VII, Verschiedenes 13, 1934–1935, Seite 15




sichere — Haus, in dem der Jubilar jetzt von seinem Werk erzählt, dabei jede Person,
alles eher in möchte, als ein Jubiläum von der er spht, wie unwillkürlich nach¬
feiern. Dreißig Jahre lang hat er ja selbst für ahmend und sie darstellend, kehrt er vom
sämtliche Kollegen des Burgtheaters Jubiläen Hoftheater — zum urheimischen Deutsch, also
Thimig liest seiner Frau aus der Zeitung vor.
(Photo Otto Skall.)
aller Art arrangiert, er kennt also deren zum Dresdnerischen heim. Sagt etwa ich weiß
statt weiß, zwee statt zwei: „Man würde mich
Technik und Kulissen ebensogut wie jene des
einen Lügner heeßen oder mir hämische
Theaters. Darum darf der Gast durchaus nicht
vom Festtag reden, am wenigsten dazu Beurteilung so mancher von der Gesellschaft
gratulieren. Aber umsehen darf er sich in dem anerkannter Menschen und Tatsachen unter¬
schieben — was mir doch so fern liegt
zweistöckigen Häuschen, in dem einer daheim
würde die Schrift, zu der ich mich so oft im
ist, der auch heute noch nicht, der keinen Tag
lang müßig sein kann, einem Haus, das nicht Gegensatz zu bisher üblichen Urteilen stellen
muß, jetzt erscheinen. Ist noch Zeit dafür."
nur in die Lokalgeschichte eingegangen ist,
Ewiger Gymnasiast des Lebens.
sondern auch in die Weltgeschichte des Theaters.
Hier lebt bald ein halbes Jahrhundert Hugo
Das wollen wir freilich, wenn es schon bei
Thimig, hier sind drei der größten Schau¬
dem von ihm befohlenen Erscheinungsdatum
spieler der deutschen Bühne (übrigens auch der
bleiben soll, auch dringendst wünschen. Im
dritte Sohn Fritz, der Nationalökonom) ge¬
grünen Gartenhäuschen, abgekehrt von
boren, Helene, Hermann und Hans. „Die vier
Straßenbahn und Menschenverkehr, dem sich
Thimigs," ein Glücksfall, ein Glückskleeblatt
immer wieder erneuernden Blütenreich zu, wird
der Bühne, wie es die Annalen noch nie ge¬
in der Nachmittagssonne für den Kaffee gedeckt.
kannt.
In diesem Hause einer großen Vergangenheit,
einer bedeutenden Gegenwart und, wenn man
Dreizehner und „Grille".
an die Kinder denkt, mit großer Gegenwart
Hans und seine Gattin Christl (Mardayn
wohnen im ersten Stock. Der zweite Stock und Zukunft zugleich. Hugo Thimigs Haus in
gehört dem Elternpaar. Gleich die Tür neben der Gymnasiumstraße, eines Menschen, der
herüberragt aus den für alle Schauspielkunst
dem sehr schmalen Aufgang, der ein wenig an
oberösterreichische Bauernhäuser erinnert, das der Welt vorbildlichen alten Burgtheaterzeiten,
ungebrochen und jung, kein Professor, aber
Arbeitszimmer des Herrn Thimig, dann Herr
ewiger Gymnasiast des Lebens, noch Meister
Burgtheaterdirektor, dann Herr Hofrat und
und doch schon längst Muster, Heiterkeits¬
jetzt Besitzer des großen Ehrenzeichen¬
spender durch Generationen. Der nun,
was nicht im
und noch nebenbei,
ungewöhnlich begnadet, wie sein ganzes Leben
zu finden ist, hervorragender
Titel
war, das, wie er dankbar sagt, voll Helle,
Theaterhistoriker. Hier hat er seine
Heiterkeit und Glück gewesen, seinen
Sammlung von 38,000 Schauspielerporträts
aber
achtzigsten Geburtstag nicht feiert,
zusammengetragen sowie seine 20,000 Bände
begeht — lange vor Sonnenuntergang
umfassende Theaterbibliothek, die er in der
R. B.
Inflation an die Nationalbibliothek (Theater¬
sammlung) verkauft hat und die dort ge¬
Ueberreichung des
schlossen unter dem Namen Thimig vereint
steht. Auf der Innentür dieses Arbeits¬
großen Ehrenzeichens.
zimmers ein kleines Porzellanschild mit einem
Gestern mittag überreichte der Leiter der
chwarzen Dreizehner. Das ist seine
Garderobenummer vom Michaelerplatz, eine Bundestheater Sektionschef Dr. Pernter
im Beisein des Ministerialrates Dr. Eck¬
Nummer, die nach dem Theateraberglauben
Burgtheaterdirektors
Glück bringen soll. Und dem zwanzigjährigen mann und des
Röbbeling dem Burgtheaterdirektor i. R.
Jungen, der hier als Didier in der „Grille
Hofrat Hugo Thimig in seiner Wohnung
begann — das Programm hängt eingerahmt
das ihm anläßlich seines morgigen 80. Ge¬
an der Tür —, ja auch Glück gebracht hat
Geblieben sind aus der großen Sammlung burtstages vom Bundespräsidenten verliehene
große Ehrenzeichen für Verdienste
um die Republik. Sektionschef Dr. Pernter
gedachte in einer Ansprache der großen Ver¬
dienste des Jubilars um das Burgtheater sowie
um das Kunstleben Wiens und überbrachte
die Glückwünsche des Unterrichtsministers
Dr. Schuschnigg. Hofrat Thimig gab
zugleich mit seinem Dank, dem Gefühle be¬
sonderer Verbundenheit mit Wien und Oester¬
reich sowie seiner Anhänglichkeit an das Burg¬
theater in bewegten Worten Ausdruck.