VII, Verschiedenes 13, 1934–1935, Seite 12

Roggen
über die Pläne der kommenden Saison.
„Aus der Aufführungszahl geht her¬
vor, daß von klassischen Stücken an erster
Stelle Grillparzer mit „König Otto¬
Glück und Ende“ und „Bruder¬
zwist im Hause Habsburg“ steht. Shake¬
speare mit „Julius Cäsar“ und
„Richard III.“, Goethe mit „Iphigenie"
und „Faust" und Schiller mit „Deme¬
rius und Wallenstein“ folgen.
Das Programm der Novitäten im
letzten Jahre wurde fast ausschließlich
von österreichischen Dichtern be¬
stritten. Da ist an erster Stelle Hermann
Bahr mit seinem „Meister" und seinem
„Kingelspiel zu nennen. Ihm folgt Max
Mell mit dem Stück „Sieben gegen
Theben", Karl Schönherr mit dem
„Passionsspiel, Friedrich Schrey¬
vogel mit „Habsburgerlegende“ und
Richard Billinger mit „Rosse“.
Im Zyklus der „Stimmen der Völker
im Drama" hat die „Tragödie des Men¬
schen“ von Madach für Ungarn die
höchste Aufführungszahlen aufzuweisen.
Ihm folgt für die Schweiz „Der Bürger¬
meister von Zürich" von Ferdinand
Schell und „Der Verrat von Novarra
von Caesar von Arx. Einen großen
Publikumserfolg haben die Stücke „So
war Herr Brummel“ von Penzoldt
und „enodorus“ von Biedermann
in der Bearbeitung von Gregor aufzu¬
weisen. — Von alten Stücken ist noch
Freytags
„Journalisten
und
Shaws „Kaiser von Amerika“
nennen.
Von den Novitäten im Akademie¬
theater haben folgende Stücke in abstei¬
gender Reihe den größten Erfolg gehabt:
„Jugend voran“ von Vulpius,
„Caprice“ von Silvara, „Weißer
Flieder“ von Lennox, „Frau ohne
Bedeutung“ von Oskar Wilde, „Die
Insel" von Bratt „Die Majorische
von Nikolaus Suchy. „Ein Kamel geht
durch ein Nadelöhr“ von Frantisek Lan¬
ger, „Stille Musik von Holzer und
„Nacht vor dem Ultimo", von Rudolf
Lothar und Hans Adler. Von
älteren Stücken haben „Doppelselbstmord
von Anzengruber und „Die ver¬
lorene Tochter von Ludwig Fulda
und „Die fremde Frau“ von Alexandre
Bisson sehr große Erfolge gehabt.
Aus der Reihenfolge der Stücke be¬
züglich ihrer Aufführungszahl ergibt sich
der Publikumsgeschmack. Im allgemeinen
ist zu sagen, daß der künstlerische Erfolg,
en dem die klassischen Stücke stark be¬
teiligt waren, auch einen günstigen mate¬
riellen Erfolg gebracht hat. Man darf
mit dem Besuch der beiden Theater zu¬
frieden sein. Bemerkenswert ist, daß die
Zahl der Abonnenten gestiegen ist, so daß
wir auch der nächsten Spielzeit mit Be¬
ruhigung entgegensehen können, wenn
wir auf diese Weise fortarbeiten.
Für die nächste Spielzeit steht im
großen und ganzen der Spielplan heute
schon ziemlich fest, wenn natürlich im
Laufe des Jahres noch einige kleine Ver¬
änderungen und Umstellungen eintreten
können. An klassischen Stücken ist im
Burgtheater zunächst vorgesehen: Goethe
„Götz von Berlichingen“, Grillparzer
„Weh dem, der lügt“ und „Treuer Diener
.
führung gelangen.
nächsten Saison ein neues Stück von
An Novitäten werden „Julius Caesar
Bratt „Jenseits der Sorgen", von
von Mussolini und Forzano,
Raoul Auernheimer „Die große
„Das ferne Schiff von Rudolf Hans
Leidenschaft“ und „Das lebenslängliche
Bartsch und von Björnson „Paul
Kind“ von Robert Neuner aufgeführt
Lange und Thora Parsberg“ aufge¬
werden. Ferner sind Stücke von Ne¬
führt werden.
stroy, Anzengruber und Schnitz¬
Im Zyklus „Stimmen der Völker im
ler vorgesehen, unter denen die Aus¬
Drama" wird für Polen „Die ungött¬ wahl noch nicht getroffen ist.