VII, Verschiedenes 13, 1932–1933, Seite 2

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WIEN, I., WOLLEILE 11
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus:
JUNIS
vom
reich.
der ehe¬
a
es
Baron Franckenstein, der österreichische Gesandte in London, als
Gast in der königlichen Loge der Albert Hall.
Von
Egon Michael Salzer.
Frieda Leider und Fritz Wolff in das künstlerische Programm
London, Anfang Juni.
Das englische Königspaar gab dieser Saison durch persön- teilten, wurde zu ner unvergleichlichen Propaganda für Oester¬
reich. Der Abend hatte nur ganz bescheidene Ambitionen, ge¬
liche Teilnahme an zahlreichen repräsentativen Veranstaltungen
staltete sich aber zu einer künstlerischen Sensation, wie sie selten
und durch die Patronisierung besonderer Aufführungen und
Konzerte einen besonders wertvollen Impuls. Gerade in dieser in gleicher Größe zu verzeichnen war. Es wurde prachtvoll
gesungen und die gehobene Stimmung, die das Publikum be¬
schweren Zeit ist die Pflege der Kunst und Musik eine Pflicht der
herrschte, das sich wie gewöhnlich aus den Reihen der allerersten
Allgemeinheit, um die Kultur nicht am schlechten Geschäftsgang
und an der flauen Börsenstimmung zugrunde gehen zu lassen. Gesellschafts= und Kunstkreise rekrutierte, war der schönste Bei¬
fall, den die Künstler der Staatsoper erwarten durften. Wenn
Um so bedeutsamer ist die Förderung, die fast allen ma߬
man sich einen Abend lang in einer österreichischen Umgebung
gebenden Veranstaltungen seitens des Königshauses geboten
bei österreichischer Musik wohl gefühlt und die schönsten Stimmen
wird. Der Prinz von Wales hingegen stellte sich an die Spitze der
der internationalen Oper hören durfte, behält man Oesterreich
Industriepropaganda und versucht durch seine persönliche Anteil¬
nahme die weitesten Kreise der Bevölkerung auf ihre Pflichten in dauernder, angenehmster Erinnerung.
Eine andere Veranstaltung in den Räumen der öster¬
aufmerksam zu machen und die optimistische Stimmung zu
reichischen Gesandtschaft hatte nicht minderen Erfolg und bildete
erhalten.
die Attraktion für ein ernstes, musikverständiges Auditorium.
Von allen in London vertretenen Mächten genießt von
allem der österreichische Gesandte das besondere Vertrauen und Die Haydn=Quartett=Gesellschaft, die erst vor einiger Zeit in
London gegründet wurde, führte die von His Masters Voice auf
die größte Wertschätzung seitens der königlichen Familie. Be¬
Schallplatten erstmalig festgehaltenen Haydn=Quartette vor. Die
dem vor einigen Tagen in der Albert Hall veranstalteten
Sensationskonzert der bedeutendsten Solisten der Welt, die sich mechanische Wiedergabe der prachtvollen Werke des mit England
bereit erklärt hatten, zugunsten des Fonds für notleidende eng¬ so eng verbundenen österreichischen Meisters bildete einen einer
lische Musiker ihre Kunst zu demonstrieren, wurden der Königin unmittelbaren Aufführung kaum nachstehenden Genuß. Ein
besondere Ovationen zugedacht. Der Besuch des Konzerts Klaviervortrag des elfjährigen Pianisten Harold Wilson beschloß
beschloß die Reihe der offiziellen Repräsentationen anläßlich des den interessanten Nachmittag.
Fast schien es, als wäre die vergangene Woche inoffiziell
Geburtstages der Königin. Außer den Mitgliedern des Hofes
im Zeichen Oesterreichs gestanden, um diesem einer schweren
und des persönlichen Gefolges des Herrscherpaares erschie¬
Klippe gegenüberstehenden Lande neue ehrliche Freunde und tat¬
Baron Franckenstein, als einziger aus¬
kräftige Helfer zu gewinnen. In zwei Rotaryklubs, in Bristol und
ländischer Gast in der königlichen Loge. Er sa¬
Watford, wurden zu Ehren Baron Franckensteins und Doktor
zwischen dem König und der Princes Royal, eine Auszeichnung,
Stephan Mayers, des Repräsentanten der Oesterreichischen
die zugleich eine beredte Würdigung seiner großen Verdienste
Bundesbahnen in London, Luncheons abgehalten, in deren
um die Förderung und Bereicherung der Londoner musikalischer
Rahmen den Oesterreichern Gelegenheit gegeben wurde, über die
und künstlerischen Darbietungen darstellte.
wirtschaftliche Lage ihres Landes zu sprechen. Baron Francken¬
Das Interesse des Königspaares für österreichische Kunst
stein war am selben Abend der Vorsitzende bei einem Vortrag
und ihre Künstler manifestierte sich in dieser Ehrenbezeigung
in der Universität von Bristol, wo der dort wirkende Grazer
für den Gesandten unsers Landes ebenso wie in der Audienz, die
Professor Dr. Kloß über den Platz Oesterreichs in der deutschen
der Wiener Tänzerin Tilli Losch anläßlich des Besuches der Maje¬
Literatur sprach. Er gab einen anschaulichen Ueberblick über die
stäten im Lyzeumtheater gewährt wurde. Cochran, der Initiator
Entwicklung der österreichischen Literatur von der Zeit der
der Reinhardtschen Aufführung des „Mirakels“, unterbrach
Minnesänger bis zum heutigen Tage. Er versuchte mit Erfolg
seinen Urlaub und eilte auf die Nachricht von dem geplanten den Hörern die Werke Hofmannsthals, Schnitzlers und Werfels
Besuch des Königs und der Königin aus Marokko nach London
durch kurze Charakterisierung ihrer Eigenheiten näherzubringen
zurück. Die erlesenste Gesellschaft fand sich an diesem glanzvollen und den Weltrang der österreichischen Dichter aufzuzeigen.
Abend im Lyzeumtheater zusammen und die Schauspieler boten
Dr. Mayer schilderte die ernste Lage Oesterreichs, die Notwendig¬
ihr Bestes, um ihr Teil an dem grandiosen Abend beizutragen, keit der ausländischen Hilfe in bezug auf die Schaffung von
Lady Diana Manners wurde vom Königspaar empfangen, das
wirtschaftlichen und finanziellen Erleichterungen. Er entwarf
ihre hervorragende Leistung als Darstellerin der Madonna be¬
kurze Skizzen, die für die Schönheit der österreichischen Land¬
wunderte. Nach Schluß der Vorstellung ließ der König Tilli
schaft werben sollten, und versicherte den englischen Gästen, daß
Losch in seine Loge bitten. Die Königin verlieh ihrer Be¬
auch die ungewohnt schweren Umstände, unter deren Zwang
wunderung über die prachtvolle Aufführung in deutscher Sprach¬
Oesterreich zu außergewöhnlichen Maßnahmen gezwungen ist,
Ausdruck, der König beglückwünschte le als Hauptdarstellerin kein Hindernis für die gastfreundlichste Aufnahme der Fremden
zu dem außergewöhnlichen Erfolg.
darstellt, und die in die österreichischen Kurorte reisenden
Die Reihe der österreichischen Künstler, die gegenwärtig Rotarier dessen versichert sein können, daß sie gerade so herzlich
London Triumphe feiern, ist unabsehbar. Man könnte sich die willkommen geheißen und nicht minder gut versorgt werden
Season ohne Wien nicht vorstellen. Der großartige Empfang würden als die Teilnehmer des im Vorjahr in Wien ab¬
in der österreichischen Gesandtschaft, bei dem sich Lotte Lehmann, gehaltenen Rotarierkongresses,