Schnitzlers Arbeitszimmer
in seiner Villa in der Sternwartestraße in Währing. in seiner Villa in der Sternwartestraße in Währing.
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2 4 UKT. 1937 2 4 UKT. 1937
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I. österr. behördl. konzessioniertes I. österr. behördl. konzessioniertes
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Ausschnitt aus: Ausschnitt aus:
D Oe lageseitug Mien D Oe lageseitug Mien
vom: 2 4. OKT. 1931 vom: 2 4. OKT. 1931
Epilog für Arthur Schnitzler, Epilog für Arthur Schnitzler,
Noch in der letzten Zeit hat Arthur Schnitzler sein Noch in der letzten Zeit hat Arthur Schnitzler sein
Judentum deutlich bekannt. Er hat erklärt: „Die Juden Judentum deutlich bekannt. Er hat erklärt: „Die Juden
werden stets anders sein und werden stets an der Spitze werden stets anders sein und werden stets an der Spitze
menschlicher Tätigkeit marschieren; sie müssen stets in der menschlicher Tätigkeit marschieren; sie müssen stets in der
Minderheit sein. Die Juden werden daher unvermeid¬ Minderheit sein. Die Juden werden daher unvermeid¬
licherweise stets gehaßt werdene Die Christen hoffen uns licherweise stets gehaßt werdene Die Christen hoffen uns
durch ihre Verachtung zu vernichten. In Wirklichkeit be¬ durch ihre Verachtung zu vernichten. In Wirklichkeit be¬
wirkt ihre Verachtung, daß wir gedeihen, denn nie sind wirkt ihre Verachtung, daß wir gedeihen, denn nie sind
wir Juden uns unserer Rasse mehr bewußt, als wenn wir Juden uns unserer Rasse mehr bewußt, als wenn
wir sehen, daß man sie haßt." wir sehen, daß man sie haßt."