VII, Verschiedenes 13, 1936 undatiert, Seite 46

me,
nen

sein
tiefe gütige Liebe, wie zu einer Enkelin. Auch die Stine is
stellung etwas Phantasiehaftes verleiht: deshalb spielen
Vor
ein kleines Mädchen; auch sie ist eine sinnende Blume, die ein
geschaffen
ihre Rolle — nicht nur in der „Schlechten Gesellschaft“
armes krankes Huhn von Aristokrat in einer Vorstadt findet.
am einen
im Leben von Studenten und jungen Künstlern, die in ihnen
am ande
Kleines Mädchen, auch Herr Heinz Tovote, hat Dich be¬
das Weib suchen. Und, kleines Mädchen, Du brauchst sie nicht
das jetzt
dichtet. Er führt Dich in verschiedenen Situationen, hauptsäch¬
alle anzuerkennen, Gott bewahre. Aber Manchen, kleines
die Arbe
lich freilich in einer, vor. Er braucht Dich als einen Bestand¬
Mädchen, wirst Du dieses Recht nicht versagen dürfen.
große
theil für die Herstellung seiner gezückerten Jauche. Er hat Dich
Ach, und wenn der alte Fontane dein innigstes Bild, und
summt
im Ganzen mehr ausgebeutet, als er Dich geliebt hat. Zu¬
der arme, liebe Zug dein schmerzvollstes Bild gezeichnet hat:
wasser
weilen, wie ein „Ende vom Lied“, giebt er Dir den feierlichen es giebt noch Einen, in Oesterreich, der deinen zartesten und wie im
Stand einer Erzieherin, er zeigt Deine ewigen kleinen
lieblichsten Schattenriß dämmernd immer wieder auftauchen ließ
romanti
Quängeleien im Zusammenleben, und da ist er noch verhältni߬
Er ist ein Unvergleichlicher, und das süße Mädl“ von Wien
In
mäßig am besten. Der witzige Kunstkritiker Friedrich Fuchs ha¬
hat Keiner so gemalt wie er, und Keiner wird es je so malen.
Schwän
von diesem deutschen Dichter mündlich gesagt, er schreibe seine Kennst du den Anatol-Dichter, kleines Mädchen? Den
spiegeln
Novellen en (mau) passant, und hierbei, kleines Mädchen, fällt
Schnitzler=Arthur Ein wundersam seiner, witziger und lyrisch
dünnen
mir der Andere ein, der zu deiner Unsterblichmachung in der
zarter Kopf, der die ganze tiefe, bald schalkhafte, bald melancho¬
sind all
Gegenwart Steine herangetragen hat. Der humorhafte, lächelnd
lische, bald ironische Poesie, die in deiner Liebe liegt, mit leiser,
transpa¬
trübe Franzose, welcher dir das melancholischste Denkmal von
zarter Grazie und sensitiver Weichheit in reizvolle Szenen ge¬
hinweg
Allen gesetzt hat; der von der armen Musotte erzählte, von der
bannt hat. Den mußt du kennen lernen. Denn, wie gesagt:
elend in Todesschmerz schreienden Kreatur, von der Modellsteherin,
er ist ein Unvergleichlicher.
und a

die auch nur ein kleines Mädchen war und doch die Ver¬
Durch
mit der
künderin tiefsten Menschheitswehes wurde. Ja, kleines Mädchen,
Ja, kleines Mädchen, es giebt eine Poesie in Deiner Liebe.
du brauchst nur Modell zu stehen, oder Silber zu poliren,
Tiefmenschliche Dinge werden oft darin berührt. Oft liegt es
hängen
oder zarte Serviteurs zu fälteln, und kannst doch an Wichtig¬
wie eine wiegende, melancholische Heiterkeit über diesen luftigen,
ihrer Al¬
keit eine Königin der Erden sein; die tiefsten Tiefen aufrühren
leichtsinnigen Bündnissen, wie die süße schwere Melodie eines
mit ihre
und aus Herz greifen. Wenn du Einen gern hat, kleines
halb fidelen, halb sentimentalen Geigenwalzers. Auch die
graphisch
Mädchen, bist du versöhnlich, auch wenn er dich kränkt. Du
Clärchen, die nun schon längst gestorben ist, und die reizende
märkisch
trifft den liebsten Fritz, der geht mit seiner mießen Cousine aus Philine gehören in Deinen Kreis. Die Beiden sitzen im Himmel
der Matthäikirchstraße, und in der Verwirrung wagt er nicht,
und sehen, nur wenig feierlicher als sonst, auf Euch, kleine
Du
dich zu grüßen. Du schreibst ihm weinend nur fünf Worte:
Mädchen, herab.
her grü=
Chausse
„Du bist mir Lufft, Elly." Aber du bekommt von dem zarten
Und darum, mein liebes kleines Mädchen, laß Dich nicht
Jungen gleich einen Antwortbrief:
verleumden. Dich geht der Dreck nichts an. Du bleibst, was
Wieder
„Du bist: in der zweckmäßigen Ackerfurche eine Blume,
Ist die Liebe so geschwind entschwunden?
hier ab
Ist die Leidenschaft so bald verpufft
weiß, daß sie zertrampelt wird, und doch duftet, bis sie zer¬
das Ge¬
Gestern hat mich noch Dein Arm umwunden,
trampelt wird. Heute nur, heut noch bist Du so schön.
Ausstel
Heute schreibst Du mir, ich sei Dir „Lufft“.
Kleines Mädchen! Kleines Mädchen!
Elly, daß ich „Lufft“ bin, freut mich eben!
Spre
Daß ich „Lufft bin, sind ich ganz famos
Eisenbe¬
Nämlich: ohne Lufft“ kannst Du nicht leben
Kirchth
Also wirst Du mich wohl niemals los
Hinter den Coulissen der Gewerbe¬
massige
flattert,
Komm' zu mir, um fünfe oder sechse
Ausstellung.
Boots
(Wenn es schummig wird), ich bin zu Haus,
Auf einem Naturtheater mit bunt wechselnden Szenen Dampf
Und in Deinen Armen, süße Hexe,
wird jetzt draußen im Treptower Park ein Fest der Hand¬
Schlaf ich meine Erdensorgen aus.
werker aufgeführt, das Vorspiel zu dem großen Ausstattungs¬
flächen
Du lachst wieder unter Thränen und geht hin zu dem
stück: Die Berliner Gewerbeausstellung 1896.
lieben Karl
wenn es schummig wird.
Es bummelt sich reizvoll über diese Riesenbühne, mit ihren
Dächer¬
Baumkulissen, ihren Prospekten aus künstlich dekorativer Architektur,
Nordsee
Monumentalillusionen; ihren Kolossal=Schnürböden der Gerüste,
behagt
Kleines Mädchen, kennst Du die Lore? Der Dichter Hart
auf denen es wie von Ameisen wimmelt; ihren Verwandlungs¬
leben, der so viel Bier trinkt, aber doch oftmals zart wie ein
künsten, die vor unsern Augen aus trockenem Land Seen
eine
feinster Weinschlürfer empfindet, hat dies tolle Balg in di¬
schaffen und in schnellen Dekorationswechsel wie im Märchen
Wasser
Welt gesetzt. Die Pandekten rauschen, und die Lore in ihrer
den Rahmen zu einer altberlinischen Komödie oder einem
aller
Sophaecke lacht;
wenn sie das zu Hause wüßten! Und
exotisch-egyptischen Märchen aus dem Boden steigen läßt.
schwade
kennst Du die Anderen, die — freilich nur selten! -
Es liegt ein pikanter Reiz in dieser Vermischung von
holden Schaar der einen An¬
Natur und Künstlichkeit
eine
Karlchen Bleibtren gezeichnet hat, der Dichter der „Schlachten¬
Gesellschaft“: die Kellnerinnen? Sei nicht so böse! Ich kann
Ein machtvolles Symbol der Arbeit streckt sich, mit
steigen
wuchtigen Gliedern hingelagert, mit Rippen und Muskeln von Außen
sie ja auch nicht leiden. Aber die modernen Dichter behaupten,
Eisen, mit tausend Augen scharfhellen Glases, der große Aus¬
daß Du auch hier manche gute Kollegin haft. Auch sie wird
stellungspalast, aus. Nur das monströse Skelett eines Riesen¬
mit
zur leidenschaftlich begehrten Liebespenderin, zur Göttin, die ein
körpers vorläufig noch. Seine starren, ungefügen Knochen
die di
junges Leben beglücken oder vernichten kann. Sie wird zu
müssen in blendendem Ornamentputz schlüpfen. Schon sind seine klimmt
letzten Gefährtin galgenhumoristischer Känze, die im
Garderobiere an der Arbeit. Wie mehlige Pierrots in weißen
ausdeh
frühen Dasein Schiffbruch gelitten, die von
rein
Hemden und weiß bestäubten Gesichtern hantiren flink gewandt
und 5
geistigen Gebieten und aus bürgerlichen Kämpfen
die Stuckateure auf hohen Stellagen an der Toilette des
diesen trostvollen Dunstkreis betäubender Erotik flüchteten. Und
Giganten, — die Zwerge auf dem Riesen Gulliver
Ein Netz verwirrender Verstrickung steigt am Eingang das
weil die Unanständigkeit dieser Mädchen nicht offiziell, weil sie
schnur
Gerüst des Thurmbaues auf. Für den Blick des Laien ver¬
nicht gesetzlich konstatirt ist, weil sie immerhin erobert sein
Die E
knotet und verfädet, und doch voll sinnvoller Ordnung, wie die
wollen und Geldopfer zwar nicht verschmähen, aber auch nicht
heraus
Takelage eines Ozeanseglers. Hochoben in der Luft schimmert
ohne Weiteres für Geld zu haben sind, weil sie nicht Vielen
das F
schon sieghaft in der klaren Dezemberlust der Aluminiumhelm,
gehören, sondern oft inem Einzigen peinlich treu sind, weil sie
mit dem man die Kuppel zwischen den Thürmen gekrönt. Und
in der Mitte stehen zwischen selbstloser Liebeswahl und ge¬
von ihnen herab weht, wie Frühlingswillkomm, das schlanke
werbsmäßiger Gemeinheit, weil ihnen diese mystische Zwitter¬
Birkenreis ein fröhliches Nichtzeichen.

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