VII, Verschiedenes 13, 1933–1934, Seite 40

13. Miscellaneous
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che¬
V

16. AN. 23.
Wien
einer geutigen Korona gelehrte und künstlerische Symbolisten los. Und die Re¬
Gaminerien aus, die den Bürger schreckten. Er kam unterhielten sich großartig. „Ich
Feuilleton
nach Wien, das ihn von sich gestoßen hatte, zurück als Bord," bezeichnete Wilhelm
Vertreter des neuen Europa, der Augur einer neuen und Bahrs, die Sachlage,
Hermann Bahr.
Zeit, der Entdecker des neuen Geistes. Und Wien, bin ich
gerade an einer geistigen Wende, schien nur auf ihn
Kurz, Hermann Jahr mo
Es war einmal ein Student, Hermann Bahr
gewartet zu haben. Die Jugend strömte ihm zu, er wird
mit, aber vorher, solange si
zwanzigjährig und ein flottes Haus, der stammte aus
die Sage, die Liebe, wird Schwarm und Orakel der nachher interessierte sie ihn nich
Schlesien, kam aus Linz und studierte in Wien und war
jungen Leute, und es gibt kein beglückenderes Gefühl
voraus und verließ sie, wenn
ein gewaltiger Redner vor dem Herrn. So zwar, daß
als das Aug der Jugend auf sich gerichtet zu sehen, ihr waren andre vorauszufühlen.
er sich beim berühmten Richard Wagner=Kommers im
Ohr, ihr Herz zu haben.
damals zwei Urwiener Typen
Jahre 1883 um Kopf und Kragen redete, denn
Sopherl vom Naschmarkt
Was war das Neue, das Bahrische, das Hin¬
alldeutsch=bismarckisch eingestellt, sprach er die Worte
reißende? Daß er nicht warten konnte. Daß er nicht
Adabei. Ein idealer Herr von
vom „doppelzüngigen österreichischen Adler“, die ihn
im kritischen Lehnstuhl thronend, die Dinge empfing,
Gegenteil, war Hermann Bal
berüchtigt machten und ihm die Belegierung eintrugen
teuernd und wetterwendisch
betastete und abschätzte und mit erhobenem Zeigefinge
Er geht dann nach Berlin und entdeckt in den drei
wandlungslüstern, suchte er im
Sprüche von sich gab. Daß er nicht der „Chinese bein
Jahren 1884 bis 1887 Berlin und sich selbst, lernt die
Calafati" war, der alles um sich drehen läßt, sondern
reicheren, immer besseren Blick
in ihm schlummernden wirren Kräfte kennen, arbeite
daß er selbst drehte. Von den Forderungen Ferdinand
Ach, und die Welt stand bis zun
in Adolf Wagners Seminar, aber zugleich am Aufbau
Brunetières, daß die Kritik aufzuklären, vorzubereiter
neuen halb und unentschleier
des neuen Deutschland und an einer neuen Form der
und dem Geschmack des Publikums voranzugehen, je
wie der Verarmte hinterher sieht
Menschheit. Die Verbannung erzieht ihn, er schwärmt
ihm zuvorzukommen hat (devancer, erfüllte er mi
standen Ibsen, Strindberg, Nie
von Berlin, wird Antisemit, dann Sozialist und
Leidenschaft die dritte; er kam ihm zuvor. Er war imme
Bourget, Baudelaire, Verlain
Marxist und schreibt gegen Schäffles „Aussichtslosigkeit
schon um zehn Kilometer weiter und blickte verwunder
Barrès — jener Barrès, nach
der Sozialdemokratie" seine jokose Broschüre über die
zurück. Kamen die Leser wohl nach? Er hielt es mi
aufrichtete —, da waren die Br
„Einsichtslosigkeit des Herrn Schäffle"
Goethe, der von sich sagte: „Wenn die Leute glauben, ich
mans, Wilde, da waren Schnitzl
Aber diese Stufen sind nur Vorstufen. Er hat in
wäre noch in Weimar, so bin ich schon in Erfurt...
Burckhardt, Kolo

Berlin eine neue Heimat gefunden, doch auch einen
Sowohl als Theaterkritiker der neugegründeten Halbe — kurz, es war des
neuen Bahr, und der, der Künstler Bahr, sucht wieder
Wochenschrift „Die Zeit" wie als Kunst= und Kultur¬
Entschleierns kein Ende. Und
eine andre Heimat. Und er findet sie in — Paris. Nun
kritiker des „Neuen Wiener Tagblattes“ stand Bahr
gerissen von der Fülle,
folgt die große Liebeserklärung an Paris. „Milliarden
immer schon in Erfurt. Wenn sich hier im Sonntags
Schlangenmensch, fand sich zu
in müßte ich das Wort Paris hinschreiben, um mein
feuilleton der witzige Eduard Pötzl über das „goldne
und Impressionist, Naturalist
Gefühl auszudrücken. Da bin ich zum Menschen er
Krauthappel“ der Wiener Sezession lustiggemacht Bejaher und Ueberwinder, er ho¬
wacht ... wenn ich vielleicht was kann, und was ich hatte, so erklärte Hermann Bahr genau an der gleichen
blickte dann zurück. Das Zeich
noch jemals werde, das alles verdanke ich Paris.
Stelle am nächsten Sonntag, daß man in Wien „jeden
wurde, war der Sagittarius, der
über nach Paris entdeckt der Künstler Bahr seine wahr¬
Kretin von Clown Kränze flicht, wenn er ein Couple alten Zeiten gern als Zenta
und Herzensheimat. Sein Forum, seine Tribüne, den zum fünfzigstenmal singt", daß man aber Otto Wagner vorwärtsschnaubend, doch
Firpunkt seiner keltisch flackernden österreichischen
ungefeiert läßt, der mit der Kuppel der Kirche Am Haupt.
Seele: Wien.
Steinhof Wien erst vollendet habe. „Otto Wagner ist
Und der, zu dem er vorwi
Da tauchte also vor vierzig Jahren etwa sein das Gegenteil der Wiener Ringstraße!" Nahm Pötz¬
fand, hieß: Goethe. Es ist viel
Geniekopf mit der Stirnlocke auf, da saß er, an der
Kurs auf die Insel der backhendelessenden Phäaken, so Verdienst, den zukünftigsten Kün
Virginia ziehend, im Kaffeehaus und plauderte vor segelte Bahr flugs auf die Küste der Mystiker und allerweitest vorangedrungenen