VII, Verschiedenes 12, Schnitzlers Tod, Seite 710

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12. 12.
Schnitzler's Death Schnitzler's Death
ernst genommen, wie ein Dichter, der auch Arzt ist. Aber ernst genommen, wie ein Dichter, der auch Arzt ist. Aber
Freundschaftsdienst erweisen wollte, nahm er das Stück zur Freundschaftsdienst erweisen wollte, nahm er das Stück zur
ich will und werde dem dichtenden Arzt und dem Arzt als ich will und werde dem dichtenden Arzt und dem Arzt als
Aufführung an. Aufführung an.
Als der junge Artur diesen Tatbestand, und zwar schon Als der junge Artur diesen Tatbestand, und zwar schon
Dichter Ehre erweisen. Dichter Ehre erweisen.
Schon als Kind war Schnitzler ein eifriger Besucher des Schon als Kind war Schnitzler ein eifriger Besucher des
nach der Vorstellung, erfuhr, wendete er sich lächelnd an nach der Vorstellung, erfuhr, wendete er sich lächelnd an
nitler nitler
Burgtheaters. Die beiden großen Schauspieler Adolf Son¬ Burgtheaters. Die beiden großen Schauspieler Adolf Son¬
Direktor Friedrich: „Meinen Eltern habe ich mein Leben Direktor Friedrich: „Meinen Eltern habe ich mein Leben
nenthal und Ernst Hartmann machten großen Eindruck auf nenthal und Ernst Hartmann machten großen Eindruck auf
zu verdanken, jetzt sogar auch das Theaterleben meines zu verdanken, jetzt sogar auch das Theaterleben meines
ne Dichter Artur ne Dichter Artur
ihn. Dabei waren sie jahrelang heftige Gegner seines ihn. Dabei waren sie jahrelang heftige Gegner seines
ersten Stückes. Nun haben sie ihre Pflicht und Schuldigkeit ersten Stückes. Nun haben sie ihre Pflicht und Schuldigkeit
Wien, war der Wien, war der
Wesens und Leugner seiner Begabung, um dann gerade in Wesens und Leugner seiner Begabung, um dann gerade in
getan, und ich kann und werde mich von nun ab auf eigene getan, und ich kann und werde mich von nun ab auf eigene
Universitätspro- Universitätspro-
seinen Werken unvergeßliche Triumphe zu erwerben. seinen Werken unvergeßliche Triumphe zu erwerben.
Füße stellen." Füße stellen."
sir ergriff den Be¬ sir ergriff den Be¬
Sonnenthal schrieb einmal an Arturs Vater einen Sonnenthal schrieb einmal an Arturs Vater einen
Schnitzler beschäftigte sich eine Zeitlang auch mit Hyp¬ Schnitzler beschäftigte sich eine Zeitlang auch mit Hyp¬
jerung seiner Prü¬ jerung seiner Prü¬
Brief, in welchem er ihm mitteilte, daß sein Sohn gänzlich Brief, in welchem er ihm mitteilte, daß sein Sohn gänzlich
nose und Suggestion und schien als Hypnotiseur eine ganz nose und Suggestion und schien als Hypnotiseur eine ganz
sdärarzt an der sdärarzt an der
untalentiert sei, und daß er ihm nur einen einzigen Rat ge¬ untalentiert sei, und daß er ihm nur einen einzigen Rat ge¬
besondere Kraft auszuströmen. Der Niederschlag dieser an¬ besondere Kraft auszuströmen. Der Niederschlag dieser an¬
Strandhardtner, Strandhardtner,
regenden Versuche war eine medizinische Arbeit: „Behand¬ regenden Versuche war eine medizinische Arbeit: „Behand¬
ben könne, auf Artur dahin einzuwirken, nicht die Dichter¬ ben könne, auf Artur dahin einzuwirken, nicht die Dichter¬
ung bei Professor ung bei Professor
lung der funktionellen Aphonie durch Hypnose“ lung der funktionellen Aphonie durch Hypnose“
laufbahn zu ergreifen. laufbahn zu ergreifen.
r Hautkrankheiten r Hautkrankheiten
Kurz nach Erscheinen dieser medizinischen Arbeit kom¬ Kurz nach Erscheinen dieser medizinischen Arbeit kom¬
Der Vater zeigte seinem Sohn diesen Brief. Dieser las Der Vater zeigte seinem Sohn diesen Brief. Dieser las
die niederschmetternden Zeilen und sagte ganz leise, etwas die niederschmetternden Zeilen und sagte ganz leise, etwas
ponierte Schnitzler, der noch nicht recht wußte, wohin ihn ponierte Schnitzler, der noch nicht recht wußte, wohin ihn
nicht ganz aus. nicht ganz aus.
sein Weg führen werde, einige anmutige Walzer. Er schrieb sein Weg führen werde, einige anmutige Walzer. Er schrieb
verzweifelt: „Ich soll nicht Dichter werden, ist Sonnenthals, verzweifelt: „Ich soll nicht Dichter werden, ist Sonnenthals,
ers, der Arzt und ers, der Arzt und
außerdem auch Gedichte im Heine=Stil, Skizzen und Dialoge außerdem auch Gedichte im Heine=Stil, Skizzen und Dialoge
Meinung. Ja, was soll ich nun tun? Nicht ich habe ja diese Meinung. Ja, was soll ich nun tun? Nicht ich habe ja diese
war, das Theater war, das Theater
in Pariser Art und ein Versstück: „Alkandis Lied", das an in Pariser Art und ein Versstück: „Alkandis Lied", das an
Laufbahn ergriffen, sondern das Dichtertum nahm Besitz Laufbahn ergriffen, sondern das Dichtertum nahm Besitz
Jahren zu dichten. Jahren zu dichten.
Grillparzer erinnert. Grillparzer erinnert.
von mir, und ich gehe, wohin mein Weg mich führt. von mir, und ich gehe, wohin mein Weg mich führt.
wverk, „Das Aben¬ wverk, „Das Aben¬
Seine erste Publikation erschien im Jahre 1880 im Seine erste Publikation erschien im Jahre 1880 im
In seiner Jugend machte man Artur Schnitzler sehr In seiner Jugend machte man Artur Schnitzler sehr
urch ein Mißver¬ urch ein Mißver¬
„Bayrischen Freien Landboten" und in der „Blauen Douau“ „Bayrischen Freien Landboten" und in der „Blauen Douau“
oft den Vorwurf, daß er zu elegant gekleidet ginge. Man oft den Vorwurf, daß er zu elegant gekleidet ginge. Man
Jihrt. Jihrt.
in Wien, dort allerdings unter dem Pseudonym „Anatol“, in Wien, dort allerdings unter dem Pseudonym „Anatol“,
behauptete immer, daß ein junger Arzt mit wenig Praxis. behauptete immer, daß ein junger Arzt mit wenig Praxis.
ler sein Erstlings¬ ler sein Erstlings¬
das später seinen jungen Ruhm begründete. das später seinen jungen Ruhm begründete.
der elegante Kleider und kostbare Krawatten liebe, der noch der elegante Kleider und kostbare Krawatten liebe, der noch
eo Friedrich. Er eo Friedrich. Er
Schnitzler stand also zu dieser Zeit am Scheideweg Schnitzler stand also zu dieser Zeit am Scheideweg
dazu kostspielige Gewohnheiten habe und sich gern in Ge¬ dazu kostspielige Gewohnheiten habe und sich gern in Ge¬
dließ das Manu¬ dließ das Manu¬
Und trotzdem war es für ihn kein Scheideweg, denn er hat Und trotzdem war es für ihn kein Scheideweg, denn er hat
sellschaften sehen läßt, kein guter Arzt sei. Maßt sich aber sellschaften sehen läßt, kein guter Arzt sei. Maßt sich aber
liegen. liegen.
nie aufgehört, sich als Arzt zu fühlen. Als ihm sein Vater nie aufgehört, sich als Arzt zu fühlen. Als ihm sein Vater
ein solcher Arzt an, auch noch Dichter zu sein, so ist er un¬ ein solcher Arzt an, auch noch Dichter zu sein, so ist er un¬
nteuer seines Le¬ nteuer seines Le¬
Vorwürfe machte, daß dieses Doppelleben zu nichts Gutem Vorwürfe machte, daß dieses Doppelleben zu nichts Gutem
bedingt ein „moderner", also nach den damaligen Begriffen bedingt ein „moderner", also nach den damaligen Begriffen
undeten Professor undeten Professor
führen könne, antwortete Schnitzler, wie ganz natürlich: führen könne, antwortete Schnitzler, wie ganz natürlich:
ein „unzüchtiger" Mensch. ein „unzüchtiger" Mensch.
ten gern einen ten gern einen
„Ich weiß es, ein Arzt, der auch dichtet, wird ebensowenig „Ich weiß es, ein Arzt, der auch dichtet, wird ebensowenig
Schnitzler versuchte gegen diesen Irrglauben anzukämp¬ Schnitzler versuchte gegen diesen Irrglauben anzukämp¬
fen, lange Zeit hindurch jedoch vergeblich. Die Welt hielt fen, lange Zeit hindurch jedoch vergeblich. Die Welt hielt
ihn für einen übermütigen Charmeur, und Schnitzler wurde ihn für einen übermütigen Charmeur, und Schnitzler wurde
manchmal irre an sich selbst. Er fragte sich immer und im¬ manchmal irre an sich selbst. Er fragte sich immer und im¬
mer wieder, ob er den richtigen Weg gehe. Dann setzte er mer wieder, ob er den richtigen Weg gehe. Dann setzte er
sich über alle Zweifel hinweg. „Ich gehe meinen Weg und sich über alle Zweifel hinweg. „Ich gehe meinen Weg und
lasse mich von keinerlei Hemmungen und Feindschaften be¬ lasse mich von keinerlei Hemmungen und Feindschaften be¬
einflussen; denn, wenn auch Ibsen fragt: „Ist es wirklich einflussen; denn, wenn auch Ibsen fragt: „Ist es wirklich
groß, das Große?", dann weiß ich trotz meines Grübelns, groß, das Große?", dann weiß ich trotz meines Grübelns,
daß es dennoch groß ist. daß es dennoch groß ist.
In Oesterreich war das Duell zu Schnitzlers Jugend¬ In Oesterreich war das Duell zu Schnitzlers Jugend¬
zeit noch große Mode. Schnitzler lief auch gegen diese Ein¬ zeit noch große Mode. Schnitzler lief auch gegen diese Ein¬
richtung Sturm, allerdings nur mit den Waffen der Satire. richtung Sturm, allerdings nur mit den Waffen der Satire.
Im „Zwischenspiel“ speist er den Duellanten, eine seiner Im „Zwischenspiel“ speist er den Duellanten, eine seiner
Lieblingsfiguren, mit folgendem feinen Witz ab: Lieblingsfiguren, mit folgendem feinen Witz ab:
„Ich denke immer, es handelt sich um ein Duell, und „Ich denke immer, es handelt sich um ein Duell, und
nun sehe ich, du willst ihm ans Leben! nun sehe ich, du willst ihm ans Leben!
Schnitzler schrieb u. a. auch zehn Szenen aus dem Le¬ Schnitzler schrieb u. a. auch zehn Szenen aus dem Le¬
ben, die er unter dem Sammelnamen „Reigen zusammen¬ ben, die er unter dem Sammelnamen „Reigen zusammen¬
faßte. „Die Dirne und der Soldat; der Soldat und das faßte. „Die Dirne und der Soldat; der Soldat und das
Stubenmädchen; das Stubenmädchen und der junge Herr Stubenmädchen; das Stubenmädchen und der junge Herr
der junge Herr und die junge Frau; die junge Frau und der junge Herr und die junge Frau; die junge Frau und
der Gatte; der Gatte und das süße Mädel; das süße Mädel der Gatte; der Gatte und das süße Mädel; das süße Mädel
und der Dichter; der Dichter und die Schauspielerin; die und der Dichter; der Dichter und die Schauspielerin; die
Schauspielerin und der Graf; der Graf und die Dirne“. Schauspielerin und der Graf; der Graf und die Dirne“.
Der Kreis ist wieder geschlossen. Der Kreis ist wieder geschlossen.
Als man Schnitzler den Vorwurf machte, daß in diesen Als man Schnitzler den Vorwurf machte, daß in diesen
Szenen rein gar nichts geschieht, antwortete er gelassen: Szenen rein gar nichts geschieht, antwortete er gelassen:
„Tatsächlich geschieht nichts, nur „es“ geschieht, und eben „Tatsächlich geschieht nichts, nur „es“ geschieht, und eben
dieses, wie „es“ geschieht, wie dieses Nichts geschieht, das dieses, wie „es“ geschieht, wie dieses Nichts geschieht, das
wollte ich zeigen! wollte ich zeigen!
Dr Leo Lautenschlager., Dr Leo Lautenschlager.,