VII, Verschiedenes 13, 1934–1935, Seite 10

Ausstellung „Das Wiener Burg¬
theater
Ein hübscher Einfall, die Originale der etwa vierzig
Gemälde und Zeichnungen des Professors W. V. Krauß,
welche das Illustrationsmaterial des demnächst er¬
scheinenden Werkes „Das Wiener Burgtheater“ von Ru¬
dolf Lothar bilden, in einer Sonderausstellung des
Künstlerhauses einer großen Oeffentlichkeit zu
zeigen. Unterrichtsminister Dr. Schuschnigg, der die
Ausstellung heute im Beisein des Bürgermeisters Schmitz
und vieler Vertreter der Kunst und Wissenschaft eröffnete,
wies in seiner Begrüßungsansprache darauf hin, daß diese
Schau geeignet sei, das Verhältnis zwischen dem Publikum
und der Kunstlerschar des Burgtheaters noch herzlicher zu
gestalten, soferne dies überhaupt noch möglich sei.
launigen Worten gedachte er dankbar der Mühe des
Malers, der so viele „Widerspenstige zu zähmen“ gehabt
habe.
Den Theaterfreund grüßen von allen Wänden des
Ausstellungsraumes vertraute Züge. In Oelgemälden, in
Pastell- und Kohlezeichnungen sind da Künstler der Burg
festgehalten, teils privat", teils in Rollenbildern. Daß
sich die Ausstellung keineswegs auf lebende Künstler be¬
schränkt, zeigt das Oelgemälde, das Joseph Kainz dar¬
stellt. Der markante Kopf Balsers zieht den Blick auf sich,
Werner Krauß ist zweimal vertreten, zweimal auch Nore
Gregor (eine Kohlezeichnung und ein Oelbild), Aslan
wird in einem schönen Oelgemälde gezeigt, Georg Rei¬
mers, Frau Wohlgemut, Frau Marberg in Pastellen, Frau
Eis in einer Zeichnung, Frau Mayen in einem vor¬
züglichen Pastell, desgleichen Frau Wagener. Ida Roland,
Frau Pünkösdy, Hugo Thimig, Otto Treßler, Fred
Hennings, Maria Kramer, die Albach=Retty, Frau Wilke,
Frau Janssen, sie alle kann man in überaus gelungenen
Bildern und Studien begrüßen. Selbstverständlich fehlt
auch der Führer dieser Künstlerschar nicht: Direktor
Röbbelings Konterfei ist in einem lebensvollen Pastell
verewigt.
Aber der Begriff „Burgtheater“, das Leitmotiv dieser
Ausstellung, wird nicht bloß auf seine darstellenden
Künstler erstreckt, er wird harmonisch weitergeführt: Man
bekommt auch die leitenden Männer
der Bundestheaterverwaltung zu
sehen, der kluge, gütige Kopf des
Sektionschef Dr. Perntner ist im
Pastell festgehalten, desgleichen
Ministerialrat Dr. Mekmann und
auch des letzten Präsidenten der
Verwaltung Schneiderhan, wird
noch gedacht. Auch ein paar Burg¬
theaterautoren werden vorge¬
stell: Hauptmann, Schnitzler,
Auernheimer und jüngeren Ge¬
sterreicher Ortner, Schreyvogl,
Sassmann, Sil Vara. Ein Oelbild
zeigt den Nestor der Wiener Kri¬
tikergilde, Julius Bauer Ernst
Lothar als Kritiker wie als Re¬
gisseur um das Burgtheater ver¬
dient, blickt nach den Sternen,
auch Rudolf Lothar, der Autor
des eingangs erwähnten Burgthea
terbuches ist vertreten.
Vermutlich erhebt die Ausstellung
keinen Anspruch auf Vollzählig-
keit zumindest im wesentlichen.
Erhube sie ihn, so müsste man ihr
schon ein paar Unterlassung senden
anreden, etwa, dass unter den
österreichischen Autoren Max Mell
nicht zu finden ist, unter den
Schauspielern nicht Hofrat Herte¬
rich, der sich um das Burgtheater
schliesslich auch als Regisseur
und Direktor die bedeutsamsten
Verdienste erworben hat.
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Ausschnitt aus:
A
vom
JUNI 1934
(Das Wiener Burgtheater im Bilde.) Der Trakt des
Künstlerhauses, den man, von der Akademiestraße kommend,
betritt, wird in der nächsten Zeit gut besucht sein. Das theater¬
freudige Wien begrüßt dankbar die Abbilder der Künstler und
Dichter des Burgtheaters. Die farbigen Gemälde und Zeichnungen
von Krausz, die sich an den Wänden ausbreiten, zieren, klein
und schwarz, aber vortrefflich reproduziert, das im Erscheinen
begriffene Werk „Das Wiener Burgtheater“ von Rudolf Lothar.
Wilhelm Viktor Krausz wurde schon als Fünfzehnjähriger in die
Wiener Akademie aufgenommen; er hat mit strenger Zeichnung
begonnen und sich erst später, vor allem mit meisterlichen Frei¬
lichtstudien, der leuchtenden Farbe zugewandt. Nicht immer kann
ein überaus erfolgreicher Bildnismaler so solid arbeiten, wie er
gern möchte; das Publikum zwingt ihn zur Oberflächlichkeit und
macht ihm dann diese Flüchtigkeit zum Vorwurf. Aber es ist
bewundernswert, wie Krausz das Unmögliche mit souveränem
Können immer wieder angeht; er macht es nicht nur möglich,
er macht es sogar ganz reizend. Ein Pastell (Else Wohlgemuth
als Maria Stuart) ist von entzückender Anmut der Bewegung;
geben hier die gefalteten Hände die Begleitmusik, so akkompagniert
bei Lili Marberg die schwarz behandschuhte linke Hand;
momentane Bewegungen sind aufs glücklichste erwischt (Auguste
Pünkösdy), Kopfhaltungen mit unakademischer Frische zur
Charakteristik benützt. Eigenartig ist Nora Gregor aufgefaßt,
Arthur Schnitzler ist mit ehrfürchtiger Liebe studiert; blendend
weiß ist das wellige Haar auf Treßlers jugendlich frischem Antlitz,
auf die hellsten Harmonien ist das elegante Bildnis von Hilde
Wagener gestellt. Die Bildnisse von Setionschef Perner, Doktor
Eckmann, Georg Reimers, Hennings, Rosa Albach=Retty, Maria
Mayen, Julia Janssen, Gisela Wilke und andere teilweise schon
bekannte Werke (Else Wohlgemuth als Orsina, Kainz als
Richard II., Ida Roland, Thimig und Aslan) vollenden den
Eindruck. An Maria Eis erinnern nur ein paar zarte Köhle¬
linien; sie saß dem Maler nur eine halbe Stunde lang bei künst¬
W. D.
lichem Licht.