VII, Verschiedenes 13, 1933–1934, Seite 52

13. Millanes
RAT
OBSERVER
1. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLEILE 11
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus:
vom
Neues Wiener Journal, Wien
21. J.
Schuß in ein Fenster der Villa Schnitzler.
Originalbericht des „Neuen Wiener Journal".
Eine unheimliche Entdeckung wurde an einem Septembertag
in der Wohnung der Witwe nach dem Schriftsteller Artur Schnitzler
gemacht. Das Fenster war durchschossen, Glasscherben lagen am Boden,
und am Fensterbrett fand man eine Bleikugel. Da die Einschu߬
öffnungen im Doppelsenster nicht in gleicher Höhe waren, vermutete
Frau Olga Schnitzler, daß der Schuß von der Straße aus abgegeben
worden war und erstattete die Anzeige. Der Verdacht lenkte sich auf
den Sohn des bekannten Radierers Professor Schmutzer,
Studenten Hans Schmutzer, der tagsvorher in seinem Obstgarten
auf Eichlätzchen und Amseln geschossen hatte. Die Polizei nicht an,
daß ein Fehlschuß des Studenten im Fenster der Schmer Villa
gelandet sei, und so mußte sich Hans Schmutzer vor dem Döblinger
Strafrichter Dr. Wagner=Löffler wegen Gefährdung der
körperlichen Sicherheit verantworten.
in der Verhandlung behauptete der Angeklagte, daß er sich
nicht erinnern könne, in das Fenster geschossen zu haben. Immerhin sei
es möglich, daß er in diese Richtung einen Schuß abfeuerte. Die
Eichlächen hätten die Nußbäume und die Amseln das Obst beschädigt.
Frau Schnitzler meinte, daß es beruhigend für sie wäre, wenn sie
wüßte, daß es sich nur um einen Fehlschuß des Studenten handelte
und der Schuß nicht von anderer Seite abgegeben worden sei. Ihrem
Bekannten, dem Dr. Beer=Hoffmann, sei nämlich etwas
Aehnliches passiert. Die Mutter des Angeklagten sagte entlasten
aus. — Richter (zum Angeklagten): Ich mache Sie aufmerksam, daß
der Wiener Tierschutzverein gegen Sie bei der Polizei die Anzeige
erstattet hat, weil Sie auf die Tiere geschossen haben. — Vert.: Er
wird sicherlich nicht mehr aus Amseln schießen.
Der Angeklagte wurde freigesprochen, da seine Tätersche
ni erwiesen werden konnte.
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OBSERVER
Wien,
Telefon-
lenes en
24. AN. 1934
Nonald Colman—Kay
Francis
Zur heutigen Uraufführung des
Films „Kann eine Frau verzeihen
im Burg= und Rotenturm=Kino.
Das Wissenswerteste über die drei Haupt¬
darsteller des Films „Kann eine Frau ver¬
zeihen:
Ronald Colman, der „Interessanteste
Mann“ des amerikanischen Films, ist von
Geburt Engländer: am 9. Februar 1891 in
Richmond, Surrey, geboren. Mußte nach dem
Tode seines Vaters als Sechzehnjähriger
sein Brot selbst verdienen und arbeitete sich
in fünf Jahren zu einer ansehnlichen Post¬
tion empor. Das Theater war seit jeher ein
Steckenpferd: er beteiligte sich oft an Ama¬
teuraufführungen.
1914 bis 1916 verbrachte Ronald Colman
an der Front, bis er durch eine Verletzung
frontdienstuntauglich wurde. Colman ging
jetzt zum Theater, spielte auch zum Teil klei¬
nere Rollen in englischen Filmen. Als er im
Jahre 1920 kein Engagement hatte, fuhr er
mit 37 Dollar in der Tasche nach New-York.
1922 wird Colman dann wirklich entdeckt
und spielt die Rolle, die ihn weltberühmt
macht: als Partner von Lilian Gish in
„Weiße Schwester. Jetzt bleibt er der be¬
rühmte Star: als Bühnenschauspieler findet
er leicht den Uebergang zum Tonfilm.
Kay Francis ist Amerikanerin, Tochter
einer Schauspielerin. Erziehung in verschie¬
denen Pensionaten, ein Versuch, als kauf¬
männische Angestellte zu arbeiten. Bis sie
zur Ueberzeugung gelangt, daß die Bühne
für sie das einzige Flement sei, in dem sie
wirklich leben könne. Spielt in verschiedenen
Filmen, bis sie den Rang eines „Stars er¬
ringt. Bei uns wird sie berühmt durch Lu¬
bitsch' „Trubel im Paradies. Ihr Lieblings¬
autor ist Schnitzler. Gilt als die bestange¬
zohene Frau Amerikas und liebt im Privat¬
leben richtige Hausfrauentätigkeit. Ist die
schönste Frau des amerikanischen Films
ohne Diäten und Abmagerungskuren.